Das Zusammenkommen der Gläubigen als Versammlung (1)

1. Korinther 14,1-12.23-33

Heute ist die Einheit aller Kinder Gottes, die zusammen die Versammlung bilden, leider nicht mehr zu sehen. Aber da, wo Gläubige allein im Namen des Herrn Jesus zusammenkommen, und zwar auf der Grundlage, dass alle Erlösten, die heute leben, den einen Leib des Christus bilden, werden die Wesenszüge der Versammlung noch in etwa sichtbar (vgl. 1. Kor 12,12.13 mit 12,27). Wenn wir im Namen des Herrn «als Versammlung» zusammenkommen, werden folgende Merkmale der Versammlung sichtbar:

  • Der Herr Jesus, und nicht ein Mensch, ist der alleinige Mittelpunkt.
  • Das Wort Gottes ist die Autorität, der sich alle beugen.
  • Jeder der versammelten Gläubigen ist ein vom andern unterschiedliches Glied am Leib Christi und hat daher seine persönliche Aufgabe und Funktion.
  • Der Heilige Geist ist es, der alles leitet und wirkt und die Kraft zu jedem Dienst gibt.

Wenn es also heute noch ein sichtbares Zeugnis von den Gedanken Gottes über die Versammlung, d.h. von den Erlösten als Kollektiv, geben soll, dann ist es überaus wichtig, dass die Zusammenkünfte «als Versammlung» in allem den Anweisungen des Wortes Gottes entsprechen.

Nach Apostelgeschichte 2,42 gibt es drei Arten solcher Zusammenkünfte:

  • die Wortverkündigung, was der Lehre und Gemeinschaft der Apostel entspricht;
  • das Brotbrechen und
  • die Gebetsstunde.

Die Wortverkündigung (1. Kor 14,1-12.23-33)

Die Kapitel 12 – 14 des 1. Korintherbriefes behandeln vor allem die Ausübung der Gaben, was zum grossen Teil durch das Reden in den Zusammenkünften geschieht. Dabei besagt

  • Kapitel 12, in welcher Kraft (durch den Heiligen Geist),
  • Kapitel 13, in welcher Gesinnung (in Liebe) und
  • Kapitel 14, zu welchem Zweck (zur Erbauung)

die Gaben ausgeübt werden sollen.

Was wir dabei unter Erbauung zu verstehen haben, zeigt uns Epheser 4,11-16:

Die einzelnen Gläubigen sollen zu geistlicher Reife gelangen. Gott möchte, dass wir alle die Wahrheit (das ganze Glaubensgut) und die Person des Herrn Jesus (die Offenbarung Gottes) so sehen wie Er, und wie Er dies in seinem Wort dargestellt hat. Das göttliche Ziel der Erbauung ist, dass alle moralischen Herrlichkeiten Christi durch die Gesamtheit der Erlösten sichtbar werden. Diesen Zustand werden wir natürlich erst im Himmel erreicht haben. Aber Gott hat uns die Gaben geschenkt, damit wir zu diesem Ziel hin wachsen möchten.

Wenden wir uns nun dem 14. Kapitel zu. Da sind zwei Ausdrücke vorherrschend: Erbauung und Weissagung.

Erbauung weist auf die Auswirkung des Dienstes hin. In Vers 3 werden neben der Erbauung noch Ermahnung oder Ermunterung und Tröstung erwähnt. Diese Dinge wirken vor allem den Wachstumsstörungen im geistlichen Leben entgegen.

Da ist jemand, der eine ungerichtete Sünde oder eine Gewohnheit, die Gottes Wort verurteilt, in seinem Leben duldet. Einen solchen ermahnt der Geist. Ein anderer ist mutlos, vielleicht durch die Beschäftigung mit sich selbst. Er braucht Ermunterung. Den Niedergedrückten und denen, die unter Sorgen seufzen oder über den Verlust eines lieben Heimgegangenen trauern, spricht der Geist Trost zu.

Bei der Weissagung geht es um die Art des Dienstes. Vers 6 spricht in dieser Hinsicht auch noch von Offenbarung, Erkenntnis und Lehre. Weissagung ist die Fähigkeit, Gottes Gedanken mitzuteilen (1. Pet 4,11). Gott will auf diese Weise zu den Herzen und Gewissen reden. Die Weissagung in der Wortverkündigung entspricht also direkt den vorhandenen Herzenszuständen, ohne dass der Redner diese selber kennt. Es ist klar, dass ein solcher Dienst nur in der Abhängigkeit vom Herrn und unter der Leitung des Heiligen Geistes erfolgen kann. Bei der Offenbarung handelt es sich um neue, noch nicht aufgeschriebene Wahrheiten. Diese Art des Dienstes war nötig, solange das Wort Gottes noch nicht vollständig war. Seit der Vollendung des Neuen Testaments gibt es keine neuen Offenbarungen Gottes mehr. «In Erkenntnis reden» bedeutet das Weitergeben von Dingen, die man aus dem Wort Gottes gelernt und verstanden hat, und zwar so, dass es die Zuhörer auch verstehen. Bei der Lehre werden Zusammenhänge aufgezeigt. Die Wahrheit wird so erklärt und ausgelegt, wie sie uns im Wort aufgezeichnet ist, z.B. anhand des Aufbaus und Inhalts eines bestimmten Briefes. Durch eine solche Belehrung werden die Grundlagen für ein gesundes Glaubensleben gelegt.

In den Versen 8-11 weist der Apostel Paulus durch den Geist Gottes uns praktisch an, wie der Dienst in der Wortverkündigung getan werden soll. Möchte jeder Bruder, den der Herr gebrauchen will, verständlich und nicht in den Wind reden! Wenn wir uns bewusst davor hüten, zu viele Worte zu machen und nur das weitergeben, was wir selbst verstanden und verarbeitet haben, werden wir den Zuhörern bestimmt kein «Barbar» sein.

Die Verse 23-25 zeigen dann die Wirkung einer gottgemässen Weissagung: Die Anwesenheit Gottes durch seinen Geist wird für alle, sogar für Ungläubige, spürbar. Damit eine solche Wirkung zur Verherrlichung Gottes zustande kommen kann, ist es nötig, dass weder der Redende noch sonst jemand dem Heiligen Geist ein Hindernis in den Weg legt. Es kann sein, dass wir z.B. als Zuhörer in erster Linie den Redner sehen anstatt den Herrn, um den wir versammelt sind. Wir können sogar mit innerer Ablehnung gegen die Person des Redenden zuhören. Es ist auch möglich, die Ohren und das Herz dem Wort gegenüber, das verkündigt wird und uns vielleicht besonders trifft, zu verschliessen. In allen diesen Fällen kann nicht mehr gesagt werden: «Wenn aber alle weissagen …» Und die Wirkung, dass ein Ungläubiger oder Unkundiger von allen überführt, von allen beurteilt wird, bleibt dann ebenfalls aus. Wie wichtig ist es doch, dass wir alle miteinander die Merkmale, die zu einem Zusammenkommen als Versammlung gehören, auch praktisch ausleben.

Zum Schluss weisen die Verse 26-33 auf den praktischen Ablauf einer Zusammenkunft zur Wort­ver­kün­di­gung hin.

«So hat jeder von euch …» Wenn wir zusammenkommen, wird der Heilige Geist von dem nehmen, was in den Herzen vorhanden ist. Er kann keinen Bruder gebrauchen, der sich kaum mit dem Wort Gottes beschäftigt. Das heisst nun nicht, dass wir mit einer vorbereiteten «Predigt» zur Zu­sam­men­kunft kommen sollen. Damit würden wir in unserem Herzen der Leitung des Heiligen Geistes entgegenwirken. Wie könnten wir so noch auf einander achthaben, wie die Verse 29 und 30 es beschreiben?

Der Ausdruck «jeder» weist darauf hin, dass der Dienst in der Wortverkündigung nicht nur von den Gaben ausgeübt werden kann, die wir in Epheser 4,11.12 finden. Der Herr hat neben diesen Gaben viele «Gelenke der Darreichung» geschenkt, wodurch sein Leib, d.h. die Versammlung, auferbaut wird (Eph 4,16). Darunter sind auch solche, durch die Er sein Wort verkündigen lässt (Röm 12,6-8).

Um «einen Psalm», d.h. ein Lied, zu haben, müssen wir einerseits das Liederbuch kennen, uns aber anderseits beim Vorschlagen eines Liedes bewusst unter die Leitung des Geistes stellen. Wie sehr kann das erste Lied den ganzen weiteren Ablauf der Zusammenkunft beeinflussen! Die Abhängigkeit und Leitung durch den Geist ist übrigens keine Sache, die dem Zusammenkommen vorbehalten wäre. Im Gegenteil, es ist nötig, dass wir dies im persönlichen Leben üben (Gal 5,16.18.25). Dann werden wir auch in den Zusammenkünften besser erkennen, wie der Geist uns gebrauchen möchte.

In Vers 29 werden besonders die Zuhörer angesprochen. Was sollen sie tun? Etwa kritisch beobachten, ob alles so verläuft, wie wir dies jetzt im Wort aufgezeichnet gefunden haben? Nein! Wir können die Seite der Zuhörer etwa wie folgt zusammenfassen:

  • vor der Zusammenkunft dafür beten (Eph 6,19; 1. Thes 5,25);
  • sich persönlich unter die Leitung des Geistes stellen;
  • den Herrn, und nicht die redenden Brüder, im Mittelpunkt sehen. Wenn wir diesen praktischen Glauben aufbringen, werden wir nie ohne Segen nach Hause gehen (V. 31; Heb 11,6);
  • sich vor dem Wort Gottes als verbindliche Autorität beugen;
  • das Gehörte mit dem Wort Gottes vergleichen (= urteilen), etwa so wie die Beröer es taten (Apg 17,11).

Zum Schluss noch eine kurze Antwort zur Frage: Ist die allgemeine Wortbetrachtung einer örtlichen Versammlung, wobei ein fortlaufendes Thema betrachtet wird, das im Voraus bestimmt wurde, auch ein Zusammenkommen «als Versammlung»?

Wir können dies bestimmt mit ja beantworten; denn das Thema wurde ja durch die Brüder am Ort unter Gebet vor dem Herrn gewählt. Wenn wir am Anfang einer solchen Zusammenkunft eine Pause lassen, dann kann der Heilige Geist, wenn Er es gut findet, unter Umständen einmal eine Gabe gebrauchen, um einen Dienst der Weissagung zu tun.

Möchten wir auch bei der allgemeinen Wortbetrachtung aufeinander achthaben, damit wir merken, was für eine Linie der Heilige Geist verfolgen will, und nicht einfach alles sagen, was wir über diesen Abschnitt wissen. Der Heilige Geist will auch eine solche Zusammenkunft zum Segen und zur Auferbauung aller gereichen lassen. Möchten wir Ihm nicht hindernd im Weg stehen.