Der Vater sucht Anbeter

Johannes 4,21-24

Am Brunnen von Sichar ist niemand zu sehen, ausser dem Fremden, der dort sitzt und mit einer Frau spricht, die von allen geächtet wird. Die Szene ist uns gut bekannt. Der Mensch gewordene Sohn Gottes unterhält sich mit einer Frau. Er spricht mit ihr über ihre Vergangenheit. Er redet aber auch über Anbetung mit ihr.

Was unser Herr Jesus dort in wenigen, aber so markanten Worten ausdrückt, hat bis heute seine tiefe Bedeutung. Hören wir seine Worte: «Frau, glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an und wisst nicht, was; wir beten an und wissen, was; denn das Heil ist aus den Juden. Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten» (Joh 4,21-24).

In diesen Worten wird eine gewaltige Veränderung ausgedrückt. Der Herr Jesus sagt: «Es kommt aber die Stunde und ist jetzt …» Was bisher Gültigkeit hatte, würde sich ändern. 4000 Jahre lang hatte Gott von uns Menschen etwas gefordert. Aber jetzt fordert Gott in diesem Sinn nicht mehr. Der Herr Jesus sagt: «Der Vater sucht Anbeter.» Von uns wird Anbetung nicht gefordert. Es geht um freiwillige Herzen.

Beim Lesen des Alten Testaments erkennen wir, wie Gott seine Forderungen auf unterschiedliche Weise an den Menschen herangetragen hat. Er hatte seinem Volk Israel im Einzelnen vorgeschrieben, wie sie Ihm nahen sollten. Er hatte vom Himmel auf die Erde geblickt, um zu sehen, ob ein Mensch da wäre, der es wirklich im Herzen hatte, den Willen Gottes zu tun. Er suchte Menschen, die Ihm dienen und Ihn anbeten würden. Doch von Natur aus gab es niemand, der so für Ihn lebte. Von Natur aus war und ist kein Mensch fähig, das zu tun, was Gott gefällt. Gott hat gefordert, aber der Mensch war nicht in der Lage, seinen Forderungen zu entsprechen.

Gott hätte uns Menschen vernichten können. Das wäre gerecht gewesen. Aber Er hat es nicht getan. Nein, Er hat den Einen auf die Erde gesandt, der allen gerechten Forderungen Gottes an uns Menschen entsprochen hat. Das war der Mann, der bei der Stadt Sichar am Brunnen Jakobs mit einer sündigen Frau über Anbetung sprach. Das war Er, von dem Gott, der Vater, sagen konnte: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.» Das war Er, der am Kreuz von Golgatha im Gericht Gottes hing, weil Dieser dort mit Ihm über unsere Sünden abrechnete, sodass unsere Strafe Ihn traf. Er hat allen Forderungen Gottes entsprochen. Jetzt fordert Gott nicht mehr, sondern Er gibt aus der Fülle und Liebe seines Herzens. Der Heiland sagte zur Frau am Brunnen: «Wenn du die Gabe Gottes kenntest und wüsstest, wer es ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken, so hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben» (V. 10).

Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass Gott ein gebender Gott ist, dass uns vielleicht manchmal das Bewusstsein der Grösse der Gabe Gottes fehlt. Wie gewaltig gross aber ist diese «Gabe Gottes»: sein eigener geliebter Sohn! Welche Empfindungen haben wir, wenn wir an diese Gabe denken?

Gott hat seine Liebe unter Beweis gestellt, indem Er seinen eingeborenen Sohn gab. Das ist kein fordernder Gott mehr, sondern ein Gott, der gibt. Der Sohn des Vaters, der Schöpfer und Erhalter von allem, kommt in tiefer Erniedrigung auf diese Erde. Er, der über alles gebieten kann, bittet eine sündige Frau um etwas Wasser. Erahnen wir, wie gewaltig gross diese Gabe ist? Gott ist nicht mehr ein fordernder, sondern ein gebender Gott.

Wenn wir das tief ins Herz gefasst haben, dann verstehen wir auch besser, warum Gott keine Anbetung von uns fordert, sondern dass der Vater Anbeter sucht. Je grösser unsere Wertschätzung dieser einzigartigen Gabe Gottes ist, umso mehr wird uns klar werden, dass der Vater in unseren Herzen eine Antwort sucht.

Deshalb ist unser Gottesdienst auch kein ritueller Gottesdienst, sondern eine Anbetung in Geist und Wahrheit. Gott fordert keine Antwort von uns. Er erwartet keine «Pflichtübungen», sondern der Vater wünscht, dass in unseren Herzen der Wunsch wach wird, Ihm für diese Gabe zu danken. Sein Herz sucht Anbeter. Er möchte sie für sein Herz haben. Was Gott zu fordern hatte, hat Er am Kreuz auf Golgatha gefordert. Der Herr Jesus hat dort seinen gerechten Ansprüchen genügt. Er hat Gott verherrlicht. Jetzt sucht der Vater Anbeter, solche, die seine Gabe kennen und wertschätzen.

Das Neue Testament zeigt uns den Herrn Jesus im Bild des Hirten, der sein Schaf sucht. Er ist gekommen, jene zu suchen und zu erretten, die verloren sind. Gott sucht den Sünder. Aber dass der Vater etwas sucht, ist einmalig. Er sucht Anbeter. Er sucht dich und mich. Hat Er uns als Anbeter gefunden? Sind wir bereit, Ihm aus Liebe eine Antwort auf seine grosse Gabe zu geben?

Als einmal zehn Aussätzige vom Herrn Jesus gereinigt wurden, kam nur einer zurück. Traurig fragte der Herr: «Sind nicht die zehn gereinigt worden? Wo sind aber die neun? Sind keine gefunden worden, die zurückkehrten, um Gott die Ehre zu geben, ausser diesem Fremden?» (Lk 17,17-18). Zu welcher Gruppe wollen wir gehören? Denken wir daran: Der Vater sucht Anbeter. Er zwingt nicht zur Anbetung. Nein, Er sucht Herzen, die seine Gabe wertschätzen und Ihm deshalb eine Antwort geben. Wollen wir das nicht gerne tun?