«Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle» (1. Tim 2,5.6).
Diese Aussage zeigt uns in wenigen Worten den Heilsweg auf, den unser Heiland-Gott eingeschlagen hat, um verlorene Sünder zu retten und zur Erkenntnis der Wahrheit zu führen. Erstens gibt es nur einen Gott, der einen solchen Plan gefasst hat. Zweitens ist da ein Mittler zwischen Gott und Menschen. Drittens gibt es nur ein Lösegeld. Es reicht für alle Menschen aus – kommt aber nur denen zugut, die es annehmen.
Gott ist einer
Die Aussage, dass Gott einer ist, zeigt uns die Einzigartigkeit Gottes. Diese Tatsache ist weder neu noch typisch christlich. Schon das Alte Testament macht das deutlich. In 5. Mose 6,4 lässt Gott seinem irdischen Volk sagen: «Höre, Israel: Der HERR, unser Gott, ist ein HERR!» Später sagt Gott durch den Propheten Jesaja: «Erinnert euch an das Frühere von der Urzeit her, dass ich Gott bin, und sonst ist keiner, dass ich Gott bin und gar keiner wie ich» (Jes 46,9). Im Neuen Testament wird diese Tatsache bestätigt. Jakobus schreibt: «Du glaubst, dass Gott einer ist, du tust recht» (Jak 2,19).
Christen verehren nicht – wie die Religionen uns manchmal vorhalten – drei Götter, sondern einen Gott. Der eine Gott besteht aber in den drei Personen der Gottheit: Gott, der Vater, Gott, der Sohn und Gott, der Heilige Geist. Diese Wahrheit war im Alten Testament unbekannt, obwohl sie z.B. im Schöpfungsbericht bereits schemenhaft angedeutet wird. Wenn dort von Gott die Rede ist, steht im Hebräischen Elohim (eine Pluralform). In 1. Mose 1,26 sagt Gott: «Lasst uns Menschen machen.»
Die Dreieinheit Gottes wurde erst im Neuen Testament offenbart. Die Wahrheit über die drei Personen der Gottheit ist also typisch christlich. Wirklich sichtbar wurde sie, als der Sohn auf diese Erde kam und Gott Mensch wurde. Erst als das ewige Wort (der ewige Sohn) Fleisch wurde und seine Herrlichkeit gesehen werden konnte, hat Gott sich völlig offenbart.
Bei der Menschwerdung des Herrn Jesus, zu Beginn seines öffentlichen Dienstes, in seinem Erlösungswerk am Kreuz, in der Rettung verlorener Sünder und auch in der Versammlung wird diese grosse Wahrheit, dass der eine Gott sich in drei Personen offenbart, deutlich dokumentiert. Es gibt nur einen Gott, der rettet, und alle drei «Personen» der Gottheit sind im Heilsplan, Menschen zu retten, eins. Es war der Ratschluss des Vaters, den der Sohn in der Kraft des Heiligen Geistes ausgeführt hat.
Ein Mittler zwischen Gott und Menschen
Die Aussage, dass es nur einen Mittler zwischen Gott und Menschen gibt, zeigt uns die Einzigartigkeit des Mittlers. Eine solche Aussage suchen wir im Alten Testament vergeblich. Wir kennen wohl den Wunsch von Hiob, dass er einen Schiedsmann suchte, der seine Hand auf Gott und auf ihn legte (Hiob 9,33; 16,21), aber eine Antwort darauf finden wir erst im Neuen Testament. Der eine Mittler ist der Mensch Christus Jesus. Das ist ebenfalls eine typisch christliche Wahrheit.
Der Herr Jesus ist der von Gott vorgesehene «Mittler». Das lässt uns an den «Schiedsmann» denken, nach dem Hiob Ausschau hielt. Allerdings geht es dabei nicht darum, dass Gott und Mensch sich in der Person des Herrn Jesus «auf der Mitte» treffen. Der Gedanke an einen Kompromiss scheidet hier völlig aus. Gott hat gerechte Ansprüche, und diese Ansprüche sind im Werk des Herrn Jesus zu hundert Prozent erfüllt worden. Das hat Ihn sein Leben gekostet.
Die Herrlichkeit des Herrn Jesus als «Mittler» ist eine andere als die des «Sachwalters» oder des «Hohenpriesters». Johannes spricht von Ihm als dem Sachwalter (1. Joh 2,1). Der Schreiber des Hebräer-Briefs stellt Ihn mehrfach als Hoherpriester vor (z.B. Heb 3,1; 5,5; 8,1). Hier im 1. Timotheus-Brief wird der Herr Jesus als der eine Mittler vorgestellt. Es ist wichtig, dass wir diese Ausdrücke und was damit zusammenhängt, unterscheiden.
Um die Sachwalterschaft und das Hohepriestertum auszuüben, ist der Herr Jesus als Mensch von der Erde zum Himmel gegangen. Er ist unser Sachwalter bei dem Vater, wenn wir als Kinder Gottes gesündigt haben. Er ist unser Hoherpriester vor Gott, wenn es um unsere Schwachheiten geht. Als Mittler hingegen kommt Er von Gott zu uns. Die Vermittlung geschieht nicht von uns aus, um zu Gott zu kommen. Wir konnten von uns aus keinen einzigen Schritt zu Ihm hin machen. Deshalb kam Er in der Person seines Sohnes zu uns. «Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen» (Tit 2,11).
Der Herr Jesus kam als Mittler. So wie Er als Retter der «Heiland der Welt» ist (Joh 4,42; 1. Joh 4,14), so ist Er als Mittler der «Vermittler der Menschen». Ohne Ausnahme hat jeder die Möglichkeit, zu diesem Mittler zu kommen. Weil die Kluft zwischen uns Sündern und Gott von uns aus unüberbrückbar war, hat Er sie von seiner Seite aus überbrückt. Er tat es durch die eine Person, die dazu geeignet war. Verstehen können wir das nicht.
Der Mittler musste ein Mensch sein. Das war der einzige Weg. Zudem musste Er sündlos sein, denn nur ein solcher konnte den Lohn der Sünde auf sich nehmen und die Sünden Vieler tragen. So hat der Herr Jesus als Mittler einerseits dem Wesen Gottes und anderseits den Bedürfnissen von uns Menschen voll und ganz entsprochen. Er wusste um die Ansprüche Gottes, der heilig und gerecht ist, weil Er selbst Gott ist. Nur Er konnte sie befriedigen. Er wusste gleichzeitig, was wir Menschen nötig hatten, und auch darauf hat Er am Kreuz eine vollkommene Antwort gegeben.
So wie Gott «einer» ist, gibt es auch nur «einen Mittler». Es greift die Ehre Gottes an, wenn man andere «Mittler» zwischen Gott und Menschen stellen will. Nicht Maria, nicht Engel und nicht sogenannte «Heilige» können diese Aufgabe übernehmen. Es gibt nur einen Mittler – und das ist unser Herr und Heiland. In Apostelgeschichte 4,12 heisst es: «Es ist in keinem anderen das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in dem wir errettet werden müssen.» Es gibt nur einen Weg zu Gott. An dieser Aussage müssen wir unbedingt festhalten.
Es ist uns Menschen unmöglich, Gott in seiner Absolutheit zu sehen. Er bewohnt ein unzugängliches Licht. Aber durch den einen Mittler offenbart Er sich. Gott sagte zu Mose: «Nicht kann ein Mensch mich sehen und leben» (2. Mo 33,20). Das gilt heute noch so wie damals. In der Person des Mittlers hat Gott dennoch einen Weg gefunden. In diesem Sinn bleibt der Herr Jesus Mittler. Er ist nicht nur bei der Bekehrung eines Menschen der Mittler, sondern darüber hinaus. So, wie Er ewig Mensch ist, bleibt Er ewig Mittler. Nur durch Ihn und in Ihm können wir in alle Ewigkeit etwas von der Herrlichkeit Gottes sehen. Er bleibt in diesem Sinn für alle Zeiten unser Zugang zu Gott. Sein Dienst als Sachwalter wird einmal zu Ende gehen. Im Himmel brauchen wir Ihn als Mittler, damit wir in Ihm Gott sehen, und als Hoherpriester, damit wir Gott anbeten können.
Zum Lösegeld gegeben
Die dritte Aussage heisst: Der eine Mittler – der Mensch Christus Jesus – hat sich selbst zum Lösegeld für alle gegeben. Ein Lösegeld zu zahlen, war damals kein ungewöhnlicher Vorgang. Hier jedoch geht es nicht um eine Summe Geld, sondern darum, dass der Herr Jesus sich selbst als Lösegeld gegeben hat. Gott brauchte eine Grundlage, auf der Er dem sündigen, verlorenen und geknechteten Menschen gegenüber gerecht handeln konnte. Er hat sie gefunden. Der Herr Jesus hat nicht nur das Lösegeld bezahlt, sondern Er hat sich selbst als Lösegeld gegeben. Er hat nichts zurückgehalten. Das geschah damals am Kreuz, als Er den Sühnungstod erlitt. Das ist die Einzigartigkeit des Preises, den Er bezahlt hat.
Das gegebene Lösegeld lässt uns an drei Punkte denken:
- Von Natur befindet sich jeder Mensch in der Gewalt und im Machtbereich Satans. Kein Mensch kann sich selbst daraus befreien. Wir brauchen einen Erlöser, der die Ketten bricht.
- Von Natur steht jeder Mensch unter der Macht der Sünde und damit unter einem schrecklichen Gerichtsurteil. Der Lohn der Sünde ist der Tod. Auch hier besteht unsererseits keine Möglichkeit, diesem Urteil zu entgehen. Wir brauchen einen Stellvertreter, der unseren Platz im Gericht einnahm, damit wir frei ausgehen können.
- Durch sein sündiges Leben hat jeder Mensch eine Schuld vor Gott aufgehäuft, die er nicht bezahlen kann. Wir haben keine Möglichkeit, davon loszukommen. Wir brauchen einen Erlöser, der diese Schuld bezahlt – und Er hat sie bezahlt.
Der Heilsplan entspringt dem Willen Gottes. Er war der Handelnde, als Er den einen Mittler gab. Aber beim Lösegeld sehen wir den Herrn Jesus als den Handelnden. Er hat «sich selbst» gegeben. Beide Seiten werden im Neuen Testament vorgestellt: einerseits Gott, der seinen Sohn gab; anderseits der Sohn, der sich selbst geopfert hat. Das eine zeigt uns den Gehorsam des Herrn Jesus und seine Hingabe an Gott, das andere seine Freiwilligkeit. Christus hat sich selbst gegeben. Er hat alles bezahlt und nichts zurückgehalten. Er ist nicht nur der Kaufmann, der alles verkaufte, was er hatte (Mt 13,45.46), sondern Er tat mehr. Als Er auf diese Erde kam, hat Er nicht nur alle seine berechtigten Ansprüche (als Schöpfer, Messias und Herr) zurückgestellt, sondern sich selbst als Opfer gegeben.
Wie gross und umfassend ist das Werk unseres Herrn am Kreuz! Wir können nie genug darüber nachdenken. Paulus erwähnt den Tatbestand, dass der Herr Jesus «sich selbst» gegeben hat, nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen (Gal 1,4; 2,20; Eph 5,2.25; Tit 2,14). Jedes Mal ist seine Hingabe mit einer besonderen Konsequenz verbunden. Dass Er es «selbst» tat, unterstreicht in allen Fällen, was Christus getan hat. Niemand anders hätte dieses Werk tun wollen. Vor allem aber hätte niemand dieses Werk tun können. Nur «er selbst» konnte unser Erlöser sein. Deshalb lag dieses heilige «Muss» über seinem Leben. «Der Sohn des Menschen muss in die Hände sündiger Menschen überliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen» (Lk 24,7). Es gab keinen anderen Weg. Gegeben hat Er sich damals auf Golgatha.
Für alle gegeben
Von der Reichweite des Lösegeldes ist niemand ausgeschlossen. Es wurde im Hinblick auf alle Menschen bezahlt, wird aber nur für die wirksam, die es tatsächlich für sich in Anspruch nehmen. Wir müssen zwischen dem Gedanken der Sühnung und dem der Stellvertretung sorgfältig unterscheiden. Die Bibel zeigt uns beide Seiten.
Sühnung bedeutet, dass der Herr Jesus durch sein Werk am Kreuz eine Grundlage geschaffen hat, auf der Gottes Gerechtigkeit befriedigt worden ist und Er allen Menschen Errettung zusprechen kann. Sühnung geschieht im Hinblick auf Gott. Durch unsere Sünden haben wir den heiligen Gott beleidigt und verunehrt. Diese Verunehrung ist durch das Sühnungswerk des Herrn Jesus weggenommen worden – unabhängig davon, ob ein einziger Mensch tatsächlich errettet wird oder nicht. Gott ist durch das Werk am Kreuz völlig befriedigt und verherrlicht worden.
Sühnung hat mit der «Beschwichtigung» des Zorns Gottes über die Sünde zu tun. Wir sollten nicht gering darüber denken, wie sehr die Sünde Gott beleidigt hat. Wir sehen oft nur unsere Seite, aber wir müssen auch die Seite Gottes sehen. Jede Sünde ist eine Verunehrung Gottes. Diese musste zuerst weggenommen werden. Durch die Sühnung wird aber nicht automatisch jeder Mensch gerettet. Um gerettet zu werden, muss jeder Einzelne das Werk der Erlösung für sich persönlich im Glauben und Gehorsam in Anspruch nehmen. Es muss ihm klar werden, dass der Herr Jesus das Werk an seiner Stelle (stellvertretend) für ihn getan hat.
Der Herr Jesus hat sein Leben nicht zur Erlösung aller Menschen gegeben, sondern als Lösegeld. Dieser Unterschied ist wichtig. Das Lösegeld ist bezahlt, Sühnung ist geschehen, damit jeder Mensch kommen kann. Stellvertretung hingegen hat nur mit denen zu tun, die den Herrn Jesus im Glauben annehmen und sein Werk als für sie geschehen in Anspruch nehmen. Solche Menschen sind tatsächlich erlöst.
Eine wichtige Parallelstelle zu unserem Vers ist Markus 10,45. Dort haben wir die Seite der Stellvertretung vor uns. Der Herr Jesus sagt von sich selbst: «Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.» Der Unterschied zu unserem Vers ist augenfällig. Einmal heisst es «für alle» und einmal heisst es «für viele». Was dem deutschsprachigen Leser entgeht, ist die unterschiedliche Präposition «für» im Grundtext. In 1. Timotheus 2 bedeutet sie «im Hinblick auf», während die Bedeutung in Markus 10 «anstelle von» ist. «Im Hinblick auf» kann man auch übersetzen «zum Besten oder zum Vorteil eines anderen». «Anstelle von» drückt hingegen «Ersatz» oder «Gleichwertigkeit» aus. Das erste ist Sühnung. Das zweite ist Stellvertretung. Der Herr Jesus ist «im Hinblick auf alle Menschen» gestorben, aber Er ist nicht «anstelle von allen Menschen gestorben». Das zu behaupten, steht im völligen Gegensatz zur Belehrung des Neuen Testaments. Es ist die böse und falsche Lehre der Allversöhnung, die behauptet, alle Menschen würden errettet.
In Römer 3,22 bringt Paulus diese beiden Seiten sehr schön zusammen. Er schreibt: «Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die glauben.» «Gegen alle» zeigt den Gedanken der Sühnung. Gemeint sind alle Menschen. «Auf alle, die glauben» zeigt uns den Gedanken der Stellvertretung und betrifft nur die, die glauben.
Die herrlichen Tatsachen von dem einen Gott, dem einen Mittler und der Reichweite des Lösegeldes sollen verkündigt werden. Paulus war ein Herold, Apostel und Lehrer. Es war sein besonderer Auftrag, als «Apostel der Nationen» diese Wahrheit zu verkündigen und zu lehren. Heute ist es unser Auftrag, davon zu zeugen, dass die Gnade Gottes, in der Person des Herrn Jesus erschienen, immer noch Menschen suchen und finden möchte.