Wir trachten gerne nach grossen Dingen. Und wir blicken mit Respekt zu den Knechten hinauf, denen viel anvertraut ist.
Wie ganz anders redet die Schrift, und zwar an verschiedenen Stellen! Einst erzählte der Herr Jesus am Ende seines Lebens hier auf der Erde ein Gleichnis von einem Menschen, der seinen Knechten Talente gab, in der Erwartung, dass sie damit arbeiteten. In jenem Gleichnis vernehmen wir zweimal das Wort: «Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen.»
Es ist gut, daran zu denken, dass es im Reich Gottes nicht um das Viele und Grosse geht, das wir verrichten, sondern um die Treue, in der wir das tun, was uns Gott anvertraut hat.
Ich denke in diesem Augenblick an eine einfältige Magd des Herrn, die in diesen Tagen entschlafen ist. Als junges Mädchen nahm sie eine Stelle an, in der sie ein halbes Jahrhundert lang in ein und derselben Familie mit unveränderlicher Treue diente. Auch in der Versammlung, wo sie ihren Platz einnahm, war sie ein Vorbild in der Pflichterfüllung. Sie war keineswegs eine Schwester, die durch ihr Wort in den Vordergrund trat; und ebenso wenig konnte sie durch ein grosses Vermögen Einfluss ausüben. Aber durch ein Aneinanderfügen von kleinen Liebesdiensten, durch ein Sichselbstvergessen im Sparen für andere und für das Werk des Herrn wurde sie vielen ein leuchtendes Beispiel.
Über weniges treu. Das wird schon in dieser Zeit belohnt, und sicher einst in der Zukunft. Wer über weniges treu ist, wird über vieles gesetzt werden. Die Treue ist heute in der Welt leider eine seltene Tugend. Umso mehr sollten sich die Kinder Gottes dadurch kennzeichnen. Welch eine Belohnung wird es sein, wenn der grosse Meister zu jemandem sagen wird: «Wohl, du guter und treuer Knecht!» Und dieses Lob kann auch uns zuteilwerden, wie unscheinbar wir auch sein mögen. Wenn wir nur treu sind in den kleinsten und geringsten Dingen, zu denen wir im Dienst unseres Herrn berufen sind, so wird uns der Eingang in das ewige Reich unseres Heilandes Jesus Christus reichlich dargereicht werden. Wir werden aufgenommen in die ewigen Hütten und dürfen eingehen in die Freude unseres Herrn (Mt 25,14-30; Lk 16,9; 2. Pet 1,11).