Einige «Warum» von Hiob

Hiob 3,20; Hiob 7,20-21; Hiob 10,18; Hiob 13,24; Hiob 19,22; Hiob 21,7.9

Als Gott dem Satan erlaubte, nicht nur den ganzen Besitz Hiobs, sondern auch den Körper des gottesfürchtigen Mannes anzutasten, da führte ihn dieser Erzfeind nach Leib, Seele und Geist in die tiefste Not hinein. Er legte ihm eine Krankheit auf, die ihm «von der Fusssohle bis zum Scheitel» grosse Schmerzen bereitete, aber auch einen unerträglichen Juckreiz bewirkte, so dass er sich ständig mit einer Tonscherbe schabte, um Erleichterung zu finden. Er sagte: «Die Nacht durchbohrt meine Gebeine und löst sie von mir ab, und die an mir nagenden Schmerzen ruhen nicht» (Hiob 30,17). Tag und Nacht wurden seine Nerven strapaziert. All das geschah in Anwesenheit von Freunden, die Hiobs Unglück mit ungerichteten Sünden begründeten.

Sind wir erstaunt, dass aus seinem Herzen immer wieder «Warum» aufstiegen? Der Gläubige, der sich in einer ähnlichen Situation befindet, weiss, wie dies so leicht geschieht, wenn er die tröstende Nähe seines Herrn verlässt.

Zur Ermunterung wollen wir hier an die Antworten erinnern, die das Wort Gottes auf einige dieser Fragen gibt.

In der Prüfung den Blick nach oben richten

«Warum hast du mich doch aus dem Mutterleib hervorgehen lassen?» (Hiob 10,18).

«Warum gibt er dem Mühseligen Licht, und Leben denen, die bitterer Seele sind?» (Hiob 3,20).

Die Tatsache, dass Ungläubige so fragen, erstaunt uns nicht. Sie kennen nur das Leben in dieser Welt. Sie suchen ihm dadurch einen Sinn zu geben, dass sie Ziele verfolgen, die ihren Namen gross machen sollen. Oder sie versuchen das Leben durch die Befriedigung ihrer Begierden geniessbar zu machen.

Der Gläubige meidet solche Wege. Wenn er aber nur sein Leben auf der Erde im Blickfeld hat, das von Trübsal und Leiden erfüllt sein kann, dann trifft auf ihn das Wort des Apostels in 1. Korinther 15,19 zu: «Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus Hoffnung haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen.» Gerade so kommt er sich vor. Er geniesst ja nicht die vergänglichen oder sündigen Freuden der Welt, kann sich aber mit seinem irdisch gesinnten Herzen auch nicht dem reinen göttlichen Trost des Glaubens erfreuen, der ihm das sichere Wort Gottes vorstellt.

Lieber Bruder, liebe Schwester, richte deinen Blick nach oben! Die wunderbare, ewige Herrlichkeit Gottes steht vor deiner Tür. Deine Hoffnung ist himmlisch und gründet sich auf Christus droben. In einem neuen Körper wirst du für immer da sein, wo Er ist. Gott selbst wird deine Tränen abwischen. Dort ist nur noch Veranlassung zu glücklicher Freude, zu ewigem Frohlocken (Joh 14,3; Off 21,4).

Die Schmerzen, die Prüfungen und Nöte des Körpers haben so leicht die Wirkung, dass sich der Erlöste wieder mit seiner eigenen Person beschäftigt, statt mit Christus. Das ist es, was der Teufel will. Lasst uns wachsam sein und hüten wir uns vor dieser bösen Gefahr!

Gott gibt den Grund der Prüfung nicht an

«Warum hast du mich dir zum Angriffspunkt gesetzt, dass ich mir selbst zur Last geworden bin?» (Hiob 7,20).

Damit sagt Hiob eigentlich zu Gott: Lass mich doch ungestört meine bisherigen guten Wege gehen! War ich nicht «vollkommen und rechtschaffen, gottesfürchtig und das Böse meidend»?

Gott gibt ihm keine Antwort. Er erklärt ihm nicht: Aus dem und dem Grund muss Ich so mit dir handeln. Auch wenn Hiob die Ursache nicht kennt, kommt Gott doch mit ihm zum Ziel. Er hätte nur im Glauben festhalten sollen: «Der Fels: Vollkommen ist sein Tun; denn alle seine Wege sind recht» (5. Mo 32,4). Sobald Hiob später seine Eigengerechtigkeit erkannte und im Selbstgericht verurteilte, konnte Gott ihn doppelt segnen. Ein Vorauswissen der Gründe für die Wege Gottes hätte seine Leiden nicht abgekürzt. Der lange Leidensprozess war nötig, damit er sich des Bösen in seinem Herzen gründlich bewusst wurde. Seine Worte brachten es an den Tag. Zuerst Elihu und dann Gott selbst konnten darauf Bezug nehmen.

Die Prüfung ist keine Sühnung der Sünden

«Warum vergibst du nicht meine Übertretung und lässt nicht vorübergehen meine Ungerechtigkeit?» (Hiob 7,21).

Mancher Gläubige meint, Gott lasse ihn durch die schweren Wege für gewisse Sünden büßen. Diese Meinung ist – Gott sei Dank! – nicht richtig. Das Lamm Gottes hat am Kreuz alle meine Sünden Gott gemäss gesühnt. Ich kann und muss zu dieser Sühnung nichts beitragen, weder durch «Strafe» in diesem noch durch ein «Fegefeuer» in jenem Leben.

Die Ursache, dass viele Gläubige in Korinth «schwach und krank und ein gut Teil entschlafen» waren (1. Kor 11,28-32), lag nicht darin, dass Sünden vorlagen, die Gott nicht vergeben konnte. Der Grund bestand vielmehr darin, dass sie in unwürdiger Weise, also in einem schlechten geistlichen Zustand am Brotbrechen teilnahmen. Sie hätten sich jeden Tag in Gottesfurcht «prüfen», ihre Handlungen vor Gott «beurteilen» und ihre Sünden dem Vater im Selbstgericht bekennen sollen. Dann hätte sich auch an ihnen das Wort in 1. Johannes 1,9 erfüllt: «Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.» Wie uns Hiob 1,4.5 zeigt, hatte er eine andere Gesinnung als jene Korinther und ging nicht leichtfertig über Sünden hinweg.

Gottes Liebe in der Prüfung

«Warum verbirgst du dein Angesicht und hältst mich für deinen Feind? (Hiob 13,24).

Warum verfolgt ihr mich wie Gott?» (Hiob 19,22).

Hiob beurteilt Gottes schmerzliche Eingriffe in sein Leben völlig falsch. Gewiss, als Sünder waren wir einst Feinde Gottes. Aber schon da hat Gott seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist. Aus diesem Zustand wurden die Glaubenden durch den Tod seines Sohnes mit Gott versöhnt (Röm 5,8-10). Sie wissen jetzt: «Gott ist für uns» (Röm 8,31).

Menschen, die auf diese Weise errettet und nun aus Gott geboren sind, wird in 1. Johannes 3,1 zugerufen: «Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heissen sollen!»

In Hebräer 12,4-11 wird gezeigt, wie der Vater in seiner Liebe gegenüber seinen Kindern handelt. Er sieht nicht untätig zu, wie ihr geistlicher Zustand ist und wie sie ihr Leben in der Welt führen. Er will, dass sie «seiner Heiligkeit teilhaftig werden», sich also praktisch von allem lösen, was sie hindert, Gemeinschaft mit Ihm zu haben und seine Liebe zu geniessen. Daher: «Wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geisselt aber jeden Sohn, den er aufnimmt». Diese persönlichen Erziehungswege erscheinen uns oft hart und nehmen unerwartete, uns unverständliche Wendungen. Wir empfinden sie jedoch als grossen Gewinn, wenn wir erkennen, dass die Ziele des Vaters damit erreicht werden.

Segen aus der Prüfung

«Warum leben die Gottlosen, werden alt, nehmen sogar an Macht zu? … Ihre Häuser haben Frieden, ohne Furcht, und Gottes Rute ist nicht über ihnen» (Hiob 21,7.9).1

Möchtest du mit dem Los der Ungläubigen tauschen? Bestimmt nicht! Denn wer in die Heiligtümer Gottes hineingeht, gewahrt jener Ende (Ps 73,17). Sogar unter der Rute des Vaters in diesem Leben kann sich das Kind Gottes weit herrlicherer Dinge rühmen als der Mensch ohne Gott: Wie schätzt es den tiefen inneren Frieden und die unaussprechliche Freude, die ihm im Herrn Jesus Christus geschenkt sind. Ja, unser Herr sitzt als Schmelzer beim Tiegel der Trübsal, in dem Er «das Silber schmelzen und reinigen will» (Mal 3,3). So überwacht Er in deiner Prüfung alles und ist dir ganz nahe.

Als das Auge Hiobs schliesslich Gott «gesehen» hatte, verstummten seine Fragen, obwohl die Krankheit noch nicht gewichen war (Hiob 42,5.10). Geht es uns nicht auch so? Wenn wir Gott betrachten, der sich uns in Christus Jesus nicht nur als Licht, sondern auch in seiner unendlichen Liebe offenbart hat, dann wird unser Vertrauen zu Ihm gestärkt, auch wenn Er uns sein Tun mit uns nicht erklärt.

  • 1Mit dieser Frage will Hiob auch die Meinung seiner Freunde widerlegen, Gott züchtige ihn, weil er gottlos gehandelt habe. Aber dass Er die Seinen erziehen will, versteht Hiob noch nicht.