30 Silberstücke
«Ich sprach zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn, wenn aber nicht, so lasst es; und sie wogen meinen Lohn ab: dreissig Sekel Silber. Da sprach der HERR zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wert geachtet bin! Und ich nahm die dreissig Sekel Silber und warf sie in das Haus des HERRN, dem Töpfer hin» (Sach 11,12.13).
Dieses Wort des Propheten ist eigentlich ein Wort von Gott an sein irdisches Volk. Es hat sich erfüllt, als Judas Iskariot, einer der zwölf Jünger des Herrn Jesus, zu den Hohenpriestern ging und sie fragte: «Was wollt ihr mir geben, und ich werde ihn euch überliefern?» Sie zögerten nicht mit der Antwort: «Sie aber setzen ihm dreissig Silberstücke fest» (Mt 26,15).
In Sacharja heisst es: «Ich sprach zu ihnen.» Im Matthäus-Evangelium ist es Judas, der die Repräsentanten des Volkes fragt. Das zeigt uns einen interessanten Grundsatz in den Wegen Gottes. Es war Judas, der den Herrn verriet und damit diese schreckliche Sünde beging. Doch Gott benutzte diese niederträchtige Tat, um die Führer der Juden auf die Probe zu stellen. Wie gross war ihre Wertschätzung von Christus? Deshalb sagte Er durch den Propheten zu ihnen: «Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn.» Sie fanden es tatsächlich «gut»! Doch was war der «Lohn», den sie zahlen wollten? Wie viel wert war ihnen Jesus, der Sohn Gottes, ihr Messias?
In 2. Mose 21,32 heisst es: «Wenn der Ochse einen Knecht stösst oder eine Magd, so soll sein Besitzer ihrem Herrn dreissig Sekel Silber geben, und der Ochse soll gesteinigt werden.» 30 Silberstücke zahlte man also für einen Sklaven. Das war der verächtliche, schäbige Preis, den die Obersten der Juden für das Leben Dessen boten, der ihr Retter sein wollte. Wie tief war der Mensch gesunken, dass er den angekündigten Emmanuel (= Gott mit uns) so geringschätzig behandelte! Was muss es für unseren Herrn gewesen sein, derart entwürdigt und praktisch für nichts geachtet zu werden! Doch in seiner unendlichen Gnade stellte Er sich darunter und liess dies alles mit sich geschehen.
Leiden vonseiten der Menschen
«Wenn jemand zu ihm spricht: Was sind das für Wunden in deinen Händen?, so wird er sagen: Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Haus derer, die mich lieben» (Sach 13,6).
Mit diesen Worten drückt der Prophet die Leiden des Erlösers aus, die Ihm die Menschen zugefügt haben. Aus Liebe zu seinem irdischen Volk und aus Liebe zu verlorenen Menschen hat der Sohn Gottes Knechtsgestalt angenommen und ist als Mensch auf die Erde gekommen. Doch diese wunderbare Liebe wurde mit Hass, Verwerfung und schliesslich mit der Kreuzigung beantwortet.
Was bedeutet aber die Aussage «im Haus derer, die mich lieben»? Der Herr Jesus war als Mensch ein Jude, geboren von einer jüdischen Frau, geboren unter Gesetz (Gal 4,4). Zudem heisst es in Johannes 4,22: «Das Heil ist aus den Juden.» Als Sohn Davids und als Der, auf den sich die Verheissungen im Alten Testament bezogen, war Er zu seinem Volk, in das «Haus derer, die mich lieben,» gekommen.
Doch das jüdische Volk hat seinen Messias, auf den sich alle seine Hoffnungen konzentrierten, abgelehnt und damit die Rettung ausgeschlagen. Ihre bösen Herzen ruhten nicht, bis sie Ihn «durch die Hand von Gesetzlosen an das Kreuz geschlagen und umgebracht» hatten. Da wurden seine Hände und seine Füsse mit Nägeln durchbohrt.
Von den vielfältigen Leiden, die der Herr Jesus vonseiten der Menschen erduldet hat, spricht auch Psalm 69:
- «Mehr als die Haare meines Hauptes sind die, die ohne Ursache mich hassen; mächtig sind meine Vertilger, die mir ohne Grund feind sind» (V. 5).
- «Die im Tor sitzen, reden über mich, und ich bin das Saitenspiel der Zecher» (V. 13). Menschen aus allen sozialen Schichten verspotteten den Herrn Jesus.
- «Der Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend» (V. 21).
Alles das gehörte zu den körperlichen und seelischen Wunden, die Ihm von denen zugefügt wurden, für die Er auf die Erde gekommen war. Darum sehen wir die herrlichste Entfaltung seiner unendlichen Liebe gerade am Kreuz. Dort hat Er gebetet: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» (Lk 23,34).
Betrachten wir das Kreuz unter dem Blickwinkel der Verantwortung der Menschen, dann starb der Herr Jesus als ein Märtyrer um der Gerechtigkeit willen. Das heisst: Sein gerechtes Leben hatte ungerechte Leiden vonseiten der Menschen zur Folge bis hin zum Kreuzestod. Doch es gibt noch eine andere Seite seines Todes. Es ist die Seite Gottes, bei der es um die Sühnung unserer Sünden geht.
Leiden unter der Hand Gottes
«Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist!, spricht der HERR der Heerscharen» (Sach 13,7).
Nach dem Hinweis in Vers 6 auf das, was der Heiland von den Menschen erlitten hat, spricht Vers 7 nun von seinen Leiden unter der Hand Gottes.
Das Schwert stellt bildlich das Gericht dar, das Christus während den drei Stunden der Finsternis am Kreuz vonseiten Gottes getroffen hat (Hiob 19,29). Ohne etwas von der Verantwortung der Menschen, die den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt haben, wegzunehmen, bleibt es ebenso wahr, dass Er «nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes» hingegeben worden ist (Apg 2,23).
So haben die Schläge des heiligen und gerechten Gottes Den getroffen, «der sein Genosse ist», also seinen eigenen geliebten Sohn, der Mensch geworden ist. Warum das? Weil Er sich freiwillig zum Opfer gab. Beladen mit unseren Sünden und für uns zur Sünde gemacht, litt und starb Er am Kreuz als Sündopfer. Indem Er die Sühnung für unsere Sünden vollbrachte, verherrlichte Er Gott. Wie anbetungswürdig ist unser Erlöser!
Von diesen unergründlichen Leiden des Herrn Jesus unter der Hand Gottes redet der 22. Psalm:
- «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns? Mein Gott! Ich rufe am Tag, und du antwortest nicht; und bei Nacht, und mir wird keine Ruhe» (V. 2.3).
- «Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; wie Wachs ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner Eingeweide. Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Tonscherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen» (V. 15.16). Welch ein Bild davon, dass der Herr Jesus in Schwachheit gekreuzigt worden ist! (2. Kor 13,4).
- «In den Staub des Todes legst du mich» (V. 16). Obwohl Er als Sohn Gottes Gewalt hatte, sein Leben selbst zu lassen, liess Er es geschehen, dass Gott Ihn in den Staub des Todes legte. Er nahm das an, was Gott für Ihn bestimmt hatte.
Wie wenig erfassen wir von dem, was unser Herr in jenen drei Stunden der Finsternis durchgemacht hat!
Schluss
Wie wahr ist, was ein Bruder geschrieben hat:
Die Leiden des Herrn Jesus sind und bleiben ein unerschöpfliches Thema. Doch die Beschäftigung damit macht unsere Herzen glücklich und dankbar, denn Er hat wirklich alles für uns getan.