Kostbarkeiten

Die Kinder Gottes werden in dieser Welt nicht allzu sehr beneidet. Es sind so unscheinbare Sonderlinge, die abseits stehen und nach dem Himmel schauen. Auf der Erde bringen sie es deshalb zu «nichts». Sie rekrutieren sich ja grösstenteils aus den «Törichten», den «Schwachen» und den «Verachteten». Sie haben alle im Licht Gottes bekennen müssen: «Ich weiss, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.» Darum hat ihnen jemand spöttisch zugerufen: «Ihr seid ja eine Gesellschaft von bankrotten Menschen!»

Das alles stimmt. Und doch wird keiner dieser Sonderlinge sein Teil mit dem Los eines Weltmenschen vertauschen wollen, wenn er auch damit seine Schmach gegen einen klingenden Namen und alle Schätze dieser Welt einhandeln könnte! Warum denn nicht? Weil dem Kind Gottes weit herrlichere Kostbarkeiten geschenkt sind!

Vor allem haben wir einen «kostbaren Glauben» empfangen (2. Pet 1,1). Dieser Glaube ist der Zugang zum Schatzhaus Gottes. Die Gläubigen dürfen darin umhergehen als Besitzer, nicht nur als Besucher wie in einem Museum. Gottes Wort ruft den Eintretenden zu: «Alles ist euer!» (1. Kor 3,22).

Es ist unmöglich, alle Schätze aufzuzählen, die uns der kostbare Glaube erschliesst. Zunächst führt er uns zum «kostbaren Blut Christi» (1. Pet 1,19). Wie jubelten wir einst, als wir in unserer Gewissensnot entdeckten, dass uns dieses Blut ja «erlöst hat von unserem eitlen … Wandel»!, dass es «unser Gewissen reinigte von toten Werken» (Heb 9,14) und «von aller Sünde». An dieser Stelle sind uns verlorenen Söhnen nicht nur die alten Lumpen abgenommen worden; wir durften da sogar «den ganzen alten Menschen mit seinen Handlungen ausziehen»! (Kol 3,9). Da hat also unsere erste Geschichte ihr Ende gefunden.

Der Glaube zeigt uns aber auch, dass wir ein neues Wesen geworden sind. «Wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden» (2. Kor 5,17). Mögen auch die Menschen unser «Altes» nicht vergessen und unser «Neues» nicht begreifen können (es braucht eben Glauben dazu), Hauptsache ist, dass Gott uns in Christus als neue, «verherrlichte» Kreaturen sieht.

Es gäbe auch noch viele «kostbare Verheissungen» aufzuzählen, die uns Himmelspilgern für den Gang durch diese Welt geschenkt sind (2. Pet 1,4). Aber wir wollen jetzt nur noch unsere grösste Kostbarkeit erwähnen. Wenn der alte Apostel Petrus auf diesen Schatz zu sprechen kam, ging ihm der Mund über: «Den ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockt» (1. Pet 1,8). Wovon sprach er denn da? Vom Eckstein Jesus Christus, der bei Gott selbst auserwählt und kostbar ist.

Ja, auch diese grösste Kostbarkeit gehört uns, den Glaubenden! (1. Pet 2,7). Dieser ganze unergründliche Reichtum des Christus, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt! Er ist uns geworden «Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung» (1. Kor 1,30), Gottes Kraft (1. Kor 1,24), unser Friede (Eph 2,14), unser Leben (Kol 3,4). Wir sind «vollendet» oder «zur Fülle gebracht in ihm» (Kol 2,10).

Jene Fischer am See Genezareth sahen zwar noch wenig von diesen Kostbarkeiten an dem demütigen Menschen Jesus von Nazareth, dem Sohn des Zimmermanns. Aber schon der schwache Schimmer ihrer Erkenntnis genügte, alles zu verlassen und Ihm nachzufolgen. – Matthäus liess sogar sein Geld im Zollhaus liegen, um das er sich doch gewiss jahrelang gemüht hatte, als dieser Eine vorüberging und ihn rief! Was tat’s, dass er später als einer der Zwölf ohne Tasche zum Dienst ausgesandt wurde? Nichts, denn er hatte ja Jesus gefunden. – Saulus hatte einst zu den Füssen Gamaliels Weisheit geschlürft und sich daneben seiner Abstammung und seines guten Namens gerühmt. Als er aber dem verherrlichten Herrn auf dem Weg nach Damaskus begegnete, da wandte er sich von allem ab, was ihm bis dahin wertvoll erschienen war. Für ihn gab es fortan nur noch eines: Christus nachjagen, Christus gewinnen, Christus erkennen!

Aber nun folgt noch eine ganz seltsame Frage. Ist es wirklich so selbstverständlich, dass uns Kindern Gottes von heute diese Kostbarkeiten kostbar sind?

David bekannte einmal aus Erfahrung: «Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, und mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, über dich sinne in den Nachtwachen» (Ps 63,6.7). So können auch wir sagen: Selbstverständlich sind uns diese Dinge kostbar, wenn wir uns damit beschäftigen. Selbstverständlich wird auch unser Mund mit jubelnden Lippen loben, wenn wir des Herrn Jesus gedenken und über Ihn sinnen!