Lieben und dienen

Wir leben in einer Welt, die immer egoistischer wird und das Vergnügen sucht. Der Apostel Paulus hat dies im Voraus angekündigt: «Dieses aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten eintreten werden; denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, … undankbar, … ohne natürliche Liebe, … das Gute nicht liebend, … aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen» (2. Tim 3,1-5).

Vom Geist der Welt beeinflusst, kann es auch bei gläubigen Christen zu einem Mangel an Liebe kommen, und das ist noch viel schwerwiegender.

Um einem solchen Zustand, der unser christliches Leben und unsere gegenseitigen Beziehungen als Gläubige sehr negativ beeinflussen kann, abzuhelfen, lasst uns den Herrn Jesus betrachten und wie Er seine Liebe gezeigt hat.

Was ist Liebe?

«Gott ist Liebe», das ist seine Natur (1. Joh 4,8.16). Er hat sie den Menschen gegenüber offenbart (Joh 3,16). Die Beweggründe dieser Liebe liegen in seinem eigenen Herzen und nicht in denen, die Er liebt (1. Joh 4,10) So wie Gott sein Volk Israel erwählt hat, weil Er es liebte, so liebt Er auch uns und hat uns auserwählt (5. Mo 7,6.7; Jer 31,3; Eph 2,4; Joh 15,16).

Wie hat Gott seine Liebe gezeigt? Indem Er seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus, gab (Joh 3,16; 1. Joh 4,9; Röm 8,32). Um diese Liebe ein wenig zu verstehen, genügt es, den Blick aufs Kreuz zu richten. Dort erstrahlt die Liebe des Herrn Jesus auf eine Weise, dass ich mit dem Apostel ausrufen muss: «Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat» (Gal 2,20). Lieben und geben sind untrennbar miteinander verbunden. Gott hat die Welt geliebt und seinen eingeborenen Sohn gegeben. Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben.

Seid nun Nachahmer Gottes …

«Seid nun Nachahmer Gottes und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch» (Eph 5,1.2).

Die beiden Verben lieben und geben definieren eigentlich einen Jünger: Gott lieben und sich Ihm ganz hingeben. Es ist unmöglich, mit der Liebe Gottes zu lieben, «die in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist», ohne sie zu beweisen durch

  • eine grosse Aufopferung für die Brüder und für die Versammlung;
  • eine Selbsthingabe in der Ehe und Familie;
  • eine wirkliche Liebe zu den Verlorenen, indem man aktiv das Wort Gottes verbreitet, das, durch den Heiligen Geist, allein Seelen zum Herrn führen kann.

Aufopferung für die Brüder

Wie der Herr Jesus für uns sein Leben dargelegt hat, sollten auch wir bereit sein, für die Brüder das Leben zu lassen (1. Joh 3,16). Wenn wir von der Liebe Gottes erfüllt sind, werden wir der üblen Neigung, uns selbst wichtig zu nehmen, nicht nachgeben. Unsere Liebe zu den Brüdern muss bis zur Aufopferung unseres Lebens gehen. Das ist der extremste Fall, von dem das Wort spricht. Verstehen wir es richtig: Es handelt sich nicht darum, Gott ein Lösegeld für unsere Brüder zu geben. Das ist ganz unmöglich. Es geht darum, das Leben meines Bruders höher einzuschätzen als mein eigenes. Wie kann ich eine solche Hingabe jeden Tag praktisch ausleben?

  • Indem ich meine Zeit daransetze, um den Gläubigen nach dem Beispiel eines Stephanas oder eines Epaphroditus zu dienen (1. Kor 16,15; Phil 2,30; Heb 6,10);
  • indem ich die Gabe der Gnade, die Gott mir anvertraut hat, als ein guter Verwalter der Gnade Gottes für die anderen verwende (1. Pet 4,10; Röm 1,11);
  • indem ich von meinen Gütern anderen mitteile (1. Joh 3,17; Jak 2,16). Die gläubigen Mazedonier hatten eine grosse Freigebigkeit bewiesen, nachdem sie sich zuerst dem Herrn und dann den Aposteln gaben. Sie hatten erfahren, dass es glücklicher ist, zu geben statt zu empfangen, und sie wurden dadurch reich gesegnet (Apg 20,35; 2. Kor 8 und 9);
  • indem ich für meine Geschwister bete. Paulus, Epaphras und andere zeigen uns darin ein Beispiel. Wenn ich für meinen Bruder oder meine Schwester bete, kann ich sie nicht verachten, kritisieren oder eifersüchtig auf sie sein.

Hingabe für die Versammlung

Christus hat nicht nur uns als einzelne geliebt und sich selbst für uns hingegeben, Er hat auch die Versammlung geliebt und sich für sie geopfert. Er sorgt sich gegenwärtig um sie, indem Er sie heiligt und reinigt, um sie sich bald heilig und untadelig darzustellen (Eph 5,25-29). Paulus wurde als Nachahmer Christi ein Diener der Versammlung (Kol 1,25; 1. Kor 11,1). Auch wenn du noch jung im Glauben bist, kannst du dich selbstlos für die Versammlung einsetzen, indem du ein grosses Interesse für das örtliche Zeugnis der Versammlung, zu dem du gehörst, an den Tag legst. Das bedeutet, nicht als Zuschauer zu den Zusammenkünften gehen, sondern als Mitbeteiligter. Du kannst für die Zusammenkunft beten, dass der Herr sie segne. Wenn du ein junger Bruder bist, darfst du dich vom Herrn gebrauchen lassen, einen mündlichen Beitrag zu geben, sei es in der Anbetungsstunde, oder in der Gebetszusammenkunft oder vielleicht durch «fünf Worte» vom Herrn in der Erbauungsstunde.

Selbsthingabe in der Ehe und Familie

Einerseits ist die Ehe ein Abbild der Einheit zwischen Christus und der Versammlung. Anderseits ist diese Einheit das Vorbild für jedes gläubige Ehepaar, das Niveau, wohin die Ehe hinziehen sollte. In dieser Sphäre ist das Ziel nicht mein persönliches Glück, sondern das des Ehepartners. Lieben, indem man gibt und sich dabei persönlich ganz zurückstellt, das ist der Schlüssel zu gemeinsamem Glück. Daraus ergibt sich, dass ein Kind Gottes keinen ungläubigen Partner heiraten kann, denn dieser könnte ja den Wünschen des anderen nicht entsprechen, da sie im Gegensatz zu den seinen stehen (2. Kor 6,14.15). Wenn sich die göttliche Liebe in der Familie entfaltet, wird auch die göttliche Ordnung aufrechterhalten, und das ist das wahre Glück (Eph 5,22-33; 6,1-4). Der Ehemann und seine Frau geben sich einer dem anderen, und die zwei, miteinander vereint, sind für die Kinder da und die Kinder für die Eltern (1. Kor 7,4; 1. Tim 5,4).

Eine wirkliche Liebe zu den Verlorenen

Darin ist der Herr Jesus ein wunderbares Beispiel. Ist Er nicht der gute Hirte, der sein Schaf sucht, bis er es findet? Ist Er nicht der barmherzige Samariter, der über den verwundeten, halbtoten Mann innerlich bewegt war, ihn versorgte, zur Herberge führte und alles tat, damit er sich erholen konnte? Ist Er nicht der Sämann, der unermüdlich das Wort sät? Wir fühlen uns gedrängt, unsere Mitmenschen aufzufordern, mit Gott ins Reine zu kommen, mit einem Gott voller Liebe, der nichts anderes verlangt, als sein Angebot der Gnade im Glauben anzunehmen. Lasst uns weiter säen, auch wenn wir keine unmittelbaren Resultate sehen! Es ist Gott, der das Wachstum gibt (1. Kor 3,7). Auch «am Morgen säe deinen Samen, und des Abends ziehe deine Hand nicht ab; denn du weisst nicht, welches gedeihen wird: ob dieses oder jenes, oder ob beides zugleich gut werden wird» (Pred 11,5.6).

Lieben, ohne zu geben, ist egoistisch; geben, ohne zu lieben, heisst den anderen geringachten oder eine gewisse Beachtung erwarten. Ein solches Leben ist enttäuschend und ohne Frucht. Möchten wir lernen, zu lieben und zu geben.