«Also nun, wie wir Gelegenheit haben, lasst uns das Gute wirken gegenüber allen, am meisten aber gegenüber den Hausgenossen des Glaubens» (Gal 6,10).
Jemand hat einmal gesagt: «Man kann nicht jeden Tag etwas Grosses tun, aber an (fast) jedem Tag etwas Gutes.» Das ist ein wahres Wort. In dieser Welt streben viele Menschen nach grossen Dingen, die möglichst lang im Gedächtnis ihrer Mitmenschen haften bleiben. Christen dürfen sich anders verhalten. Es kommt nicht so sehr darauf an, ob wir grosse Dinge vollbringen, sondern darum, Gottes Auftrag zu erfüllen, Gutes zu tun, wo immer sich eine Gelegenheit bietet.
Der Gläubige ist nicht durch gute Werke gerettet worden, aber er ist gerettet worden, um gute Werke zu tun. Diesen Sachverhalt stellt der Apostel Paulus in Epheser 2,8-10 klar vor: «Durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.» Wir tun also keine guten Werke, um errettet zu werden, sondern weil wir errettet sind. Das ist auch der Ausgangspunkt, um die Aufforderung in Galater 6,10 richtig zu verstehen.
Beim näheren Hinsehen erkennen wir in dieser Bibelstelle vier Hinweise, die zu unseren Herzen reden:
1) Was ist das – Gutes tun?
Offensichtlich geht es hier um gute Taten des erretteten Menschen. Da öffnet sich uns ein weites Betätigungsfeld ungeahnter Möglichkeiten. Gutes tun darf in der Familie anfangen, es schliesst die Geschwister der örtlichen Versammlung und weitere Gläubige ein und erreicht schliesslich alle Menschen.
Gute Taten umfassen sowohl den geistlichen als auch den praktischen Bereich. Es muss nicht gleich eine Predigt oder ein öffentlicher Auftritt sein. Ein freundliches Wort kann ebenso sehr eine gute Tat sein wie ein mitfühlender Händedruck.
Ich kann einen Krankenbesuch machen und ein aufmunterndes Wort sagen. Ich kann meinem Bruder bei einer schwierigen Arbeit beistehen oder meinen Kindern helfen, brauchbare Christen zu werden. Ich kann jemandem bei einer Autopanne helfen oder meiner Schwester einen Rat geben, weil sie nicht mehr weiter weiss. Ich kann am Büchertisch helfen. Ich kann mich im Gebet für andere verwenden usw. Jeder mag die Liste für sich ergänzen.
Gute Werke sollten aber nie das Ergebnis irgendeines Zwangs sein, sondern die Folge unseres Glaubens an Gott. Jakobus schreibt: «Aber es wird jemand sagen: Du hast Glauben, und ich habe Werke; zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen» (Jak 2,18). Wenn der Glaube in uns wirkt, werden als Folge gute Werke sichtbar.
2) Zielgruppe Nr. 1: die Hausgenossen des Glaubens
Paulus unterscheidet zwei Zielgruppen, denen wir Gutes tun dürfen. Zum einen sind es alle Menschen, dann aber besonders die Hausgenossen des Glaubens. Das sind unsere Mitgeschwister, aber sie werden hier mit der besonderen Bezeichnung «Hausgenossen des Glaubens» gekennzeichnet. Im Epheser-Brief nennt Paulus uns Hausgenossen Gottes: «Also seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes» (Eph 2,19). Ein Hausgenosse ist jemand, mit dem ich eine besondere Beziehung habe, weil wir zum gleichen Haushalt gehören. Gott hat uns mit sich in Verbindung gebracht; aber es gibt auch eine besondere Beziehung der Gläubigen untereinander: Wir haben einen gemeinsamen Glauben.
Es sind die Glieder der Familie Gottes, die wir besonders im Auge haben dürfen, wenn es darum geht, Gutes zu tun. Johannes schreibt: «Wer aber irgend irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschliesst sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?» (1. Joh 3,17). Das ist eine Möglichkeit, den Hausgenossen des Glaubens Gutes zu tun. Dabei wollen wir beachten, dass sich zunächst unsere Herzen dem Bruder gegenüber öffnen sollen. Wenn das der Fall ist, wird sich auch die Hand, der Mund oder das Portemonnaie öffnen. Die Liebe zu unseren Geschwistern treibt uns, ihnen Gutes zu tun. Dem Bruder Philemon konnte das Zeugnis ausgestellt werden: «Ich hatte grosse Freude und grossen Trost durch deine Liebe, weil die Herzen der Heiligen durch dich, Bruder, erquickt worden sind» (Phlm 7). Was von Herzen kommt, geht zu Herzen. Könnte Paulus dir und mir auch ein solches Zeugnis ausstellen?
3) Zielgruppe Nr. 2: alle Menschen
Sind wir in unserem Horizont nicht oft eingeengt? Gott möchte uns die Herzen für alle Menschen erwärmen. Erstens ist Gott ein Erhalter aller Menschen, und zweitens ist es der erklärte Wille Gottes, dass alle Menschen errettet werden (1. Tim 4,10; 2,4). Deshalb haben wir auch hier diesen weiten Blickwinkel. Täglich begegnen wir unseren Mitmenschen. Haben wir ein Auge für sie? Sind wir bereit, ihnen zu helfen? Die Liebe Gottes möchte alle Menschen erreichen – und vielleicht möchte Er dich und mich gebrauchen, um seine Liebe zu vermitteln.
Beten wir für unsere Mitmenschen, unsere Arbeitskollegen, unsere Nachbarn, unsere Mitschüler, unsere Regierungen? Wir werden ausdrücklich ermahnt, für alle Menschen zu beten: «Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst. Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott» (1. Tim 2,1-3).
Das Gute, das wir allen Menschen tun dürfen, beschränkt sich natürlich nicht auf das Gebet. Wir dürfen mit ihnen reden und sie auf die Notwendigkeit der Errettung hinweisen. Wir dürfen sie mit der Bibel und dem Heiland vertraut machen, wir dürfen sie zu evangelistischen Vorträgen einladen. Aber allen Menschen gegenüber Gutes wirken, schliesst auch praktische Hilfe ein. Damit wird keinem sozialen Evangelium das Wort geredet, aber Gott möchte doch, dass wir da, wo Menschen in Not sind, nach unseren Möglichkeiten und in göttlicher Weisheit helfen.
4) Die Zeit, um Gutes zu tun
Die Aufforderung lautet, Gutes zu tun, «wie wir Gelegenheit haben». Diese Zeit beginnt grundsätzlich mit der Bekehrung und endet in dem Augenblick, wo wir diese Erde verlassen – sei es, dass der Herr kommt oder dass wir durch den Tod zu gehen haben. Im Himmel werden wir keine Gelegenheit mehr haben, im Sinn unseres Verses «das Gute zu wirken». Natürlich werden wir unserem Herrn Lob und Anbetung bringen, aber die Zeit, für Ihn zu arbeiten und Gutes zu tun, ist auf diese Erde beschränkt.
Im Weiteren gibt es besondere Gelegenheiten, die Gott uns schenkt, um Gutes für Ihn zu wirken. Paulus schreibt verschiedentlich von der «gelegenen Zeit». Die Epheser werden aufgefordert, sorgfältig zu wandeln und die gelegene Zeit auszukaufen, und den Kolossern wird gesagt: «Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draussen sind, die gelegene Zeit auskaufend» (Eph 5,16; Kol 4,5). Es gibt bestimmte Situationen in unserem Leben, in denen wir Gutes für Gott tun können. Solche Gelegenheiten sind in der Regel einmalig und kommen nicht wieder. Lassen wir sie ungenutzt vorübergehen, sind es verpasste Gelegenheiten.
Deshalb wollen wir die Augen offen halten und die Gelegenheiten nutzen, die Gott uns gibt. Es vergeht wohl kaum ein Tag, an dem Gott uns nicht die Möglichkeit gibt, gute Werke zu tun. Deshalb ist es gut, wenn wir die Bitte in unser morgendliches Gebet einschliessen, das zu erkennen, was Gott an dem vor uns liegenden Tag von uns getan haben möchte.
Das vollkommene Vorbild ist auch hier der Herr Jesus. Er ging umher «wohltuend und alle heilend» (Apg 10,38). Er nutzte jede Gelegenheit, und sein Handeln kam sowohl den Gläubigen als auch den Ungläubigen zugut. Von Ihm wollen wir lernen.