Die Niederlage von Ai und die Sünde Achans

Josua 7

Im ersten Teil des Buches Josua sehen wir, wie das Volk Israel kämpfen musste, um das verheissene Land in Besitz zu nehmen. Für uns ist dies ein Bild davon, wie wir die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Besitz nehmen können. Jericho (ein Bild der Welt und der Festung Satans) war gefallen. Der Zugang ins Land lag nun offen. Die nächste Stadt, die das Volk zu erobern hatte, war Ai.

Die Stadt Ai

Das Wort Ai bedeutet: Trümmer- oder Schutthaufen. Auch die Stadt Ai ist ein Bild von der Welt, und zwar so wie sie von Gott verurteilt ist. Es war eigentlich Jericho, das durch das Urteil Gottes niedergestreckt worden war, und das sich nun erhob, um Israel den Durchgang ins Land dennoch zu verwehren. Jericho war gefallen, aber der «Trümmerhaufen» versuchte, den Zugang ins Land doch noch zu verhindern. Was Jericho nicht gelungen war, gelang Ai: Israel wurde geschlagen. Und doch war Ai nicht stärker als die Macht des Herrn. Was war geschehen? Warum erlitt Israel eine Niederlage?

Weshalb wurde Israel geschlagen?

In Vers 1 heisst es, dass die Kinder Israel an dem Verbannten Untreue begangen hatten, indem Achan etwas davon weggenommen hatte. Als Folge davon entbrannte der Zorn des HERRN gegen die Israeliten.

In den Versen 2 und 3 sehen wir die zweite Ursache für die Niederlage gegen Ai: Israel vertraute auf sich selbst und nicht auf Gott. Sie dachten, mit ungefähr zwei- bis dreitausend Mann die Stadt Ai erobern zu können.

Gott will den ersten Platz haben

In Josua 6,18.19 wurde dem Volk gesagt, dass sie nichts von dem Verbannten nehmen durften und dass alles Silber und Gold, samt den kupfernen und eisernen Geräten dem HERRN heilig war. Daraus erkennen wir, dass Gott den ersten Platz haben will.

Wenn wir an das vollbrachte Werk des Herrn Jesus denken, dann denken wir oft an uns, vor allem was sein Werk für uns bedeutet. Doch wir müssen daran denken, dass das Werk des Herrn Jesus in erster Linie für Gott bestimmt war. Wir kommen erst in zweiter Linie. Wenn Gott sein Teil empfangen hat, bleibt noch genug für uns übrig. Viel mehr als wir überhaupt erkennen können. Als die Israeliten Ai erobert hatten, durften sie das Vieh und die Beute der Stadt für sich behalten. Auch das ganze Land, das sie erobern sollten, gehörte ihnen. Doch die erste Stadt war für Gott.

Das Volk hat gesündigt

Was war geschehen? Achan hatte etwas von dem geraubt, was Gott gehörte. Durch diese Tat lag das ganze Volk unter dem Bann, wie Gott dies zuvor gesagt hatte (Jos 6,18). Wir sehen hier etwas von der Tatsache: «Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit» (1. Kor 12,26).

Als in der Versammlung von Korinth ein Mann offensichtlich in Hurerei lebte, wurde die ganze Versammlung zur Verantwortung gezogen. Paulus musste zu ihnen sagen: «Tut den Bösen von euch selbst hinaus» (1. Kor 5,13). Zudem musste er ihnen sagen: «Euer Rühmen ist nicht gut. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert?» (1. Kor 5,6).

Die Kundschafter

Wir erkennen, dass der Zustand des ganzen Volkes nicht so war, wie er hätte sein sollen (Jos 7,2.3). Sogar Josua, der in den ersten Kapiteln des Buches auf den Herrn Jesus hinweist, ist hier kein Bild von Ihm. Er sandte Männer von Jericho nach Ai, um die Stadt auszukundschaften. Warum tat er dies? In Josua 2 hatte er bereits zwei Männer als Kundschafter ausgesandt, um das Land und Jericho zu besehen. Dort sehen wir übrigens nur, dass sie im Haus Rahabs waren. Dann brachten sie die Worte Rahabs zu Josua. Vor allem sagten sie: «Der HERR hat das ganze Land in unsere Hand gegeben, und auch sind alle Bewohner des Landes vor uns verzagt» (Jos 2,9-11.24).

Weshalb brauchte Josua dann noch Männer nach Ai zu schicken? Ging es nicht um die Frage, wie gross das Heer sein müsse, um Ai in Besitz zu nehmen? Weil Ai eine kleine Stadt war, schlugen die Kundschafter vor, nur mit einem Teil der Soldaten hinaufzuziehen. Ungefähr zwei- bis dreitausend Mann sollten genügen. Doch sie vergassen, dass sie Jericho nicht aus eigener Kraft geschlagen hatten. Es war Gott, der jene Stadt in ihre Hand gegeben hatte. Er liess die Mauern von Jericho einstürzen. Nach diesem grossen Sieg folgte nun eine schmähliche Niederlage.

Eine Niederlage

So geschieht es öfter. Diese Gefahr droht auch uns. Wir befinden uns z.B. in schwierigen Umständen, aus denen wir keinen Ausweg mehr sehen. Und nun hilft uns der Herr und lässt uns einen Sieg davontragen. Dann ist die Gefahr gross, dass wir übermütig werden und den Sieg uns selbst zuschreiben. Sobald wieder eine Prüfung kommt, fallen wir, weil wir auf unsere eigene Kraft vertrauen und vergessen haben, alles vom Herrn zu erwarten. Wir werden in Epheser 6,13 aufgefordert, die ganze Waffenrüstung Gottes zu nehmen, «damit ihr an dem bösen Tag zu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermögt». Wir sehen, dass Elia, nachdem er auf dem Berg Karmel einen grossen Sieg davongetragen hatte, gegenüber der Königin Isebel eine Niederlage erlitt (1. Kön 18,20-46; 19,1-4).

Nicht in eigener Kraft kämpfen

Wir vermögen den Feind nie aus eigener Kraft zu schlagen. Das schienen die Kundschafter vergessen zu haben. Das hatte auch Josua vergessen. Sie meinten, selbst die Kraft zu haben, um den Feind zu schlagen. Darin sind auch wir gefährdet.

Die kleinste Schwierigkeit in der Versammlung ist zu gross für alle Brüder und Schwestern zusammen. Sobald wir versuchen, die Schwierigkeiten in eigener Kraft zu lösen, werden wir fallen. Nur in der Kraft des Herrn werden wir eine Lösung finden.

Israel wird geschlagen

In den Versen 4 und 5 sehen wir die Folgen eines Kampfes, den man in eigener Kraft führen will. Israel zog mit 3000 Mann gegen Ai. Doch das Volk wurde geschlagen und etwa 36 Mann wurden getötet. Das bedeutete drei pro Stamm, ein vollkommenes Zeugnis dafür, dass das Lager Israels geschlagen war. Sobald Israel in eigener Kraft kämpfen wollte, war ein kleines Städtchen in der Lage, das ganze Lager Israels zu besiegen. Lasst uns dabei an die Worte der Söhne Korahs denken: «Glückselig der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in deren Herzen gebahnte Wege sind» (Ps 84,6). Und an die Worte Davids: «Mit dir werde ich gegen eine Schar anrennen, und mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen» (Ps 18,30).

Vor der Bundeslade

Nach dieser schrecklichen Niederlage zerriss Josua seine Kleider und fiel vor der Lade des HERRN nieder und blieb zusammen mit den Ältesten Israels bis zum Abend auf der Erde liegen. Sie warfen Staub auf ihre Häupter.

Vorher lesen wir nicht, dass Josua zur Bundeslade gegangen wäre. Er vertraute nicht auf den HERRN, sondern ging im Selbstvertrauen seinen eigenen Weg. Jetzt, nach der Niederlage, flüchtete er sich zur Bundeslade. An diesem Ort ist Wiederherstellung möglich, nachdem das Böse bekannt und weggetan worden ist.

Dann sagte Josua: «Ach, Herr, HERR! Warum hast du denn dieses Volk über den Jordan ziehen lassen, um uns in die Hand der Amoriter zu geben, uns zugrunde zu richten? O hätten wir es uns doch gefallen lassen und wären jenseits des Jordan geblieben!» (V. 7). Hier sehen wir, was der Mensch ist. Sogar Josua, von dem es heisst: «Nimm dir Josua, den Sohn Nuns, einen Mann, in dem der Geist ist», und: «Josua, der Sohn Nuns, war erfüllt mit dem Geist der Weisheit» (4. Mo 27,18; 5. Mo 34,9), wollte in diesem Augenblick auf die Ostseite des Jordan zurück. Er sagte: Warum sind wir über den Jordan gegangen? Warum sind wir nicht auf der anderen Seite geblieben?

Wie konnte er so kurz nach dem Sieg über Jericho so etwas sagen?

Das Verlangen nach Ägypten

Die Worte Josuas erinnern an das Verlangen des Volkes, als es noch in der Wüste war, nach Ägypten zurückzukehren: «Wir denken an die Fische, die wir in Ägypten umsonst assen, an die Gurken und die Melonen und den Lauch und die Zwiebeln und den Knoblauch; und nun ist unsere Seele dürr; gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen. … Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Denn in Ägypten ging es uns gut» (4. Mo 11,5.6.18). Und wir? Sind wir besser als die Israeliten?

Was hat Vorrang bei uns?

Weiter betete Josua: «Bitte, Herr, was soll ich sagen, nachdem Israel vor seinen Feinden den Rücken gekehrt hat? Und hören es die Kanaaniter und alle Bewohner des Landes, so werden sie uns umzingeln und unseren Namen von der Erde ausrotten; und was wirst du für deinen grossen Namen tun?» (V. 8.9). Josua dachte nicht zuerst an die Ehre Gottes, sondern an die Folgen dieser Niederlage für das Volk. Was werden die Heiden (die Satan dienen) davon halten und was werden sie tun? Erst dann sagte er: «Was wirst du für deinen grossen Namen tun?» Was hat bei uns Vorrang? Die Ehre Gottes oder unsere Interessen?

Zuerst den Herrn um Rat fragen

«Da sprach der HERR zu Josua: Steh auf! Warum liegst du denn auf deinem Angesicht? Israel hat gesündigt» (V. 10). Hätte Josua nicht selbst darauf kommen können? Warum hatte er, bevor er gegen Ai in den Kampf zog, nicht zuerst den HERRN gefragt? Wenn er die Kundschafter nicht nach Ai geschickt, sondern den HERRN gefragt hätte, ob sie hinaufziehen sollten, dann hätte Er sicher geantwortet: «Nein, Israel soll nicht hinaufziehen, denn es ist ein Bann im Lager.»

Im weiteren Verlauf lesen wir, dass Josua in Verbindung mit dem HERRN blieb. Doch als die Gibeoniter kamen, fragten sie leider den HERRN wieder nicht um Rat. Sie schlossen sogar einen Bund mit dem Feind (Jos 9,14.15).

Siehe, ich stehe an der Tür

Es kann in der Versammlung, unter den Gläubigen Böses vorhanden sein und wir wissen es nicht. Warum wissen wir es nicht? Haben wir so wenig Gemeinschaft mit dem Herrn, dass Er es uns nicht wissen lassen kann? Oder fragen wir Ihn nicht: «Herr, willst du uns nicht klar machen, was bei uns den Segen hindert?» Sind wir infolge von Mangel an Gemeinschaft mit dem Herrn so weit gekommen wie die Versammlung in Laodizea, aus deren Mitte der Herr weggegangen war, und sie hatten es nicht einmal gemerkt? (Off 3,14-22). Oder gleichen wir Simson? Von ihm heisst es, dass er nicht wusste, dass der HERR von ihm gewichen war (Ri 16,20). Er hatte es nicht einmal gemerkt!

Israel hat gesündigt

«Israel hat gesündigt, und auch haben sie meinen Bund übertreten, den ich ihnen geboten habe; und auch haben sie vom Verbannten genommen und auch gestohlen und es auch verheimlicht und es auch unter ihre Geräte gelegt!» (V. 11). Ein Mann hatte dies getan. Doch der Herr sagte: «Israel hat gesündigt.» Gott sieht das Volk als eine Einheit.

Der Zustand des Volkes

«Die Kinder Israel werden vor ihren Feinden nicht zu bestehen vermögen; sie werden vor ihren Feinden den Rücken kehren, denn sie sind zum Bann geworden. Ich werde nicht mehr mit euch sein, wenn ihr nicht den Bann aus eurer Mitte vertilgt» (V. 12). In diesem Vers wird der Zustand des Volkes beschrieben und der Grund für die Niederlage vor dem Feind angegeben.

In Vers 5 heisst es, dass das Herz des Volkes zerschmolz und wie Wasser wurde. In Kapitel 5,1, nachdem Israel durch den Jordan gezogen war, heisst es von den Bewohnern des Landes Kanaan: «Da zerschmolz ihr Herz, und es war kein Mut mehr in ihnen vor den Kindern Israel.» Jetzt traf das Gleiche auf Israel zu. Sie hatten keine Kraft mehr. Das grosse, starke Volk Gottes, das in Verbindung mit dem Allmächtigen stand, hatte keinen Mut und keine Kraft mehr. Warum nicht? Weil sie keine Gemeinschaft mit dem HERRN mehr hatten. Sie vertrauten auf ihre eigene Kraft und mussten deshalb eine schmähliche Niederlage erleiden.

Was Israel zu tun hatte

Glücklicherweise wandten sie sich in ihrer Not zu Gott, und Er zeigte die Sünde in ihrer Mitte auf. Er nannte nicht sofort den Namen des Fehlbaren, sondern erklärte, was sie zu tun hatten. Israel musste sich heiligen und am nächsten Morgen nach seinen Stämmen herzutreten.

Durch das Los zeigte Gott den Stamm an, zu dem der Schuldige gehörte. Dann liess Josua die Familien dieses Stammes herzutreten. Dann mussten die einzelnen Häuser der getroffenen Familie erscheinen. Unter den Männern des Hauses Sabdis deckte Gott schliesslich Achan als den Schuldigen auf. Er hatte von dem gestohlen, was Gott gehörte und musste nun mit seinen Angehörigen verbrannt werden. Er hatte den Bund des HERRN übertreten und einen Fluch über die Israeliten gebracht.

Bin ich es, Herr?

Das Volk wusste nicht, wer der Schuldige war. Das wusste nur einer (und seine engste Familie). Doch das ganze Volk musste vor Josua erscheinen.

Bevor der Herr Jesus sein Gedächtnismahl einsetzte, sagte Er zu seinen Jüngern: «Einer von euch wird mich überliefern.» Daraufhin fragte jeder persönlich: «Ich bin es doch nicht, Herr?» Sie fragten nicht: «Ist er es?», sondern: «Doch nicht ich?»

So konnten sich auch die Israeliten fragen, als sie vor Josua standen: «Bin ich es vielleicht? Habe ich vielleicht etwas getan, was die Ursache dafür ist, dass Gott nicht mehr mit uns sein kann?»

Juda und die anderen Stämme

So standen die zwölf Stämme vor Josua, und durch das Los wurde Juda getroffen. Zur Zeit des Alten Testaments war das Los eine Weise, wodurch Gott seine Gedanken offenbarte. Es fällt auf den königlichen Stamm (1. Mo 49,10). Es ist der Stamm, aus dem David, der Mann nach dem Herzen Gottes, und auch der Messias, dem das Königtum gehörte, kommen sollten. Dieser Stamm wurde angezeigt. Einer aus diesem Stamm war der Missetäter.

Da stand nun der Stamm Juda. Einer von ihnen war der Fehlbare. Die anderen Stämme konnten frei ausgehen. Welch eine Erleichterung für sie! Doch jeder konnte sich selbst gefragt haben: «Bin ich schuld am Fluch in der Mitte des Volkes?» Der Herr wollte damit erreichen, dass sich jeder persönlich in sein Licht stellte. Nicht um zu fragen: «Ist er es?», sondern: «Bin ich es?»

Das ist es, was wir immer wieder tun müssen: uns selbst im Licht Gottes prüfen. So, wie es die Jünger machten. Als Johannes dann den Herrn fragte: «Herr, wer ist es?», zeigte Er den Verräter an: «Der ist es, dem ich den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde» (Joh 13,25.26).

Achan wird entlarvt

Nun mussten die Familien Judas antreten. Da wurde die Familie der Sarchiter getroffen. Dann traf es das Haus Sabdis. Und von den Männern des Hauses Sabdis traf es schliesslich Achan. Jeder wurde vor den Herrn gestellt, um sich von Ihm untersuchen zu lassen und eine Antwort auf die Frage: «Bin ich es, Herr?», zu bekommen. Das ist der Weg des Herrn, auf dem das Volk wieder vor Gott stehen kann. Es beginnt mit einer persönlichen Selbstprüfung im Licht Gottes.

Achan redet

Auf diese Weise wurde Achan die Gelegenheit gegeben, zur Einsicht zu kommen. Er wusste die ganze Zeit über, dass er der Schuldige war. Als er hörte, dass Gott gesagt hatte, es sei ein Bann in ihrer Mitte, weil gestohlen worden war, da wusste er, dass er der Schuldige war. Doch er schwieg.

Wenn er gesprochen hätte, hätten die Stämme nicht antreten müssen. Auch der Stamm Juda nicht. Achan hatte mehrmals die Möglichkeit, seine Schuld zu bekennen. Es war, als würde er immer wieder aufgerufen, dies zu tun. Doch er tat es erst, als er überführt worden war und nicht mehr anders konnte.

Achan und die Seinen

Die nächsten Angehörigen von ihm, seine Söhne und Töchter, werden hier ebenfalls erwähnt und einbezogen. Der Zustand eines Gläubigen, der abirrt, steht oft in enger Verbindung mit seiner Familie und mit der Geschichte seiner Familie. So wird der Glaubende von den Fehlern beeinflusst, die bei der Erziehung gemacht werden, aber auch von den Abweichungen seiner Eltern und Voreltern. Man erkennt manchmal an den Kindern, aus welcher Familie sie kommen, oder in welcher Umgebung sie gross geworden sind.

Für Israel galt, dass Gott die Ungerechtigkeiten der Väter an den Kindern heimsuchte, an der dritten und vierten Generation derer, die Ihn hassten (2. Mo 20,5).

Der Einfluss der Familie

Wie gesagt, werden die Kinder von der Umgebung geformt, in der sie erzogen werden. Es ist traurig zu sagen, doch ich glaube, dass Kinder gläubiger Eltern durch deren Verhalten abgestossen und vom Herrn weggestossen werden können. Einige kommen nie zur Bekehrung, andere wohl, doch sie bleiben oft durch den Einfluss ihrer Erziehung halbe Christen, fleischliche Christen. Sie entscheiden sich nicht hundertprozentig für den Herrn. Die Familie hat einen grossen Einfluss auf die geistliche Entwicklung eines Glaubenden.

Eine persönliche Verantwortung

Die andere Seite der Wahrheit muss hier auch erwähnt werden. Niemand kann, wenn er Verkehrtes tut, sich hinter seiner Familie verstecken oder seiner Erziehung die Schuld zuschieben und sagen: «Ich kann nichts dafür. Ich bin nun einmal so erzogen worden.» Oder: «So ist nun einmal mein Charakter.» Jeder Glaubende ist für seine Taten persönlich verantwortlich, und er wird dafür einmal zur Rechenschaft gezogen, wenn er vor dem Richterstuhl des Christus steht.

Achan muss seine Schuld bekennen

Achan wartete mit dem Bekenntnis, bis er dazu gezwungen wurde. Josua forderte ihn auf: «Mein Sohn, gib doch dem HERRN, dem Gott Israels, Ehre und lege ihm ein Bekenntnis ab; und teile mir doch mit, was du getan hast, verhehle es mir nicht!» (V. 19).

Achan wurde durch das Los angezeigt. Gott hatte gesprochen. Leugnen hatte keinen Sinn. Doch Gott ist gerecht. Er wollte, dass Achan sein Wort bestätigte. Er musste bekennen und sagen, was er getan hatte. Er bekannte: «Ja, ich habe gegen den HERRN, den Gott Israels, gesündigt, und so und so habe ich getan: Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Sinear und 200 Sekel Silber und eine goldene Stange, 50 Sekel ihr Gewicht, und mich gelüstete danach, und ich nahm sie; und siehe, sie sind im Innern meines Zeltes in der Erde vergraben, und das Silber darunter» (V. 20.21).

Die Sünde Achans

Wie kam Achan zu einer solchen Übertretung? Er sah, ihn gelüstete, und er nahm.

So erging es auch Eva. In 1. Mose 3,6 heisst es: «Die Frau sah, dass der Baum gut zur Speise und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben; und sie nahm.» Auch Achan sagte: «Ich sah unter der Beute … und mich gelüstete danach, und ich nahm sie.»

Die drei Grundsätze der Welt sind: die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens (1. Joh 2,16). Oft beginnt die Sünde mit dem Sehen, und was man sieht, weckt die Begierde. «Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod» (Jak 1,15). Wir müssen es wie Hiob machen, der sagte: «Ich habe mit meinen Augen einen Bund geschlossen, und wie hätte ich auf eine Jungfrau geblickt!» (Hiob 31,1).

Einen Mantel aus Sinear

Was hatte Achan gesehen und genommen? Einen schönen Mantel aus Sinear (Babylon). Ein bekanntes Sprichwort sagt: Kleider machen Leute. Das ist auch so. Was sieht man von mir? Vor allem meine Kleider.

In der Bibel sind Kleider ein Bild von dem, wie die Menschen (glaubende und ungläubige) mich in meinem praktischen Leben sehen. Hier bei Achan ist die Rede von einem Mantel aus Babylon. Das redet vom Gottesdienst dieser Welt, dem Gottesdienst des alten Menschen. Der schöne Mantel spricht von schönen gottesdienstlichen Formen.

Etwas Ähnliches sehen wir bei Ananias und Sapphira (Apg 5,1-11). Sie verkauften ein Grundstück. Warum taten sie dies? Weil andere auch so handelten. Sie wollten auf die Apostel und ihre Mitglaubenden einen guten Eindruck machen. Sie brachten einen Teil vom Erlös zu den Aposteln, taten aber so, als sei dies der ganze gelöste Betrag. Da haben wir im Bild einen solch schönen Mantel aus Sinear. Das heisst: Sich frömmer und religiöser geben, als man in Wirklichkeit ist, weil man vor anderen einen guten Eindruck hinterlassen will.

200 Sekel Silber

Das Silber spricht vom Preis, der bezahlt worden ist, um uns von der verdienten Strafe Gottes loszukaufen (zu erlösen). Das lernen wir aus 2. Mose 30,11-16 und 38,25.26. Jeder junge Israelit musste einen halben Sekel Sühngeld bezahlen, um nicht unter das Urteil Gottes zu fallen.

In 2. Mose 38,27 heisst es, dass dieses Silber für die Füsse der Bretter des Heiligtums und der Säulen des Vorhofs gebraucht wurde.

Diesen hohen Preis zu unserer Erlösung hat der Herr Jesus aus Liebe zu seinem Gott und Vater und aus Liebe zu uns am Kreuz bezahlt. «Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat» (1. Joh 3,16). «Denn die Liebe ist gewaltsam wie der Tod … Grosse Wasser vermögen nicht die Liebe auszulöschen, und Ströme überfluten sie nicht. Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten» (Hld 8,6.7).

Achan aber nahm das, was vom Preis unserer Erlösung spricht, für sich. Er wollte sich mit dem bereichern, was für Gott bestimmt war (Jos 6,19). Wir können das, was der Herr getan hat, für uns selbst gebrauchen, um uns damit zu brüsten, während doch das Werk des Herrn Jesus in erster Linie für Gott bestimmt war. Christus hat durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert, «als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch» (Heb 9,14; Eph 5,2).

Eine goldene Stange

Achan hatte auch eine goldene Stange von 50 Sekel Gewicht genommen. Das Gold spricht von der göttlichen Herrlichkeit. Die Bretter der Stiftshütte bestanden aus Akazienholz und waren mit Gold überzogen. Diese Bretter sind ein Bild der Glaubenden. Wir haben göttliche Herrlichkeit empfangen, wir sind angenehm gemacht worden in dem Geliebten. Achan hatte das Gold gestohlen, um sich selbst zu verherrlichen. Er wollte reich werden und nahm dafür von dem, was Gott gehörte.

Achan und seine Familie

Achan verbarg seine Beute, die er gestohlen hatte in seinem Zelt, also dort, wo er mit seiner Familie wohnte. Dadurch hatte er die ganze Familie in die Sache hineingezogen. Konnte er das Gestohlene in seinem Zelt verbergen, ohne dass seine Söhne und Töchter es merkten? Wir müssen annehmen, dass sie davon wussten. Achan zog die Seinen mit ins Verderben.

Das geschieht oft, wenn die Eltern vom Herrn abweichen, wenn sie mit der Welt gehen oder ihre eigene Ehre suchen. Dann werden die Kinder mitgezogen.

In der Erde vergraben

Josua sandte Männer zum Zelt Achans, um das Gestohlene zu holen. Er hatte es in der Erde vergraben. Das, was vom Blut des Herrn Jesus und von seiner Liebe spricht (das Silber) hatte er unter dem Staub der Erde verborgen. Ebenso hatte er das, was von göttlicher Herrlichkeit spricht, in der Erde vergraben.

Genau dies geschah, als die Kirche einen Kompromiss mit der Welt schloss: Die Kirchengebäude wurden prächtig verziert, die Bischöfe trugen schöne Gewänder, aber die Herrlichkeit von Christus wurde nicht mehr gesehen. Zur Zeit, als Kaiser Konstantin Christ wurde und er das Christentum zur Staatsreligion machte, lautete ein Sprichwort: «Solange die Kirchengebäude von Holz waren, waren die Bischöfe Gold wert, als sich die Bischöfe in Gold kleideten, wurden die Kirchen morsch.» In jener Zeit blieb wenig bis nichts mehr vom Glauben übrig, der bei den Märtyrern gefunden worden war.

Gesteinigt

In den Versen 24-26 wird uns gesagt, was Israel tun musste, um die Sünde aus seiner Mitte wegzutun. Achan und seine Söhne und seine Töchter und alles, was er hatte, wurden ins Tal Achor gebracht. Dort wurden er und die Seinen gesteinigt und alles, was er hatte, mit Feuer verbrannt. Erst nachdem dies geschehen war, konnte Israel Ai erobern und mit der Inbesitznahme des Landes Kanaan weiterfahren.

Den gleichen Grundsatz finden wir in 1. Korinther 5. Die Versammlung in Korinth musste den Bösen aus ihrer Mitte wegtun. Erst dann konnte der Herr wieder segnen. Sie haben dies getan, und der Apostel Paulus schrieb ihnen in seinem zweiten Brief, dass sie damit bewiesen, dass sie an der Sache rein waren (2. Kor 7,11).

Hier tat Israel das Gleiche. Achan wurde gesteinigt, aber auch alle, die zu ihm gehörten. Seine Kinder mussten sterben, sein Vieh musste sterben, alle mussten sterben. Er hatte sie mitgezogen in seine Empörung gegen Gott. Wir müssen annehmen, dass sie davon wussten, denn das Gestohlene war in ihrem Zelt vergraben. Daher musste das Urteil über alle vollzogen werden. Sie wurden mit Feuer verbrannt und man bewarf sie mit Steinen. In denen, die Gott nahen, will Er geheiligt sein.

Heiligkeit ist nötig

So wie Gott von Israel Heiligkeit verlangte, so haben auch wir, die ins Heiligtum eintreten können, die freien Zugang zu Gott haben, Heiligkeit nötig. «Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer» (Heb 12,29). Wir dürfen in die unmittelbare Nähe Gottes kommen, in das Allerheiligste eintreten, zu seinem Thron nahen, der für uns ein Thron der Gnade geworden ist. Er hat uns geheiligt. Doch es muss auch bei uns praktische Heiligkeit gefunden werden, eine Heiligkeit, die passend ist, um in der unmittelbaren Gegenwart Gottes zu verkehren.

Die Zucht des Herrn

Warum heisst es in 1. Korinther 11,30, dass unter den Korinthern viele schwach und krank und ein gut Teil von ihnen entschlafen waren? Es gab Sünde in ihrer Mitte, die sie nicht richteten und wegtaten. Darum handelte der Herr in seinen Regierungswegen gegen sie, indem Er sie züchtigte. Glaubende waren gestorben. Das heisst natürlich nicht, dass sie für die Ewigkeit verloren gingen. Möglicherweise starben solche, die an der Sünde nicht persönlich schuldig waren. Aber es war eine Zucht, die der Herr über die Versammlung in Korinth gebracht hatte.

Warum züchtigt uns Gott?

Es kann vorkommen, dass es in einer Versammlung von Gott geschenkte Gaben gibt, wodurch die Glaubenden auferbaut werden. Doch plötzlich werden diese Gaben gleichzeitig weggenommen. Dann mögen sich die Zurückbleibenden wohl fragen, ob sie vielleicht vom Herrn gezüchtigt werden und Er sie dadurch zu sich zurückführen will. Sie mögen Ihn fragen: «Herr, was ist bei uns verkehrt, dass Du uns auf diese Weise züchtigen musst?»

Auf die eigene Kraft vertrauen

Vielleicht haben wir auf unsere eigene Kraft vertraut und wie das Volk Israel gehandelt. In Josua 6 (bei der Einnahme Jerichos) waren ihre Augen auf die Bundeslade gerichtet gewesen. Damals vertrauten sie auf Gott und fragten Ihn, was sie zu tun hatten. Doch als es darum ging, Ai zu erobern, vertrauten sie auf sich selbst und fanden es nicht für nötig, Gott um Hilfe und Rat zu bitten. Deshalb musste die Züchtigung Gottes über sie kommen. Sie hatten eine schmähliche Niederlage erlitten. 36 Mann, drei für jeden Stamm, waren gefallen, und aus dem königlichen Stamm (Juda) musste die ganze Familie Achans getötet werden. Ganz Israel musste das Urteil ausführen.

Ins Licht Gottes kommen

Jeder Stamm war vor Gott gestanden. Jeder Israelit hatte sich fragen müssen: «Bin ich es, Herr, weshalb dieses Urteil über uns gekommen ist? Werde ich nächstens durch das Los angezeigt?» So wurde jeder aus Israel durch das Licht Gottes gezwungen, sich selbst zu prüfen, bis dann der Schuldige offenbart wurde und Achan seine Tat nicht mehr länger verheimlichen konnte, obwohl er mehrere Gelegenheiten hatte, um das Böse zu bekennen. Er musste aus der Mitte des Volkes verbannt werden. Das war die ernste Lektion für die Israeliten damals, ist es aber auch für uns heute.

Das Tal Achor

«Und sie errichteten einen grossen Steinhaufen über ihm, der bis auf diesen Tag da ist. Und der HERR wandte sich von der Glut seines Zornes. Darum gab man jenem Ort den Namen Tal Achor bis auf diesen Tag» (V. 26). Das Tal Achor ist der Ort, wo Gott sein Urteil ausgeführt hat. Danach konnte Er wieder in Gnaden wirken.

Der Prophet Hosea spricht in Verbindung mit Israel ebenfalls von diesem Tal. In der Zukunft, nach der grossen Drangsal, nachdem das Urteil über das abgefallene Volk ausgeführt sein wird, wird das Tal Achor für die Gläubigen des Überrests aus diesem Volk zu einer Tür der Hoffnung werden (Hos 2,17).

Eine Lektion für uns

So wird es auch uns gehen, wenn wir uns vor Gott demütigen und uns in sein Licht stellen, jeder persönlich, aber auch gemeinsam, um alles zu verurteilen und wegzutun, was nicht in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ist. Dann gibt es auch für uns wieder eine offene Tür, denn dann wird der Herr aufs Neue segnen können. Es wird uns gehen wie es hier heisst: «Der HERR wandte sich von der Glut seines Zornes.» Dann können wieder Siege über den Feind errungen werden.