Wenn Judas seinen Briefempfängern schreibt: «Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geist, erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes», dann weist er auf zwei wichtige Dinge im Leben des Gläubigen hin: auf die Erbauung seines geistlichen Lebens und auf das Gebet. Es ist der Wille Gottes, dass das neue Leben im Gläubigen genährt wird. Das kann auf vielfältige Weise geschehen: wenn wir die Zusammenkünfte der Gläubigen zur Verkündigung des Wortes besuchen, wenn wir an Bibelstunden, vielleicht auch an Bibelkonferenzen teilnehmen oder Vorträge über biblische Themen hören. In allen diesen und ähnlichen Fällen werden wir als Zuhörer bedient, und das ist schön.
Die Stelle aus dem Judas-Brief lehrt uns aber, dass es nicht nur die Verantwortung anderer ist, dass ich im Glaubensleben Fortschritte mache, sondern dass ich sehr wohl für mich selbst verantwortlich bin. Das bedeutet, dass ich selbst die Bibel lesen und darüber nachdenken soll. Dazu braucht man kein studierter Mensch zu sein und weder Griechisch noch Hebräisch zu können, obwohl dies nützlich sein kann. Wichtig ist, dass wir in der Bibel den Herrn Jesus suchen. Schon im Alten Testament finden wir sehr viele Hinweise auf Ihn.
Hier einige Beispiele: Als Gott im Garten Eden zur Schlange sagte, dass der Nachkomme der Frau ihr den Kopf zermalmen werde, dachte Er ans Kreuz. – Bevor das Volk Israel aus Ägypten zog, musste es das Passahlamm schlachten und das Blut an die Türpfosten und den Türsturz streichen – ein Hinweis auf das kostbare Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken. – In der Wüste ordnete Gott den Opferdienst an. Jedes der verschiedenen Opfer zeigt uns eine bestimmte Seite der Person und des Werkes des Herrn. – Wenn wir die Bibel erforschen, lernen wir Ihn besser kennen und werden in unserem Glauben erbaut. Aber das geht nicht ohne Mühe und persönlichen Einsatz. Das Lesen der Bibel soll ein Hören auf Gott sein, das Beten hingegen ein Reden mit Ihm.
Wenn eine hochgestellte Persönlichkeit mit mir reden würde, so hörte ich sicher aufmerksam zu, und wenn ich mit einer Bitte zu derselben Person ginge, brächte ich sie bestimmt taktvoll vor. Da dies schon bei sterblichen Menschen so ist, wie viel mehr geziemt sich eine ehrerbietige Haltung unserem Gott gegenüber.
Sicher, das Kind darf jederzeit voll Vertrauen mit allen Bitten zum Vater kommen. Das wollen wir nie vergessen. Aber so, wie im natürlichen Leben Kinder auch törichte Bitten äussern, können wir uns als Erwachsene Gott gegenüber verhalten. Deshalb bedeutet «betend im Heiligen Geist» sowohl Ermunterung als auch Warnung.
Die Ermunterung besteht darin, dass wir, geleitet durch den Heiligen Geist, das bitten, was unserem Vater wohlgefällig ist. Es kann mit dem Beten im Namen des Herrn Jesus verglichen werden, also einem Gebet, das die Unterschrift unseres Herrn trägt.
Die Warnung liegt darin, dass uns bewusst wird, mit wem wir reden. Ich bin ein schwacher Mensch und wende mich an den grossen Gott. Was für Bitten geziemen sich da? Sicher alles, was zu seiner Ehre und zu meinem Nutzen ist. Doch gerade dort besteht die Schwierigkeit. Was ist denn wirklich zu meinem Nutzen? Eben nicht alles, woran ich denke, aber alles, woran Er denkt.
Möge der Herr Jesus Gnade geben, dass wir seine Gedanken besser verstehen und unser Denken dem seinen ähnlicher werde, so dass wir aus dieser Gemeinschaft heraus unsere Gebete vor Ihn bringen.
- Das Gebet ersetzt keine Tat,
aber das Gebet ist eine Tat,
die durch nichts ersetzt werden kann.
- Gebet bedeutet nicht,
den Widerstand Gottes überwinden,
beten heisst,
sich auf seine grosse Bereitwilligkeit berufen.