Der Brief des Judas

Judas 1,1-25

Einleitung

Im Neuen Testament sind uns durch drei Schreiber Briefe hinterlassen, in denen der Heilige Geist den Verfall der Versammlung Gottes und den Abfall in der Christenheit beschreibt. Es sind dies

  • der zweite Petrus-Brief
  • der Judas-Brief
  • die drei Briefe des Johannes

Es gibt zwei Gründe, warum der Heilige Geist schon den Aposteln die Anfänge des Abfalls zeigte und sie diese Briefe schreiben liess. Erstens sollten die Gläubigen zu allen Zeiten wissen, was kommen würde, und zweitens geben diese Briefe uns, die wir in den letzten Tagen leben, Anweisungen, wie wir uns inmitten des Abfalls verhalten sollen.

Judas hat in seinem Brief die ganze Christenheit vor sich. Es geht um alle, die durch Taufe oder Lippenbekenntnis den Herrn anerkannt haben. Aber viele von ihnen zählen nur noch äusserlich zu den wahren Gläubigen; in ihren Herzen haben sie sich dem Herrn Jesus nicht unterordnet, sie sind innerlich abgefallen.

Die Stellung dieses Briefes innerhalb der Bibel ist bemerkenswert: sein Inhalt kommt einer Einleitung zum Buch der Offenbarung gleich, wo sich der Zorn Gottes besonders im Gericht gegen die abgefallene Christenheit wendet.

Die meisten Ausleger sind der Meinung, dass Judas ein Bruder jenes Jakobus war, der eine führende Stellung in der Versammlung in Jerusalem einnahm. Judas wäre demnach ein leiblicher Bruder des Herrn gewesen (Gal 1,19; Mt 13,55). Bei solchen Spekulationen wollen wir nicht vergessen, dass der Heilige Geist der eigentliche Schreiber dieses Briefes ist, und Judas nur ein von Ihm gebrauchtes Werkzeug war.

Durch den ganzen Brief hindurch erkennen wir besonders auffallende

Dreiergruppierungen

Vers 1. Drei Bezeichnungen für die Gläubigen: sie sind geliebt, bewahrt, berufen.

Vers 2. Drei Dinge werden ihnen gewünscht: Barmherzigkeit, Friede, Liebe.

Verse 3.17.20. Dreimal «Geliebte».

Vers 4. Drei Beschreibungen des Bösen: gottlos, die Gnade verkehren, den Gebieter und Herrn verleugnen.

Verse 5-7. Drei Gerichte: über ungläubige Israeliten, über Engel und über die Bewohner von Sodom und Gomorra.

Vers 8. Drei Tätigkeiten der Träumer: das Fleisch beflecken, die Herrschaft verachten, Herrlichkeiten lästern.

Verse 12.16.19. Drei Gruppen von Abgefallenen:

dreimal «diese sind …»

Verse 20-21. Drei Mittel zur Auferbauung des Gläubigen: Gebet, sich in der Liebe Gottes erhalten, den Herrn Jesus erwarten.

Verse 22-23 (Fussnote). Drei Hilfsbemühungen gegenüber andern: überführt Zweifelnde! rettet, indem ihr sie aus dem Feuer reisst! erbarmt euch ihrer mit Furcht!

Gedanken zum Inhalt

Vers 1

«Judas» bedeutet Lobpreis. Welch ein Gegensatz zu dem, was er schreiben musste! Judas nennt sich nur Bruder des Jakobus, nicht Bruder des Herrn, obwohl er es war. Ihm gegenüber war er Sklave.

Der Ausdruck «in Gott, dem Vater, geliebten und in Jesus Christus bewahrten» weist auf den dreieinigen Gott hin; und beim Abfall in diesem Brief geht es um die Verwerfung dieses Gottes. Wer den Herrn Jesus ablehnt, verwirft die Gottheit insgesamt (Kol 1,19; 2,9).

«Berufene» ist wohl der allgemeinste Ausdruck für alle Gläubigen. Sie sind von Gott, als dem Vater, geliebt, und als solche betrachtet sie Judas. Tun wir es auch, oder sehen wir nur das Fleisch in dem Mitgläubigen?

Wir werden durch den Herrn Jesus, aber auch für Ihn bewahrt (siehe Fussnote). Welch eine Sicherheit gibt uns das, im Blick auf den uns umgebenden Abfall (Joh 17,9.11.15.17.24). Wir werden das Ziel erreichen!

Vers 2

Barmherzigkeit wird sonst nur in den Briefen an Einzelpersonen hervorgehoben. Hier wird sie den einzelnen Gläubigen des Gesamtzeugnisses gewünscht. Barmherzigkeit hat einen äusseren Anlass zum Beweggrund. Wenn wir in uns selbst oder in die örtlichen Zeugnisse blicken, fällt es uns nicht schwer, die Notwendigkeit dieser Barmherzigkeit zu erkennen. Und wir brauchen sie bis ans Ende unseres Weges (Vers 21).

Vers 3

«Geliebte», das ist die Stellung, in der Gott uns sieht. Aber als solche sind wir Ihm verantwortlich. Deshalb ist es auch bei gutem Vorsatz und noch so schönem Vorhaben wichtig und nötig, zu wissen, ob unser Handeln nach Gottes Willen ist. Lasst uns immer wieder das vollkommene Vorbild, den Herrn Jesus, betrachten: z.B. Joh 2,4; 7,8; 11,6.

Judas musste von Kampf schreiben, weil der Abfall schon sichtbar wurde, bevor das Wort Gottes vollendet war. Wir, die wir in einer Zeit leben, in der wir das Glaubensgut, die Wahrheit Gottes, ernsthaft verteidigen müssen, können uns nun auf inspirierte Schriften stützen. Wie wunderbar!

Vers 4

Menschen, die nicht auf dem Weg der Buße und Bekehrung in die Mitte der Gläubigen gekommen sind, sondern sich nur äusserlich zu ihnen halten, bringen auch verderbliche Dinge nebenein (2. Pet 2,1.2). Sie fügen dem Wort Gottes noch eigenes hinzu. Durch ihr Verhalten verfallen sie dem Gericht, das für ein solches Tun schon längst aufgezeichnet war (siehe Verse 14-15).

«Die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren» bedeutet, mit erhobener Hand sündigen (4. Mo 15,30). Diese Menschen taten bewusst Böses, mit dem Gedanken, die Gnade würde alles wieder gutmachen (Röm .3,8; 6,1.2.15).

«Den alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen». «Gebieter» ist ein ähnlicher Ausdruck wie das alttestamentliche Wort «Herr» (Adonai). Er hat alle Rechte. Den Titel «Herr» hat der Herr Jesus als Mensch aufgrund seines Werkes am Kreuz erworben (Apg 2,36). Das Christentum ist niemals ein Freibrief für den eigenen Willen, wie heute viele Bekenner gleich den Menschen von damals meinen und entsprechend leben. Und wir? Zeigt unser praktisches Leben wirklich wahre Unterordnung unter die Autorität des Herrn und die seines Wortes, und die Bereitschaft zum Gehorsam in allen Punkten?

Verse 5-7

Wenn wir uns nicht immer wieder an die ganze Wahrheit (2. Pet 3,1.2; Altes und Neues Testament) erinnern und sie festhalten, besteht die Gefahr eines geistlichen Rückgangs. Doch man verliert das einmal Gewusste auch dann, wenn man die erkannte Wahrheit nicht praktisch auslebt.

Durch den heiligen Geist erinnert uns Judas an den Abfall – das Verlassen einer gottgegebenen Stellung – in vergangenen Zeiten. Er zählt drei Beispiele auf und verschweigt das jeweils folgende Gericht keineswegs.

  1. Die Sünde des Volkes Israel in der Wüste war der Unglaube (Heb 4,2). Die meisten unter ihnen waren nur äusserlich für Gott abgesondert. Deshalb konnte Er kein Wohlgefallen an ihnen finden (1. Kor 10,1-5). Fünf Dinge, die wir in 1. Korinther 10,6-10 finden, wurden ihnen denn auch zum Verhängnis.
  2. Das Beispiel der Engel zeigt uns den Ungehorsam. Sie blieben nicht in ihrer zugewiesenen Stellung, sondern verliessen den Himmel und kamen auf die Erde, wo sie sich mit den Menschen vermischten (1. Mo 6,1-4). Gott griff sofort ein. Ihr Beispiel sollte in Gottes Schöpfungsordnung nicht weiter Schule machen.
  3. Die Sünde Sodoms war Unmoral. Die Bewohner jener Städte gingen anderem Fleisch nach und Männer trieben mit Männern Schande (1. Mo 19,5-8).

Die Reihenfolge dieses Abweichens erleben wir heute wieder. Dem Unglauben des Herzens gegenüber dem Wort Gottes folgt offener Ungehorsam und Auflehnung gegen Gottes Ordnung. Diese Haltung ist immer gepaart mit schamloser Unmoral.

Vers 8

Durch das «Ebenso» kommt Judas nun auf den Abfall in seiner Zeitepoche – die bis heute andauert – zu sprechen. Sittenlosigkeit und Anarchie (das Verwerfen jeder Ordnung) nehmen in erschreckendem Mass zu. Das Lästern von Herrlichkeiten (Fussnote: Würden, Gewalten) schliesst auch das leichtfertige Reden und Denken über Satan und seine Macht mit ein (vgl. Vers 9). Lasst uns diese Mächte nie zu schwach einstufen mit der Begründung: der Herr habe der Schlange ja den Kopf zertreten. Der Herr Jesus selbst nennt Satan den «Fürsten der Welt» (Joh 14,30) und zeigt damit, welchen Herrschaftsbereich Er ihm vorläufig noch gelassen hat.

Vers 9

Von diesem Wortwechsel, sowie von der Weissagung Henochs (Vers 14) finden wir im Alten Testament nichts. Sie werden nur einmal – hier – erwähnt. Kann das unseren Glauben in Gottes untrügliches Wort erschüttern? Nein, denn Gott allein weiss, zu welcher Zeit Er uns etwas mitteilen will, und wenn Er etwas nur einmal erwähnt, ist das auch völlig genügend. Braucht Er seine Worte zu beweisen? Nein!

Von Michael lesen wir noch in Daniel 10,13.21 und Offenbarung 12,7. Im Wortstreit ging es um den Leib Moses, den Gott selbst begraben hatte. Satan hätte nur zu gern eine Religion daraus gemacht. Weil der Mensch heute noch zur Verehrung der verschiedensten heiligen Dinge neigt, hat der Herr auch nicht zugelassen, dass es heute noch Originalhandschriften seines Wortes gibt.

Vers 10

Was der Erzengel dem Herrn überlässt (er wagte kein lästerndes Urteil, sondern sprach: der Herr schelte dich!), das meinen diese Menschen selbst tun zu können. Sie geben zu ihrem Verderben christliche Wahrheiten auf, die sie, ohne den Geist zu besitzen, verstandesmässig begriffen haben.

Wir Gläubige sind zwar dem Machtbereich Satans entrückt (Heb 2,14.15), haben es aber noch mit seinen Listen zu tun und benötigen deshalb die ganze Waffenrüstung (Eph 6,10-18). Der Machtbereich Satans ist die Welt. Meiden wir daher alles, was die Welt uns anbietet (1. Joh 2,15.16); denn wer sich gedankenlos oder mutwillig in Gefahr begibt, kann darin umkommen!

Vers 11

In drei alttestamentlichen Bildern wird uns der heutige Abfall vor Augen geführt. An andern Stellen zeigt uns Gottes Wort aber auch die entsprechenden Gott wohlgefälligen Gegenstücke, die wir nicht ausser Acht lassen wollen.

Menschen, die den Weg Kains gehen, wählen eine eigene, natürliche Religion und hassen im Grund den Gerechten. Sie meinen, Gott sei mit einem Gottesdienst eigener Werke zufrieden. Sie verneinen damit den Fluch, der durch die Sünde über die Erde gekommen ist. – Abels Weg dagegen ist der göttliche. Er trat vor Gott in dem Bewusstsein, dass in seinem Fleisch nichts Gutes wohnte. Er brachte ein unschuldiges Tier dar, das stellvertretend für ihn starb, ein Bild vom Opfer Jesu Christi, und Gott nahm ihn an.

«Sie haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams überliefert.» Sein Irrtum bestand darin, dass er, der sich als Prophet oder Diener Gottes ausgab, meinte, für den «Lohn der Ungerechtigkeit» (2. Pet 2,15) das sagen zu dürfen, was für Gottes Volk zum Schaden war. Wahrer Gottesdienst soll zum Segen sein und nicht um schändlichen Gewinnes willen getan werden (1. Pet 5,2). – Welch ein schönes Gegenbild sehen wir in Mose, der inmitten eines widerspenstigen Volkes Gottes gedient hat, nichts vom Volk erwartete und nur auf den Unsichtbaren und seine Belohnung schaute (Heb 11,24-27).

Der Widerspruch Korahs ist der schlimmste Abfall. Hier geht es um direkte Empörung gegen die Autorität des HERRN und seines Wortes. Korah war ein Levit, wir könnten sagen, ein Diener des Herrn, der in seinem Werk arbeitete. Er wollte aber Priester sein und eine entsprechende Autorität haben. Wie gross ist die Gefahr, dass wir der Stimme der Brüder eine Autorität zumessen, die nur dem Herrn und seinem Wort zukommt. Und wie leicht können Brüder sich eine Autorität aneignen, die völlig schriftwidrig ist! – Welch einen schönen Gegensatz dazu finden wir bei Aaron und Mose, die einen wahrhaft «christlichen» Geist zeigten! Sie fielen auf ihr Angesicht, dann lief Aaron mit der Räucherpfanne und dem Räucherwerk unter das Volk, um der Plage zu wehren und Sühnung zu tun (4. Mo 16,41-50).

Ein Gegenstück zum 11. Vers bildet auch Johannes 14,6. Der Herr Jesus ist der Weg gegenüber dem Weg Kains, Er ist die Wahrheit gegenüber dem Irrtum Bileams und das Leben im Gegensatz zu dem Umkommen im Widerspruch Korahs.

Verse 12,13

Das Schlimmste an dieser traurigen Beschreibung von Menschen, die zu Feinden Gottes geworden sind, ist die Tatsache, dass diese sich in der Mitte der Gläubigen aufhalten. Denken wir daran, dass die Gefahr von innen heimtückischer ist als die von aussen.

Klippen (Fussnote für «Flecken») liegen unter dem Wasserspiegel verborgen und bilden für die Schwachen eine besondere Gefahr (2. Tim 3,5; Röm 16,17.18).

Wer sich selbst weidet, vernachlässigt gleichzeitig die Herde: Hesekiel 34,2-10.

Wolken ohne Wasser sind solche, die meinen, sie hätten eine Gabe und viel reden, aber den Zuhörern nichts geben (Spr 25,14), weil sie selbst nicht zuerst durch den Heiligen Geist von Christus genährt worden sind (Joh 7,37.38).

Spätherbstliche Bäume, fruchtleer. Zum Zeitpunkt, da alle Bäume Frucht gebracht haben, sind sie noch fruchtleer. Im Gegensatz dazu steht der wahre Gläubige: Psalm 1,3; Jeremia 17,7.8.

Wilde Meereswogen, die ihre eigenen Schändlichkeiten ausschäumen. Nichts anderes kann aus dem menschlichen Herzen unter der Macht des Bösen hervorkommen.

Irrsterne führen andere in die Irre, ins Verderben. Kein Irrlehrer kann von uns geliebt werden (Ps 139,21.22), weil er ein Feind Gottes, ein Feind des Kreuzes Christi und ein Feind der Heiligen ist (Phil 3,18.19).

Das Ende ist immer ein ewiges Gericht (Verse 6.7.13). Im Gegensatz zu diesem dunklen Ende strahlt die Herrlichkeit Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus in alle Ewigkeit (Vers 25).

Vers 14

Henoch bedeutet «Eingeweihter». Er wandelte mit Gott (1. Mo 5,21-24) und deshalb konnte Gott ihn in seine Pläne des Gerichts über die Gottlosen einweihen. Er ist ein Bild der Gläubigen unserer Tage. Nach unserer Zeit, d.h. nach der Entrückung, kommt das Gericht über diese Welt. Dann wird die Weissagung Henochs, die bei der Flut eine teilweise Erfüllung fand, bis ins letzte eintreffen. Gottes Langmut wird dann zu Ende sein! (2. Pet 3,3-10). Veranlasst dieses Wissen um die Absichten Gottes auch uns zu einem Wandel mit Gott, getrennt von einer Welt, in der der wahre Gott keinen Platz mehr hat?

Verse 15,16

Hier wird also das Gericht über die Namenchristenheit angekündigt, die wohl den Namen Christi trägt, in Wirklichkeit aber gottlos ist. In diesem Brief ist nicht die Rede davon, dass der Böse aus der Versammlung hinausgetan werden muss, weil Judas das ganze christliche Bekenntnis beschreibt, aus dem man als Christ nicht hinausgetan werden kann. Die Christenheit hat einen Charakter angenommen, wie er im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen beschrieben wird (Mt 13,24-30; 36-43).

Dem schlimmen Zustand der Gottlosigkeit steht die Gottseligkeit gegenüber (Tit 2,11-13). Gottselig bedeutet, so an Gott haften, dass nichts Trennendes zwischen ihm und uns aufkommen kann.

Verse 17,18

Neben Judas haben auch die Apostel vom Ende gesprochen, von der Zuspitzung der Ereignisse und der Zunahme der Gottlosigkeit: in späteren Zeiten (1. Tim 4,1), am Ende der Zeit (Judas 18), in den letzten Tagen (2. Tim 3,1; 2. Pet 3,3) und in der letzten Stunde (1. Joh 2,18).

«Ihr aber, Geliebte.» Welch ein Trost und eine Ermunterung ist diese persönliche Anrede (vgl. Mt 6,3.6.17; 2. Tim 3,10.14; 4,5) mit der Versicherung, dass wir geliebt sind und es in Ewigkeit bleiben werden! Das hilft uns, das Wort festzuhalten und klar Stellung zu beziehen.

Alle Schreiber des Neuen Testaments warnen vor drei grossen Gefahren, wenn das Wort des Herrn nicht festgehalten wird:

  1. Man setzt menschliche Einrichtungen ein, die dann als Statuten schriftlich niedergelegt werden.
  2. Man läuft gewissen Führern nach und stützt sich auf ihr Wort und auf ihre Persönlichkeit.
  3. Man stützt sich auf persönliche Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle und nimmt diese zu seiner Richtschnur.

Ist bei mir und bei dir wirklich nur das Wort Gottes massgebend und sonst nichts?

Begierden, das umfasst alles, wonach das Fleisch begehrt, also auch Stolz, Selbstsucht, Habsucht, Geltungstrieb usw.

Vers 19

Zu den natürlichen oder seelischen Menschen gehören alle, die nicht wiedergeboren sind, die nicht durch den Heiligen Geist, sondern durch die Seele, d.h. den Sitz der Persönlichkeit, durch Leidenschaften und Begierden regiert werden.

Hier bedeutet absondern (oder «Parteiungen machen») ein böses Prinzip, das schon in Apostelgeschichte 20,29.30 angekündigt wird. Es führt vom Herrn weg und sammelt um einen Menschen. Ein wahrer Diener des Herrn macht nichts aus sich selbst und führt die Zuhörer zum Herrn (Joh 3,30).

Verse 20,21

In den Versen 20-23 finden wir zunächst vier Ermahnungen, die sich auf uns selbst beziehen, und anschliessend drei Ermahnungen, die unsere Verantwortung den andern Christen gegenüber aufzeigen.

Auferbauung geschieht einerseits in der Versammlung (1. Korinther 14). Darum muss der, der aufsteht und redet, immer die Auferbauung der Versammlung zum Ziel haben. Anderseits gilt die vorliegende Ermahnung auch für unsere Häuser. Was reden wir z.B. vor den Ohren der Kinder?

Der allerheiligste Glaube ist das göttliche Glaubensgut, an dem nichts fehlt. Es ist uns in Gottes Wort aufbewahrt.

Betend im Heiligen Geist. Im Gebet finden solche, die sich schwach und ohnmächtig fühlen, Zuflucht in Gott. Im Heiligen Geist beten heisst, das im Vertrauen auf Gott von Ihm erbitten, was, wie der Geist es weiss, im gegebenen Augenblick für uns und für andere das Beste ist. – Der Heilige Geist ist einerseits die Kraft, in der wir unserer Verantwortung, die uns dieser Brief aufzeigt, nachkommen können. Anderseits wohnt Er in uns, macht sich eins mit uns, übernimmt unsere Stelle und verwendet sich für Heilige Gott gemäss (Röm 8,26.27).

Erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes. Wenn wir unser Herz mit dem füllen, was der dreieinige Gott von Natur ist, dann bleiben wir darin und unser ganzes Leben wird davon durchdrungen. Das zeigt sich darin, dass wir Ihm gehorchen: «Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.» (Joh 15,10).

Die Barmherzigkeit unseres Herrn erwarten. Barmherzigkeit brauchen wir am Anfang unseres Glaubensweges, unterwegs können wir nie ohne sie auskommen, und am Ende des Weges erweist sie sich darin, dass der Herr uns aus den bedrückenden Umständen zu sich in die Herrlichkeit wegnimmt.

Verse 22,23

Wenn wir die vier vorangegangenen Ermahnungen beherzigen, werden wir uns auch um die kümmern, die in Gefahr stehen, vom Abfall mitgerissen zu werden. Nicht nur wir sollen das Ziel erreichen; wir sind verantwortlich, auch andern dabei zu helfen. Judas sieht drei Gruppen von Christen, die nicht zu den Irrlehrern gehören, aber von den bösen Strömungen beeinflusst sind und denen geholfen werden soll:

  1. Streitende sollen durch das Wort zurechtgewiesen und Zweifelnde (vielleicht junge Gläubige) durch das Wort überführt werden.
  2. Solchen, die wir zu den Kindern Gottes zählten, aber vielleicht nur Bekenner sind und den Weg betreten haben, der ins ewige Feuer führt, sollen wir die rettende Hand entgegenstrecken und sie wie ein Brandscheit aus dem Feuer reissen (Amos 4,11; Sach 3,2; 1. Kor 3,15).
  3. Der dritten Gruppe von Bekennern zu helfen, bedeutet für uns eine echte Gefahr. Das Böse aus dem Fleisch beherrscht schon ihr Leben. Wenn wir ihnen gegenüber Barmherzigkeit üben, dann nur mit Furcht, nicht selbst mitfortgerissen zu werden. Das Fleisch und seine Auswirkungen in uns und in dem andern müssen wir hassen. Dabei ist grosse Gnade nötig, um nicht die Person abzulehnen, sondern nur die Sünde, in der sie verstrickt ist.

Verse 24,25

Bei allem dürfen wir uns auf einen Gott stützen, der vermag. Was keinem Menschen möglich ist und keine Macht bewirken kann, Er vermag es! (Röm 16,25; Eph 3,20). Nicht mit Seufzen oder nur mit knapper Not, sondern mit Frohlocken wird Er uns bald sich selbst untadelig darstellen. Der Herr hat sich dieses Ziel vorgesetzt und Er wird es erreichen (Eph 5,25.27).

Möchte es unser Verlangen sein, Ihn jetzt schon durch ein Verhalten nach seinen Gedanken und Wünschen zu ehren und zu verherrlichen.