Wie bringen wir unsere Not vor Gott?

Johannes 11,3-5

Das 11. Kapitel des Johannes-Evangeliums gibt uns den bekannten Bericht von der Auferweckung des Lazarus. Mittelpunkt dieses gewaltigen Kapitels ist die Aussage des Herrn Jesus selbst: «Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt» (V. 25).

Dem aufmerksamen Leser wird jedoch nicht entgehen, dass der göttlich inspirierte Bericht auch eine Fülle von praktischen Hinweisen und Ermunterungen enthält, die uns eine Hilfe auf dem Glaubensweg sein können. In Vers 3 lesen wir von den beiden Schwestern, von Maria und Martha: «Da sandten die Schwestern zu ihm und liessen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank.» In dieser Aussage fallen uns drei Dinge auf:

1. Die Schwestern wenden sich an den Herrn

Ohne Zweifel waren Maria und Martha in grosser Not, denn ihr geliebter Bruder Lazarus war krank, und offensichtlich war diese Krankheit ernsthafter Natur. Doch die beiden wussten genau, wohin sie mit ihrem Kummer gehen konnten. Sie wandten sich an die richtige Adresse, an ihren Herrn. So hatten es auch die Jünger getan, als die Schwiegermutter des Petrus fieberkrank daniederlag. Wir lesen: «Und sogleich sagen sie ihm von ihr» (Mk 1,30).

Wohin gehen wir mit unseren Problemen? Kennen wir die richtige Adresse, oder wenden wir uns einmal hierhin und einmal dorthin? Der Herr wartet darauf, dass wir zu ihm kommen, um Ihm alles zu sagen. Menschen mögen manchmal keine Zeit für uns haben, der Herr hat immer Zeit. Ihm kommen wir nie ungelegen. Menschen mögen manchmal mit anderen Dingen beschäftigt sein, so dass sie sich nicht richtig auf uns konzentrieren können. Der Herr hört immer richtig zu. Menschen mögen manchmal schlechte Ratgeber sein, der Herr nie. Er wird immer nach seiner unergründlichen Weisheit handeln. Lernen wir daher von den beiden Schwestern aus Bethanien, und gehen wir mit allen unseren Schwierigkeiten zum Herrn; das ist immer die richtige Adresse.

2. Die Schwestern kommen nicht mit einem fertigen Konzept

Maria und Martha legen dem Herrn einfach ihre Not vor: «Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank.» Mehr sagen sie zunächst nicht. Sie stellen einfach fest, was geschehen ist und überlassen alles Weitere Ihm. Ohne Zweifel wünschten sie, dass Lazarus wieder gesund werden sollte, aber sie sagen es nicht.

Wie anders ist es oft, wenn wir zum Herrn beten. Wir kommen häufig mit konkreten Vorschlägen und haben ganz bestimmte Vorstellungen, wie der Herr uns helfen soll. Oftmals handelt es sich dabei um persönliche Dinge, die wir zu unserem eigenen Vorteil gern haben möchten. Natürlich versteht der Herr die Wünsche unserer Herzen (z.B. wenn wir um die Genesung eines Kranken beten), aber es ehrt Ihn und zeugt von Vertrauen, wenn wir Ihm die Sache völlig überlassen.

In Philipper 4,6 werden wir aufgefordert, unsere Anliegen vor Gott kundwerden zu lassen. Das ist es, was die Schwestern taten. Im Alten Testament gibt Gott uns das Beispiel des Königs Hiskia. Als er in grosser Not war und von dem assyrischen König einen Drohbrief erhalten hatte, lesen wir: «Und Hiskia breitete den Brief vor dem HERRN aus» (2. Kön 19,14). Eine solche Herzenshaltung ist dem Herrn Jesus wohlgefällig.

Es kann sein, dass wir den Herrn so inständig um eine bestimmte persönliche Sache bitten, dass wir geradezu etwas von Ihm erzwingen, obwohl wir nicht genau wissen, ob sie gut für uns ist oder nicht. Wenn der Herr dieser Bitte schliesslich entspricht, kann es sein, dass wir im Nachhinein feststellen, dass die Erfüllung durchaus nicht zu unserem Segen und Nutzen war. Machen wir es daher wie Maria und Martha, indem wir unsere Probleme einfach vor dem Herrn ausbreiten und alles Weitere Ihm und seiner Weisheit überlassen.

3. Die Schwestern hatten ein Bewusstsein von der Liebe des Herrn

Der Apostel Johannes berichtet in Vers 5 unseres Kapitels: «Jesus aber liebte Martha und ihre Schwester und Lazarus.» Die beiden, die sich in ihrer Not an Ihn wandten, hatten ein tiefes Bewusstsein von der Liebe Jesu zu ihnen. Sie sagen nicht einfach: «Lazarus ist krank», sondern sie betonen, ja, sie erinnern den Herrn Jesus geradezu daran, dass es der ist, den Er liebt: «Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank.»

Auch das redet zu unseren Herzen. Gewiss, der Herr Jesus liebt uns alle mit der gleichen, göttlichen Liebe. Aber es ist eine Sache, dass Er uns liebt, und es ist eine andere Sache, diese Liebe auch bewusst zu geniessen. Gerade in schwierigen Umständen macht es uns Mut, daran zu denken, dass Er uns liebt, dass wir Gegenstände seiner Zuneigungen sind. Der Hohepriester trug die Namen der 12 Stämme Israels auf seinen Schultern und auf seiner Brust. So besitzen auch wir nicht nur einen Platz auf seinen starken Schultern, auf denen Er uns trägt, sondern wir dürfen wissen, dass wir auch einen Platz an seinem Herzen haben. Die ganze Zuneigung unseres Herrn gehört uns. Er hat vollkommenes Mitgefühl und Mitempfinden, weil Er selbst als Mensch auf dieser Erde war und in verschiedenen Umständen erprobt worden ist.

Denken wir daher immer daran, dass der Herr uns nicht nur geliebt hat, als Er für uns starb, sondern dass Er uns auch auf dem Weg liebt und wir uns seiner Liebe und Zuneigung bewusst sein dürfen.

Wie antwortet der Herr nun auf die Nachricht der beiden Schwestern? Auf den ersten Blick mag es uns seltsam erscheinen, dass Er noch zwei Tage wartet, bis Er sich auf den Weg nach Bethanien macht. War das Liebe? Auch die Schwestern werden sich darüber gewundert haben, und sie deuten es später auch an. Doch der Herr Jesus wusste, was Er tat, und Er tat es mit voller Absicht Er hatte einen bestimmten Grund dabei, nicht sofort zu handeln, denn Er wollte sich als Sohn Gottes verherrlichen.

Daraus dürfen auch wir etwas lernen. Es ist uns nicht verheissen, dass unsere Bitten immer so erhört werden, wie wir es uns vorgestellt haben. Sicher ist, dass der Herr Jesus uns immer hört; aber die Art und Weise zu antworten, müssen wir Ihm überlassen. Er sieht weiter als wir. Er sieht die Dinge von oben, wir von unten. Das macht einen entscheidenden Unterschied. Nach seiner Weisheit wird Er handeln, wenn wir bittend zu Ihm kommen. Haben wir nicht alle schon im Nachhinein gesehen, wie das Handeln des Herrn zu unserem Segen war, auch wenn es uns zunächst seltsam und fremd erschien? Daher sollten wir Ihm ganz vertrauen.

Zwei Dinge sind uns verheissen, wenn uns eine solche Herzenshaltung kennzeichnet. Erstens geniessen wir den Frieden Gottes und zweitens das Mitgefühl des Herrn Jesus. Paulus schreibt an die Philipper: «In allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus» (Phil 4,6.7). Die Schwestern in Bethanien erfuhren wenig später das vollkommene Mitgefühl dessen, der sie liebte, denn Er stand am Grab des Lazarus und vergoss Tränen (Joh 11,35). Wunderbarer Herr!

Das Verhalten von Maria und Martha darf uns ein Ansporn sein, uns ebenso zu verhalten. Und von dem Herrn Jesus dürfen wir lernen, dass Er immer nach seiner Weisheit handelt und alles wohl macht.