Die Grüsse des Apostels in Römer 16 (1)

Römer 16,1-5

Gott hat uns in verschiedenen Kapiteln der Schrift etwas von dem zeigen wollen, was vor dem Richterstuhl des Christus in Erinnerung gebracht werden wird.

Im siebten Kapitel des vierten Buches Mose, das wir leicht kürzen könnten, ohne dass der Bericht darunter litte, wiederholt der Heilige Geist zwölf Mal dieselbe Sache. Gott zeigt uns dadurch, dass alles, was zu seiner Verherrlichung getan wird, für sein Herz einen unendlichen Wert besitzt. Wir finden dort die Namen der zwölf Fürsten sorgfältig aufgeschrieben, wie auch den genauen Tag ihrer Opfergabe.

Das dritte Kapitel Nehemias ist auch eine solche Aufzählung. Man kann darin leicht die Qualität und die Quantität der geleisteten Arbeit feststellen.

Die Personen dieser Schauplätze sind schon längst in der Ruhe, aber ihre Werke folgen ihnen nach.

«Gott ist nicht ungerecht, euer Werk zu vergessen und die Liebe, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen gedient habt und dient» (Heb 6,10).

Bevor wir in die Einzelheiten unseres Kapitels eingehen, ist es nötig, uns der Feierlichkeit des Richterstuhls des Christus zu erinnern: des Buches mit den beiden Seiten.

Auf der ersten Seite sind unsere Sünden eingetragen; sie ist ganz ausgefüllt, da gibt es keinen weissen, unbeschriebenen Platz mehr. Aber eine grosse rote Linie geht quer über das dunkle Blatt, und Christus wird zu jedem sagen können: «Ich habe gelitten, um die Sünde zu sühnen.»

Auf der zweiten Seite ist alles ganz anders.

Da sind Dinge aufgeführt, die aus Dankbarkeit für den Herrn getan worden sind. Die Schrift zeigt uns einige Auszüge davon: Die Leiden des Paulus zum Beispiel, in 2. Korinther 11, und viele ähnliche andere Dinge, die auf der Aktivseite der Kinder und Diener Gottes stehen.

Es ist für unsere Herzen ein tröstlicher Gedanke, dass, wenn wir am ersten Tag der Woche des Herrn gedachten, dies auch auf dieser Seite des Buches aufgeführt ist.

Im 16. Kapitel des Römerbriefes, das uns beschäftigt, sind die Dinge in drei Teile aufgeteilt. Die Zahl drei findet sich überall: Im Himmel, auf der Erde und in der Bibel.

In Gott sind drei Personen, auch gibt es drei Himmel.

In der Geschichte Israels, von der uns im Alten Testament berichtet wird, finden wir drei Etappen, die unsere Aufmerksamkeit auf drei Klassen von Personen richten, denen man – bildlich gesprochen – auch in der Versammlung begegnet.

Die erste Etappe, die Geschichte des Volkes in Ägypten, kann man auf Christen anwenden, die noch nicht mit der Welt abgeschlossen haben. Sie haben noch nie verstanden oder nie verstehen wollen, was der Apostel den Galatern schreibt: «Die Welt ist mir gekreuzigt und ich der Welt» (Gal 6,14). Wir begegnen also Gläubigen, die, in geistlichem Sinn, an ihren Kleidern die Spuren vom Lehm des Nils tragen.

Die zweite Etappe ist die Geschichte der Wüste, die Geschichte eines besonders bevorzugten Volkes, das aber nie glücklich ist. Man hörte es nur zweimal singen: Am Ufer des Roten Meeres und nach der Begebenheit der feurigen Schlangen, an der Grenze Kanaans. Es brachte keine Danksagungen dar, sondern murrte oft. Ein ergreifendes Bild von Christen, die nicht glücklich sind.

Alle Bedürfnisse des Israel Gottes waren doch der Sorge des HERRN überlassen! Jeden Morgen fanden sie eine Antwort auf die in Matthäus 6 gestellten drei Fragen: «Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen?» Da gab es das Manna, das Brot der Starken (Ps 78,23-25), auch Wasser aus dem Felsen, der ihnen nachfolgte, und Kleider, die nicht zerfielen.

Die Wolke bedeckte sie am Tag und das Feuer erleuchtete ihnen die Nacht (Ps 105,39). Sie litten weder unter der Hitze der Sonne, noch unter dem Frost der Nacht. Sie hätten ohne Sorgen leben können, glücklich und dankbar … aber der 106. Psalm erzählt uns ihren traurigen Weg.

Die dritte Etappe ihrer Geschichte spielt sich in Kanaan ab. Sie ist ein Bild der Christen, die ihre himmlische Stellung verwirklichen und in Christus glücklich sind, vom Brot des Himmels essen und sich so der innigen Beziehungen zu Gott erfreuen.

Nicht immer sind es die in äusseren Dingen Begünstigten, die diese himmlische Stellung geniessen. Oft sind es gerade arme Kranke auf ihren Betten oder Geprüfte, wie Paulus und Silas, die im Gefängnis dem Herrn lobsangen, die dies verwirklichen.

In unserem Kapitel haben wir drei Klassen von Personen:

  1. die Tätigen
  2. die Untätigen
  3. solche, die anderen Übungen verursachen

Zu welcher dieser drei Klassen gehören wir?

Phöbe

Zuerst wird eine Schwester allein erwähnt: Phöbe. Es wird nicht gesagt, ob sie verheiratet oder eine Witwe war. Drei Dinge kennzeichnen sie: Was sie ist: «eine Dienerin»; worauf sie ein Recht hat: «dass ihr ihr beisteht»; und endlich, was sie getan hat.

Ihre Tätigkeit entfaltet sich in drei Kreisen. Sie war vor allem eine Dienerin der Versammlung. In Kenchreä, einem Hafen der Stadt Korinth, wo Paulus Halt machte, bevor er nach Jerusalem reiste (Apg 18,18), war ohne Zweifel eine kleine Versammlung. Lukas erwähnt sie in der Apostelgeschichte zwar nicht. Aber dieses kleine Zeugnis hatte dennoch grossen Wert für das Herz Christi und für das des Apostels.

Phöbe stand in Verbindung mit allen denen, die sich mit dieser kleinen Versammlung beschäftigten: mit Gott, mit seinem Sohn, mit dem Heiligen Geist, mit den Engeln und den Dienern Gottes. Sie hatte sich zur Dienerin dieser Versammlung der Heiligen gemacht.

Am Hof des römischen Kaisers wurde sie nicht beachtet; Gott aber redet noch heute von ihr in der ganzen Welt. Sie erinnert uns an eine andere Frau (Mt 26,13), von der gesagt ist: «In der ganzen Welt wird auch davon geredet werden, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis.»

Ein zweiter, engerer Kreis, in dem Phöbe ihre Tätigkeit entfaltete, waren die Bedürftigen: «Sie ist vielen ein Beistand gewesen», entsprechend dem Wort des Apostels: «Nehmt euch der Schwachen an.» Nicht alle haben nötig, dass ihnen geholfen werde, aber die, die durch Mühen, Schwierigkeiten und Nöte gehen, brauchen solche, die ihnen beistehen. Phöbe war anderen eine Hilfe; sie war ihnen kein Hindernis.

Da war noch ein dritter Kreis ihrer Tätigkeit: Paulus sagt: «Auch mir selbst», dem Diener Gottes, war sie ein Beistand.

Wie hat sie Paulus geholfen? Vielleicht teilte sie mit ihm das Brot, das der himmlische Vater ihr gab, oder vielleicht stand sie ihm mit einigen Worten der Ermunterung bei oder durch das Gebet.

Man kann sein ganzes Leben damit zubringen, sich selbst zu dienen, und man macht sich damit zum Mittelpunkt seiner eigenen Tätigkeit. Aber eine solche Tätigkeit ist nicht beneidenswert.

Man kann sich auch dienen lassen und die Aufmerksamkeit der anderen für sich beanspruchen.

Aber man kann auch sich selbst vergessen, um an andere zu denken, und das ist der wahre, christliche Dienst, das ist es, was Christus getan hat, und Phöbe hat Ihn in ihrem schwachen Masse nachgeahmt.

Wir sollten nicht dienen, um eine Belohnung zu bekommen, und doch wird sie zur Ermunterung vor uns hingestellt.

Priska und Aquila

Dann folgt die Erwähnung des Ehepaars Priska und Aquila (Röm 16,3). In Apostelgeschichte 18 begegnen wir diesem aus Rom vertriebenen gottseligen Paar in der Schrift zum ersten Mal.

Paulus traf ganz kurz nach dem Ausweisungsbefehl des Kaisers Claudius mit ihnen zusammen, eine Massnahme gegen die Juden, die im Jahr 52 erlassen wurde, soweit man dies in der Geschichte feststellen kann. Da sie gleichen Handwerks waren wie Paulus, wohnte und arbeitete er mit ihnen zusammen. Wir können uns vorstellen, dass Paulus bei dieser manuellen Arbeit von Jesus Christus, dem Gekreuzigten redete, von seiner eigenen wunderbaren Bekehrung und von seiner feierlichen Begegnung mit Ihm auf dem Weg nach Damaskus, wo er durch den Zuruf: «Was verfolgst du mich?» gelernt hatte, dass jeder Gläubige ein Glied am Leib des Christus ist.

Jemand könnte einwenden: «Ich habe nicht das Vorrecht, mit Paulus zu leben.» Aber wenn der Apostel noch bei uns wäre, würde er dann von anderen Dingen reden, als von denen, die er in allen seinen Briefen erwähnt?

Diese beiden Ehegatten haben ohne Zweifel grosse geistliche Fortschritte gemacht. Wenn es zutrifft, dass der zweite Brief an Timotheus um das Jahr 66 herum. geschrieben wurde, so wären sie also vierzehn Jahre auf dem Schauplatz der Schrift geblieben. Denn am Ende dieses Briefes, worin er mit Trauer feststellen muss, «dass alle, die in Asien sind, sich von ihm abgewandt haben», bittet er Timotheus, Priska und Aquila zu grüssen. Auch da wandelten sie also immer noch aufrecht und in Treue auf dem schmalen Weg.

Aquila und Priszilla sind ein Beispiel dafür, dass man auch zu zweit dem Herrn dienen kann, obwohl uns der Apostel sagt, dass es leichter sei, als Unverheiratete im Dienst des Herrn zu stehen (1. Kor 7,8 und 32). Sechsmal finden wir die beiden im Wort, und immer übereinstimmend im Dienst. Ihre Herzen waren im Herrn vereinigt. Viermal wird der Name der Priska zuerst genannt und zweimal der des Aquila. Im Bericht, dass sie von Italien verjagt worden waren, ist Aquila zuerst genannt. Bei ihrer Ankunft in Ephesus aber wird Priska zuerst erwähnt (Apg 18,18).

Gott wollte sich in dieser Stadt dieser beiden bedienen, um einen hervorragenden Diener zu unterweisen und heranzubilden. Apollos, aus Alexandrien gebürtig, lehrte sorgfältig die Dinge von Jesus, obwohl er nur die Taufe Johannes kannte. Als aber Priszilla und Aquila ihn hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes genauer aus, unter anderem wohl die Ergebnisse des Todes Christi, seiner Auferstehung und seiner Verherrlichung. Und so wurde aus diesem Mann, dessen Name «Verderber» bedeutet, später ein «Begiesser» (1. Kor 3,6).

Im ersten Korintherbrief 16,19 grüssen Aquila und Priszilla, immer noch beisammen und von Liebe erfüllt, die Korinther vielmals im Herrn.

In dem Kapitel, das vor uns liegt, werden sie – Priska wiederum als erste – vom Apostel «meine Mitarbeiter in Christus Jesus» genannt (Vers 3).

Diese Frau scheint den Wesenszug bewahrt zu haben, den Gott der Frau im Anfang, vor dem Fall in Eden, gegeben hat. Sie war Aquila «eine Hilfe, die ihm entsprach». Eine Frau kann in vieler Weise helfen und ist für Gott in seinem so wichtigen Werk, das sich noch heute in der Welt fortsetzt, ein überaus nützliches Werkzeug. Gott gibt uns hier den Beweis dafür. Priska bildete einen auffallenden Gegensatz zu Isebel, die für Ahab eine Ratgeberin im Bösen war.

Hand in Hand haben die beiden, vielleicht während des Aufruhrs in Ephesus, ihren eigenen Hals preisgegeben. Sie hätten sich in völliger Übereinstimmung für ihn geopfert. Gott konnte nicht mehr verlangen. Aber Er hat ihnen das Leben bewahrt. Doch ist es uns erlaubt anzunehmen, dass sie beide die Krone des Lebens empfangen werden. Die Versammlungen schulden ihnen viel, denn der Apostel blieb ihnen durch diese beiden erhalten. Daher sind ihnen alle Versammlungen der Nationen zu Dank verpflichtet.

Aus dem fünften Vers ersehen wir, dass sich die Versammlung in ihrem Haus befand. Vier Personen haben nach dem Bericht des Neuen Testaments diesen Dienst erfüllt, aber Priska und Aquila werden im Zusammenhang mit dieser Aufgabe zweimal erwähnt: In unserem Kapitel und in 1. Korinther 16,19. Auch Gajus hatte diese kostbare Aufgabe (Röm 16,23), Nymphas (Kol 4,15) und Philemon.

Die Versammlung ist wie ihr Meister: Sie hat Mühe, eine Unterkunft zu finden. Als der Herr Jesus auf der Erde war, sagte Er: «Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege.»