O ja, wir sind durch manche Tage ermüdender Prüfungen hindurch gekommen und sind Gott sehr dankbar für seine überströmende Gnade. Manchmal wussten wir nicht aus und ein. Die Schwierigkeiten schienen sich unerwartet zusammenzuballen, und uns alle miteinander zu überfallen – die Amalekiter, die Amoriter, die Ammoniter und manche anderen Feinde. Da war nur ein Freund, wohl ungesehen, aber immer gegenwärtig.
Andere haben uns vielleicht ihre Hilfe angeboten. Aber zweifellos hatten auch sie ähnliche Feinde in ihrem Bereich – vielleicht die Midianiter, die Moabiter und die Edomiter. Keiner ist auf die Länge sicher vor diesen Plünderern des Friedens.
Ich bin allein! So magst du geseufzt haben, als du vor einem sehr schwierigen Tag standest. Aber da hattest du gar nicht Recht. Unser unsichtbarer Freund war da, eine ganz nahe Hilfe in Stunden der Not. Seine Gegenwart macht den ganzen Unterschied aus zwischen Schwachheit und Kraft, zwischen Niederlage und Sieg, zwischen «niedergeworfen sein» und: «aber nicht umkommend».
Nein, wir haben keine Zweifel über seine Nähe. Er hat gesagt: «‹Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen›, so dass wir kühn sagen können: ‹Der Herr ist mein Helfer›». Er ist auch sehr gnädig. Er weiss, wie leicht wir die Verheissung seiner Gegenwart vergessen, und dass wir nicht immer daran denken, dass Er nicht weit weg, sondern sehr nahe ist. Dann erinnert Er uns an seine eigenen Worte, oh, wie zart!
In den dunklen Stunden schlafloser Nächte hören wir oft den Unsichtbaren, der nie schläft, zu uns reden. Während der niederprasselnde Regen an die Fensterscheiben klopft, versichert mir seine Stimme: «Wenn du durchs Wasser gehst, bin ich bei dir.» Und so stetig, wie das Wasser von der Dachrinne ins Fallrohr tropft, ist Er da und sagt: «Siehe, ich bin bei dir, alle Tage».
So oft offenbart sich der Herr den Seinen, wie Er es der Welt gegenüber nicht tut. «Der Herr stand mir bei», sagte Paulus in Rom. Auch in diesem Augenblick kann der Glaube den Unsichtbaren an der Bettseite stehen sehen, um – wie einst – die schwache fiebrige Hand zu erfassen und dem Kranken unerwartete Kraft mitzuteilen. Die Wunder der Liebe, einst am Leib der Galiläer vollbracht, geschehen heute aufs Neue in den Herzen der Gläubigen. Aber nicht immer sehen wir den Unsichtbaren seine grossen geistlichen Befreiungen vollbringen, weil unser Glaube oft schwach ist.
In der Schrift wird von «grossem Glauben» und von «Kleinglauben» gesprochen. Der Glaube des römischen Hauptmanns, der die Heilung seines Knechtes von einem blossen Wort des Herrn erwartete, wird gross genannt. Er sah in dem Unsichtbaren Herrlichkeiten, als sich ihm diese noch nicht gezeigt hatten, und er traute Ihm zu, dass Er nur ein Wort zu sagen brauchte, und es würde geschehen. Des Hauptmanns Auge des Glaubens war von Anfang an auf den Herrn gerichtet, und nach seinem göttlichen Mass war des Römers Glaube gross.
Die Jünger im Sturm riefen zum Herrn: «Rette uns, wir kommen um!» (Mt 8,25). Sie wandten sich an Ihn, getrieben durch äusserste Not. Sie waren voller Zweifel und Furcht. Aber der Herr stillte den Sturm, trotz der Schwachheit ihres Glaubens und ihrer Selbstsucht. Zu den Jüngern, die so manchmal Zeugen der Gnade und Macht des Herrn gewesen waren, sagte Er aber: «Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen?» Es fehlte ihnen an Glauben, den Unsichtbaren bei ihnen im Boot zu sehen, den Hüter Israels, der nicht schlummert noch schläft. Aber sie hatten doch den Glauben eines Kindes, das sich anklammert, und so kam Ruhe auf den See.
Jene, die den unsichtbaren Herrn auf den Wellen wandeln und im Sturm dahinziehen sehen, indem Er Wolken zu seinem Gefährt macht, sind es, die seinen Namen verherrlichen, die von seinen Taten reden, die Ihn wegen seiner wunderbaren Werke rühmen, wenn Er seine sturmbedrängten Heiligen in den ersehnten Hafen bringt. Sie preisen den Herrn, weil sie inmitten der Prüfungen seine Macht und Herrlichkeit gesehen haben, so wie sie Ihn selbst im Glanz des Heiligtums angeschaut hatten (Ps 63,3).