Ruth

Ruth 1; Ruth 2; Ruth 3; Ruth 4

Aus dem Leben von Ruth gibt es neben der prophetischen Linie viele geistliche Belehrungen für uns. In dem Bibelbuch, das ihren Namen trägt, stellt sie eine junge Gläubige dar,

  • die sich für ein Leben mit dem lebendigen Gott und seinem Volk entscheidet (Kap. 1),
  • die durch die Aufnahme von geistlicher Nahrung aus dem Wort Gottes im Glauben Fortschritte macht (Kap. 2),
  • die geistlich zu Christus hin wächst und Ihm dabei ähnlicher wird (Kap. 3),
  • die in Gemeinschaft mit Christus Frucht für Gott bringt (Kap. 4).

Zudem ist ihr Umgang mit Noomi ein schöner Anschauungsunterricht für das Verhalten der jüngeren gegenüber der älteren Generation. Das findet sowohl in der Familie als auch im Volk Gottes seine Anwendung. Wir wollen uns im Weiteren vor allem damit beschäftigen.

Sie kehrt mit Noomi zurück

«Ruth sprach: Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, um hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott» (Rt 1,16).

Ruth steht vor einer Entscheidung: Soll sie nach Moab umkehren oder mit Noomi nach Israel gehen? Dieses Entweder-Oder wird ihr ganzes weiteres Leben bestimmen. Es geht nämlich um die Frage: Welchem Gott soll sie dienen und in welchem Volk soll sie wohnen?

Obwohl Orpa eine andere Wahl trifft und Noomi Ruth auf alle Nachteile aufmerksam macht, entscheidet sie sich ganz persönlich für den Weg nach Israel. Sie will mit ihrer Schwiegermutter dorthin zurückkehren und in eine Beziehung zum einzig wahren Gott kommen.

Heute muss sich jeder selbst für den Herrn Jesus entscheiden. Das können wir nicht einfach unseren Eltern oder Freunden zuliebe tun. Sowohl die Bekehrung als auch die Nachfolge müssen einem persönlichen Herzensentschluss entspringen.

Aber ein Leben mit dem Herrn Jesus Christus ist gleichzeitig ein Leben im Volk Gottes. Wir gehen den Glaubensweg gemeinsam – Alt und Jung zusammen. Wie schön, wenn wir als Jüngere diesen Weg bewusst mit den Älteren vorwärtsgehen! Sie sind zwar nicht vollkommen, wie wir auch nicht. Aber wir werden den Segen dieses Miteinanders erfahren, wenn wir ihnen Vertrauen entgegenbringen.

Was Mose einst zu Pharao sagte, gilt auch im himmlischen Volk Gottes: «Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern …; denn wir haben ein Fest des HERRN» (2. Mo 10,9).

Sie versorgt Noomi mit Nahrung

«Ruth, die Moabiterin, sprach zu Noomi: Lass mich doch aufs Feld gehen und unter den Ähren lesen hinter dem her, in dessen Augen ich Gnade finden werde» (Rt 2,2).

Die Witwe Noomi kommt völlig verarmt nach Bethlehem zurück und kann wegen ihres Alters nicht mehr aufs Feld gehen und Ähren auflesen. Ruth macht es sich zur Aufgabe, für ihre Schwiegermutter Nahrung zu beschaffen. So sorgt sie während der ganzen Erntezeit für den Unterhalt Noomis.

In 1. Timotheus 5 geht der Apostel auf das Thema der Unterstützung von Witwen ein. Dabei zeigt er den Grundsatz auf, den Ruth verwirklicht. Die Angehörigen haben die Pflicht, den Witwen materiell zu helfen: «Wenn aber eine Witwe Kinder oder Enkel hat, so mögen sie zuerst lernen, dem eigenen Haus gegenüber fromm zu sein und den Eltern Gleiches zu vergelten; denn dies ist angenehm vor Gott» (1. Tim 5,4).

Was bedeutet das für uns heute konkret?

  • Wenn die Rente für den Lebensunterhalt unserer Eltern (oder anderer naher Familienangehöriger) nicht reicht, sind wir gefordert, sie finanziell zu unterstützen.
  • Wenn die Kräfte der älteren Generation nachlassen, dürfen wir ihnen praktisch helfen, indem wir ihnen z.B. den Rasen mähen, beim Umzug mitanpacken oder technische Probleme beim Computer beheben. Hier öffnet sich uns Jüngeren ein grosses Tätigkeitsfeld, das sich nicht auf Familienangehörige beschränken muss.

Sie hört auf den Rat Noomis

«Ruth sprach zu Noomi: Alles, was du sagst, will ich tun. Und sie ging zur Tenne hinab und tat nach allem, was ihre Schwiegermutter ihr geboten hatte» (Rt 3,5.6).

Noomi kennt aus dem Gesetz Moses die Bestimmung, die im speziellen Fall von Ruth bezüglich einer Heirat angewandt wird (5. Mo 25,5). Darum rät sie ihrer Schwiegertochter, Kontakt mit Boas, dem Blutsverwandten ihrer Familie, aufzunehmen.

Das eigentliche Vorgehen können wir nicht auf die heutige Zeit übertragen. Wir lernen aber, dass unsere gläubigen Eltern dank ihrem Verständnis des Wortes Gottes und ihrer Lebenserfahrung in der Lage sind, uns gute Ratschläge zu geben. Auch andere ältere Gläubige, die ein Leben mit dem Herrn geführt haben und uns ein wenig kennen, können uns bei schwierigen Entscheidungen raten.

Das Buch der Sprüche fordert uns wiederholt auf, diese Ratschläge zu beachten:

  • «Höre, mein Sohn, die Unterweisung deines Vaters, und verlass nicht die Belehrung deiner Mutter!» (Spr 1,8).
  • «Höre auf Rat und nimm Unterweisung an, damit du in der Zukunft weise bist» (Spr 19,20).

Ein positives und ein negatives Beispiel sprechen uns direkt an:

  • Ruth nimmt den Rat Noomis zu Herzen und wird die Frau von Boas, einem gottesfürchtigen Israeliten.
  • Rehabeam hingegen schlägt den Rat der Alten in den Wind und verliert als König die Herrschaft über zehn Stämme Israels (1. Kön 12,1-24).

Sie teilt ihre Freude mit Noomi

«Der HERR verlieh Ruth Schwangerschaft, und sie gebar einen Sohn … Und Noomi nahm das Kind und legte es auf ihren Schoss und wurde seine Wärterin» (Rt 4,13.16).

Ruth, die Moabiterin, ist nun mit Boas, einem vermögenden und einflussreichen Israeliten verheiratet. Gott schenkt diesem Ehepaar einen Sohn. Welch eine grosse Gnade für Ruth, die als rechtlose Witwe nach Israel gekommen ist!

Behält sie diese Freude egoistisch für sich? Nein, sie teilt sie mit ihrer Schwiegermutter. Noomi darf als Babysitter miterleben, wie sich der junge «Enkel» entwickelt. Einst hat sie sich Mara (= Bittere) genannt, doch jetzt geniesst sie einen glücklichen Lebensabend.

Ist uns bewusst, dass das Leben im Alter einsam und eintönig werden kann? Wie freuen sich unsere Eltern und Grosseltern oder die älteren Geschwister in der örtlichen Versammlung, wenn sie ein wenig am Leben der jüngeren Generation teilnehmen dürfen. Sicher werden sie dann auch mehr und konkreter für uns beten.

Geteilte Freude ist doppelte Freude! Von dieser Erfahrung spricht auch Jesaja: «Sie freuen sich vor dir, gleich der Freude in der Ernte, wie man frohlockt beim Verteilen der Beute» (Jes 9,2).