«Und Israel brach auf und alles was er hatte und kam nach Beerseba» (1. Mo 46,1).
Beerseba war die letzte Station in Kanaan auf der Reise Jakobs nach Ägypten. Hier machte er einen Halt, denn er war nicht sicher, ob diese Reise im Einklang mit dem Willen Gottes war. Lange genug hatte Jakob selbst gewählt und sein Leben nach seinem eigenen Gutdünken eingerichtet. Jetzt wollte er von Gott völlige Klarheit darüber haben und sicher sein, dass er keinen Fehler machte. Hatte nicht Abraham damals einen selbstgewählten Weg eingeschlagen, als er nach Ägypten hinabging? Auch war es Jakob bekannt, dass sein Vater Isaak im Begriff gewesen war, nach Ägypten hinabzuziehen und wie Gott ihn daran hinderte, indem Er ihm zurief: «Zieh nicht nach Ägypten hinab; bleib in dem Land» (1. Mo 26,2).
Gott blieb Jakob die Antwort nicht schuldig. Wie freut es Ihn, wenn einer der Seinen gelernt hat, seinen Eigenwillen zu verurteilen und die Dinge des Lebens ganz in seine Hände zu geben. So konnte Gott dem Jakob zurufen: «Jakob! Jakob! … fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen» (Kap. 46,2-3).
Wieso, mögen wir uns fragen, war es für Jakob richtig, hinabzuziehen, während es für Abraham und Isaak gegen den Willen Gottes war, sich in Ägypten niederzulassen?
Der Unterschied bei den drei Patriarchen bestand darin, dass Abraham und Isaak nach Ägypten gehen wollten, um einer Hungersnot zu entgehen. Bei Jakob dagegen war es ein ganz anderer Beweggrund, der ihn veranlasste, die Reise nach Ägypten zu unternehmen. Er zog hinab um Josephs willen.
Ägypten ist, wie wir wissen, das wohlbekannte Sinnbild der Welt; Joseph aber ist eines der schönsten Bilder der Person Jesu. Der Herr sagte in Johannes 17 von den Seinen: «Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin.» «Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern, dass du sie bewahrest vor dem Bösen.» Unser Platz ist also in der Welt, solange wir hier auf der Erde sind, aber nicht, um bei ihr Zuflucht zu nehmen und unsere Hilfsquellen bei der Welt zu suchen, sondern wir dürfen uns bei dem wahren Joseph, beim Herrn Jesus, in der Welt aufhalten. Wie beglückend ist es, wenn wir in seiner Nähe und seiner Abhängigkeit vorangehen! Dann dürfen wir Schritt um Schritt seine Bewahrung in dieser versuchungsreichen Welt erfahren und vermögen dann auch ein Zeugnis für Ihn zu sein.
Die Begegnung Jakobs mit Pharao hat uns viel zu sagen. Es war Jakob, der den Pharao segnete und nicht umgekehrt, und doch lesen wir in Hebräer 7,7: «Ohne allen Widerspruch aber wird das Geringere von dem Besseren gesegnet.» Jakob war sich der Würde, die ihm Gott verliehen hatte, völlig bewusst. Er war verbunden mit dem HERRN, dem lebendigen und mächtigen Gott, den er seinen persönlichen Gott nennen durfte. Was waren all die Reichtümer und Herrlichkeiten Ägyptens im Vergleich damit! Von einem anderen Mann Gottes, von Mose, der auch in Ägypten gelebt hatte, wird gesagt: «indem er die Schmach des Christus für grösseren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens.»
Kennen wir alle etwas von der Würde, die uns Gott in Christus geschenkt hat? Nicht durch unsere eigenen Anstrengungen besitzen die Christen diese Würde; sie ist einzig und allein durch das Werk des Herrn unser Teil geworden. Gott hat uns angenehm gemacht in dem Geliebten (Eph 1,6).
So sind wir in der Person Jesu durch den Glauben eine neue Schöpfung geworden. «Daher kennen wir von nun an niemand dem Fleisch nach; … wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden» (2. Kor 5,16-17).
Gott hat uns in der Welt gelassen, damit wir alle ein Kanal seines Segens seien. In 1. Petrus 2 werden uns die heilige Priesterschaft und die königliche Priesterschaft vorgestellt. Als heilige Priesterschaft gehen wir in das Heiligtum hinein, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus. Als königliche Priesterschaft kommen wir aus dem Heiligtum heraus, damit wir die Tugenden dessen verkündigen, der uns berufen hat aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Mit anderen Worten, wir sind hier gelassen, um die Herrlichkeiten Gottes und des Herrn Jesus in unserem Wandel zu offenbaren. Wir können dies nur in dem Mass tun, wie wir mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen und unsere Herzen damit füllen lassen. Dann werden unsere Mitmenschen in unserem ganzen Benehmen und in unseren Worten etwas von den Schönheiten der Person Jesu sehen.
Der Pharao fragte Jakob: «Wie viele sind die Tage deiner Lebensjahre?» Und Jakob antwortete: «Die Tage der Jahre meiner Fremdlingschaft sind 130 Jahre; wenig und böse waren die Tage meiner Lebensjahre» (1. Mo 47,8-9).
Wieso konnte Jakob 130 Jahre ein Leben von wenigen Tagen nennen? Ist es nicht deshalb, weil jede Stunde, jeder Tag, verbracht ohne Gemeinschaft mit Gott, verlorene Stunden, verlorene Tage sind? Sie sind wertlos für die Ewigkeit.
Das alles hat Jakob am Ende seines Lebens gelernt und es auch öffentlich vor dem Pharao zum Ausdruck gebracht. Gott schenkte es Jakob, noch 17 weitere Jahre in Ägypten zu verbringen. Die Kapitel 46 bis 49 lassen darauf schliessen, dass er diese letzten 17 Jahre in Gemeinschaft mit Gott gelebt hat.
Es war eine ernste Angelegenheit für Jakob, sein Leben zu überprüfen und umzulernen. Und es ist auch für uns eine ernste Sache, wenn Gott in unser Leben eingreift, damit wir lernen, in Gehorsam zu Ihm unseren Weg voranzugehen. Es hat im Leben Jakobs nicht an Züchtigungen gefehlt. Aber sie alle waren da, um aus dem eigenwilligen und nur auf seine eigenen Vorteile bedachten Jakob einen Gläubigen zu formen, der fortan, Ihm gehorchend, alles von der Warte Gottes aus betrachtete.
Wir dürfen auch in unserem Leben die gleichen Bemühungen Gottes erkennen. Er benützt dazu die Züchtigungen. «Denn jene zwar züchtigten uns für wenige Tage nach ihrem Gutdünken, er aber zum Nutzen, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden» (Heb 12,10).
Darum lasst uns nicht klagen, wenn wir mitten in der Prüfung stehen, denn «danach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt worden sind» (Heb 12,11).