Worauf sinnen wir?

Philipper 3,17-21; Philipper 4,1-10

In diesem Schriftabschnitt fällt uns auf, wie der Apostel so grosses Gewicht auf unser Sinnen legt. Er weiss, wie viel davon abhängt.

Sinnen ist nicht nur Denken. Auch das Herz ist daran beteiligt. Je nach dem Gegenstand meines Sinnens werde ich entweder voll Freude oder voll Sorge, voll Frieden oder voll Unruhe, voll vom Himmel oder voll vom Irdischen sein. Dieser einfachen Wahrheit schenken wir oft viel zu wenig Beachtung.

In den genannten Versen werden uns verschiedene solcher Gegenstände des Sinnens vorgestellt.

Was unseren Sinn erfüllen soll

Paulus ruft uns in diesem Brief, in dem er seine eigenen Erfahrungen mit Christus beschreibt, mehrmals zu: «Freut euch im Herrn!» Sowohl im Kerker in Philippi als auch im Gefängnis in Rom, überall und allezeit hat er selbst dieses Mittel zur Glückseligkeit auf sich angewandt. Jedes Mal hat es ihn mit unbeschreiblichem Glück erfüllt.

In Philippi war dies besonders auffallend. Am Abend zuvor waren er und Silas mit vielen Schlägen traktiert worden. Ihre Rücken bluteten. Der Kerkermeister warf sie ins innerste, dunkelste Gefängnis und befestigte ihre Füsse in dem Stock. Die Armen konnten sich kaum bewegen und litten unsäglich. Sie waren in tiefster Drangsal. Aber sie überliessen sich nicht dem Jammern und Klagen. Sie hatten Besseres zu tun: Sie beschäftigten sich mit dem Herrn, mit seiner Person, seinen Leiden, seiner Liebe, mit seinem Werk und dessen wunderbaren Ergebnissen. So trugen die beiden eine Kostbarkeit nach der anderen zusammen, die der Heilige Geist in strahlendes Licht tauchte, so dass das drohende Dunkel um sie her mit dem Glanz himmlischer Herrlichkeit erfüllt wurde. Statt der muffigen, unreinen Luft ihres Verlieses atmeten sie die unvergleichlichen Wohlgerüche Christi ein. Sie sahen die Macht Gottes, dem Himmel und Erde gehorchen müssen, nicht ihre eigene Hilflosigkeit. – Da bemächtigte sich ihrer eine unaussprechliche und verherrlichte Freude, und sie fingen an, Gott zu lobsingen. Welch ein Zeugnis inmitten dieser Kerkermauern, die sonst nur Leid und Tränen kannten!

Diese «Freude im Herrn» steht allen Erlösten zur Verfügung (Phil 3,1; 4,4). Gott hat uns alle «in die Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn» berufen. Mit den Aposteln haben wir alle «einen gleich kostbaren Glauben empfangen», durch den wir Jesus Christus geniessen können. «Den ihr», sagt Petrus, «obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockt» (1. Pet 1,8). Gott will, dass sich auch unser Sinnen täglich um dieses Hauptthema bewege. Wer sich dies angewöhnt hat, ist wahrhaft glücklich zu preisen.

Drei Gefahren

Unsere Stelle im Philipperbrief macht uns auf drei Gefahren aufmerksam, auf drei Neigungen, die uns diese unvergleichliche «Freude im Herrn» rauben können:

1. Auf das Irdische sinnen

Sie wird uns abhanden kommen, wenn wir auf das Irdische sinnen (Phil 3,19).

Das Bürgertum der Erlösten ist in den Himmeln. Von dorther erwarten wir unseren Herrn Jesus Christus als Heiland, damit Er unsern Leib umgestalte und uns für immer in die Herrlichkeit einführe.

Der Apostel liess dieses herrliche Ziel nicht aus den Augen. Er jagte ihm nach wie ein Wettläufer (Vers 14). Und wir? Ertappen wir uns nicht oft dabei, dass wir auf das Irdische sinnen? Unsere Ziele sind dann Ehre in der Welt, Vermehrung unseres irdischen Besitzes und ähnliche Dinge. Bei dieser Zielsetzung werden wir vom Irdischen so in Anspruch genommen, dass wir keine Zeit und Kraft mehr haben für den Herrn, um uns in Ihm zu freuen und Ihm mit Hingabe zu dienen. Welch ein Verlust!

2. Sorgen

Ein anderes wirksames Mittel, durch das der Feind unseren Sinn und unser Herz von Christus abziehen kann, sind die Sorgen (Phil 4,6). Wir brauchen sie nicht zu suchen, sie drängen sich uns auf. Sie sind wie ein Schwarm Fliegen, die sich Tag für Tag, immer wieder auf uns niedersetzen wollen.

Meist treten die Sorgen in Zusammenhang mit an sich guten Dingen auf: mit unserer Familie, mit unseren Kindern, mit unseren Pflichten, mit unserer Arbeit, ja sogar in Verbindung mit dem Reich Gottes und den Interessen des Herrn. Das verschleiert uns den üblen Charakter der Sorgen. Wenn wir ihnen Raum lassen, so zeugt dies aber von mangelndem kindlichem Vertrauen in unseren Gott und Vater, der doch in Treue selber für uns besorgt ist.

Gott kennt diese fatale Neigung im Herzen seiner Kinder nur zu wohl. Sein Wort ist daher voll von entsprechenden Ermahnungen und Ermunterungen. Hier werden wir aufgerufen: «Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden» (Phil 4,6).

Wie könnten wir uns im Herrn freuen, solange uns irgendeine Sorge plagt und beunruhigt? Sie mag noch so unberechtigt, töricht und unbedeutend sein – sie steht zwischen Ihm und uns und unterbricht den Stromkreis unserer Gemeinschaft mit Ihm.

Wird es uns aber zur Gewohnheit, diese Ermahnung zu befolgen, werden uns die Sorgen nur antreiben, viel das Angesicht Gottes aufzusuchen. Sein Friede, der allen Verstand übersteigt, wird dann unsere Herzen und unseren Sinn bewahren in Christus Jesus.

3. Womit beschäftigen wir uns?

Schliesslich gibt uns der Apostel durch den Heiligen Geist in Philipper 4,8 eine wichtige Anweisung, wie wir einer dritten Gefahr, wovon unser «Sinn in Christus Jesus» bedroht ist, begegnen können: «Im Übrigen, Brüder, alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, dies erwägt

Auf den heutigen Menschen dringt von allen Seiten die Welt ein. Die modernen technischen Mittel bringen sie ihm sogar in die Stube, mit all ihrer Lüge und Gottlosigkeit, ihrer Unreinheit und Sünde, wenn auch oft in anziehendem und anständigem Gewand.

Soll der Christ da wahllos mithören und mitsehen und mitleben? Gottes Wort sagt nein. Aber es ist nicht damit getan, dass er vor seinem Herzen einen Zensurposten, einen Torhüter aufstellt, der alles, was Einlass begehrt, auf die hier genannten göttlichen Anforderungen hin prüft und das Untaugliche zurückweist. Vielmehr soll er das Böse mit dem Guten überwinden und das erwägen, was das wohlgeläuterte Wort Gottes vor ihn hinstellt. Das ist der wirksamste Schutz vor bösen Einflüssen. Sagt der Herr Jesus nicht: «Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals dürsten»? (Joh 6,35). Solange das Herz damit erfüllt ist, bleibt darin kein Raum für die Welt übrig. Es sei daher unser ständiges Anliegen, dass das Wort des Christus reichlich in uns wohne!