Das Buch des Predigers

Prediger

Beim oberflächlichen Lesen dieses Bibelbuches scheint es so, als würde sich alles ständig wiederholen. Die Ausdrücke «Eitelkeit» und «unter der Sonne» kommen immer wieder vor und charakterisieren dieses Buch. Lehrmässig beschreibt es den Charakter des gefallenen Menschen, der Gott zwar kennt, aber keine Beziehung zu Ihm hat. Deshalb ist alles Eitelkeit und ohne Gewinn.

Dass der Name des Bundesgottes Israels «der HERR» (Jahwe/Jehova) kein einziges Mal genannt wird, und dass im Neuen Testament kein wörtliches Zitat aus diesem Buch anzutreffen ist, sind weitere Merkmale des Predigers.

Trotzdem gilt auch für dieses Buch: «Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit» (2. Tim 3,16). Und Paulus schreibt in Römer 15,4: «Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben.»

Drei Ebenen

Beim genaueren Lesen dieses besonderen Buches bemerken wir gewissermassen drei Ebenen, d.h. das menschliche Leben wird unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Bei der untersten Ebene geschieht alles «unter der Sonne». Hier geht es um den täglichen Ablauf des menschlichen Erdenlebens in seinen verschiedenen nutzlosen Arten. Wenn der natürliche Mensch ohne eine bewusste Beziehung zu Gott dahinlebt, ist tatsächlich alles nichtig und sinnlos.

Auf der zweiten Ebene finden wir die Beschreibung dessen, was «unter dem Himmel» geschieht.

  • Es ist eine «üble Beschäftigung» (eine Beschäftigung, die Mühe und Anstrengung kostet), die Gott den Menschenkindern gegeben hat (Kap. 1,13).
  • Weiter ist zu überlegen, was für die Menschen während der Zahl ihrer Lebenstage gut wäre zu tun (Kap. 2,3).
  • Schliesslich hat alles eine bestimmte Zeit und «jedes Vorhaben unter dem Himmel seine Zeit» (Kap. 3,1).

Was sagen andere Schriftstellen zu dieser zweiten Ebene?

  • In Psalm 2,4 wird vom Herrn gesagt, dass Er im Himmel thront und derer lacht, die da Eitles sinnen.
  • In Psalm 14,2 erfahren wir, dass der HERR vom Himmel herabschaut, um zu sehen, ob ein Verständiger da sei.
  • Auch der wiedergeborene Christ sollte nicht vergessen, dass er vom Himmel her beobachtet wird und unter den wachsamen Augen Gottes lebt (2. Chr 16,9). Ja, selbst die Engel beobachten uns (z.B. 1. Kor 11,10).

Als dritte Ebene fassen wir die Erwähnung des göttlichen Gerichts ins Auge. Der Schreiber dieses Bibelbuches erkannte in seinem Herzen, dass Gott den Gerechten und den Gottlosen richten wird (Pred 3,17). Er wusste, dass Gott jedes verborgene Werk, es sei gut oder böse, einmal im Gericht beurteilen wird (Kap. 12,14).

Aus dem Neuen Testament wissen wir, dass es einen wunderbaren Ausweg gibt, um nicht ins Gericht zu kommen. Der Herr Jesus ist «der Weg und die Wahrheit und das Leben» und «wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet» (Joh 14,6; 3,18).

Vier Fragen

Um uns einen gewissen Einblick in dieses Buch zu verschaffen, legen wir uns vier allgemeine Fragen vor, die man sich auch beim Betrachten irgendeines anderen Buches der Bibel stellen kann:

  1. Wer ist der Verfasser?
  2. An wen richtet er sich?
  3. Was ist die Veranlassung zur Niederschrift?
  4. Was ist der Zweck dieses Buches?

Wer ist der Verfasser?

Wenn auch der Name des Verfassers nicht ausdrücklich erwähnt ist, so wird doch beim Lesen eine gewisse Selbstbiographie erkennbar. Wir liegen durchaus richtig, dieses Buch dem König Salomo zuzuschreiben, der sich «Sohn Davids, König in Jerusalem» nennt (Kap. 1,1.12).

In Kapitel 12,9 erwähnt er, dass er viele Sprüche verfasst habe. Das deckt sich mit 1. Könige 4,32, wo es von Salomo heisst: «Er redete 3000 Sprüche.»

Im weiteren erwähnt er in Kapitel 1,16.17 seine grosse Weisheit. In 1. Könige 4,29-31 wird uns von Salomos Weisheit berichtet. «Er war weiser als alle Menschen.»

Beim Lesen dieses Buches gewinnt man den Eindruck, der König Salomo habe es im Alter verfasst (Kap. 11,9 – 12,7). Ist er im Alter vielleicht noch zur Einsicht über seine ungöttliche Lebensweise, wie sie in 1. Könige 11,1-10 beschrieben ist, gekommen? In Prediger 2,4-11 spricht er von seinen Bauwerken, seinem Reichtum und auch von Frauen. Das nennt er ebenfalls «Eitelkeit und ein Haschen nach Wind». In Kapitel 4,13 klingt eine gewisse Einsicht betreffs seines Irrwegs an: «Besser ein armer und weiser Jüngling als ein alter und törichter König, der nicht mehr weiss, sich warnen zu lassen.»

An wen richtet er sich?

Wer ist der Empfänger dieses Buches, an wen richtet es sich? An den Sohn Salomos: «Und überdies, mein Sohn, lass dich warnen» (Kap. 12,12). Im Weiteren wendet er sich an die junge Generation: «Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und dein Herz mache dich fröhlich in den Tagen deiner Jugendzeit» (Kap. 11,9). Wenn wir aber den 13. Vers des letzten Kapitels nach der Fussnote lesen, dann heisst es dort: «Denn das soll jeder Mensch.» Es richtet sich also an alle Menschen.

Was ist die Veranlassung zur Niederschrift?

In Kapitel 1,3 wird die Frage gestellt: «Welchen Gewinn hat der Mensch bei all seiner Mühe, womit er sich abmüht unter der Sonne?» Diese Frage scheint die Veranlassung dafür zu sein, den «Prediger» zu schreiben und dabei das Thema «Eitelkeit» ausführlich zu behandeln.

Über 40 Mal wird die Eitelkeit (Nichtigkeit) genannt, davon viermal in der Mehrzahl. – Wir können aus dem ganzen Buch des Predigers ersehen, dass das Jagen und Trachten nach zeitlichen und vergänglichen Dingen nur Fehlinvestitionen sind.

Was ist der Zweck dieses Buches?

Wenn wir nach dem Zweck dieses Buches fragen, kommen wir zum Schluss: Es will zur Gottesfurcht führen. Der Prediger hat erkannt, dass das, was Gott tut, höchste Priorität hat: «Ich habe erkannt, dass alles, was Gott tut, für ewig sein wird: Es ist ihm nichts hinzuzufügen und nichts davon wegzunehmen; und Gott hat es so gemacht, damit man sich vor ihm fürchte» (Kap. 3,14).

In Kapitel 4,17 werden wir ermahnt, den Fuss auf dem Weg zum Haus Gottes zu bewahren. Mit neutestamentlichem Verständnis fragen wir uns, ob alles geordnet ist, wenn wir in die Gegenwart des Herrn, z.B. zu seinem Gedächtnismahl gehen. Der Fuss lässt an den Wandel denken. «Wandelt als Kinder des Lichts» (Eph 5,8). Unter dem Licht der göttlichen Sonne ist nichts verborgen. So möchten wir auch den Ausdruck «unter der Sonne» im Buch des Predigers verstehen.

Weiter wird uns in Kapitel 4,17 der Gedanke vorgelegt: «Nahen, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben» Wir denken an das Beispiel unseres Herrn, der als Zwölfjähriger im Tempel inmitten der Lehrer sass und ihnen zuhörte.

Im Weiteren spricht der Prediger vom Reden vieler Worte und kommt dann in Kapitel 5,6 zur Aufforderung: «Vielmehr fürchte Gott.»

Gottesfurcht hat nichts mit Angst vor Gott zu tun. Sie bedeutet vielmehr, sich zu fürchten, etwas zu seiner Unehre zu tun. «Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das ist der ganze Mensch» (Kap. 12,13). In neutestamentlichem Sinn verstehen wir unter «Gebote» mehr als die zehn Gebote. Für uns Christen geht es darum, dass wir das Wort Gottes befolgen, es in unseren Herzen bewegen und bewahren. Im Sendschreiben an Philadelphia anerkennt der Herr: «Du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet» (Off 3,8).

Hinweise auf Christus

Zum Schluss wollen wir uns fragen, ob wir im Buch des Predigers auch Hinweise auf den Herrn Jesus finden. Als prophetischer Hinweis kann sicher Kapitel 9,13-15 betrachtet werden. «Dort spricht der Prediger von einem «armen Mann», der eine Stadt durch seine Weisheit rettete. «Aber kein Mensch erinnerte sich an diesen armen Mann.»

Der Herr Jesus ist uns geworden «Weisheit von Gott» (1. Kor 1,30). Er, der reich war, ist um unsertwillen arm geworden, damit wir durch seine Armut reich würden (2. Kor 8,9). Schliesslich denken wir an den Ausspruch des Propheten Jesaja: «Er war verachtet und verlassen von den Menschen» (Kap. 53,3). Wie dankbar dürfen wir Ihm sein, dass Er unsere Stelle im Gericht eines heiligen Gottes einnahm, damit wir gerettet werden konnten. Jetzt schon und in alle Ewigkeit werden wir Ihn dafür anbeten.