Der lebendige Gott, ein Erhalter aller Menschen

1. Timotheus 4,10

Auf die Tatsache, dass Gott ein Erhalter aller Menschen ist, weist der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an Timotheus, seinen jüngeren Mitarbeiter, hin. Damit wollte er ihm Mut machen, denn Timotheus hatte es in Ephesus nicht leicht. Paulus erinnerte ihn daran, dass er sich im Dienst für den Herrn abmühte und statt Lob und Anerkennung Schmach und Missachtung fand. Er schrieb an ihn:

«Denn dafür arbeiten wir und werden geschmäht, weil wir auf einen lebendigen Gott hoffen, der ein Erhalter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen» (1. Tim 4,10).

Im Dienst für den Herrn

Paulus erinnert zunächst an das Ziel des Dienstes von Timotheus und knüpft an das an, was er vorher geschrieben hatte, als er seinen Mitarbeiter darauf hinwies, dass die leibliche Übung zu wenigem, die Gottseligkeit aber zu allen Dingen nützlich ist. Das Leben der praktischen Gottseligkeit hat für den Gläubigen zeitliche und ewige Segensfolgen (1. Tim 4,8). Auf dieses Ziel hin war der Dienst von Timotheus ausgerichtet – und das darf auch heute noch das Ziel geistlicher Bemühungen bei uns sein.

Arbeiten und geschmäht werden

Dann verbindet sich Paulus mit Timotheus und beschreibt den Dienst selbst in wenigen Worten durch die beiden Zeitwörter «arbeiten» und «geschmäht werden». Beide Männer arbeiteten im Werk des Herrn, und dies schloss Mühe und Entbehrung mit ein. Das im Griechischen gebrauchte Wort für «arbeiten» bedeutet so viel wie «sich bis zur Erschöpfung abmühen». Das taten sowohl Paulus als auch Timotheus. Sie waren nicht nur einsatzbereit und fleissig, sondern sie gingen weit darüber hinaus. An manchen Stellen in den Briefen gibt Paulus uns Einblick, in welcher Art und Weise er sich Tag und Nacht im Werk des Herrn engagiert hatte, sei es im evangelistischen Dienst oder in der Arbeit an Gläubigen. Den Kolossern schrieb er: «Indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen lehren in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen; wozu ich mich auch bemühe, indem ich kämpfend ringe gemäss seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft» (Kol 1,28.29). Auch hier finden wir Bemühung und Kampf im Dienst.

Und was war das Ergebnis dieser Bemühungen? «Dafür arbeiten wir und werden geschmäht.» Wer gottesfürchtig lebt und sich im Dienst seinem Herrn zur Verfügung stellt, kann nicht mit der Anerkennung der Menschen rechnen. Der Herr wird seinen Diener einmal belohnen. In dieser Welt aber kann es Widerstand, Feindschaft und Verachtung geben. Das hatte Paulus erfahren, und das kannte auch Timotheus. In gewissem Mass mögen auch wir eine solche Erfahrung machen.

Auf Gott hoffen

Dennoch resignierte Paulus nicht im Dienst für seinen Herrn, und er wollte auch seinem Mitkämpfer Timotheus Mut machen. Er erinnerte ihn an die Hoffnung, die sie hatten – eine Hoffnung auf den lebendigen Gott. Paulus wusste, wem er geglaubt hatte, und in seinem zweiten Brief an Timotheus erinnert er ihn daran: «Aus diesem Grund leide ich dies auch; aber ich schäme mich nicht, denn ich weiss, wem ich geglaubt habe» (2. Tim 1,12). Die Hoffnung auf den lebendigen Gott motiviert den Diener, trotz Widerstand und Schmach weiter für seinen Herrn zu arbeiten.

Das vollkommene Beispiel

Das vollkommene Beispiel ist auch in diesem Fall der Herr Jesus selbst. Niemand hat sich im Dienst für seinen Gott so verzehrt wie Er. Von Ihm lesen wir, dass der Eifer um das Haus Gottes Ihn verzehrte. Unermüdlich war Er im Einsatz. Trotz allem Widerstand, den Er erlebte, diente Er seinem Gott in nie nachlassender Treue und Aufopferung.

Und doch wurde niemand so geschmäht und verachtet wie gerade unser Herr. Für seine Liebe, die Er den Menschen in seinem Dienst erwiesen hatte, wurde Er gehasst und angefeindet. Die Menschen ruhten nicht eher, bis Er am Kreuz hing. Und selbst dort überschütteten sie Ihn noch mit Hohn und Spott.

Gleichzeitig ist nie ein Mensch über diese Erde gegangen, der so auf Gott gehofft hatte, wie der Herr Jesus. Wie kein anderer konnte Er Ihn «mein Gott» nennen. Prophetisch sagt Er in Psalm 22,10.11 zu Ihm: «Doch du bist es, der mich aus dem Mutterleib gezogen hat, der mich vertrauen liess an meiner Mutter Brüsten. Auf dich bin ich geworfen von Mutterschoss an, von meiner Mutter Leib an bist du mein Gott.» So konnte nur Er reden. Und gerade dieses Vertrauen und Hoffen auf seinen Gott nahmen seine Feinde zum Anlass, Ihn am Kreuz zu verhöhnen.

Der lebendige Gott

Von Gott, auf den wir hoffen, wird gesagt: Er ist der «lebendige Gott». Diese Aussage wird sowohl im Alten wie im Neuen Testament an mehreren Stellen bestätigt. Damit steht unser Gott in krassem Gegensatz zu den toten Götzen menschlicher Fantasie. Ein Götze mag zwar Augen, Ohren und Hände haben, aber er sieht nicht, hört nicht und kann nichts tun. Unser Gott ist der lebendige Gott. Er sieht, hört und handelt. Vor allem ist Er gnädig und barmherzig. Als der lebendige Gott hebt Er sich von allem anderen – wir Menschen eingeschlossen – ab. Wenn ein Mensch «lebendig» ist, dann hat er dieses Leben von seinem Schöpfer bekommen. Keiner hat das Leben aus sich selbst. Wir alle haben es aus Gott und in Abhängigkeit von Ihm. Im Schöpfungsbericht heisst es: «Und der Gott der HERR bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele» (1. Mo 2,7). Gott ist nie eine lebendige Seele geworden. Er ist der lebendige Gott – eine Aussage von zeitloser Gültigkeit. Und welch ein Unterschied zu Engeln und Menschen: Gott kann Leben vermitteln, was sonst niemand vermag. Einem solchen Gott dürfen wir vertrauen. Auf Ihn dürfen wir hoffen.

Ein Erhalter aller Menschen

Dieser Gott, auf den wir hoffen, ist ein Erhalter aller Menschen. An diese Seite der Grösse und Herrlichkeit unseres Gottes denken wir vielleicht eher selten. Auch wenn die Menschen uns schmähen, weil wir ein gottseliges Leben führen wollen, bleibt es doch wahr, dass Er ihr Erhalter ist.

Die Menschen zur Zeit von Paulus und Timotheus gebrauchten das Wort für «Erhalter» zum einen für ihre Götzen, von denen sie hofften, dass sie ihnen günstig gestimmt seien, und zum anderen für den Kaiser, der ebenfalls zum Wohl seiner Untertanen handeln und regieren sollte. Doch der Unterschied zu unserem Gott ist gewaltig gross. Die Götzen sind nichts anderes als das Produkt menschlicher Vorstellungskraft. Sie sind tot. Aber Gott, dem wir vertrauen, ist der «lebendige Gott». Ein Kaiser mochte sich tatsächlich zum Wohl und Nutzen seines Volkes einsetzen, aber niemals konnte er ein Erhalter aller Menschen sein. Das kann nur Gott, und Er tut es auch.

Als Schöpfer und Erhalter von allem kümmert Er sich um alle Menschen. Als Paulus auf dem Areopag stand, verkündigte er den Menschen von Athen folgende Botschaft: «Er (Gott) hat aus einem Blut jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat festgesetzte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnung bestimmt, damit sie Gott suchen, ob sie ihn wohl ertasten und finden möchten, obgleich er nicht fern ist von einem jeden von uns. Denn in ihm leben und weben und sind wir, wie auch einige eurer Dichter gesagt haben: Denn wir sind auch sein Geschlecht» (Apg 17,26-28). Der Herr Jesus selbst sagte, als Er auf der Erde war: «Damit ihr Söhne eures Vaters werdet, der in den Himmeln ist; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte» (Mt 5,45). Kein Mensch könnte auch nur einen Atemzug tun, wenn Gott als der Schöpfer und Erhalter es ihm nicht ermöglichen würde.

Keine Allversöhnung

1. Timotheus 4,10 wird manchmal fälschlicherweise benutzt, um die sogenannte Allversöhnungslehre zu beweisen. Tatsächlich wird das griechische Wort, das hier mit «Erhalter» übersetzt ist, an anderen Stellen mit «Heiland» oder «Retter» wiedergegeben. Dennoch kann man daraus unmöglich ableiten, dass es sich hier um die ewige Errettung, die Errettung für den Himmel, handelt. Es geht hier um die Regierung Gottes mit den Menschen auf dieser Erde. Er trägt Sorge für alle Menschen, damit sie überhaupt auf dieser Erde leben können. Andere Stellen machen deutlich, dass es keine Allversöhnung gibt. Wer den Herrn Jesus nicht im Glauben als seinen persönlichen Heiland und Retter annimmt, geht unweigerlich verloren – und zwar für ewig.

Ein Erhalter … besonders der Gläubigen

Dieser Zusatz muss Timotheus in seiner schwierigen Situation besonders ermuntert haben. Es ist wahr, dass Gott sich in einem Sinn unterschiedslos um alle Menschen kümmert, weil sie seine Geschöpfe sind. Doch die Gläubigen liegen Ihm besonders am Herzen. Das darf auch uns Mut machen. Gott richtet sein besonderes Augenmerk auf jene, die Ihm angehören und Ihm im Glauben vertrauen. Wir sind die besonderen Gegenstände seiner Liebe und Fürsorge. Gerade in schwierigen Umständen dürfen wir uns daran aufrichten. Petrus schreibt: «Daher sollen auch die, die nach dem Willen Gottes leiden, einem treuen Schöpfer ihre Seelen anbefehlen» (1. Pet 4,19). Der Hinweis auf Gott als den treuen Schöpfer erinnert daran, dass Er besonders ein Erhalter der Gläubigen ist.

In der sogenannten Bergpredigt ermuntert der Herr Jesus seine Jünger mit den Worten: «Deshalb sage ich euch: Seid nicht besorgt für euer Leben, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Seht hin auf die Vögel des Himmels, dass sie nicht säen noch ernten, noch in Scheunen sammeln, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr nichtviel vorzüglicher als sie? Wer aber unter euch vermag mit Sorgen seiner Grösse eine Elle zuzufügen? Und warum seid ihr um Kleidung besorgt? Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen: Sie mühen sich nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage auch aber, dass selbst nicht Salomo in all seiner Herrlichkeit bekleidet war wie eine von diesen. Wenn Gott aber das Gras des Feldes, das heute da ist und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet: dann nicht vielmehr euch, ihr Kleingläubigen?» (Mt 6,25-30). Das ist der lebendige Gott, ein Erhalter aller Menschen, besonders der Gläubigen. Es lohnt sich, Ihm zu vertrauen und auf Ihn zu hoffen.