Allezeit

Das neue Leben, das der Gläubige empfing, als er von neuem geboren wurde, soll sich ununterbrochen bei ihm zeigen. Darum kommt in den betreffenden Ermahnungen das Wörtchen «allezeit» so oft vor.

Zu unserer Ermunterung wollen wir hier einige dieser Stellen anführen, zunächst solche, die sich auf unsere Haltung gegenüber der Welt, der Sünde und dem Fleisch beziehen:

Ein gutes Gewissen

«Darum bemühe ich mich auch, allezeit ein Gewissen ohne Anstoss zu haben vor Gott und den Menschen» (Apg 24,16).

Das sagte Paulus, nachdem er vor dem Statthalter Felix von der Auferstehung der Gerechten und der Ungerechten gesprochen hatte. Dieser treue Gläubige lebte hier auf der Erde im Licht und mass sein ganzes Tun und Lassen mit der Waage des Heiligtums droben, auf der einst unser ganzes Leben gewogen wird. Auch im grossen Apostel hatte das Fleisch die Neigung, dieses Licht zu verlassen. Aber er stand Wache davor. Er «bemühte» sich.

Das Gewissen eines Christen, der gewohnheitsmässig Selbstgericht übt, ist zart. Es möchte nicht an etwas «anstossen», das Selbstanklagen hervorriefe. Wenn dieser Fall einträte, fände es keine Ruhe, bis der Stachel weggenommen ist, gemäss dem Wort: «Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit» (1. Joh 1,9). Unter Umständen ist dazu auch ein Bekenntnis gegenüber dem Bruder oder sonst einem Menschen erforderlich.

Unsere Stellung in der Welt

«Allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend» (2. Kor 4,10).

Das ist auch wieder ein Wort des Paulus, eine weitere seiner vortrefflichen Gewohnheiten. Er hielt sich nicht nur «der Sünde für tot»; als «mit Christus gekreuzigt», lebte er nicht mehr der Welt; auch er selbst, sein Ich, lebte nicht mehr (Röm 6,11; Gal 6,14; 2,20). Er wollte nicht, dass in seinen vielerlei Schwierigkeiten, Verfolgungen, Leiden und Kämpfen, in denen er um Christi willen stand, seine alte Natur zu Tage trete, wie es doch so leicht hätte sein können, sondern die Gesinnung und das Bild des in der Welt verachteten und gekreuzigten Christus.

Wenn auch wir diesen beiden ersten «allezeit» nachstreben, so wird der Heilige Geist ungehindert in uns wirksam sein können. Das Leben Jesu wird dann an unserem sterblichen Leibe offenbar werden, so wie es in den nachfolgenden Stellen angedeutet wird.

Freude

«Freut euch im Herrn allezeit!» (Phil 4,4; siehe auch 2. Kor 6,10; 1. Thes 5,16).

Das Herz des Menschen gleicht einer Pflanze, die mit ihren Wurzeln aus dem Erdreich, in das sie gepflanzt ist, gierig die nährenden und auferbauenden Säfte zieht. Dieses Erdreich war für uns einst die Welt mit ihren Begierden, das Sichtbare und Materielle. Durch die Gnade Gottes sind wir nun aber aus dem unverweslichen Samen seines Wortes von neuem geboren und «in Christus» versetzt. In Ihm wird der innere Mensch Tag für Tag erneuert. Das neue Leben kennt keine anderen Quellen. Lasst uns denn «allezeit» von diesem Brunnen trinken und in der Kraft des Geistes dem Fleisch widerstehen, das dauernd vom früheren Nährboden angezogen wird!

Beten

«Allezeit beten» (Lk 18,1).

Der verborgene Gebetsumgang ist der untrügliche Gradmesser unseres Vertrauens auf den Herrn und unserer Abhängigkeit von Ihm. Darin zeigt es sich, ob wir wirklich nichts mehr von uns selbst und von den Menschen, dafür aber alles vom Herrn erwarten. Er gibt den Segen als Antwort auf unser Flehen. Sind wir daher träge und trocken im Gebet, so ist unser eigener Lebensgarten für den Herrn unfruchtbar und dürr (Hld 4,12-5,1), und wenn das mehrere kennzeichnet, müssen wir uns nicht wundern, wenn auch das örtliche, gemeinsame Zeugnis schwach ist. Christen die für andere Segenskanäle gewesen sind, waren Männer und Frauen des Gebets.

Gehorchen

«Allezeit gehorsam» (Phil 2,12).

Wir gehörten einst zu den «Söhnen des Ungehorsams» (Eph 2,2), gingen im Eigenwillen voran und kümmerten uns nicht um den Willen Gottes. Das ist das Wesen der Sünde. Aber, in dem Christus lebendig gemacht, sind wir nun zu «Kindern des Gehorsams» geworden (1. Pet 1,14). Gehorsam Gott und seinem Wort gegenüber ist das Kennzeichen echten christlichen Lebens. Gott erwartet nicht nur, dass wir, wenn seine Willensäusserungen an uns herantreten, Ihm gehorchen, sondern dass wir in unserem persönlichen Wandel, wie auch im Blick auf das gemeinsame Zeugnis, eifrig prüfen, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes sei (Röm 12,2; Eph 5,17; Phil 1,9.10). Der Weg des Gehorsams in der Kraft des Geistes ist der Weg der völligen Freude: «Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde» (Joh 15,10.11).

Gute Werke

«Allezeit im Guten eifern» (Gal 4,18).

Wir stehen in Gefahr, uns vom Niedergang des Guten und dem Triumph des Bösen um uns herum niederdrücken und lähmen zu lassen. Nein, sagt uns hier das Wort, auch wenn wir einsam wären und niemand unser Tun anerkennte als Gott allein, so lasst uns doch «allezeit im Guten eifern», das heisst, in allem, was zur Ehre Gottes, zum Nutzen des Zeugnisses des Herrn, zum Wohl der Seinen und zum Heil der Verlorenen dienen kann.

Das Werk des Herrn

«Allezeit überströmend in dem Werk des Herrn» (1. Kor 15,58).

Als der Prediger die Werke des Menschen auf der Erde betrachtete, von denen die Welt so viel hält und die ihr so gross erscheinen, da rief er aus: «Ich habe alle Taten gesehen, die unter der Sonne geschehen; und siehe, alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind» (Pred 1,14). Die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden, sagt der Apostel Petrus.

Mit dem Werk des Herrn in der Welt verhält es sich anders. Es hat Ewigkeitswert. Seine Ergebnisse bleiben bestehen. Sie gereichen zum ewigen Lobpreis der Gnade und Herrlichkeit Gottes und zum ewigen Heil der Menschen, die sich retten lassen.

In diesem herrlichen Werk, das nach menschlichem Urteil so gering und verächtlich ist, will uns der Herr gebrauchen, jeden an seinem bestimmten Platz. Wie lohnt es sich da, keine Mühe zu scheuen und allezeit darin überströmend zu sein!

Dankbarkeit

«Danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus» (Eph 5,20).

Auf dem Weg hier auf der Erde begegnen uns mancherlei Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten, im Alltag, unter den Menschen, im Dienst des Herrn. Da gibt uns der Apostel einen guten Rat: «Danksagt in allem» (1. Thes 5,18), ruft er uns zu. Selbst an einem Tag, an dem der Wind uns ganz entgegen ist, können wir in allem dem Herrn für sein Heil und dessen wunderbare Ergebnisse, für seine Liebe, Gnade und Fürsorge danken. Ursache dazu besteht unaufhörlich. So haben wir Ihn und sein Tun vor Augen.

Hier, im Epheserbrief, geht der Apostel noch einen Schritt weiter und sagt: «Werdet mit dem Geist erfüllt … danksagend für alles, dem Gott und Vater», und zwar «im Namen unseres Herrn Jesus Christus». Also auch für das Unangenehme, die Schwierigkeiten, die Krankheit, das Leid? Ja, auch für dieses alles, weil es von Gott, dem Vater, angeordnet ist. Er liebt uns. Damit wir dies nicht vergessen, sollten wir immer wieder ans Kreuz blicken. Dieses «Danken für alles» macht das Bittere süss und bricht den Umständen den scharfen Stachel ab. Alle Dinge wirken ja zu unserem Guten mit (Röm 8,28).

Unser Reden

«Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, so dass ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt» (Kol 4,6).

Wir sind in dieser Welt als Zeugen für den Herrn zurückgelassen. Zwar haben nur wenige die Gabe eines Evangelisten, aber wir alle sollen in Weisheit wandeln gegen die, die draussen sind, und dabei die gelegene Zeit (die Gelegenheiten) auskaufen. Die Menschen beobachten unser Verhalten in allen Lebensumständen. Sehen sie etwas von der Frucht des Geistes? (Gal 5,22). Sie fragen uns, fordern uns heraus. Wie antworten wir? Nicht nur unsere Handlungen, auch unsere Worte sollen davon zeugen, dass sich unser inneres Leben vor Gott abspielt. Das Bewusstsein der Gnade, die wir selbst erfahren haben, soll uns allezeit erfüllen und unserem Betragen gegenüber den Mitmenschen den Stempel aufdrücken.

Aber die Sanftmut der Gnade soll mit Salz gewürzt, also von Heiligkeit und göttlicher Wahrheit begleitet sein.

Zuversicht

«Allezeit guten Mutes» (2. Kor 5,6).

Der Apostel musste in der Ausübung seines Dienstes durch viele Drangsale gehen. Wie oft hatte er körperlich zu leiden! Wie manches Mal mochte er unter der Last seiner Arbeit erschöpft gewesen sein!

Auch viele von uns seufzen beschwert in der «Hütte», in ihrem schwachen oder kranken Körper. Doch dürfen wir allezeit guten Mutes sein; denn dieser Zustand ist nur für eine kurze Zeit. Es ist sicher, dass wir bei der Entrückung «überkleidet» werden, besitzen wir doch jetzt schon das Unterpfand des Geistes. Wenn wir aber vorher «entkleidet»; d.h. heimgeholt werden sollten, so wäre auch das schon «weit besser». Die Entschlafenen kommen gegenüber den lebenden Gläubigen keineswegs zu kurz. Die einen wie die anderen wird der Herr in einem Leib der Herrlichkeit ins Vaterhaus führen.

Unsere Hoffnung

«So» – nicht mehr in einem Leib der Schwachheit – «werden wir allezeit bei dem Herrn sein» (1. Thes 4,17).

Das Köstlichste von dem, was wir auf der Erde gekannt, aber so mangelhaft verwirklicht haben, werden wir dann vollkommen geniessen: die Gemeinschaft mit dem Herrn. Welch unvergleichliche Beschreibung unserer künftigen himmlischen Wonne liegt doch in diesen Worten: «bei dem Herrn»! Allezeit, ohne Unterbruch, werden wir bei dem sein, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat, bei dem, der mit Sehnsucht und Ausharren der Vereinigung mit seiner geliebten Braut entgegenschaut!

Alle diese verschiedenen Ermahnungen des Wortes zu Dingen, die wir allezeit tun sollen, sind im Dunkel der Welt wie Lichter, die unseren Weg markieren, den unser Herr selbst in vollkommener Treue gewandelt ist. An ihnen können wir uns immer wieder orientieren. Auch das Wort des Psalmisten möge uns dabei zu fortwährendem Lobpreis anspornen:

«Den HERRN will ich preisen allezeit, beständig soll sein Lob in meinem Mund sein» (Ps 34,2).