Lukas der geliebte Arzt
Lukas stammte nicht aus dem Volk Israel. Sowohl sein Name als auch die Bemerkungen in Kolosser 4,11.14 lassen diesen Schluss zu. (In Kolosser 4,11 werden die judenchristlichen Brüder besonders erwähnt, woraus zu schliessen ist, dass die in Vers 14 genannten Lukas und Demas Heidenchristen waren).
Er war nach eigener Aussage kein Augenzeuge vom Leben des Herrn Jesus gewesen (Lk 1,2). Und doch hat er unter der Leitung des Heiligen Geistes den längsten Bericht über Ihn verfasst. Die meisten von uns stammen ebenfalls nicht aus dem Volk Israel, und keiner von uns hat den Herrn Jesus als Mensch in Niedrigkeit hier auf der Erde kennen gelernt. Lukas hat in diesem Sinn die gleiche Ausgangslage wie wir gehabt und gibt uns durch sein Beispiel Hilfe für unseren persönlichen Glaubensweg.
Der Apostel Paulus erwähnt Lukas dreimal in seinen Briefen. Zuerst nennt er ihn in Kolosser 4,14 den geliebten Arzt. Er meinte damit nicht, dass Lukas besonders liebenswürdig war (das war er vielleicht auch), sondern dass er ein geliebtes Kind Gottes war. Er drückt damit die Herzensbeziehung derer zu Gott aus, die an den Herrn Jesus glauben.
Weiter erwähnt er ihn im Brief an Philemon (V. 24) und nennt ihn dort mit anderen zusammen seinen Mitarbeiter. Lukas war also nicht nur an den Herrn Jesus gläubig geworden, sondern er war auch im Glauben gewachsen, sodass der Herr ihn in seinem Werk gebrauchen konnte.
Als der Apostel das Ende seines Lebens im Dienst für den Herrn kommen sah und die Zeichen des Verfalls in den Versammlungen schon sichtbar geworden waren, schrieb er ganz einfach: «Lukas ist allein bei mir» (2. Tim 4,11).
Lukas hatte nicht nur gut angefangen, er hatte sich trotz Kampf und Leiden im Dienst für den Herrn bewährt. Er stand dem geprüften Apostel der Nationen treu zur Seite, auch als alle, die in Asien waren, sich von ihm abgewandt hatten. Welch ein Beispiel an Wachstum, Hingabe und Treue im Leben eines Gläubigen!
Wie Lukas gelernt hat
Als Lukas zum Glauben gekommen war, gab es noch keine geschriebene Bibel, wie wir sie heute besitzen. Es gab jedoch viele, die von den Ereignissen um die Person des Herrn Jesus gewusst hatten und dann den Versuch machten, diese schriftlich oder auch mündlich festzuhalten. Die Tatsachen, die den Herrn Jesus betrafen, waren völlig beglaubigt durch die, die selbst «von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind». Das waren hauptsächlich die Apostel (Apg 1,22).
Von ihnen – und wenn wir an das zweite Kapitel seines Evangeliums denken, möglicherweise auch von der Mutter des Herrn – hatte Lukas das Zeugnis über Jesus empfangen. Wenn wir seine Schriften lesen, entdecken wir seine Liebe zum Detail und wie gewissenhaft er seine Arbeit ausgeführt hat. Liegt hier vielleicht der Grund, weshalb Gott ihn benutzt hatte, diesen herrlichen Bericht über das Leben des Herrn Jesus als Mensch zu schreiben? In Vers 3 sagt er von sich, was dem Schreiben dieses Evangeliums vorangegangen war: «Der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin.»
- Lukas hat also nicht nach seiner eigenen Vorliebe ausgewählt. Er wollte die ganze Wahrheit über seinen Heiland erfahren. Mit dieser Haltung ist er zu einem vollständigen, gesunden Bild von dieser wunderbaren Person gekommen.
- Der Ausdruck «von Anfang an» in Vers 3 unterscheidet sich im Grundtext von dem, der in Vers 2 ebenfalls mit «von Anfang an» übersetzt wird. Das entsprechende griechische Wort in Vers 2 (arche) bedeutet von Urbeginn einer Sache an. Dieser Ausdruck ist uns aus den Schriften des Johannes bekannt (z.B. 1. Joh 1,1). Hingegen hat das in Vers 3 verwendete griechische Wort (anothem) die Bedeutung von wiederum oder von Neuem. Wie damals für Lukas ist dies heute noch der Weg für jeden Menschen, um zur vollen Gewissheit über den Mensch gewordenen Sohn Gottes zu kommen: Man muss sich durch das Lesen des Wortes Gottes Schritt für Schritt mit dem Zeugnis über seine Person vertraut machen.
- Lukas hat es damit sehr genau genommen und ist auf diesem Weg zu einer völligen Überzeugung gekommen. Das wird auch unsere Erfahrung sein, wenn wir es ihm gleichtun.
- Es war ein aufrichtiges Bemühen, Gewissheit über diese Tatsachen zu erlangen, aber keine rein verstandesmässige Angelegenheit. Das griechische Wort, das hier mit «gefolgt» übersetzt ist, finden wir nebst einer Stelle in Markus 16,17 nur noch in 1. Timotheus 4,6 und in 2. Timotheus 3,10 («erkannt»). Es bedeutet nebenhergehen, nachfolgen, sich aneignen oder auch sich zur Richtschnur nehmen. Was Lukas so gewissenhaft und prüfend erforschte, erfüllte nicht nur seinen Geist, sondern sein ganzes Herz und prägte schliesslich sein Leben. – Was für eine gesegnete Ausgangslage, das Evangelium anderen Menschen glaubwürdig weiterzusagen und sie von der Person des Herrn Jesus zu überzeugen!
Lukas, der Schreiber
Die Art und Weise, wie Lukas geschrieben hat, erwärmt unsere Herzen und zeigt uns etwas von der Frucht des Geistes im Leben dieses Gläubigen. Lukas war den Menschen sehr zugetan und an ihren Umständen interessiert. Wie sehr hat ihn das Leid der Einzelnen berührt! Keiner der anderen Evangeliums-Schreiber erwähnt z.B. so oft Witwen wie er. Zweifellos war er ein hervorragender Arzt.
In Vers 3 sagt er: «Es hat mir gut geschienen …, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach zu schreiben.» Es war also seine Art, die Dinge so zu schreiben, wie sie sich vor den Augen der Menschen abgespielt haben. Doch er tut es unter der Leitung des Heiligen Geistes. Grossartige göttliche Inspiration!
Weil Lukas nicht zum Volk Israel gehörte, können wir von ihm lernen, taktvoll und mit Zurückhaltung über «andere» zu berichten. Er hat nichts beschönigt. Der Zustand unter dem irdischen Volk Gottes war so, wie er ihn beschrieb: beschämend. Doch er masste sich kein Urteil darüber an, da er weder an den Vorrechten noch an der Verantwortung der Juden Anteil hatte.
Dieselbe demütige und taktvolle Haltung finden wir auch, wenn er über die Jünger schreibt. Wenn er ihr Verhalten zu beurteilen hatte, finden wir grosses Mitempfinden für ihre damaligen Umstände (Kap. 22,45).
Tatsachen hingegen dokumentierte er genau, und zwar sowohl was die Menschen und deren moralischer Zustand betraf als auch was den vollkommenen Menschen – den Herrn Jesus – betraf. Sein Bericht sollte ja dazu dienen, dass andere die Zuverlässigkeit dieser Dinge erkennen und dadurch zur vollen Gewissheit über die Person des Sohnes Gottes gelangen konnten. Da gab es keinen Platz für Ungewisses oder eigene Auslegung, sondern nur für die Wahrheit. Es ging ihm nicht darum, die eigene Meinung über Personen und Ereignisse festzuhalten. Er wollte das, was wirklich «Tatsache» war, zum Nutzen anderer weitergeben. Wie beispielhaft und lehrreich für uns!
Was haben wir empfangen?
Haben wir weniger empfangen als Lukas? Nein, er hatte das, was von Anfang war, und das haben wir auch. Lasst uns das Empfangene treu verwalten, indem wir aufs Neue dem folgen, was die Schrift uns lehrt. Dann wird von unserem Tun und Reden ein glaubwürdiges Zeugnis für den Herrn Jesus ausgehen. Dann helfen wir mit, dass in dieser Welt ein klares biblisches Zeugnis über unseren geliebten Herrn gehört wird. Lukas ist ein Beispiel für jemand, den der Herr in seiner Gnade für einen wertvollen und gesegneten Dienst zubereiten konnte.