Eutychus

Apostelgeschichte 20,9-12

Paulus kommt auf seiner dritten Missionsreise auch in Troas vorbei. Er bleibt dort sieben Tage, um sich am Sonntag mit den Christen zum Brotbrechen zu versammeln. Er nutzt diese Gelegenheit, um das Wort Gottes zu verkünden. Unter den Zuhörern sitzt ein Jugendlicher. Die Bibel berichtet über ihn:

«Ein gewisser Jüngling aber, mit Namen Eutychus, sass im Fenster und wurde von tiefem Schlaf überwältigt, während Paulus noch weiterredete; und vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stock hinunter und wurde tot aufgehoben. Paulus aber ging hinab und fiel auf ihn, umfasste ihn und sagte: Beunruhigt euch nicht, denn seine Seele ist in ihm … Sie brachten aber den Knaben lebend und wurden nicht wenig getröstet» (Apg 20,9-12).

Diese Geschichte ist eine eindrückliche Illustration einer geistlichen Fehlentwicklung mit schwerwiegenden Folgen. Sie zeigt aber auch, wie Gott in seiner Gnade wiederherstellt. Da es sich um einen Jugendlichen handelt, spricht diese Lektion besonders junge Christen an.

Ein riskanter Standpunkt

Eutychus sitzt im Fenster. Dort nimmt er mit dem einen Ohr das Wort Gottes und mit dem anderen Ohr die Geräusche der Aussenwelt auf. Dieser Platz spricht von einem gefährlichen geistlichen Standpunkt: Einerseits möchten wir dem Herrn Jesus nachfolgen und anderseits die Welt und ihre Angebote geniessen. Wir besuchen die Zusammenkünfte der Versammlung, haben aber gleichzeitig ein offenes Ohr für die Ideen der Welt. Dabei meinen wir, wir könnten die Ansprüche des Herrn und die weltlichen Aktivitäten unter einen Hut bringen.

Die Bibel nennt diese Einstellung ein geteiltes Herz (1. Kön 15,3). Die Folgen davon stellt der Herr in einem Gleichnis vor: «Andere sind es, die unter die Dornen gesät werden: Das sind solche, die das Wort gehört haben, und die Sorgen der Welt und der Betrug des Reichtums und die Begierden nach den übrigen Dingen kommen hinein und ersticken das Wort, und es bringt keine Frucht» (Mk 4,18.19). Wer sowohl den Einfluss des Wortes Gottes als auch den Einfluss der Welt auf sich wirken lässt, muss sich nicht wundern, wenn die Interessen der Welt das Herz immer mehr gefangen nehmen und so die Entwicklung des geistlichen Lebens unterdrücken.

Ein gefährlicher Zustand

Im Fenster sitzend fällt Eutychus in einen tiefen Schlaf. Von den Erklärungen des Apostels nimmt er nun nichts mehr auf. Das lässt sich leicht auf den geistlichen Schlaf übertragen. Er ist die Folge eines wachsenden Einflusses der Welt. Unsere Zuneigung zum Herrn Jesus und unser Interesse am Wort Gottes nehmen dann deutlich ab.

Als geistlich Schlafende haben wir die «Antenne» für Jesus Christus und sein Wort eingezogen. Das ist sehr gefährlich. Wenn Christus durch sein Wort nicht mehr auf unsere Herzen und Gewissen einwirken kann, «stolpern» wir auf unserem Glaubensweg ohne Licht durch die Dunkelheit. Dann wissen wir nicht, wann wir in eine Falle tappen oder in einen Graben fallen.

In diesem Zustand dringen zwei Weckrufe an unser Ohr:

  • «Siehe, der Bräutigam! Geht aus, ihm entgegen!» (Mt 25,6). Die Erinnerung an das baldige Kommen des Herrn möchte uns wachrütteln. Wie können wir uns in der Welt verlieren, wenn unser Heiland jeden Moment wiederkommen kann, um uns aus dieser Welt in den Himmel zu nehmen?
  • «Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!» (Eph 5,14). Hier werden wir aufgefordert, unser geistliches Leben zu ordnen. Bekennen wir dem Herrn alles, was uns innerlich von Ihm distanziert hat und machen wir gegenüber der Welt bewusst einen Schnitt! Dann bekommen wir neues Licht für unseren Weg.

Ein tiefer Fall

Leider wacht Eutychus nicht auf, sondern fällt, vom Schlaf überwältigt, vom dritten Stock hinunter und wird tot aufgehoben. Das illustriert uns, wie gravierend die Folgen des geistlichen Schlafs sein können. Sein Fall kann für uns zweierlei bedeuten:

a) Wir fallen in eine schwere Sünde

Es führt meistens ein längerer Weg dahin: Wir spielen mit dem Feuer der Versuchung und verbrennen uns die Finger. Obwohl wir mehrmals gewarnt werden, achten wir nicht darauf, weil wir geistlich schlafen. So kommt es zum Fall.

Zwei Beispiele warnen uns davor:

  • Während sein Heer sich um einen Sieg über die Stadt Rabba abmüht, schläft König David den ganzen Tag. Als er am Abend aufsteht, sieht er eine Frau sich baden. Von seinen Begierden gelockt, begeht er Ehebruch mit ihr (2. Sam 11,1-4).
  • Petrus hat kein Ohr für die Warnungen des Herrn und schläft im Garten Gethsemane, anstatt zu beten. Später wird er im Hof des Hohenpriesters dreimal nach seinem Verhältnis zu Jesus Christus gefragt. Da verleugnet er seinen Herrn (Lk 22,31-34.45.54-62).

b) Wir stürzen ganz in die Welt ab

Auch das hat fast immer eine Vorgeschichte. Die Welt und das, was sie bietet, beginnen unser Herz in Beschlag zu nehmen. Daraus entsteht ein innerer Zug zur Welt. Wir halten uns zwar noch unter den Gläubigen auf, aber die Beschäftigung mit dem Wort Gottes finden wir fade und eintönig. Plötzlich kommen wir in eine Situation, in der wir uns entscheiden müssen – und wählen die Welt.

Auch zu diesem Fall stellt uns die Bibel warnende Beispiele vor:

  • Den Eindruck, den Lot bei seinem Besuch in Ägypten von der Welt bekommt, pflegt er in seinem Herzen weiter. Als es zur Trennung zwischen ihm und Abraham kommt, wählt er die Welt. Er zieht in die Nähe von Sodom, wird bald ein Bürger dieser gottlosen Stadt und bekleidet dort schliesslich ein politisches Amt.
  • Als Paulus im Gefängnis auf den Märtyrertod wartet, wendet sich Demas von ihm ab (2. Tim 4,10). Er verliert jegliches Interesse am Werk des Herrn. Warum? Weil er die Welt lieb gewonnen hat. Der Reiz der Welt nimmt sein Herz so gefangen, dass er seine Beziehung zum Apostel ganz abbricht.

Wiederherstellung

Die Geschichte von Eutychus hört hier nicht auf. Paulus geht zu ihm hinab und erweckt ihn aus dem Tod auf. Die Gläubigen bringen ihn in den Obersaal zurück und werden durch seine Heilung getröstet.

Daraus lernen wir, dass eine Wiederherstellung immer möglich ist:

  • Wir können jede Sünde durch Buße und ein aufrichtiges Bekenntnis vor Gott und Menschen in Ordnung bringen.
  • Wir können von jedem Weg in die Welt umkehren und in die praktische Gemeinschaft mit Gott und den Glaubenden zurückfinden.

So gross ist die Gnade Gottes!