Der Dienst von Lukas

Lukas ; Apostelgeschichte

1) Seine Person und seine Botschaft

Die Bibel verschiedene Schreiber, ein Autor

Bevor wir über Lukas und seine Schriften nachdenken, wollen wir uns einige grundsätzliche Gedanken über das Wort Gottes machen:

  • Gott hat die Bibel durch seinen Geist wörtlich inspiriert. Darum steht im Urtext der Bibel jedes Wort an seinem Platz (2. Pet 1,21; 1. Kor 2,13). Sinngemäss ist dies auch auf eine urtextgenaue Übersetzung anwendbar.
  • Wir können Gottes Wort nur durch den Geist verstehen. Er gibt uns Einsicht in die Gedanken Gottes (1. Kor 2,14-16; 1. Joh 2,20).
  • Gott hat verschiedene Werkzeuge benutzt, um sein Wort niederzuschreiben: den Zöllner Matthäus, den Fischer Petrus, den Gelehrten Paulus, den Arzt Lukas usw. Jeder bekam von Gott einen speziellen Auftrag und verfasste seine Schriften in seinem eigenen Stil.
  • Damit wir die Bibel richtig verstehen und auslegen, ist es wichtig, diese einzelnen Werkzeuge zu unterscheiden. Ein Handwerker leistet nur gute Arbeit, wenn er seine verschiedenen Arbeitsgeräte kennt und entsprechend richtig einsetzt. Wir müssen die Besonderheiten von Paulus, Petrus oder Johannes kennen. Paulus, der Gelehrte, erklärt uns die christlichen Wahrheiten. Petrus, der Fischer, schreibt immer in die christliche Praxis hinein. Johannes, der in besonderer Weise die Liebe des Herrn Jesus genossen hatte, macht uns den Sohn Gottes gross.

Gott liess durch Lukas einen grossen Teil der Bibel niederschreiben: das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte. Wenn wir seine Schriften sorgfältig lesen, erkennen wir seinen speziellen Auftrag und seinen besonderen Stil.

Wer ist Lukas?

Wir wissen nicht viel von Lukas. An drei Stellen kommt sein Name in der Bibel vor:

  • Er war nicht der berühmte, sondern der geliebte Arzt (Kol 4,14). Diese Aussage macht klar, dass er sich im Beruf bewährt hatte, ohne darin aufzugehen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine grössere Aufgabe im Werk des Herrn.
  • Paulus nennt ihn seinen Mitarbeiter (Phlm 24). Lukas setzte sich im Werk des Herrn ein und konnte mit anderen zusammenarbeiten.
  • «Lukas ist allein bei mir» (2. Tim 4,11). Der Apostel Paulus war im Gefängnis und die Christen in Asien hatten sich von ihm abgewandt. Aber Lukas harrte aus, als es schwierig wurde. Er blieb bei Paulus und diente weiter treu dem Herrn.

Was ist die Botschaft von Lukas?

Beim Lesen seines Evangeliums und der Apostelgeschichte fällt uns auf, dass Lukas die einzelnen Szenen sehr lebendig beschreibt. Man meint, die Menschen sich bewegen zu sehen. Das zeigt uns etwas von seinem Schreibstil.

Als Überschrift über diese beiden Bücher des Neuen Testaments können wir 1. Timotheus 2,5 setzen: «Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen.» Als Mittler brachte der Herr Jesus Gott zu uns Menschen. Durch sein Kommen auf die Erde neigte sich der grosse Gott zu uns kleinen Menschen herab. Zacharias drückt es so aus: «Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, dass er sein Volk besucht hat» (Lk 1,68). Das ist die Bewegung von Gott zum Menschen.

Als Jakob aus dem Elternhaus fliehen musste und in Bethel auf einem Stein schlief, träumte er von einer Leiter, deren Spitze an den Himmel reichte. «Siehe, Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. Und siehe, der HERR stand über ihr» (1. Mo 28,12.13). Als der Herr Jesus auf der Erde war, nahm Er auf diese Leiter Bezug: «Ihr werdet den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen» (Joh 1,51). Jetzt stand Er unten an der Leiter, weil Er zu uns Menschen gekommen war. Beide Bibelstellen zeigen uns durch die Leiter eine Verbindung zwischen Gott und Menschen, die durch zwei Bewegungen gekennzeichnet wird:

  1. Jesus Christus kam vom Himmel auf die Erde, um Gott zu uns Menschen zu bringen.
  2. Jesus Christus ging von der Erde zum Himmel, um Glaubende zu Gott zu führen.

Lukas zeigt uns in seinen beiden Büchern vor allem die erste Seite: Jesus Christus ist der Mittler zwischen Gott und Menschen. Durch Ihn kam Gott zu uns.

Überblick über seine beiden Bücher

a) Das Lukas-Evangelium

Den Inhalt des Lukas-Evangeliums können wir mit den Worten von 2. Korinther 5,19 zusammenfassen:

«Nämlich dass Gott in Christus war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend.»

  • Die Kapitel 1 – 16 beschreiben uns, wie Gott den Menschen in Jesus Christus seine Hand zur Versöhnung entgegengestreckt hat. In seinem Sohn hat Er ihnen ein wunderbares Gnadenangebot gemacht.
  • Die Kapitel 17 – 24 berichten uns, wie die Menschen die göttliche Gnade ablehnten. Es ist erschreckend, dass die grosse Masse diese Gnade nicht wollte. Der Höhepunkt der Ablehnung bildete die Ermordung von Jesus Christus. Doch Lukas stellt uns jetzt etwas Grossartiges vor: Da, wo der Mensch seine Bosheit auf die Spitze trieb und den Herrn der Herrlichkeit kreuzigte, legte Gott in Christus die Grundlage zu unserer Errettung. Und auf dieser Basis hält Er sein Angebot der Gnade aufrecht. Das macht uns die Apostelgeschichte deutlich.

b) Die Apostelgeschichte

Den Inhalt der Apostelgeschichte können wir im Wesentlichen mit 2. Korinther 5,20 wiedergeben:

«So sind wir (die Apostel) nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!»

Durch die Apostel als Gesandte Gottes und durch ihren Dienst wurde völlig klar, dass Er sein Gnadenangebot an die Menschen trotz der Tötung seines Sohnes bestehen liess. Dadurch bekommen wir einen tiefen Eindruck von der Grösse unseres Gottes. Er ist Licht und wird an seiner Heiligkeit festhalten und ihren Massstab niemals reduzieren. Aber Er ist auch Liebe und begegnet den Menschen in Gnade.

Stell dir vor, du hättest einen Nachbarn, der dich hasst und anfeindet. Immer wieder wirft er dir Steine in den Garten. Du versuchst ihn zu versöhnen, indem du ihm einmal einen Kuchen bringst und ein anderes Mal einen Blumenstrauss vor die Tür stellst. Doch er bleibt weiterhin feindlich eingestellt. Schliesslich schickst du deinen Sohn mit einem Versöhnungsangebot zu deinem Nachbarn. Doch dein Feind erwidert dieses Angebot damit, dass er deinen Sohn totschlägt. Was würdest du dann wohl tun? Sicher würdest du sagen: «Jetzt ist endgültig Schluss. Meine Geduld ist nun zu Ende.»

Aber unser grosser Gott hat sein Angebot aufrechterhalten, obwohl die Menschen seinen Sohn ans Kreuz schlugen. Diese Tatsache erkennen wir, wenn wir die beiden Schriften von Lukas gemeinsam im Überblick betrachten, und zwar unter dem Gesichtspunkt der erwähnten Stelle in 2. Korinther 5,19.20. Gott setzte sein Gnadenangebot, das Er im Lukas-Evangelium in Christus vorstellte, durch den Dienst der Apostel in der Apostelgeschichte fort.

2) Das Lukas-Evangelium

Wir können das Lukas-Evangelium in drei grosse Teile aufgliedern:

  1. Kapitel 1 – 16: Das Gnadenangebot Gottes
  2. Kapitel 17 – 22: Die Ablehnung des Gnadenangebots
  3. Kapitel 23 – 24: Der Tod und die Auferstehung Jesu

Das Gnadenangebot Gottes

(Kapitel 1 – 16)

Mit drei bekannten Abschnitten aus dem ersten Teil des Lukas-Evangeliums wollen wir deutlich machen, wie Gott in Christus den Menschen seine Gnade angeboten hat.

a) Die Barmherzigkeit Gottes (Kap. 10,30-37)

Die Geschichte des barmherzigen Samariters stellt uns die Barmherzigkeit Gottes vor.

Ein Mensch geht von Jerusalem nach Jericho, dem Ort des Fluches, hinab. Die Stadt Jericho steht bildlich für die Tatsache, dass durch den Sündenfall der Fluch über die Erde gekommen ist. Auf dem Weg dorthin kommt der Mensch durch eigene Schuld ins Elend. Doch dann hilft ihm ein Samariter, der ein Bild des Herrn Jesus ist.

Lukas berichtet uns dreimal vom Herrn Jesus und Jericho:

  • In Kapitel 10,33 war Er «auf der Reise» dorthin. Jesus Christus kam vom Himmel auf die Erde, bis zu diesem Ort des Fluches.
  • In Kapitel 18,35 «näherte er sich» Jericho. Er begegnete dort dem blinden Bartimäus. Wie gross ist seine Barmherzigkeit, dass Er sich diesem Ort des Fluches näherte!
  • In Kapitel 19,1 «kam er hinein und zog durch Jericho» und traf Zachäus. Er kam an diesen Ort des Fluches und wurde schliesslich am Kreuz von Golgatha ein Fluch für uns. Wunderbarer Heiland!

In der Fortsetzung der Geschichte von Kapitel 10 neigt der Samariter sich zu dem herab, der durch eigene Schuld am Boden liegt. Das ist Barmherzigkeit. Er tritt herzu und stellt sich an den Platz dessen, der sich im Elend befindet. Das tat unser Herr am Kreuz von Golgatha. Er nahm dort meinen Platz im Gericht Gottes ein und trug die Strafe für meine Sünden.

Dann gibt der Samariter dem Verwundeten seinen Platz, indem er ihn auf sein eigenes Tier setzt. Ist das nicht ergreifend? Durch den Glauben an den Herrn Jesus bekamen wir seinen Platz vor Gott. Paulus formuliert es so: Wir sind in Christus vor Gott gestellt.

Fassen wir den Umfang der Barmherzigkeit Gottes zusammen: Er neigt sich in Christus zu uns herab, um uns in Christus in eine wunderbare, erhabene Stellung zu versetzen.

b) Die Gnade Gottes (Kap. 14,16-24)

Die Geschichte des grossen Gastmahls macht uns die göttliche Gnade deutlich. Gott will uns in Christus seine Gnade schenken.

Der Mensch, der ein grosses Gastmahl macht und viele einlädt, ist ein Bild von Gott. So lud Er in Christus zuerst die vornehmen und gebildeten Menschen aus dem Volk Israel ein, seine Gnade anzunehmen (V. 17). Als sie diese Einladung ausschlugen, wandte sich der Heiland den Armen des Volkes zu (V. 21). Diese waren für die Gnade bereit und glaubten an Ihn.

Doch das Haus ist noch nicht voll mit Gästen. Darum sollen weitere Menschen zum Gastmahl kommen (V. 23). Das illustriert uns, wie die göttliche Gnade in Christus die Grenzen des Volkes Israel überschreitet und alle Menschen einlädt, zu Ihm zu kommen.

Bis heute ist noch Raum im Himmel. Das ist Gnade. Wer seine Sünden bekennt und an den Namen und das Werk des Herrn Jesus glaubt, wird gerettet. Er kommt in den Genuss der Gnade Gottes. Dieses Angebot ist zeitlich beschränkt. Ob es morgen noch gilt, wissen wir nicht.

c) Die Freude Gottes (Kap. 15)

Dieses Gleichnis mit drei Geschichten zeigt uns die Freude Gottes über jeden Sünder, der Buße tut. Es beglückt mich zu wissen, dass Gott sich freute, als ich Buße tat und mich bekehrte. Er hat mich nicht nur in Gnade, sondern auch mit Freuden aufgenommen.

In diesem dreiteiligen Gleichnis erkennen wir, dass alle drei Personen der Gottheit sich um uns Menschen bemühen:

  • Der Hirte, der das verlorene Schaf sucht, stellt den Sohn Gottes dar (V. 4-7).
  • Die Frau, die das Geldstück verloren hat und es sorgfältig sucht, spricht von Gott, dem Heiligen Geist (V. 8-10).
  • Gott, der Vater, wird im Vater vorgebildet, der den verlorenen Sohn aufnimmt (V. 11-32).

Dieses Kapitel erklärt uns, dass die Gnade Gottes bei uns nur auf dem Weg der Buße zum Ziel kommt. Das ist ein wichtiger biblischer Grundsatz. Gott stellt dem Menschen das Angebot der Gnade vor. Wenn er es nicht in Buße und Glauben persönlich ergreift, hat er «die Gnade vergeblich empfangen» (2. Kor 6,1). Tut er aber Buße, so empfängt er für Zeit und Ewigkeit den ganzen Segen der göttlichen Gnade!

In allen drei Geschichten ist die Freude eine Folge der Buße des Menschen:

  • «Ebenso wird Freude im Himmel sein über einen Sünder der Buße tut» (V. 7).
  • «Ebenso, sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut» (V. 10).
  • Als der verlorene Sohn in Buße und mit einem Bekenntnis zu seinem Vater zurückkehrte, heisst es: «Sie fingen an fröhlich zu sein» (V. 24).

Die Ablehnung des Gnadenangebots

(Kapitel 17 – 22)

Mit drei Abschnitten aus diesem Teil des Evangeliums möchten wir unter drei Aspekten zeigen, wie die Menschen das Gnadenangebot Gottes ablehnten. Das ist sehr ernst und geht uns zu Herzen.

a) Ablehnung durch Gleichgültigkeit (Kap. 17,12-19)

«Als er in ein gewisses Dorf eintrat, begegneten ihm zehn aussätzige Männer, die von fern standen. Und sie erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesus, Meister, erbarme dich unser! Und als er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, dass sie gereinigt wurden, während sie hingingen. Einer aber von ihnen, als er sah, dass er geheilt war, kehrte zurück und verherrlichte Gott mit lauter Stimme; und er fiel aufs Angesicht zu seinen Füssen und dankte ihm; und er war ein Samariter. Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn gereinigt worden? Wo sind aber die neun?»

Diese Aussätzigen haben durch ihre Heilung die Gnade Gottes erfahren. Auf dem Weg zum Priester wurden alle zehn gereinigt, doch neun gingen achtlos weiter. Sie blieben dem Heiland gegenüber gleichgültig. Das traf den Herrn Jesus zutiefst. Nur einer kehrte zurück und dankte Ihm von ganzem Herzen!

b) Ablehnung durch Hass (Kap. 19,12-14)

«Er sprach nun: Ein gewisser hochgeborener Mann zog in ein fernes Land, um ein Reich für sich zu empfangen und wiederzukommen. Er rief aber seine zehn Knechte und gab ihnen zehn Pfunde und sprach zu ihnen: Handelt, bis ich komme. Seine Bürger aber hassten ihn und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und liessen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.»

Diese Geschichte zeigt eine weitere Reaktion auf die Gnade. Die Menschen, insbesondere seine Landsleute, hassten Jesus Christus, der ihnen dieses Angebot Gottes gebracht hatte. Er kam mit einem Herzen voller Liebe. Aber durch den Psalmisten hören wir Ihn sagen: «Für meine Liebe feindeten sie mich an … Sie haben mir Böses für Gutes erwiesen und Hass für meine Liebe» (Ps 109,4.5). Diese Erwiderung hat seine Seele verletzt.

c) Ablehnung durch tödliche Feindschaft (Kap. 22,47-53)

«Während er noch redete, siehe, da kam eine Volksmenge, und der, der Judas hiess, einer der Zwölf, ging vor ihnen her und näherte sich Jesus, um ihn zu küssen … Jesus aber sprach zu den Hohenpriestern und Hauptleuten des Tempels und den Ältesten, die gegen ihn herangekommen waren: Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber, mit Schwertern und Stöcken? Als ich täglich bei euch im Tempel war, habt ihr die Hände nicht gegen mich ausgestreckt; aber dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis.»

Hier offenbarte sich die erbitterte Feindschaft der Menschen gegen den Sohn Gottes. Mit allen Mitteln wollten sie jetzt Den auf die Seite schaffen, der von Gott gekommen war und ihnen seine Gnade, Barmherzigkeit und Güte vorgestellt hatte. Sie kamen mit Schwertern und Stöcken zu Jesus und verhafteten Ihn. So schnell wie möglich zerrten sie Ihn vor Gericht und erzwangen von Pilatus die Verurteilung zum Kreuzestod. Damit erreichte die Ablehnung ihren Höhepunkt.

Mit seiner Verhaftung begann die Stunde des Menschen. In dieser Zeit taten diese feindseligen Leute an Ihm, was irgend sie wollten.

Vergessen wir nie, wie schrecklich Er von den Menschen gelitten hat! Sie schlugen Ihn und spien Ihm ins Gesicht, setzten Ihm eine Dornenkrone auf und schlugen mit einem Rohrstab auf sein Haupt. Als Er schliesslich am Kreuz hing, zogen sie sein Gottvertrauen ins Lächerliche und verhöhnten Ihn aufs Schlimmste.

Der Tod und die Auferstehung Jesu

(Kapitel 23 – 24)

Lukas berichtet, wie der Herr Jesus am Kreuz betete: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» (Kap. 23,34). Dann wurde es für drei Stunden dunkel. In dieser Zeit stand der Heiland für uns im Gericht. Er bezahlte für deine und meine Schuld. Da wurde Er von Gott verlassen. Er litt, bis Er ausrufen konnte: «Es ist vollbracht!» Danach übergab Er seinen Geist. Mit seinem Tod legte Er die Grundlage zu unserer Errettung.

Nach drei Tagen ist Er aus den Toten auferstanden. In Kapitel 24,34 wird uns berichtet: «Der Herr ist wirklich auferweckt worden und dem Simon erschienen.» Lukas schildert uns in Apostelgeschichte 1,3: «Er hat sich auch nach seinen Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt, indem er ihnen vierzig Tage hindurch erschien.» Durch seine Auferstehung ist uns Glaubenden der Segen zugeflossen.

So sind sein Tod und seine Auferstehung die beiden grossen Grundpfeiler unseres Heils.

3) Die Apostelgeschichte

Die Apostelgeschichte lässt sich in drei Teile gliedern:

  1. Kapitel 1: Die Himmelfahrt des Herrn Jesus
  2. Kapitel 2 – 12: Der Dienst von Petrus mit den elf Jüngern
  3. Kapitel 13 – 28: Der Dienst von Paulus

Die Himmelfahrt des Herrn Jesus

(Kapitel 1)

«Als er dies gesagt hatte, wurde er emporgehoben, indem sie es sahen, und eine Wolke nahm ihn auf von ihren Augen weg. Und wie sie unverwandt zum Himmel schauten, als er auffuhr, siehe, da standen zwei Männer mit weissen Kleidern bei ihnen, die auch sprachen: Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht hinauf zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso kommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel» (Kap. 1,9-11).

So fuhr der Herr Jesus in den Himmel auf. Seine Himmelfahrt wird mit drei verschiedenen Worten beschrieben, die uns drei Aspekte vorstellen:

  • «Er wurde emporgehoben» (V. 9). Das weist auf seine Menschheit hin. Gott hat Ihn in den Himmel emporgehoben.
  • «Er fuhr auf» (V. 10). Das lässt uns daran denken, dass Er der Sohn Gottes ist. In göttlicher Kraft fuhr Er selbst in den Himmel auf.
  • «Er ist in den Himmel aufgenommen worden» (V. 11). Welch ein herrlicher Moment, als unser Herr nach vollbrachtem Lauf und Werk in den Himmel eintrat! Da wurde Er von Gott mit Freuden empfangen und begrüsst (Heb 5,10). Paulus erklärt uns: Er wurde aufgenommen in Herrlichkeit (1. Tim 3,16). Als Er in den Himmel eintrat, umstrahlte Ihn die Herrlichkeit.

Der Dienst von Petrus mit den Elfen

(Kapitel 2 – 12)

a) Der letzte Appell an das ganze Volk Israel (Kap. 2 – 7)

Dieser interessante Teil der Apostelgeschichte beschreibt den Anfang des Handelns Gottes mit seinem himmlischen Volk und das vorläufige Ende des Handelns Gottes mit seinem irdischen Volk.

Durch Petrus und Stephanus richtete Gott einen letzten Appell an das Volk Israel als Ganzes. Damit wurde das Gebet erhört, das der Herr Jesus am Kreuz gesprochen hatte: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» Anstatt auf die Kreuzigung seines Sohnes mit Gericht zu antworten, bot Gott seinem schuldigen Volk nochmals seine Gnade an.

In zwei gewaltigen Ansprachen richtete Petrus sich an das ganze Volk Israel. Er überführte sie von ihrer Sünde und rief sie zur Buße auf, damit sie in den Genuss der göttlichen Gnade kämen. Seine Rede in Kapitel 2 hat christlichen, seine Predigt in Kapitel 3 hingegen jüdischen Charakter. Die Reaktion der Führer des Volkes auf die zweite Ansprache finden wir in Kapitel 4,3: «Sie legten die Hände an sie und setzten sie in Gewahrsam.» Obwohl viele der Botschaft glaubten, lehnten die führenden Männer von Israel die Gnade ab.

Der letzte Aufruf an das ganze Volk erfolgte durch Stephanus. Er begann seine Rede mit den Worten: «Brüder und Väter, hört!» (Kap. 7,2). Dann stellte er ihnen durch die ganze Geschichte Israels ihre Bosheit vor, die in der Ermordung des Herrn Jesus gipfelte. Wie reagierten sie darauf? «Sie schrien aber mit lauter Stimme, hielten sich die Ohren zu und stürzten einmütig auf ihn los» (Kap. 7,57). Sie lehnten diesen letzten Appell der Gnade ab und steinigten Stephanus.

b) Das Angebot an alle Menschen (Kap. 8 – 12)

Wie wirkte Gott nun weiter? In den Kapiteln 8 – 10 ging das Angebot in die Breite. Es richtete sich an alle Menschen:

  • In Kapitel 8 glaubte der äthiopische Kämmerer, ein Nachkomme Hams, dem Evangelium der Gnade.
  • In Kapitel 9 kehrte Saulus, ein Nachkomme Sems, um und glaubte an Jesus Christus.
  • In Kapitel 10 fand Kornelius, ein Nachkomme Japhets, zum christlichen Glauben.

Es ist beeindruckend, wie das Angebot der Gnade von diesen drei so unterschiedlichen Menschen angenommen wurde. Zwei Besonderheiten fallen uns dabei auf:

  1. Gott musste jedes Mal beim Diener, den Er dafür benutzen wollte, einen Widerstand überwinden.
  2. Bei jedem Menschen, der zum Glauben kam, gab es eine gute Voraussetzung.

Der äthiopische Kämmerer

Bei diesem Mann setzte Gott Philippus, den Evangelisten, ein. Er nahm ihn aus einer gesegneten Arbeit in Samaria und führte ihn auf einen einsamen Weg. Sicher musste Philippus sich dazu überwinden, aber er gehorchte dem Herrn und ging hin.

Dort traf er den Kämmerer, der gerade den Propheten Jesaja las. Dieser äthiopische Staatsmann hatte noch nichts vom Herrn Jesus und dem Heil in Ihm gehört, aber er besass ein Verlangen nach Gott. Das war ein guter Ansatz. So fiel der Same des Wortes Gottes in ein zubereitetes Herz. «Philippus aber tat seinen Mund auf, und anfangend von dieser Schrift verkündigte er ihm das Evangelium von Jesus» (Kap. 8,35). Der Kämmerer nahm es an und «zog seinen Weg mit Freuden» (V. 39).

Der Weg des Glaubenden ist nicht immer einfach. Aber lasst uns ihn mit Freuden gehen, weil wir den Herrn Jesus als unseren Heiland besitzen.

Saulus von Tarsus

Bei diesem jüdischen Gelehrten gebrauchte der Herr Jesus den einfachen Jünger Ananias. Doch dieser zögerte zuerst, den Auftrag des Herrn auszuführen, weil er von der tödlichen Feindschaft des Saulus gegen die Glaubenden gehört hatte. Durch den Beistand des Herrn überwand er die Furcht. «Ananias aber ging hin … und er legte ihm die Hände auf» (Kap. 9,17).

Weiter heisst es von Saulus: «Sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er sah wieder und stand auf und wurde getauft» (Kap. 9,18). Die gute Voraussetzung von Saulus wird uns in 2. Timotheus 1,3 erwähnt: Er hatte Gott von seinen Voreltern her mit reinem Gewissen gedient. Wenn er die Versammlung verfolgte, so tat er es nicht für Ehre oder Geld, sondern in der Meinung, Gott damit zu dienen (Joh 16,2). Darum trat Gott ihm vor Damaskus auf seinem falschen Weg durch das Licht vom Himmel entgegen, so dass er zur Bekehrung kam.

Kornelius

Damit Kornelius zum christlichen Glauben kam, genügte nicht ein Evangelist oder ein einfacher Jünger. Hier benutzte Gott den Apostel Petrus. Er besass die «Schlüssel des Reiches der Himmel», die der Herr ihm anvertraut hatte (Mt 16,19). Mit einem dieser Schlüssel schloss er nun den Heiden den Zugang zum Reich der Himmel auf. Auch bei Petrus musste Gott einen Widerstand überwinden, wie uns das Gesicht mit dem Leinentuch und den unreinen Tieren zeigt (Kap. 10,9-23). Er musste lernen, dass Gott auch den Menschen aus den Nationen den Zugang zum christlichen Glauben öffnete.

Der Geist Gottes stellt Kornelius das Zeugnis aus, dass er fromm und gottesfürchtig war (Kap. 10,2). Das war ein guter Ausgangspunkt. Er war bereit, alles zu hören, was Petrus von Gott befohlen war. So erfuhr er zum ersten Mal vom wunderbaren Heil im Herrn Jesus. Er und alle, die zuhörten, nahmen die Botschaft an. Die Folge davon war: «Der Heilige Geist fiel auf alle, die das Wort hörten» (Kap. 10,44).

Der Dienst des Apostels Paulus

(Kapitel 13 – 28)

In diesem Teil wird uns der Dienst des Apostels Paulus und seiner Mitarbeiter beschrieben. Er kann in zwei Abschnitte aufgeteilt werden:

  • Die Kapitel 13 – 20 schildern das Wirken von Paulus, dem Knecht Jesu Christi.
  • Die Kapitel 21 – 28 berichten uns über Paulus, den Gefangenen Jesu Christi.

a) Paulus, der Knecht Jesu Christi (Kap. 13 – 20)

Als Knecht Jesu Christi baute Paulus auf. Auf drei Missionsreisen war er unermüdlich für seinen Herrn tätig. In seinem Dienst erfuhr er den erbitterten Widerstand von Leuten, die die Gnade ablehnten. Trotzdem kamen viele Menschen zum Glauben an den Herrn Jesus und in manchen Ortschaften entstanden örtliche Versammlungen.

b) Paulus, der Gefangene Jesu Christi (Kap. 21 – 28)

Paulus wurde in Jerusalem festgenommen und kam schliesslich als Gefangener nach Rom. So gelang es dem Feind, diesen eifrigen Diener im Wirkungskreis einzuschränken. Aber Gott konnte den Apostel in dieser Zeit auf eine andere Weise benutzen: Paulus schrieb, inspiriert durch den Geist, viele wichtige Briefe der Bibel.

Die Apostelgeschichte hat eigentlich gar keinen richtigen Abschluss. Sie endet mit den Worten: Paulus «aber blieb zwei ganze Jahre in seinem eigenen gemieteten Haus und nahm alle auf, die zu ihm kamen, und predigte das Reich Gottes und lehrte mit aller Freimütigkeit ungehindert die Dinge, die den Herrn Jesus Christus betreffen» (Kap. 28,30.31). Die meisten Bücher in der Bibel enden mit einem Amen, einem Ausruf oder sonst einem klaren Schluss, doch die Apostelgeschichte nicht. Warum ist das so? Weil das Werk noch nicht abgeschlossen ist. Gott bietet den Menschen immer noch seine Gnade an.

Aufbau und Niedergang

Es gibt im christlichen Zeugnis zwei Phasen: eine Zeit des Aufbaus und eine Zeit des Niedergangs.

Die Aufbauperiode war durch die Anwesenheit der Apostel gekennzeichnet, obwohl am Ende ihres Lebens schon Anzeichen des Niedergangs sichtbar wurden (2. Timotheus-Brief). Nach dem Heimgang der Apostel begann der Niedergang. Seitdem geht es bergab. Hin und wieder hat es allerdings durch Gottes Gnade Erweckungen gegeben.

Der Dienst von Paulus weist schon auf diese beiden Phasen hin. Seine Zeit als Knecht Jesu Christi deutet die Periode des Aufbaus an. Seine Zeit als Gefangener Jesus Christi markiert die Periode des Niedergangs.

Zudem erwähnt Paulus in Apostelgeschichte 20 diese zwei Phasen:

  • In Vers 27 spricht er über den Aufbau: «Ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen.»
  • In den Versen 29 und 30 kündigt er den Niedergang an: «Ich weiss, dass nach meinem Abschied reissende Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her.»

Dann weist der Apostel in Vers 32 uns alle auf Gott und das Wort seiner Gnade hin – zwei Hilfsquellen, die uns bis heute zur Verfügung stehen.

Die Reformatoren glaubten im Allgemeinen, dass es mit der Christenheit aufwärts gehe. Sie meinten, man könne mit viel Einsatz das ganze Niveau anheben. Wenn dann eine gute Höhe erreicht sei, würde der Herr kommen und in der Christenheit sein Reich aufrichten.

Vor 200 Jahren erkannten die Glaubenden jedoch, dass es insgesamt abwärts geht. Aber mitten in diesem Niedergang werden wir persönlich angesprochen, die Gnade Gottes für uns in Anspruch zu nehmen und in der Gnade treu für den Herrn zu leben.