Die Lieblichkeit des Christus

Wenn wir Christus betrachten, werden alle Vergleiche unmöglich. Jede andere Grösse wird durch irgendwelche Kleinheiten beeinträchtigt, jede andere Weisheit durch Torheit abgeschwächt und jede andere Güte durch Unvollkommenheit verdorben. Jesus Christus bleibt der Einzige, von dem ohne jede Schmeichelei gesagt werden kann: «Alles an ihm ist lieblich» (Hld 5,16).

Seine Menschwerdung ist lieblich

Zuallererst besteht seine Lieblichkeit in seiner vollkommenen Menschwerdung. Er ist in allem, ausser unseren Sünden und unserer bösen Natur, gleich wie wir Er nahm zu an Gestalt und Gunst. Er arbeitete, weinte, betete und liebte seine Mitmenschen. Er «ist in allem versucht worden in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde» (Heb 4,15).

Wir bekennen mit Thomas, dass Er Herr und Gott ist. Trotzdem gibt es niemand sonst, der einen so vertrauten Umgang mit uns pflegt und unseren Herzen so nahe ist. Im ganzen Universum gibt es niemand, vor dem wir so gar keine Angst haben müssen.

So einfach und natürlich geht Er auf unser tägliches Leben ein, als wäre Er an derselben Strasse wie wir aufgewachsen. Wie ist Er doch wahrhaftig und vollkommen Mensch! Martha tadelte Ihn; Johannes, der beobachtet hatte, wie Er Tote auferweckte, den Sturm beruhigte und auf dem Berg mit Mose und Elia sprach, zögerte nicht, sich beim Abendessen an seine Brust zu lehnen. Petrus wollte seine Füsse nicht von Ihm waschen lassen, doch später wünschte er, dass auch sein Kopf und seine Hände gewaschen würden.

Seine Jünger stellten Ihm törichte Fragen, machten Ihm Vorwürfe und beteten Ihn an – alles im gleichen Atemzug. Er rief sie bei ihren Namen, sagte ihnen, dass sie sich nicht fürchten sollten und sicherte ihnen seine Liebe zu. Dabei ist alles an Ihm lieblich. Seine Vollkommenheit glänzt nicht nur, sie erstrahlt in voller Helle.

Seine Heiligkeit ist lieblich

Die Frömmigkeit des Herrn Jesus war so warm und menschlich, dass Er dadurch die Menschen anzog und beeinflusste. Wir finden nicht, dass Er unzugänglich gewesen wäre, wie eine Statue auf einem Sockel. Die Schönheit seiner Heiligkeit lässt uns an eine Rose oder einen Veilchengarten denken.

Der Herr Jesus nahm alle Arten von Sündern auf: Nikodemus, den moralisch hochstehenden, religiösen Sünder (Joh 3) und Maria Magdalene, die schrecklich gebundene Sünderin, «von der sieben Dämonen ausgefahren waren» (Lk 8,2). Er kam und kommt heute noch in ein sündiges Leben hinein wie ein klarer Strom in einen abgestandenen Tümpel. Der Strom fürchtet sich nicht vor Beschmutzung, weil seine frische Energie den ganzen Tümpel reinigt.

Sein Mitgefühl ist lieblich

Sein Mitgefühl ist vollkommen lieblich. Oft war Er «innerlich bewegt» (Mt 9,36). Die Menge, die keinen Hirten hatte, die sorgenvolle Witwe von Nain, das gestorbene Kind des Synagogenvorstehers, der Besessene von Gadara, die hungrigen Fünftausend – alle, die auf irgendeine Art litten, bewegten sein Herz. Sein Zorn gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer entstand aus seinem Mitleid mit jenen, die unter deren hartherzigen Selbstgerechtigkeit litten.

Und welche Gnade sehen wir in seinem Mitgefühl! Weshalb berührte Er jenen armen Aussätzigen? Er hätte ihn mit einem Wort heilen können, wie den Sohn des königlichen Beamten. Während Jahren war dieser Aussätzige ein Ausgestossener gewesen, abgeschnitten von der Gesellschaft und seiner menschlichen Würde beraubt. Er hatte das Gefühl, ein Mensch zu sein, verloren. Sich ihm zu nähern bedeutete Verunreinigung. Die Berührung durch den Herrn Jesus machte ihn wieder zu einem Menschen.

Sein Kontakt zu den anderen Menschen ist lieblich. Könnte man sich den Herrn Jesus vorstellen, wie Er eine Tagung von Pharisäern einberufen und mit ihnen geeignete Methoden besprochen hätte, um die Massen zu erreichen? Seine Erniedrigung war entwaffnend lieblich. Keiner von uns kann die Familie auswählen, in die er hineingeboren wird. Er war der Einzige, dem das Wie und Wo seiner Geburt offenstand. Dennoch trat Er als einer von der grossen Masse der ganz gewöhnlichen Leute und als Kind armer Eltern in dieses Leben ein.

Welche Sanftmut, welche Niedriggesinntheit! Er sagte: «Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende» (Lk 22,27). Er wusch «die Füsse der Jünger» (Joh 13,5). «Der gescholten, nicht wiederschalt» (1. Pet 2,23). «Wie ein Schaf das stumm ist vor seinen Scherern; und er tat seinen Mund nicht auf» (Jes 53,7). Kann man sich vorstellen, dass Er je sein Recht gefordert hätte?

Seine Freundlichkeit ist lieblich

Am klarsten sieht man die Lieblichkeit des Herrn Jesus in seinem Umgang mit Sündern. Wie sanft, treu, rücksichts- und respektvoll war Er doch! Nikodemus, stolz auf seine Stellung als ein Lehrer in Israel, «kam zu ihm bei Nacht», weil er Angst hatte, seine Stellung zu gefährden. Doch bevor er den Lehrer verliess, musste er lernen, dass er im Blick auf das Reich ganz unwissend war. Er ging weg, um über die persönliche Anwendung der Worte des Herrn Jesus nachzudenken: «Die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse» (Joh 3,19). Doch er hörte kein einziges hartes Wort, keine Äusserung, die seine Selbstachtung hätte verletzen können.

Wie sprach der Herr mit der verzweifelten Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, nachdem ihre Ankläger einer nach dem anderen hinausgegangen waren (Joh 8,9)? Er gebrauchte dasselbe sanfte Wort für «Frau», mit dem Er auch seine Mutter vom Kreuz herab ansprach.

Seine Rede ist lieblich

Wir wollen Ihn zur Quelle Jakobs begleiten und seiner Unterredung mit der samaritischen Frau zuhören. Wie geduldig entfaltet Er die tiefsten Wahrheiten, wie sanft und doch treu enthüllte Er die grosse Sünde, die ihre Seele verzehrte. Selbst zu einer Maria von Bethanien hätte Er nicht respektvoller sein können.

Sogar in seinen Todesqualen konnte Er den Schrei des schwachen Glaubens eines Todgeweihten hören. Wenn im Altertum die siegreichen Eroberer von Kriegen in fremden Ländern zurückkehrten, brachten sie ihren vornehmsten Gefangenen als Trophäe mit. Doch für Christus war es genug, die Seele eines Übeltäters mit sich ins Paradies zu nehmen.

Seine ganze Haltung ist lieblich

Alles an Ihm ist lieblich. Alle Seiten eines vollkommenen Charakters sind bei Ihm völlig ausgewogen. Seine Sanftheit ist niemals schwächlich, sein Mut nie brutal. Wenn wir Ihn während allen Szenen der Verhöhnung und Beleidigung begleiten, die sich in der Nacht und am Morgen seiner Gefangennahme und Verurteilung abspielten, was sehen wir dann? Oh, lasst uns Ihn betrachten, wie Er vor den Hohenpriestern, vor Pilatus, vor Herodes behandelt wurde! Wie sehen wir Ihn unter Druck gesetzt, drangsaliert, gegeisselt, geschlagen, bespuckt und verspottet! Und gerade da kommt seine Lieblichkeit in unvergleichlicher Weise zum Vorschein! Kein einziges Mal verlor Er seine Haltung, seine Würde.

Aber begleiten wir Ihn noch weiter. Nach den Gerichtsverhandlungen und der Verurteilung wurde Er zur Richtstätte hinausgeführt, wobei viel Volk mitging. Siehst du, wie Er nun an das raue Holzkreuz genagelt und dieses aufgerichtet wird? Und nun hängt dieser freundlichste, sanfteste, tapferste und lieblichste Mensch, der je gelebt hat, am Kreuz! Alle können Ihn sehen. «Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider … Und sie sassen und bewachten ihn dort» (Mt 27,35.36).

Findest du Ihn auch lieblich?

Auch du siehst Ihn. Du hörst, wie Er den Vater bittet, seinen Mördern zu vergeben und hörst seine sanften Worte vom Kreuz herab. Ist nicht alles an Ihm lieblich?

Die Bibel sagt uns, dass Er «selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat» (1. Pet 2,24). Und Er verheisst uns: «Wer an mich glaubt, hat ewiges Leben» (Joh 6,47).

Hast du Den, der in allem lieblich ist, als deinen Retter, Herrn und Freund angenommen? Wenn nicht, willst du es nicht heute noch tun?