«Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Keuschheit» (1. Tim 4,12).
Ein Vorbild sein zu dürfen ist wohl eine verantwortungsvolle, aber auch eine schöne Aufgabe. Doch da taucht schon die erste Frage auf: Wann und wie kann ein Gläubiger im Sinn der Bibel zum Vorbild für andere sein? Der Apostel Paulus schreibt den Korinthern: «Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi» (1. Kor 11,1) und den Galatern: «Christus lebt in mir» (Gal 2,20). In seinem Leben wurde Christus sichtbar. An ihm sah man die Charakterzüge des Herrn Jesus. Werden die Wesenszüge des Herrn auch in meinem und deinem Leben offenbar? Nur auf diese Weise können wir ein wahres Vorbild sein.
Das Wort zeigt uns, wie
- Eltern für ihre Kinder (1. Kön 22,43; Heb 11,23.27),
- führende Brüder für ihre Mitgeschwister im Glauben (Phil 3,17; 1. Tim 5,17; 1. Thes 5,12; Heb 13,7; 1. Pet 5,3),
- alte Schwestern für die jungen (Tit 2,3.4),
- eine örtliche Versammlung für die anderen (1. Thes 1,7)
- und junge Gläubige für ihre Umgebung (1. Tim 4,12; Tit 2,7)
ein Vorbild sein können und sein sollten.
Der Gedanke an das Letzte gerät bei uns leicht in Vergessenheit, ja, wir haben fast Mühe, es als göttliche Wahrheit zu sehen. Deshalb bemüht sich der Apostel, diese Hindernisse zu beseitigen. «Niemand verachte deine Jugend.» «Wenn aber Timotheus kommt, so seht zu, dass er ohne Furcht bei euch sei … Es verachte ihn nun niemand» (1. Kor 16,10.11). Lasst uns vorsichtig sein mit einem grundsätzlichen Vorurteil gegen alle Gläubigen, die jung sind an Jahren. Wir könnten sonst leicht das übersehen, was auch sie für uns sein dürfen: ein Vorbild, an dem wir Wesenszüge des Herrn Jesus offenbart finden.
Timotheus konnte noch keine grosse Lebenserfahrung aufweisen. Die kann erst mit dem Alter kommen. Aber sein Leben sollte überzeugen. Der Apostel nennt fünf Gebiete, auf die sich sein Vorbild erstrecken sollte.
Im Wort
Weder laute, noch unbedachte, noch oberflächliche Reden können vorbildlich sein, denn das wurde beim Herrn Jesus nicht gefunden (Jes 42,2; Joh 8,25.28; 14,10). Das Gebet des Psalmisten darf auch das unsere sein: «Setze, HERR, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen!» (Ps 141,3). Unsere gesprochenen Worte stehen in enger Verbindung mit dem Herzen (Lk 6,45). Das Vorbild im Wort ist also eine Herzenssache!
Im Wandel
Das betrifft alle Bereiche unseres Lebens: Das Zuhause, die Familie, der Arbeitsplatz oder die Schule und die örtliche Versammlung. Wie leicht geben wir uns anders vor der Welt als vor den Geschwistern. Damit können wir vielleicht die Menschen täuschen, aber niemals den Herrn. Wie herrlich steht da der Herr Jesus vor uns. Er konnte sagen: «Du hast mich geläutert – nichts fandest du» (Ps 17,3).
In Liebe
Die erste und ganze Herzenszuneigung gehört dem Herrn Jesus, der uns bittet: «Gib mir, mein Sohn, dein Herz!» (Spr 23,26). Und weil die Liebe Gottes ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist können wir jetzt auch unsere Mitgläubigen, Alt und Jung, ja, alle unsere Mitmenschen lieben. Welch ein Bereich, in dem wir uns üben können, die Charakterzüge unseres Herrn zu widerstrahlen!
Im Glauben
Hier geht es nicht um den rettenden Glauben, sondern um das ganze Glaubensgut, um die Wahrheit des Wortes Gottes. Wie steht es um unsere Entschiedenheit im Festhalten aller Grundsätze des Wortes? Um unseren Kampf des Glaubens? Um das praktische Ausleben dessen, was wir wissen und erkannt haben? Hier können wir nicht nur ein Vorbild, sondern auch eine Ermunterung sein für solche, die auch in Treue vorangehen wollen. Wie ermutigend!
In Keuschheit
Im schriftgemässen Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht, in der Anerkennung und Verwirklichung der göttlichen Ordnung, in diesen Dingen kannst du, junger Bruder, junge Schwester, ein Vorbild sein für andere. Wenn du Freundschaften zwischen den Geschlechtern als etwas Unbiblisches ablehnst und das Flirten, oder was dem Fleisch sonst gefällt, fliehst, wenn du die Verlobung als gottgewollte Vorbereitung für die Ehe, aber niemals als Test zur Ehe betrachtest und jeden Geschlechtsverkehr vor der Ehe als Hurerei verurteilst, dann erfüllst du eine grosse und schöne Aufgabe als Vorbild, die ein alter Bruder oder eine alte Schwester in diesem Sinn nicht mehr tun können.
Beispiele aus dem Alten Testament
Das Alte Testament berichtet von einer ganzen Anzahl junger Gläubiger, die in ihrem Leben solche Vorbilder waren. Wir wollen einige von ihnen erwähnen und uns fragen, welchen Charakterzug des Herrn Jesus sie offenbarten.
Elihu (Hiob 32,6.21.22; 33,12; 35,2; 36,3)
Lange hatte er dem Gespräch der Freunde mit Hiob zugehört. Nun konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er stand ein für Gott und seine Gerechtigkeit. – Wie deutlich hat der Herr Jesus die Gesinnung der selbstgerechten Pharisäer aufgedeckt und gezeigt, wen Gott wirklich rechtfertigt (Lk 18,9-14).
Joseph (1. Mo 39,2-6.7-12; 1. Mo 41,12)
Der vorbildliche Wandel des jungen Sklaven mit seinem Gott war ein Segen für seine weltliche, ungläubige Umgebung. – Vom Herrn sagte Petrus: «Jesus, den von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat, der umherging, wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm» (Apg 10,38).
Um der verführerischen Frau zu entgehen und seine Reinheit zu bewahren, gab es für Joseph nur die Flucht. Das war nicht Feigheit, sondern zeugte von grosser geistlicher Energie (1. Tim 6,11; 2. Tim 2,22).
Josua (2. Mo 33,11)
Das Volk Israel war in Götzendienst gefallen. Sie hatten sich einen Ersatzgott, das goldene Kalb, gemacht. Die Herrlichkeit Gottes wich aus dem Lager. Dem Jüngling Josua aber war die Gegenwart Gottes wichtiger als alles andere. Auch wenn er allein diesen Weg gehen musste, er harrte aus. – Als die Eltern des Herrn den Zwölfjährigen nach langem Suchen im Tempel fanden, sagte Er zu ihnen: «Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» (Lk 2,49).
Samuel (1. Sam 1,24.28; 2,26; 3,1)
Warum blieb der junge Samuel in der bösen Umgebung der Familie Elis unbeeinflusst? Weil er dem HERRN und nicht Eli diente. Dieser Dienst mochte am Anfang in sehr einfachen Arbeiten bestanden haben. Mit der Zeit wurden sie, dem Alter und Verständnis entsprechend, wohl schwieriger und umfangreicher. Es gibt keinen zu geringen Dienst, als dass man ihn nicht für den Herrn tun könnte. – Am Jakobsbrunnen hören wir den Herrn zu den Jüngern sagen: «Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe» (Joh 4,34).
David (1. Sam 17,31-37,45.46)
In der Stille, wo keiner zugeschaut hatte, im Kampf mit dem Löwen und dem Bären, sammelte David Erfahrungen mit seinem Gott. Es entstand ein inniges Verhältnis zwischen ihm und dem HERRN, so dass er es jetzt nicht länger mitanhören konnte, wie sein persönlicher Gott verhöhnt wurde. – Prophetisch redet der Herr in Psalm 69,10: «Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt, und die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.»
Salomo (1. Kön 3,5-9)
Der junge Salomo stand vor einer grossen und schwierigen Aufgabe, er sollte König über das Volk Gottes sein. Aber Gott kennt sich in jedem Fachgebiet aus. Wo immer es uns an Weisheit fehlt, dürfen wir Ihn darum bitten (Jak 1,5). – Im Lukas-Evangelium, wo uns der Herr als wahrer Mensch vorgestellt wird, sehen wir Ihn oft im Gebet; z.B. als Er vor der Aufgabe stand, die zwölf Apostel zu berufen (Lk 6,12.13).
Jeremia (Jer 1,4-9)
Als der Auftrag Gottes an Jeremia erging, sträubte er sich dagegen und stellte Gott seine Jugend vor. Aber der HERR wollte nicht, dass er etwas aus sich selbst redete, er sollte weissagen, d.h. unter der Leitung des Geistes Gottes mitteilen. Auch junge Brüder können 1. Petrus 4,11 verwirklichen. Die einzige, aber unbedingte Voraussetzung dazu ist nicht ein besonderes Alter, sondern ganze Abhängigkeit vom Herrn. – Weil der Herr Jesus «voll Heiligen Geistes» war, erwies Er sich auch als «Prophet, mächtig in Werk und Wort vor Gott und dem ganzen Volk» (Lk 4,1; 24,19).
Daniel und seine Freunde (Dan 1,3-9.17-21)
Die Entschiedenheit für Gott und sein Wort begann im Herzen und setzte sich in der Praxis fort. Gott bekannte sich so offensichtlich dazu, dass sogar die Welt es nicht übersehen konnte. – In Psalm 40,9 sagt der Herr im Blick auf sein Leben auf dieser Erde: «Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.»
«Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und die des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes, so dass ihr allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden seid» (1. Thes 1,6.7).