Die Ruhe Gottes

Hebräer 4

Das Herz des Menschen strebt nach Ruhe und sucht sie auf der Erde. Aber für den Heiligen ist hier keine Ruhe zu finden. Wir lesen, dass nur ausserhalb dieser Schöpfung «eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig» bleibt. Dies zu wissen ist sehr gesegnet, aber auch sehr schmerzlich – schmerzlich für das Fleisch, da es die Ruhe stets hier auf der Erde sucht und daher immer wieder Enttäuschungen durchmachen muss – gesegnet für die aus Gott geborene neue Natur, die nirgends ruhen kann, als nur in der Ruhe Gottes, die Er «meine Ruhe» nennt (Vers 5).

Gott kann nicht ruhen inmitten des Verderbens der Sünde, sondern nur in dem, was vollkommen heilig ist. Und weil Er Liebe ist und uns liebt, so will Er uns in seine eigene Ruhe, in seine eigene Freude eingehen lassen.

Wenn die Seele diese Ruhe einmal erkannt hat und sich das Herz nach ihr sehnt, so freut man sich unaussprechlich darüber, dass uns Gott in seiner Liebe nichts Geringeres geben kann und will als seine eigene Ruhe und Wonne. Dann wird man sich auch völlig bewusst werden, dass wir nirgends anders Ruhe finden können. Wohl mögen uns auf dem Weg Freuden geschenkt werden, aber sobald wir darin ruhen wollen, werden sie für uns das, was die Wachteln für Israel wurden – Gift (4. Mo 11).

Wenn die Seele vergisst, dass die Ruhe Gottes die einzige für sie bestimmte Ruhe ist, und sie nicht mehr das was «bleibt» anschaut, so fängt sie sofort wieder an, die Ruhe hier unten zu suchen, und erntet wieder Unruhe und getäuschte Erwartungen. Jedes Mal, wenn wir uns auf etwas werfen, das uns Ruhe und Befriedigung zu versprechen scheint, wird gerade diese Sache wieder zu einer Quelle von Verdruss und Plage, von Sorge und Entmutigung für uns werden. Gott liebt uns zu sehr, als dass Er uns hier auf der Erde ruhen lassen könnte.

Bist du es zufrieden, keine andere Ruhe zu haben und zu suchen, als nur die Ruhe Gottes?

Was ist die Ursache von so viel Missmut und Unruhe bei so manchem Heiligen? Das Streben nach Ruhe hier unten. Gott ist oft genötigt, eine solche Seele in seine Zucht zu nehmen, ihr vielleicht durch irgendwelche Umstände ihren wahren Zustand zu zeigen und ihr klar zu machen, dass sie etwas anderes will als was Er will. Die Umstände würden uns nicht so beschweren, sondern an uns vorbeigehen wie der Wind, wenn wir in Übereinstimmung mit Gott und Ihm völlig unterworfen wären. Sind wir es nicht, so beschäftigt Er sich gerade mit dem in uns, was uns hindert, Gemeinschaft mit Ihm zu haben und unsere Ruhe allein in Ihm zu suchen. Seine Zucht ist nur die beständige, unermüdliche Tätigkeit seiner Liebe und soll uns dazu führen, in seine Ruhe einzugehen. Wenn Er die unsere hier zerstört und das, woran wir uns sättigen wollten, in Gift verwandelt, so ist es nur, damit Er uns in seine eigene Ruhe bringe und wir das geniessen, was nicht allein unsere, sondern seine eigenen Wünsche für uns befriedigt.

«Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ist auch zur Ruhe gelangt von seinen Werken, wie Gott von seinen eigenen» (Vers 10). Es handelt sich hier nicht um unsere Rechtfertigung oder Ruhe in Bezug auf das Gericht. Dies alles ist schon geordnet. «Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden» (Röm 5,19). Dort ruhen wir, und dort ruht Gott. «Mit einem Opfer hat er auf immerdar die vollkommen gemacht, die geheiligt werden» (Heb 10,14). Was seine Sünden betrifft, so hat der Gläubige gelernt, in Christus und seinem vollbrachten Werk zu ruhen. Er hat Frieden durch das Blut Christi.

Hier handelt es sich um solche, die gerechtfertigt und von Gott in seine Familie gebracht worden sind. Solche erzieht Er nun und möchte sie in seine eigene Glückseligkeit und Ruhe einführen. Wenn ich als Vater mich über irgendetwas freue, so wünsche ich, wenn ich mein Kind wirklich liebe, dass es an meiner Freude teilnimmt. Und wenn wir, die wir böse sind, dies wünschen, wie viel mehr unser himmlischer Vater! Er bemüht sich, uns dahin zu bringen, dass wir uns an allem freuen, worin Er seine eigene Freude findet. Damit wir dazu fähig seien, hat Er uns ja zu Teilhabern seiner eigenen Natur gemacht. Wie die Gläubigen unserer Tage, so waren die Hebräer von damals immer geneigt, hier unten die Ruhe zu suchen und nicht ein Leben des Glaubens zu leben. Darum wünscht ihnen der Apostel den Gedanken recht nahe zu legen, dass Gottes Ruhe nicht hier ist und seine Liebe erst dann ruhen kann, wenn nichts mehr deren völligen Genuss hindert.