Ehre und ewige Macht

1. Timotheus 6,14-16

In den Schriften des Apostels Paulus begegnen wir mehrmals einem besonderen Lobpreis Gottes (auch Doxologie genannt). Jeder dieser Abschnitte ist es wert, darüber nachzudenken, weil er uns immer auf die Herrlichkeit göttlicher Personen hinweist. In diesem Artikel wollen wir uns ein wenig mit dem Lobpreis am Ende des ersten Timotheus-Briefes beschäftigen. Der Bibeltext lautet:

«Die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus, die zu seiner Zeit zeigen wird der selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, dem Ehre sei und ewige Macht! Amen» (1. Tim 6,14-16).

Es wird unmittelbar klar, dass wir solche Worte in ihrer Tiefe nicht erfassen können und dass menschliche Erklärungen Stückwerk bleiben.

Der Zusammenhang

Dem zitierten Vers geht der Hinweis voraus, dass Timotheus das Gebot unbefleckt und unsträflich bis zur Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus bewahren sollte. Das Gebot ist all das, was Gott uns in seinem Wort gegeben hat, um ein Leben in Gottseligkeit (Frömmigkeit) führen zu können. Das ist für jeden Christen eine Herausforderung, die nicht einfach umzusetzen ist. Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen die Autorität des Wortes Gottes weitgehend auf die Seite gestellt haben. In einer solchen Zeit treu zu dem zu stehen, was Gott uns in seinem Wort gebietet, ist schwierig. Dazu braucht es Kraft, aber auch Motivation. Und gerade diese gibt uns Paulus, indem er an die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit auf dieser Erde erinnert.

Diese Erscheinung ist ein gewaltiges Ereignis. Den Zeitpunkt dieser Erscheinung hat Gott festgelegt. «Zu seiner Zeit» wird Gott zeigen, wen Er über alle Werke seiner Hände gesetzt hat, wer die Regierung auf dieser Erde ausüben wird. Wir wollen nicht darüber spekulieren, wann das sein wird. Es ist ein Tag des Gerichts für alle Feinde Gottes. Es ist ein Tag der Freude für die, die dem Herrn angehören. Es ist aber ganz besonders ein Tag der Herrlichkeit für Den, der einst in Niedrigkeit auf dieser Erde war und dessen Herrschaft man nicht wollte. Hier, wo sein Kreuz stand, wird dann sein Thron stehen.

Der Gedanke an diese herrliche Erscheinung seines Herrn führte Paulus zu einem besonderen Lobpreis seines Gottes. Dabei werden verschiedene Seiten der Herrlichkeit Gottes vorgestellt:

Der selige Gott

Es mag uns etwas eigenartig berühren, dass Paulus hier – wie schon vorher in Kapitel 1,11 des gleichen Briefes – von dem «seligen» Gott spricht. Das liegt daran, dass sich die Bedeutung des Wortes «selig» im Lauf der Jahre etwas verschoben hat. «Selig» bedeutet soviel wie «glücklich», «zufrieden», «erfüllt». Wenn Gott der «selige Machthaber» genannt wird, dann heisst das, dass Er als der höchste Herrscher in völligem Frieden ist. Es gibt nichts, das die Ruhe und den Frieden Gottes stören könnte. Alle Pläne führt Er zu seiner völligen Zufriedenheit aus. Durch den Propheten Jesaja lässt Er schon im Alten Testament sagen: «Der ich von Anfang an das Ende verkünde und von alters her, was noch nicht geschehen ist; der ich spreche: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun (oder: All meinen Willen werde ich vollführen)» (Jes 46,10). Gott hat in sich selbst völliges Genüge. Nichts und niemand kann seine tiefe Glückseligkeit stören. Die Ereignisse auf dieser Erde rütteln in keiner Weise am Thron Gottes.

Darin liegt für den Glaubenden ein grosser Trost. Wie oft irritieren uns die Geschehnisse auf dieser Erde. Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung unserer Gesellschaft mag uns mit Sorge erfüllen – unseren Gott nicht. Er bleibt der Fels der Ewigkeit, den nichts erschüttern kann. Mit dem Psalmdichter dürfen wir sagen: «Mein Bergungsort und mein Schild bist du; auf dein Wort harre ich» (Ps 119,114).

Der souveräne Gott

Gottes Souveränität kommt darin zum Ausdruck, dass Er der «selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren» genannt wird. Als Daniel vor dem mächtigsten König seiner Zeit stand, sagte er von Gott: «Er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt Könige ein» (Dan 2,21). Er ist der einzige Machthaber, dem niemand Macht verliehen hat. Er hat alle Befehlsgewalt in sich selbst. Deshalb wird Er auch der alleinige Machthaber genannt. Alle Autorität auf dieser Erde – ob die Regenten und Herrscher dies anerkennen oder nicht – ist immer abgeleitete Autorität.

Als David das Königtum seinem Sohn übertrug, sprach er die Worte: «Dein, HERR, ist das Königreich, und du bist über alles erhaben als Haupt; und Reichtum und Ehre kommen von dir, und du bist Herrscher über alles; und in deiner Hand sind Macht und Stärke» (1. Chronika 29,11.12). Im Neuen Testament wird der Titel «König der Könige und Herr der Herren» dem Herrn Jesus zugeschrieben (Off 17,14; 19,16) – ein weiterer Beweis dafür, dass Er niemand anders als Gott ist.

Auch das ist für uns eine Ermunterung. Wir leben in der Phase des Reiches Gottes, wo der Herr Jesus verworfen ist. Man will seine Rechte nicht anerkennen. Aber wir dürfen wissen, dass wir mit dem allmächtigen Gott verbunden sind. Er ist der «alleinige» Machthaber. Es gibt keinen anderen, der Ihm zu vergleichen wäre. Wenn auch nicht öffentlich sichtbar, so geschieht doch auch heute nichts, wenn Er es nicht zulässt. Er steht hinter allem und bewegt die Szene so, wie Er es will.

Der ewige Gott

Gott ist der ewige Gott. Paulus sagt, dass Er allein Unsterblichkeit hat. Unsterblichkeit zu haben ist mehr als ein Leben ohne Ende. Es ist mehr als «Todlosigkeit». Es ist ein für den Tod unangreifbarer Zustand. Es wäre zu wenig zu sagen, dass Unsterblichkeit in diesem Zusammenhang bedeutet, dass Gott dem Sterben nicht unterworfen ist. Das ist wahr, aber was uns hier vorgestellt wird, geht weiter. Gott kann – wenn wir das mit Ehrfurcht so ausdrücken dürfen – nicht sterben. In diesem Sinn ist Er allein ewig. Er ist ohne Anfang und ohne Ende. Er ist der ewige Gott (Jes 40.28; Röm 16,26). Er ist der lebendige Gott (Mt 16,16). Bei Ihm ist der Quell des Lebens (Ps 36,10). Er hat Leben in sich selbst (Joh 5,26). Er hat Unsterblichkeit in sich selbst.

Der Mensch hat einen Anfang. Er ist – wie auch die Engel – in diesem Sinn nicht ewig, auch wenn seine Seele in Ewigkeit existieren wird. Aber «Unsterblichkeit» im Sinn unseres Bibelverses ist etwas anderes. Von den Glaubenden heisst es, dass das Sterbliche einmal Unsterblichkeit «anziehen» muss (1. Kor 15,53). Uns wird «Unsterblichkeit» verliehen, aber Gott ist sie wesenseigen.

Auch dieser Hinweis muss uns Mut machen. In einer Zeit, in der alles dem Verfall und dem Niedergang ausgesetzt ist, kennen wir Den, der ewig ist. Und Er macht uns mit den Worten Mut: «Denn ich, der HERR, ich verändere mich nicht» (Mal 3,6).

Der heilige Gott

Der selige, souveräne und ewige Gott ist gleichzeitig auch der heilige Gott. Er bewohnt ein unzugängliches Licht. Kein Mensch hat Ihn je gesehen, und kein Mensch kann Ihn je sehen. «Gott ist Licht.» In Ihm ist gar keine Finsternis (1. Joh 1,5). Der Psalmdichter sagt von Ihm, dass Er sich in Licht hüllt wie in ein Gewand (Ps 104,2). In seinem absoluten Wesen ist Gott für uns nicht zu sehen. Als Mose die Herrlichkeit Gottes sehen wollte, wurde ihm gesagt: «Nicht kann ein Mensch mich sehen und leben» (2. Mo 33,20). Im Neuen Testament wird das bestätigt: «Niemand hat Gott jemals gesehen» (Joh 1,18).

Doch Gott sei Lob und Dank: «Der eingeborene Sohn, der im Schoss des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht» (Joh 1,18). Im Herrn Jesus hat Gott sich offenbart. Er ist das Wort, der Ausdruck dessen, was Gott ist. Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes. Er ist die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens. Wenn wir etwas von der Herrlichkeit Gottes sehen können, dann nur im Angesicht von Christus.

Es ist wahr: Gott ist für uns ein gnädiger und liebevoller Vater. So dürfen wir Ihn kennen, so dürfen wir Ihm auch nahen. Aber wir wollen nie vergessen, dass Er auch ein heiliger Gott ist. Er ist Licht – absolut. Das verbietet jede unehrerbietige Anrede dieses grossen und gewaltigen Gottes. Im Gegenteil: Wir wollen Ihm allein alle Ehre geben.

Mit diesen Worten endet dann auch der Lobpreis des Apostels. «Dem Ehre sei und ewige Macht! Amen.» Der Grundtext hat kein Zeitwort. Ehre und Macht gebührt niemand anders als Ihm, dem grossen und wunderbaren Gott. Wir dürfen Ihm vertrauen und Ihn loben und preisen – jetzt und in Ewigkeit.