In der Schrift wird das Wort «Tag» oft gebraucht, um eine Zeitperiode ohne bestimmte Länge, die aber durch besondere Merkmale gekennzeichnet ist, zu beschreiben, z.B. «der Tag kleiner Dinge». Gerade was die Länge der Zeit anbetrifft, hat der Apostel Petrus gesagt: «Dies eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag» (2. Pet 3,8).
In Verbindung mit der Geburt des Herrn Jesus als Mensch stellt die Schrift den Gedanken vor uns, dass «der Aufgang (eines Tages) aus der Höhe» uns besucht habe (Lk 1,78). Doch es war nur ein Besuch, denn der himmlische Besucher wurde abgelehnt und hinausgeworfen. Auf dem Weg des Todes, der Auferstehung und Himmelfahrt kehrte Er wieder in den Himmel zurück, aus dem Er gekommen war. Nachdem Er dahin zurückgekehrt war, machte Gott Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus (Apg 2,36). Als Mensch in der Herrlichkeit Gottes trägt Er nun diese Titel. Der Zeuge davon ist der Heilige Geist, der an Pfingsten vom Himmel herabkam, wo Er den Herrn Jesus Christus mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt gesehen hat – der Beweis dafür, dass Ihm diese Titel verliehen worden sind.
Wenn sich ein Tag vom anderen unterscheidet, so macht das Tageslicht den besonderen Charakter jedes Tages offenbar und zeigt, wo der Unterschied liegt. So wird der «Tag des Herrn» die Herrschaft zeigen, wie Gott sie sieht, mit ihrer Autorität und Macht. Der «Tag Christi» wird Ihn offenbaren in all der reichen Gnade und Güte Gottes. Der «Tag Gottes» wird seine unendliche Glückseligkeit, als in Christus offenbart, ans Licht bringen, und zwar in Umständen, in denen Er ungehindert seinen eigenen vollkommenen Weg gehen kann.
Der Tag des HERRN
Für die Welt wird der Tag des Herrn ein schrecklicher sein, und zwar so sehr, dass bevor er kommt, Zeichen in den Himmeln sein werden, um die Menschen vor dem nahe bevorstehenden Gericht zu warnen. «Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des HERRN kommt, der grosse und furchtbare» (Joel 3,4). Wahre Christen brauchen sich vor diesem Tag nicht zu fürchten. Bevor er anbricht, wird der Herr Jesus herabkommen und aus den Toten alle die auferwecken, die in Ihm entschlafen sind, und sie zusammen mit den Heiligen, die dann auf der Erde leben, entrücken, um Ihm zu begegnen. Im gleichen Augenblick werden sie verwandelt werden, um Ihm gleich zu sein; «und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein» (1. Thes 4,16-18). Wohl schon bevor auf der Erde die Gerichte stattfinden, werden wir vor den Richterstuhl des Christus gestellt werden. Dort wird unser Dienst für den Herrn geprüft, wir werden Rechenschaft ablegen müssen von dem, was wir im Leib getan haben und den Lohn empfangen, der für uns bestimmt ist – «dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott» (1. Kor 4,5). Aber wir brauchen auch dieses «Gericht» nicht zu fürchten, denn «hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tag des Gerichts, dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt» (1. Joh 4,17).
Nach dem Offenbarwerden am Richterstuhl des Christus sind wir bereit, mit dem Herrn aus dem Himmel wiederzukommen, wenn Er erscheint, gemäss der Prophetie Henochs. «Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende, um Gericht auszuführen gegen alle …» (Judas 14.15). Was die Menschen sehen werden, wird wie folgt beschrieben: «Die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit Macht und grosser Herrlichkeit» (Lk 21,26.27). «Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchstochen haben, und wehklagen werden seinetwegen alle Stämme des Landes. Ja, Amen» (Off 1,7).
Was Er als Herr tun wird, finden wir in 2. Thessalonicher 1,7-12 beschrieben: «… bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her, mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen; die Strafe erleiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke, wenn er kommt, um an jenem Tag verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert zu werden in allen denen, die geglaubt haben; denn unser Zeugnis bei euch ist geglaubt worden.» Er muss alle seine Feinde unterwerfen, bis Er in Frieden regieren kann.
Aber es gibt ein Gericht, von dem die Einzelheiten und Auswirkungen besonders erwähnt sind: dasjenige über Babylon, die grosse, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde. (Lies Offenbarung 17 und 18). Die Könige und Herrscher der Erde, mit denen sie Hurerei getrieben hat, werden sich plötzlich umwenden gegen sie und «ihr Fleisch fressen» (d.h. sich alle ihre Reichtümer aneignen) «und sie mit Feuer verbrennen». «So wird Babylon, die grosse Stadt, mit Wucht niedergeworfen werden und nie mehr gefunden werden» (Off 18,21). Babylon ist das verdorbene religiöse System, dessen Sitz in Rom ist, und dessen Ziel es ist, die religiöse Welt zu ihrem Vorteil zu beherrschen und nicht zur Ehre Gottes. Miteingeschlossen in dieses System sind die abtrünnigen bürgerlichen Autoritäten, die ihr helfen und sie unterstützen, so dass sie genannt wird: Babylon, die grosse. Dieses Gericht wird zu einem Zusammenbruch der Regierungssysteme, des Handels und der sozialen Einrichtungen der Welt führen. Alles wird zu einem vollständigen Ende kommen, das mit den ernsten Worten charakterisiert ist: «nie mehr gefunden». Das wird das Ende dieses bösen Systems und seines Stolzes und seiner Frechheit sein. Babylon erhebt den Anspruch, die wahre Braut Christi zu sein, aber das Gericht wird sie als das satanische Gegenstück enthüllen.
Der Tag Christi
Wenn der Herr Jesus soweit ist, dass Er in Frieden regieren kann, dann wird der Tag den Charakter des Tages Christi annehmen,1 ein Tag wunderbarer Freude und grossen Segens. Der Apostel Paulus sagt: «Mir zum Ruhm auf den Tag Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin noch auch vergeblich gearbeitet habe» (Phil 2,16). Die Ergebnisse aller Arbeit, die für den Herrn getan wurde, werden dann offenbart und die Belohnungen genossen werden. Die Gläubigen werden eine Stellung der Autorität unter der Regierung Christi einnehmen; denn die Schrift sagt: «Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?» (1. Kor 6,2). Wenn der Knecht treu war und zu ihm gesagt wurde: «Wohl, du guter und treuer Knecht!», wird es seine Belohnung sein, in die Freude seines Herrn einzugehen. Er darf die Freude des Herrn kennenlernen, die es für Ihn bedeutet, in der Herrschaft über die Welt zur Verherrlichung Gottes solche Heilige mit sich vereinigt zu haben. Welch eine wunderbare Ehre für den treuen Diener, die Freude dessen zu teilen, der als Mensch in allen Punkten erprobt und treu erfunden wurde! Was für eine Wirklichkeit ist doch die Liebe des Herrn! Da der «Tag Christi» auch mit der Erde in Verbindung steht, gibt es dann eine wunderbare Entfaltung der Gnade Gottes, in Verbindung mit Israel. Er wird das ausführen, was Er angekündigt hat – ihre Sünden und ihre Auflehnung zweifach vergelten – und nachdem Er dies getan hat, wird Er frei sein, sie zu segnen, entsprechend seinen Verheissungen an die Väter. Eine davon ist: «Der HERR wird dich zum Haupt machen und nicht zum Schwanz, und du wirst nur immer höher kommen und nicht abwärts gehen» (5. Mo 28,13). Und eine andere: «In deinem Nachkommen werden sich segnen alle Nationen der Erde» (1. Mo 22,18). «So spricht der Herr, HERR: Siehe, ich werde meine Hand zu den Nationen hin erheben und zu den Völkern hin mein Banner aufrichten; und sie werden deine Söhne in ihrem Schoss bringen, und deine Töchter werden auf der Schulter getragen werden. Und Könige werden deine Wärter sein, und ihre Fürstinnen deine Ammen; sie werden sich vor dir niederwerfen mit dem Gesicht zur Erde und den Staub deiner Füsse lecken. Und du wirst erkennen, dass ich der HERR bin» (Jes 49,22.23).
Es wird vielleicht nicht allgemein erkannt, dass die Verwerfung ihres Messias durch die Juden, als Er in Niedrigkeit kam, die Tür öffnete, damit die frohe Botschaft der Gnade Gottes der ganzen Welt verkündigt werden konnte. Wenn nun ihre Verwerfung den Nationen solchen Segen brachte, wie gross wird der Segen sein, wenn sie aufs Neue in der Gunst Gottes stehen werden! Dann wird sich das Schriftwort erfüllen: «Seid fröhlich, ihr Nationen, mit seinem Volk!» (Röm 15,10).
Es wird beachtliche geologische Veränderungen auf der Erde geben, besonders auf dem Ölberg und in Jerusalem (Sach 14,4-11). Auch erfolgen wunderbare Veränderungen in der Tierwelt, wenn der Löwe Stroh fressen wird wie das Rind, und der Wolf bei dem Lamm weilen und ein kleiner Knabe sie führen wird (Jes 11,6-9). Aber am herrlichsten von allem wird die Darstellung von Christus und seiner Versammlung in Herrlichkeit sein – Christus wurde durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt, und die Herrlichkeit, die Er da empfangen hat, will Er mit seiner Versammlung teilen. Es ist nicht ihre Herrlichkeit, aber in seiner Liebe will Er, dass sie durch die Versammlung zum Ausdruck kommt.
Der Apostel Johannes sagt uns in Offenbarung 21,9-11, dass einer der Engel, die die sieben Schalen hatten, voll der sieben letzten Plagen, mit ihm redete und sprach: «Komm her, ich will dir die Braut, die Frau des Lammes, zeigen. Und er führte mich im Geist weg auf einen grossen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt, Jerusalem, herabkommend aus dem Himmel von Gott; und sie hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz war gleich einem sehr wertvollen Stein, wie ein kristallheller Jaspisstein.» Ohne Zweifel wird das himmlische Jerusalem dem irdischen entsprechen und in Verbindung mit der Stadt des grossen Königs sein. Und da es dann eine Regierung der Gnade sein wird (Gnade als die Tätigkeit der Liebe), können wir verstehen, dass es eine Zeit der Freude und der Wonne sein wird, wie die Erde sie noch nie erlebt hat; denn sie wird voll sein der Erkenntnis des HERRN.
Nach der tausendjährigen Herrschaft des Christus folgt «eine kleine Zeit», während der der Teufel aus dem Abgrund losgelassen wird. Wenn die Auflehnung, die er dann auslöst, durch die Macht Gottes niedergeschlagen sein wird, wird das Gericht über die ungläubig Gestorbenen stattfinden. Auf diese Weise wird der Weg für einen neuen Himmel und eine neue Erde geöffnet werden.
Der Tag Gottes
Dann nimmt Christus wieder den Charakter des Herrn und Gebieters an, damit Er schliesslich alle Feinde unterwerfe. So lesen wir: «Der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod» (Off 20,14). Und weiter: «Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an dem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brand werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden. Da nun dies alles aufgelöst wird, welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! – indem ihr erwartet und beschleunigt die Ankunft des Tages Gottes, dessentwegen die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente im Brand zerschmelzen werden. Wir erwarten aber nach seiner Verheissung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt» (2. Pet 3,10-13). Wenn alle Dinge Christus unterworfen sein werden, wird auch «der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei» (1. Kor 15,28). Der ganze Schauplatz wird dann für immer mit dem erfüllt sein, was Gott in seiner eigenen Natur und in seinem Wesen ist.
- 1Andere Ausleger sind der Überzeugung, dass sich der «Tag des Herrn» und der «Tag Christi» teilweise überdecken.