Die Grüsse des Apostels in Römer 16 (2)

Römer 16,5-23

Epänetus

Nun gelangen wir zur dritten Klasse. Paulus nennt Epänetus «meinen Geliebten, der der Erstling Asiens ist für Christus» (Vers 5).

«Erstling» will sagen, der bessere oder der erste Teil.

Die in einer Gegend als Erste bekehrt werden, haben oft viel zu leiden. Die Nachfolgenden haben es gewöhnlich leichter, und Gott, der dem Rechnung trägt, wird es nicht vergessen.

Aber es ist uns erlaubt, aus diesen kurzen Ausdrücken noch einen anderen Schluss zu ziehen: Es gibt in der Geschichte des Zeugnisses verborgene Helden, die Christus kennt. Wir finden den Namen des Epänetus nur dieses eine Mal. War er ein Evangelist? Wir lesen nichts davon. Gab es durch seinen Dienst Bekehrungen? Die Schrift schweigt darüber. War er Hirte, Lehrer oder Prophet? Das Wort erwähnt es nicht.

Ein armer Kranker hat auf seinem Bett vielleicht jahrelang für eine Gegend gebetet. Gott hat, um auf diese Gebete zu antworten, Arbeiter dorthin senden müssen. Ihre Namen sind bekannt, es gibt Bekehrungen, aber das Hauptwerkzeug dieses Werkes, dieser arme Kranke, bleibt unbekannt. Der gerechte Richter wird dies an seinem Tag zur Verwunderung aller offenbaren. Es ist unmöglich, dass er immer im Schatten bleiben wird.

Ich kenne eine Versammlung, wo alles gut vorangeht. Ich besuchte dort eine arme, alte Schwester, die durch ihr hohes Alter und ihre Schwachheit ans Haus gebunden ist. Im Lauf der Unterhaltung sagte sie mir: «Während der Nacht kann ich nicht schlafen; aber dann denke ich viel an Afrika.» Diese Worte machten mir grossen Eindruck, und ich redete mit einem Bruder jener Versammlung darüber. Er antwortete mir: «Darüber brauchen Sie sich nicht zu verwundern; diese Schwester ist es, die hier das Niveau der Versammlung aufrecht hält.»

Maria

«Grüsst Maria, die viel für euch gearbeitet hat» (Röm 16,6). Wieder eine Frau! Sie hatte nicht in der Versammlung gepredigt, die Schrift gab ihr keine Vollmacht dazu. Aber sie hatte für die Heiligen gearbeitet, zweifellos durch ihre Gebete oder durch irgendeine andere Tätigkeit, worüber der Heilige Geist Stillschweigen bewahrt. Doch auch das wird der Herr an seinem Tag offenbar machen, dann, wenn Er jedem nach seinen Werken geben wird.

«Viel gearbeitet» ist der Beweis davon, dass es auch viel Arbeit gibt. Maria hat in hohem Mass zum Segen dieses Zeugnisses beigetragen.

Phöbe war besonders darin bevorzugt gewesen, dass Gott sich ihrer bedient hatte um diesen Brief, so voll nützlicher Ermunterungen, einer Versammlung zu bringen, die für die Arena Neros einen grossen Anteil von Märtyrern liefern sollte. Um den Philipperbrief zu überbringen hatte Gott hingegen einen Mann benützt. «Maria hat viel gearbeitet für euch.» Sie hat durch ihre Arbeit zum geistlichen Fortschritt derer beigetragen, die ihr Zeugnis für Christus durch ihr Blut besiegeln sollten.

Andronikus und Junias

«Grüsst Andronikus und Junias» (Röm 16,7). Das waren Verwandte des grossen Apostels der Nationen, aber auch Genossen seiner Gefangenschaft, die, jeder in seinem Teil, die Leiden eines Gefangenen mit ihm geteilt hatten. Auch sie hatten sich wohl der Worte des Gefangenen Jesu Christi erinnert, die er den Hebräern schrieb: «Gedenkt der Gefangenen, als Mitgefangene» (Heb 13,3). Diese beiden Männer waren bei den Aposteln angesehen, und jeder von ihnen war verantwortlich, die ihm von Gott gegebene Gabe auszuüben. Der Herr wird den Lohn nicht entsprechend der Bedeutung der Gabe austeilen, sondern im Blick auf die Treue, mit der diese Gabe ausgeübt worden ist.

Es war nicht nötig, diesen beiden Brüdern zu sagen: «Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst», oder: «Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir.» Diese Männer haben sich unter den Aposteln ausgezeichnet. Wir hören nur dieses eine Mal von ihnen reden, und der Apostel fügt noch bei: «Sie waren vor mir in Christus.» Welch glückliches Teil besitzen die, die schon früh bekehrt worden sind, die einen guten Gebrauch von ihrer Zeit gemacht haben und lange im Dienst ihres Meisters bleiben durften!

Ampliatus

Nach dieser ganzen Reihe von Personen, die eine grosse Tätigkeit entfaltet haben, finden wir Ampliatus, den der Apostel «meinen Geliebten im Herrn» nennt (Röm 16,8). Aber nichts anderes wird über ihn ausgesagt, und das Schweigen im Blick auf ihn hält an, seitdem dieser Brief geschrieben worden ist. Gehörte er zu den Untätigen, die der Apostel nicht loben konnte und die ihr Leben und ihre Kronen verlieren? Das ist ein ernster Gedanke, möge jeder ihn vor Gott sorgfältig erwägen.

Urbanus und Stachys

«Grüsst Urbanus, unseren Mitarbeiter in Christus, und Stachys, meinen Geliebten» (Röm 16,9). Weshalb grüsste der Apostel diese beiden miteinander? Ich denke, weil es zwei Freunde waren, die vielleicht zusammen wohnten und miteinander arbeiteten.

Apelles

«Apelles» ist bewährt in Christus (Röm 16,10). Die Anerkennung Christi bezüglich des Wandels und des Dienstes zu haben, ist eine sehr wichtige Sache. Die Wertschätzung vonseiten der Brüder bedeutet viel, aber die des Herrn, alles.

Hatte sich dieser Bruder in irgendeiner Schwierigkeit befunden, worin er in seinem Verhalten nicht die Billigung aller genoss? Ich wage es nicht zu sagen. Aber die Türe öffnet sich hier zu mancherlei Vermutungen, und der Herr scheint uns zu sagen: «Ich anerkenne seine Weise im Handeln oder im Urteilen.»

Der Apostel schrieb Timotheus: «Befleissige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat» (2. Tim 2,15).

Aristobulus

In diesem zehnten Vers lässt er auch die vom Haus des Aristobulus Haus grüssen. Aber dann folgt ein Punkt. Keine Namen, Schweigen! Das scheint mir feierlich ernst.

Herodion

Auch Herodion war ein Verwandter des Apostels. Aber welch ein Gegensatz zu den im Vers 7 Genannten! Es ist ein grosses Vorrecht, einen Apostel zum Verwandten zu haben oder einen bedeutenden Bruder, der im Werk arbeitet, zugleich aber auch eine grosse Verantwortung. Im Allgemeinen sagt man immer Gutes von seinen Verwandten; aber hier fügt der Apostel nichts bei. Wir haben hier die Waage des Heiligtums. Der Satz schliesst hier ab und es folgt wiederum ein bedeutsames Schweigen.

Narzissus

«Grüsst vom Haus des Narzissus, die im Herrn sind.» Der Apostel fügt nichts hinzu, aber er erwähnt ihre Stellung. Es besteht ein grosser Unterschied zwischen der Stellung des Menschen in Adam und der des Menschen in Christus. Dieses Thema läuft durch die ganze Schrift hindurch.

Tryphäna und Tryphosa

«Grüsst Tryphäna und Tryphosa» (Röm 16,12). Zwei Schwestern, die in die Bresche getreten sind und in der richtigen Weise arbeiteten: Sie taten es «im Herrn». Eine solche Arbeit ist nicht umsonst.

Der Meister hatte die Seinen einst zu zwei und zwei ausgesandt, und die Vorteile, zu zweit zu sein, wurden schon im Alten Testament hervorgehoben. Salomo sagte einst: «Zwei sind besser daran als einer … denn wenn sie fallen, so richtet der eine seinen Genossen auf» (Pred 4,9.10). Aber, um zusammen zu arbeiten ist in mancherlei Hinsicht auch grosse Demut nötig. Da muss jeder dem anderen Konzessionen machen und es braucht dazu grosse Abhängigkeit vom Herrn. Aber die Sache lässt sich ausführen, und diese beiden Schwestern hier sind ein Beweis dafür. Sie werden beim Herrn miteinander die Frucht der gemeinsam geleisteten Arbeit geniessen. Um nach dem 133. Psalm leben zu können, muss man zuerst Psalm 131 verwirklichen.

Persis

«Persis, die Geliebte, hat viel gearbeitet im Herrn.» Das bezieht sich auf die Vergangenheit. Im Augenblick, wo diese Zeilen geschrieben wurden, war sie ohne Zweifel eine betagte Schwester. Welche Weisheit vonseiten des Paulus! Er sagt nicht: «Meine Geliebte»; es war die Geliebte der Versammlung.

Viel gearbeitet zu haben ist kostbar, aber der Ausdruck «im Herrn» ist das Siegel Gottes auf ihre ganze Tätigkeit, die Er anerkennen kann.

Rufus

«Rufus, der Auserwählte im Herrn» (Röm16,13). Das ist ein bemerkenswerter Titel. Ist dies derselbe Rufus, wie der in Markus 15,21? Wir können es vermuten, aber nicht bestätigen. Sein Vater Simon war Kyrenäer, vielleicht ein Sklave. Markus sagt uns, dass er vom Feld kam, als der Sohn Gottes sich mit dem Kreuz zur Schädelstätte schleppte. Welche Weisheit in den Wegen der Vorsehung Gottes! Es war eine sehr frühe Stunde, um vom Feld heimzukehren, und der, der unser Kommen und Gehen kennt, fügte es, dass Simon gerade in diesem Augenblick vorüberging. Die Römer zwangen ihn, das Kreuz zu tragen. Lukas sagt: «Sie legten das Kreuz auf ihn, damit er es Jesus nachtrage» (Lk 23,26). Markus sagt von ihm: «Der Vater von Alexander und Rufus.» Das legt uns die Vermutung nahe, dass diese im Augenblick, als Markus diese Dinge schrieb, zwei unter den Christen bekannte Brüder waren. Hier, ohne zu wissen weshalb, finden wir Rufus in Rom.

Die Mutter von Rufus

«Und seine und meine Mutter.» Welch kostbarer Dienst! – Es werden in diesem Kapitel verschiedene Dienste, die dem Apostel erwiesen wurden, erwähnt: Phöbe war ihm ein Beistand; Priska und Aquila waren seine Mitarbeiter, die ihren Hals für ihn preisgegeben hatten; und hier finden wir eine «Mutter» für den grossen Apostel der Nationen. Welch tiefe Zuneigung wird doch durch dieses kleine Wort zum Ausdruck gebracht! Welche Fürsorge! Welche Zärtlichkeit! Der Apostel erwähnt seine Verwandten dreimal. Aber da war nur eine Mutter!

Wir schliessen diese Betrachtung und bitten die Leser, die Lektüre dieses Kapitels in Abhängigkeit vom Herrn fortzusetzen.

In den Versen 17-19 werden solche genannt, die anderen zur Übung waren.

Aus dem 22. Vers geht hervor, dass Tertius den Brief schrieb und die Versammlung grüsste. Auch das wird nicht vergessen.

Gajus (Vers 23) beherbergte den Apostel und die Versammlung. Welch wichtiger Dienst und wie kostbar war er für das Herz Christi! Dann ist da auch noch Quartus zu erwähnen. Dieser Mann wäre unbekannt geblieben, wenn er nicht Tertius, der den Brief schrieb, aufgetragen hätte, die Versammlung für ihn zu grüssen; ein Beweis seiner Liebe für die Heiligen.

In dieser zerteilten Welt, erfüllt von Hass, von Feindschaft der Rassen, der Sprachen und der Religionen, hat der Herr durch das Evangelium in vielen Herzen gewirkt und sich eine einzige Familie gebildet aus Menschen aller Klassen, die eine wunderbare Liebe zu Ihm hin versammelt und zu denen Er gesagt hat: «Liebt einander!»

Möge Gott diese Gedanken an uns segnen und uns ermuntern, sein Wort mit Gebet zu studieren!