Dienen

Welches sind die notwendigen Eigenschaften, um dem Herrn zu dienen? Sie lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Liebe. Seinen Herrn so lieben wie der hebräische Knecht, der mit Bestimmtheit sagen konnte: «Ich liebe meinen Herrn» (2. Mo 21,5); keinen anderen Wunsch haben, als seinen Willen zu tun; keinen anderen Gedanken haben, als Ihm zu gefallen. Unsere Herzen sollten nicht geteilt sein; wenn sie es trotzdem sind, werden wir schlechte Knechte sein: «Kein Hausknecht kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon» (Lk 16,13). «Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein» (Mt 6,21), und «Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes» (Jak 4,4). Welch ernste Worte! Der Herr will keine halben Herzen; Er will sie ganz.

Die Liebe ist gekennzeichnet durch Milde, Güte und Demut. Der Herr hat uns erkauft, und wir gehören Ihm ganz an, mit Geist, Seele und Leib; darum heisst es: «Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist» (Röm 12,1). Dem Herrn dienen, heisst den Seinen dienen. Er zeigt uns durch das Wort, dass wir so sehr einsgemacht sind mit Ihm, dass wir das, was wir einem der geringsten dieser seiner Brüder taten, Ihm getan haben (Mt 25,40). In welch tiefgehender Weise drückt sich diese Einheit zwischen Ihm und den Seinen in den Worten aus, die Er Saulus auf dem Weg nach Damaskus zurief: «Saul, Saul, was verfolgst du mich? … Ich bin Jesus, den du verfolgst» (Apg 9,4.5).

Der Dienst der Liebe des Herrn für die Seinen ist das, was wir uneingeschränkt nachahmen sollten, denn es steht geschrieben: «Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben» (1. Joh 3,16). «Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe. Grössere Liebe hat niemand als diese, dass jemand sein Leben lässt für seine Freunde» (Joh 15,12.13).

Der wahre Knecht ist Christus. Er ist gekommen, um zu dienen: «Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele» (Mk 10,45). «Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende» (Lk 22,27). Er ist aus dem Himmel herabgekommen, um der wahre Knecht Gottes zu sein. Der vollkommene Diener hat keinen eigenen Willen, er hat nur den seines Meisters. Er liebt ihn und findet seine Freude darin, ihm zu dienen. «Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat» (Joh 6,38). «Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust» (Ps 40,9).

Als Er seinen öffentlichen Dienst begann, stellte Ihn Gott mit diesen Worten vor: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe» (Mt 3,17). Und lange zum Voraus kündigte Gott Ihn durch den Propheten Jesaja an mit den Worten: «Siehe, mein Knecht, den ich stütze, mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat» (Jes 42,1). Er ist der, den Gott von Mutterleib an gebildet hat, um sein Knecht zu sein, und als Er in Demut seinen Dienst der Liebe inmitten des Hochmuts der Menschen erfüllte, indem Er sich selbst erniedrigte, da führte Ihn sein Gehorsam, der keine Grenzen hatte, bis in den Tod, ja, in den Tod am Kreuz. In seiner Demut leuchtet da seine göttliche Herrlichkeit hervor.

Er ist nicht nur gekommen, um Gott zu dienen, sondern um den Menschen zu dienen und sein Leben als Lösegeld für sie zu geben. Sein Dienst geschah nicht unter den Grossen dieser Erde, sondern inmitten der Kleinen, der Armen, der Elenden. Der demütige Heiland hat mit ihnen gelebt, mit seinem Vater für sie gewirkt; und ohne sich Ruhe zu gönnen, den Dienst erfüllt. Bei Tagesanbruch ging Er in den Tempel, «und das ganze Volk kam frühmorgens im Tempel zu ihm, um ihn zu hören» (Lk 21,38). Die Nächte verbrachte Er auf dem Ölberg um zu beten. Das Markus-Evangelium unterstreicht die Tätigkeit dieses Dienstes des Herrn mit dem oft wiederholten Wörtchen «sogleich», und der Apostel Johannes sagt am Ende seines Evangeliums: «Es sind aber auch viele andere Dinge, die Jesus getan hat, und wenn diese einzeln niedergeschrieben würden, so würde, denke ich, selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen» (Joh 21,25).

«Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben» (Joh 3,35). Er hat Ihm diesen Dienst der Liebe gegenüber den Menschen anvertraut. Am Ende seines Dienstes, da uns gesagt wird: «Da Jesus die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende» (Joh 13,1), gibt Er seinen Jüngern ein Beispiel dieses Dienstes, und mit welch einer Demut! Er legt die Oberkleider ab, umgürtet sich mit einem leinenen Tuch und wäscht die Füsse seiner Jünger: eine Lektion der Liebe und Demut. «Ihr nennt mich Lehrer und Herr, und ihr sagt es zu Recht, denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, euch die Füsse gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füsse zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut» (Joh 13,13-15).

Die Liebe findet ihre Freude im Dienen und kann es nur in Demut tun, während der Egoismus des Menschen bedient sein will.

In Matthäus 25 spricht der Herr vom Dienst, zu dem Er uns während seiner Abwesenheit ruft. Er ist der Meister, der jedem entsprechend seiner Fähigkeit etwas Nützliches zu tun gibt: dem einen fünf Talente, dem anderen zwei. Der eine wie der andere haben das, was Er von ihnen erwartete, erfüllt. Für beide hat Er die gleichen Worte, für den, der viel, sowie für den, der weniger eingebracht hatte: «Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu.» Lasst uns bei dem Wörtchen «weniges» stehenbleiben. Der Herr verlangt nicht viel von uns, nur dass wir treu seien, indem wir das für Ihn ausführen, was Er uns anvertraut hat. Alles, was wir zu tun vermochten, wird nur wenig sein. Wir werden in aller Demut anerkennen und sagen müssen: Wir sind unnütze Knechte, obwohl wir das getan haben, was uns aufgetragen war (vgl. Lk 17,10). Wie werden wir uns aber mit Dankbarkeit zu verneigen haben, wenn der Herr uns sagen wird: Gut! und hinzufügt: Über vieles werde ich dich setzen. Welch eine Belohnung! Wir werden sie nicht verdient haben! «Über vieles» gilt sowohl für den, der wenig, wie für den, der viel getan hat. Die gleichen Worte der Befriedigung, die gleiche Gnade, die gleiche Verheissung und dann: «Geh ein in die Freude deines Herrn.»