Ein Appell – nicht nur – an jüngere Männer

Titus 2,6-9

Das 2. Kapitel des Briefes an Titus beginnt und endet mit der Aufforderung an ihn, zu den Gläubigen zu reden. Er hatte einen bestimmten Auftrag bekommen, die Wahrheit Gottes in Kreta zu verkündigen. Damit stand er in einem deutlichen Gegensatz zu den zügellosen Schwätzern und Betrügern, die auf der Insel ihr böses Werk betrieben und keinen Auftrag von Gott hatten. Dieser Kontrast wird durch den Gebrauch des Wortes «Du aber» in Kapitel 2,1 deutlich gemacht. Es legt die besondere Betonung auf das, was Titus tun sollte. Er wird dadurch persönlich in die Verantwortung genommen. Die Gläubigen haben zu allen Zeiten sowohl Belehrung als auch Hirtendienst nötig, damit die Ordnung in einer örtlichen Versammlung aufrechterhalten bleibt. Titus sollte nicht nur das, was noch mangelte, in Ordnung bringen, sondern er sollte die Wahrheit vorstellen, indem er redete, was der gesunden Lehre geziemte (Kap. 1,5; 2,1).

Der Dienst des Titus beschränkte sich nicht auf das Predigen. Er sollte sich auch persönlich mit den einzelnen Gläubigen beschäftigen, um ihnen so zu helfen. Vor allem sollte er in seinem Verhalten Vorbild sein.

Titus wurde aufgefordert, zu den unterschiedlichen Personengruppen, die eine örtliche Versammlung ausmachen, zu reden. Zuerst zu den älteren Männern, dann zu den alten Frauen, den jungen Frauen und auch zu den jüngeren Männern. Jede Gruppe hatte spezifische Hinweise nötig. Heute soll uns das beschäftigen, was er den jungen Männern zu sagen hatte. Obwohl diese Belehrungen einer spezifischen Personengruppe gegeben sind, haben sie sicher uns allen etwas zu sagen.

Der Bibeltext lautet:

«Die jüngeren Männer ermahne ebenso, besonnen zu sein, indem du in allem dich selbst als ein Vorbild guter Werke darstellst; in der Lehre (oder Belehrung) Unverfälschtheit, würdigen Ernst, gesunde, nicht zu verurteilende Rede, damit der von der Gegenpartei beschämt wird, da er nichts Schlechtes über uns zu sagen hat.»

Ermahnung und Vorbild

In diesem Vers geht es um die Altersgruppe, zu der Titus wahrscheinlich selbst gehörte. Wenn wir uns fragen, wer damals zu dieser Kategorie gehörte, dann dürfen wir nicht einfach den uns geläufigen Massstab anlegen. In jener Kultur galt man bis zu einem Alter von etwa 40 Jahren als ein «jüngerer Mann».

Titus wird nicht aufgefordert, alte Männer und alte Frauen zu «ermahnen». Zu ihnen sollte er «reden». Der bei den jüngeren Männern gebrauchte Ausdruck «ermahnen» ist ein stärkerer Ausdruck. Wörtlich übersetzt bedeutet er: «an die Seite rufen.» Mit der jetzt erwähnten Zielgruppe stand Titus auf einer Stufe. Was er ihnen zu sagen hatte, galt unmittelbar ihm selbst. Deshalb wird, ausser dem Appell zur Besonnenheit, gar nicht betont, was er ihnen sagen sollte, sondern es wird vielmehr auf die Notwendigkeit des Vorbilds hingewiesen. Für einen jüngeren Mann ist es nicht leicht, gleichaltrige zu ermahnen. Deshalb sollten die jüngeren Männer an Titus sehen, wie sie sich verhalten sollten. Auch Timotheus wurde aufgerufen, andere durch sein Verhalten zu überzeugen. Ihm wird gesagt: «Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Reinheit» (1. Tim 4,12).

Das Vorbild von Titus sollte sehr umfassend sein, nämlich «in allem». Der gesamte Lebensbereich eines Dieners Gottes darf Vorbildcharakter für andere tragen. In seinen Werken soll sichtbar werden, dass seine Worte die notwendige moralische Autorität besitzen. Gerade für junge Menschen ist kaum etwas so stossend, wie wenn sie von einem gleichaltrigen ermahnt werden, dessen Verhalten nicht in Übereinstimmung mit seinen Worten steht. Eine solche Ermahnung werden sie kaum annehmen. Die guten Werke werden hier sicher nicht umsonst zuerst genannt. Erst danach wird von der Belehrung gesprochen. Die Taten stehen vor den Worten.

Junge Männer werden zur Besonnenheit aufgefordert, d.h. sie sollten sich unter Kontrolle halten und weder in das eine noch in das andere Extrem fallen. Die wiederholte Aufforderung zur Besonnenheit in diesem Kapitel unterstreicht die Wichtigkeit und Bedeutung dieser Eigenschaft bei den Gläubigen. Sie gilt uns allen. Petrus schreibt: «Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen, und seid nüchtern zum Gebet» (1. Pet 4,7).

Dann werden konkrete Punkte genannt, in denen Titus ein Vorbild sein sollte und worin gleichzeitig seine Besonnenheit zum Ausdruck kommen würde. Die genannten Punkte stehen primär mit der Art und Weise in Verbindung, wie er das Wort Gottes weitergeben sollte. Alles musste zur Würde dessen passen, was er lehrte.

In der Lehre Unverfälschtheit

Die Lehre des Wortes Gottes an sich ist natürlich immer rein und unverfälscht. Aber wenn wir sie weitergeben, dann kann durch den Übermittler Ungutes beigemischt werden. Gerade junge Menschen sind oft neugierig und möchten sich mit vielem beschäftigen, das ihrem Glauben möglicherweise Schaden zufügen könnte. Die Gefahr ist gross, dass der «gesunden Lehre» Elemente hinzugefügt werden, die das ganze verfälschen und uns so in die Irre führen. Ein Diener des Herrn sollte deshalb grossen Wert darauf legen, nichts als die reine Lehre der Bibel zu vermitteln und die Herzen der Jüngeren dafür zu erwärmen.

Darüber hinaus sollte die Wahrheit nie aus falschen oder unlauteren Motiven weitergegeben werden. Es wäre verkehrt, wenn wir uns in dem, was wir sagen, davon leiten liessen, ob es den Zuhörern gefällt oder nicht. Und wie traurig wäre es, wenn wir danach strebten, unsere eigene Popularität zu steigern oder uns selbst zu «beweihräuchern». Der Apostel Paulus ist uns in dieser Hinsicht ein positives Beispiel. Er schrieb den Thessalonichern: «Niemals sind wir mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht, Gott ist Zeuge; noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen» (1. Thes 2,5.6). Ein guter Dienst stellt immer die Person des Herrn Jesus in den Vordergrund.

In würdigem Ernst

Dieser Hinweis gilt ganz allgemein und ist besonders für junge Leute aktuell. Im Zusammenhang des ganzen Abschnitts wird deutlich, dass diese Anmerkung in Verbindung mit der «gesunden Belehrung» steht. Das Lehren soll auf eine ernsthafte Weise geschehen, damit das Gesagte auch ernst genommen und beachtet wird. Wir sollen nicht leichtfertig lehren oder das Wort Gottes dabei ins Lächerliche ziehen. Hier hat Spass keinen Platz.

Gesunde, nicht zu verurteilende Rede

Dieser Hinweis ist unmittelbar mit der vorausgehenden Aussage verbunden. Der Inhalt dessen, was wir sagen, muss «gesund» sein. Ausserdem sollten wir mit unseren Worten nie vorschnell sein, sondern immer über die möglichen Konsequenzen unserer Worte nachdenken. Müssen wir uns nicht manchmal im Nachhinein anklagen, dass wir etwas gesagt haben, was ungesund, einseitig und unausgewogen war? Haben unsere Worte nicht schon oft negative Folgen gehabt? Einmal ausgesprochene Worte können nie wieder ungeschehen gemacht werden. Das sollten wir stets bedenken.

Der von der Gegenpartei

Unsere Worte werden gehört. Zum einen nimmt Gott von allem Kenntnis, was wir sagen. Zum anderen aber sind wir von Menschen umgeben, die hier die «Gegenpartei» genannt werden. Es sind die Menschen dieser Welt, die uns beobachten und hören und dann ein Urteil fällen. Es ist eine der Listen des Feindes, diesen Tatbestand zu verdrängen. Die ungläubigen Menschen stehen nicht auf «unserer», sondern auf der anderen Seite. Auch wenn wir manchmal denken mögen, es seien doch «nette» Menschen, so ändert das nichts an der Tatsache, dass sie «draussen» stehen, während wir «drinnen» sind. Die Kolosser werden aufgefordert: «Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draussen sind, die gelegene Zeit auskaufend» (Kol 4,5). Den Thessalonichern wird gesagt: «Damit ihr ehrbar (anständig) wandelt vor denen, die draussen sind, und niemand nötig habt» (1. Thes 4,12). Zu einem solchen Wandel in Weisheit und Ehrbarkeit gehören auch unsere Worte.

Unsere Aufgabe ist es, den Menschen gegenüber ein Zeugnis zu sein. Unser Verhalten und unsere Worte sollen so sein, dass sie uns nichts vorzuwerfen haben. Menschen suchen oft eine Gelegenheit, mit Fingern auf uns zu zeigen. Wenn Paulus hier «uns» sagt, dann könnte sich das einerseits auf Titus und ihn beziehen, anderseits können wir aber auch annehmen, dass Paulus damit die Gläubigen ganz allgemein im Blickfeld hat. Jedes Mal, wenn ein einzelner Gläubiger durch sein schlechtes Zeugnis der Welt Gelegenheit gibt, etwas Negatives zu sagen, hat das Folgen für das gesamte Volk Gottes. Es geht in einem solchen Fall nicht nur um den Einzelnen, der sich ungut verhalten hat, sondern auch um das Volk Gottes insgesamt. Die Menschen dieser Welt ziehen aus dem Verhalten und den Worten eines Einzelnen Rückschlüsse auf die Gläubigen im Allgemeinen. Leider hat das Verhalten Einzelner schon oft als Ausrede für Ungläubige gedient, den Herrn nicht anzunehmen. Das nimmt zwar nichts von ihrer Verantwortung weg, ist aber doch sehr beschämend für uns.

Oftmals suchen die Menschen dieser Welt sogar aktiv einen Anlass, um etwas Negatives zu sagen. Paulus spricht in 2. Korinther 11,12 von solchen, «die eine Gelegenheit wollen». Diese Gelegenheit wollte er ihnen abschneiden. Auch im Leben des Herrn stossen wir immer wieder auf Situationen, in denen seine Feinde eine Gelegenheit suchten. Doch niemals hat der Herr ihnen durch seine Worte eine solche geboten. Im Gegenteil, sie mussten immer wieder erkennen, dass sie Ihn in keine Falle locken konnten. Stets brachte Er sie durch seine Worte und sein Verhalten zum Schweigen (z.B. Mt 22,34.46).

Wir wollen diese Hinweise des Apostels Paulus an seinen Mitarbeiter Titus für uns selbst als Ansporn nehmen, unserem Herrn in Treue zu dienen, ein Vorbild für andere zu sein und uns so zu verhalten, dass wir auch in den letzten Tagen des christlichen Bekenntnisses auf dieser Erde ein Zeugnis für Ihn sind – egal ob wir zu den «jüngeren Männern» gehören oder uns einer anderen Personengruppe zurechnen.