Wer hat diese Worte ausgesprochen, die ein so tiefes Interesse am armen Menschengeschlecht zum Ausdruck bringen? Der Sohn Gottes, der «das Wort» und die ewige «Weisheit» ist, der unter die Menschen kam und den Namen «Jesus» – der HERR ist Rettung – empfing.
Von Ewigkeit her war der Sohn bei dem Vater, in seinem Schoss. Er ruhte in seiner Liebe und «war Werkmeister (oder Pflegling, Liebling) bei ihm». In dieser heiligen und unaussprechlichen Gemeinschaft war «der Sohn seiner Liebe» Tag für Tag die Wonne des Vaters. Der Sohn freute sich allezeit vor Ihm und ergötzte sich im Gedanken daran, dass Er einst auf dem bewohnten Teil seiner Erde die Herrlichkeit des Vaters und dessen Liebe offenbaren würde; denn die Wonne des Sohnes «war bei den Menschenkindern».
Durch die Mitteilungen in Sprüche 8 versetzt uns der Geist Gottes in die vergangene Ewigkeit, in die stille und unveränderliche Tiefe der göttlichen Glückseligkeit. Er enthüllt uns die Freude des Vaters und des Sohnes und seine Beweggründe.
Und später, als Gott unter dem Jubel und dem Jauchzen der Engel, den Augenzeugen jener Wunder, die Erde gründete (Hiob 38,7) und den Menschen erschuf, da ergötzte sich der Sohn nicht an den so grossen und herrlichen Werken, die die Erde zierten. Vielmehr fand Er seine Freude und Wonne überall da, wo im Lauf der Zeit, in einfachen Hütten und reichen Palästen, auf friedlichen Feldern oder in geschäftigen Städten Menschenkinder wohnten. Davon geben seine Besuche als «HERR» oder als «Engel des HERRN» bei Adam, Abraham, Hagar, Mose, Gideon usw. beredtes Zeugnis.
Diese Zuneigungen des Sohnes zu den Menschenkindern haben durch den Eintritt der Sünde und des Todes in diese Welt keine Änderung erfahren. Im Gegenteil, die Gottlosigkeit des Menschen und das Elend, das nun daraus hervorkam, gaben der göttlichen Gnade Gelegenheit, sich gegenüber den sündigen Menschen in ihrer ganzen Herrlichkeit und ihrem unendlichen Reichtum zu entfalten. «Wo … die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden» (Röm 5,20). Als sie elende Sklaven der Sünde geworden waren und unter der Macht des Todes stöhnten, nahm Er ihre Sache in die Hand, nicht die Sache der Engel, die von ihrer hohen Stellung gefallen sind. Er wurde Mittler zwischen Gott und Menschen.
Um uns in die Herrlichkeit des Himmels erheben zu können, erniedrigte sich der Sohn Gottes in unsere Tiefe und bekleidete sich mit menschlicher Schwachheit. Er wollte ein Mensch sein, gleich denen, bei welchen seine Wonne war – ausgenommen die Sünde. Der ewige Sohn Gottes wurde im Verlauf der Menschheitsgeschichte der Sohn des Menschen. Das ewige Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Er, der die Welten erschuf und alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt, der allezeit im Schoss des Vaters ist, wurde wie ein anderes schwaches Kind im Schoss seiner Mutter. Ja, der Sohn Gottes wurde ein Kind, das sich seinen irdischen Eltern unterwarf. Er, vor dem sich die Heere des Himmels niederwarfen, lebte bis zum Beginn seines Dienstes in der Verborgenheit, bekannt als «Sohn des Zimmermanns». An dem, was Er litt, lernte Er den Gehorsam (Heb 5,8).
Und weshalb diese Erniedrigung, diese Leiden? «Seine Wonne war bei den Menschenkindern»! Das ist die Antwort. Einen Beweis davon gab Er im Haus Simons, des Pharisäers. Wie nahm er die grosse Sünderin auf, die seine Füsse mit Tränen benetzte! Er sah mit Wonne, wie Reue und Liebe sie zu Ihm trieb, und sein Herz war voller Freude, dass das verlorene Schaf wieder gefunden war. Er richtete sie auf mit den Worten: «Deine Sünden sind vergeben … geh hin in Frieden.»
Sehen wir nicht einen weiteren, wunderbaren Beweis seiner Liebe zu den Menschenkindern an der Quelle von Sichar, wo Er sich, ermüdet von der Reise, niedersetzte? Eine elende Frau, Sklavin ihrer Leidenschaften, die Schande der Stadt, kam, um Wasser zu schöpfen. Jesus vergass seinen Durst und seine Müdigkeit und führte diese arme Sünderin zur Kenntnis der Gabe Gottes, zum Quell lebendigen Wassers, das ins ewige Leben quillt, zur Anbetung des Vaters in Geist und Wahrheit. Der Samariterin die Segnungen aufzuschliessen, war für Ihn eine köstliche Erfrischung und Speise, weil Er dadurch den Willen des Vaters tat, der Ihn gesandt hatte. «Seine Wonne war bei den Menschenkindern.»
In dieser Wonne frohlockte Jesus im Geist und lobpries Er seinen Vater, dass der Vater die Dinge des Himmels den Unmündigen offenbarte (Lukas 10,21). Und als Ihm die Jünger meldeten, es seien Griechen da, die Ihn zu sehen wünschten, sagte Er: «Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde» (Joh 12,23). Aber um dies zu erreichen, musste Er durch den Tod gehen. Im Blick auf seinen Tod sah Er zum Voraus die reiche Ernte geretteter Seelen, die daraus hervorgehen sollte. Wenn diese Taufe mit dem Tod vollbracht war, konnte Er als der Auferstandene den Namen des Vaters völlig kundtun (Lk 12,50; Joh 17,26; 20,17) und die ganze Liebe Gottes zu den Sündern offenbaren, in der Gott den Sohn gegeben hat, damit wir durch Ihn, durch seinen Tod, das Leben hätten. Und der Sohn hat sich freiwillig für uns hingegeben! Wahrlich, seine Wonne war bei den Menschenkindern!
Im Schoss des Vaters! Während der vergangenen Ewigkeit war der Sohn als Werkmeister (oder Pflegling, Liebling) bei Ihm, in heiliger Gemeinschaft mit Ihm und war Tag für Tag seine Wonne, vor Ihm sich ergötzend. Auch hier auf der Erde, in seiner Menschheit, die Er angenommen hat, um ganz nahe bei denen zu sein, an denen Er seine Wonne fand, war Er in den Gedanken und in der Liebe immer in Gemeinschaft mit seinem Vater. Jede seiner Handlungen war in Übereinstimmung mit den Wünschen seines Vaters; Er tat allezeit das Ihm Wohlgefällige (Joh 8,29). Jeder seiner Schritte auf der Erde, in Gnade und in Gehorsam bis zum Kreuz, war der Ausdruck der Liebe Gottes zum Menschen, wie geschrieben steht: «So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.» Aber diese Liebe entsprach der Liebe des Sohnes, in der Er sich für die Sünder hingab. «Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat», rief Paulus aus (Gal 2,20), und der Chor der Erlösten wiederholt: «Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut … Ihm sei die Herrlichkeit!» (Off 1,5.6).
Wie hat sich seine Liebe, seine Wonne an den Menschenkindern doch in Güte und zärtlichem Mitgefühl gegenüber den Armen, den Kleinen, den Leidenden gezeigt! Er heilte sie, gab den Trauernden ihre Toten wieder und stillte dadurch selbst den tiefsten Schmerz. Bei der Taufe des Johannes stieg auch Er ins Wasser und machte sich eins mit den Geringen, den Bußfertigen, die für Ihn die Herrlichen der Erde waren. Es gefiel Ihm, Jünger um sich zu scharen; Er liebte es, bei Zöllnern, bei einem Matthäus oder einem Zachäus einzukehren, oder bei Martha und Maria und ihren Geladenen zu Tische zu sein, um sie mit dem himmlischen Brot, dem Wort, zu speisen. «Seine Wonne war bei den Menschenkindern.» O Herr und Heiland! Wie erquickend ist es doch, dich so, wie du unter uns warst, zu betrachten!
Es gefiel Gott, Ihn am Kreuz zu zerschlagen (Jes 53,10). Es musste so sein. «So muss», sagte Jesus, «der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe» (Joh 3,14.15). Wenn die, bei denen seine Wonne war, gerettet werden sollten, um einst bei Ihm in der Herrlichkeit des Himmels zu sein, so konnte dies nur durch seinen Tod geschehen. Er, der ewige Sohn, der vor Grundlegung der Welt schon der Gegenstand der Liebe des Vaters war (Joh 17,24), über dem der Himmel sich öffnete, als Er auf der Erde war, und dem die Stimme des Vaters das Zeugnis gab: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe» (Mt 3,17), dieser Sohn wurde in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes dem Leiden preisgegeben! Er willigte aus Liebe zu den Sündern ein, ans Kreuz geheftet und den Übertretern zugezählt zu werden. Er wurde für uns zur Sünde gemacht, wegen uns von Gott verlassen, und für uns trug Er das Gericht. Ja, in seiner unendlichen Liebe und Güte wurde Er der mit Leiden vertraute Mann der Schmerzen. Oh, wie hat Er es doch so ergreifend deutlich gezeigt, welche Liebe und vollkommene Gnade für die Menschenkinder in Ihm war!
Der Sohn ist als Mensch in den Himmel, in die Herrlichkeit zurückgekehrt, die Er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war. Der ewige Sohn sitzt als Mensch auf dem Thron. In jenen himmlischen Örtern wird Er alle die versammeln, für die Er sein Leben gegeben hat. Sie werden alle in sein Bild verwandelt und Ihm, dem auferstandenen und verherrlichten Menschen gleichförmig gemacht. An jenem grossen und glückseligen Tag, der so nahe sein mag, wird es offenbar sein, dass der Tod in Sieg verschlungen ist. Der Herr wird den Leib unserer Niedrigkeit zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit umgestalten (Phil 3,21). Alle, für die Er gelitten und den Tod erduldet hat, werden im Glanz seiner Herrlichkeit leuchten, denn Er hat gesagt: «Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben» (Joh 17,22). Dann ist keinerlei Spur von Verunreinigung mehr an ihnen; sie werden keinerlei Flecken und auch keine Schwachheit mehr haben, nichts, was an ihren jetzigen Zustand der Niedrigkeit in sterblichen und verweslichen Körpern erinnert. Sie werden für immer bei Ihm sein; Er wird sich an der Frucht der Mühsal seiner Seele sättigen; sie werden Ihn umringen, und Er wird ruhen in seiner Liebe … Wer könnte die Freude beschreiben, die Ihn dann erfüllt, das Herz dessen, der heute schon das wiedergefundene Schaf voll Freuden auf seine Schulter nimmt? Welche Wonne für Ihn, wenn alle seine Erlösten Ihn umgeben und mit ewigem Frohlocken erfüllt sind! Dann werden die himmlischen Heerscharen, die bei seinem Kommen auf diese Erde gejubelt haben, mit den Gegenständen seiner unveränderlichen Liebe sagen: «Ja, wahrlich, seine Wonne war bei den Menschenkindern!»