Als die Jünger den Herrn Jesus fragten: «Wo willst du, dass wir hingehen und bereiten, damit du das Passah essen kannst?», erwiderte Er:
«Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der einen Krug Wasser trägt; folgt ihm, und wo irgend er hineingeht, sprecht zu dem Hausherrn: Der Lehrer sagt: Wo ist mein Gastzimmer, wo ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann? Und dieser wird euch ein grosses Obergemach zeigen, mit Polstern belegt und fertig» (Mk 14,12-14).
Im Bericht des Evangelisten Markus scheint die Initiative von den Jüngern auszugehen. Dabei ist es auffallend, dass sie dem Herrn keine Vorschläge unterbreiten, sondern Ihm die Auswahl des Ortes überlassen. Auf diese Weise kann der Herr den Ort bestimmen und den Jüngern zeigen, wo Er mit ihnen Gemeinschaft haben will.
Diese letzte gemeinsame Mahlzeit des Herrn mit seinen Jüngern zeigt uns im übertragenen Sinn etwas von dem Ort, wo wir als Gläubige mit unserem Herrn und miteinander Gemeinschaft haben können. Sehen wir uns im Folgenden einige Punkte etwas näher an, um den Platz des Zusammenkommens für die Gläubigen besser kennen zu lernen.
Mein Gastzimmer
Der Herr Jesus nennt den Raum, wo Er mit seinen Jüngern zusammenkommen wollte, «mein Gastzimmer». Diese Aussage überrascht uns, da die Evangelien unseren Heiland als einen Menschen vorstellen, der – im Gegensatz zu Füchsen und Vögeln, die eine Höhle bzw. ein Nest ihr eigen nennen – keinen Ort hatte, «wo er sein Haupt hinlegen konnte» (Mt 8,20). Anderseits ist Er es, von dem der Psalmist sagt: «Mein ist alles Getier des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen … Mein ist der Erdkreis und seine Fülle» (Ps 50,10.12). Als dem Schöpfer des Universums steht Ihm alles zur Verfügung, so dass Er durchaus berechtigt ist, von seinem Gastzimmer zu sprechen.
Für das Zusammenkommen der Gläubigen können wir daraus lernen, dass die Autorität in ihren Zusammenkünften allein beim Herrn Jesus liegt. Durch seinen Geist möchte Er alles so gestalten, dass es zu seiner Freude und Verherrlichung und zum Nutzen und Segen der Gläubigen dient. Es ist eben «sein Gastzimmer», wo Er uns als Gäste einlädt, bei Ihm zu sein. In seiner Gegenwart dürfen wir Gäste sein, für deren geistliches Wohl Er bemüht ist.
Wenn du und ich die nächste Zusammenkunft der Gläubigen besuchen, wollen wir uns bewusst daran erinnern, dass wir als Gäste in seine Gegenwart kommen dürfen. Er allein bestimmt den Ablauf, von Ihm allein sind wir abhängig.
Vielleicht stehen jene, die sich in den Zusammenkünften regelmässig mit Wort, Lied und Gebet beteiligen, manchmal in Gefahr, diesen Aspekt aus dem Auge zu verlieren. Wie wichtig ist es doch, sich vor jedem Beitrag im Bewusstsein seiner Anwesenheit zu fragen: Ist es wirklich der Wille des Herrn, des Gastgebers, dass ich (= wer) zum jetzigen Zeitpunkt (= wann) das sage oder vorlese, was mir auf dem Herzen liegt (= was)?
Mit meinen Jüngern
Die Gäste, die der Herr Jesus in seinem Gastzimmer empfangen wollte, waren seine Jünger. Es waren nicht hochgestellte Persönlichkeiten der damaligen Zeit, sondern solche, die Er selbst auserwählt hatte, «damit sie bei ihm seien» (Mk 3,14). Damit macht Er deutlich, dass Er gern mit denen Gemeinschaft haben möchte, die seiner Einladung folgen. Gemeinschaft haben bedeutet, dass Personen sich über etwas austauschen, das ihr gemeinsames Interesse findet. Wir dürfen Gemeinschaft mit dem Sohn haben über alles, was uns in Ihm geschenkt worden ist und über seinen Vater, der jetzt auch unser Vater geworden ist (vgl. Joh 20,17). Und wir dürfen Gemeinschaft mit dem Vater über seinen Sohn, unseren Herrn und Heiland, haben.
Ist das nicht grossartig, dass göttliche Personen mit ehemaligen verlorenen Sündern Gemeinschaft haben möchten? Paulus schreibt: «Gott ist treu, durch den ihr berufen worden seid in die Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn» (1. Kor 1,9). Auch der Apostel Johannes schreibt davon: «… und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus» (1. Joh 1,3).
Beim Zusammenkommen der Gläubigen geht es nicht um das persönliche Teil der Gemeinschaft mit Gott, sondern um das gemeinsame Erleben der Gemeinschaft mit göttlichen Personen in der Gegenwart unseres Herrn. Lasst uns mit neuem Herzensverlangen und neuer Freude den Platz aufsuchen, wo der grosse Gott mit uns Gemeinschaft haben möchte!
Ein grosses Obergemach
Der Raum, in dem der Herr Jesus mit seinen Jüngern zusammenkommen wollte, hatte genügend Platz für alle. Es wird ausdrücklich gesagt, dass es ein grosses Obergemach war.
Das lässt uns daran denken, dass beim Herrn Jesus, in seiner Gegenwart, ausreichend Platz vorhanden ist für alle, die kommen wollen. Er lädt auch heute noch ausnahmslos alle Gläubigen ein, sich in aller Einfachheit um seine Person zu versammeln, um von Ihm gesegnet und erbaut zu werden. Da gibt es keine Zugangsbeschränkungen, nein, da ist genügend Raum für jeden, der kommen will.
Interessanterweise war es kein Kellerraum, keine Erdgeschoss- oder Parterrewohnung, sondern ein höher liegender Raum, der wahrscheinlich über eine Treppe zu erreichen war, in dem der Herr mit seinen Jüngern Gemeinschaft haben wollte. Mehrfach lesen wir in der Bibel von einem Obergemach oder einem Obersaal. Die Propheten Elia, Elisa und Daniel hatten ein Obergemach, in dem sie beteten und Zeit hatten, Gemeinschaft mit ihrem Gott zu pflegen (1. Kön 17,19; 2. Kön 4,10.33; Dan 6,11). Doch auch im Neuen Testament begegnen wir mehrfach einem solchen Raum: Die ersten Christen versammelten sich zum Gebet und zur Wortverkündigung in einem Obersaal (Apg 1,12-14; 20,7.8). Offensichtlich wurden die über dem Erdgeschoss liegenden Räume dazu benutzt, um sich von den Aktivitäten des täglichen Lebens zurückzuziehen. Auch Petrus kannte etwas davon: Um ungestört beten zu können, zog er sich auf das Dach seines Gasthauses in Joppe zurück (Apg 10,9).
Das Obergemach zeigt uns, dass man in der Gegenwart des Herrn Jesus die Dinge, die unser irdisches Leben betreffen, einmal zurücklässt, um sich ganz auf Den zu konzentrieren, der uns mit geistlicher Nahrung für unseren Weg über diese Erde versorgen möchte. Wie oft machen wir allerdings die Erfahrung, dass uns die Sorgen um unser irdisches Leben in der Gegenwart des Herrn beschäftigen und uns am uneingeschränkten Genuss der Gemeinschaft mit Ihm hindern! Der Gedanke an das Obergemach kann uns anspornen, vor den Zusammenkünften den Herrn Jesus ganz konkret zu bitten, uns bei der Konzentration auf seine Person zu helfen.
Mit Polstern belegt und fertig
Wie liebevoll hatte der Herr darauf geachtet, dass der Raum, in dem die Jünger bei Ihm Ruhe finden sollten, kein karg eingerichteter und ungemütlicher Raum war, sondern mit Polstern belegt war. Diese Polster lassen uns daran denken, dass es der Wunsch unseres Herrn ist, dass wir uns in seiner Gegenwart wohl fühlen und dort zur Ruhe kommen.
Bei Ihm dürfen wir ungestört Ruhe geniessen. Er hat uns die Ruhe des Gewissens geschenkt, und bei Ihm dürfen wir Ruhe für unsere Herzen finden (Mt 11,28.29). Zudem lässt uns die Gemeinschaft mit Ihm – in seiner Gegenwart – einen Vorgeschmack von dem erleben, was uns bei Ihm in der Herrlichkeit des Vaterhauses erwartet: «Ich werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet» (Joh 14,3).
Der Raum brauchte auch nicht erst ein- und hergerichtet zu werden. Er war für das Zusammensein des Herrn mit seinen Jüngern fertig.
Zeigt uns das nicht deutlich, dass das Zusammenkommen in der Gegenwart des Herrn nicht erst von Menschen erfunden und organisiert werden muss – nein, alles ist fertig. Im Wort Gottes finden wir alle notwendigen Hinweise dafür, wie gläubige Christen sich um ihren Herrn versammeln sollen, um den Segen seiner Gegenwart uneingeschränkt zu geniessen.
Wer mit aufrichtigem Herzen diese Art von Zusammenkommen sucht, wird die Erfahrung machen, die der Herr seinen Jüngern schenkte: «Sie fanden es, wie er ihnen gesagt hatte» (Mk 14,16).