Geistliche Schlachtopfer, Gott wohlgefällig

1. Petrus 2,5

Schon im alten Bund

In den Zeiten, die der Versammlung Gottes vorausgegangen sind, waren die Männer Gottes zahlreich, die verstanden haben, ihren Platz einzunehmen und den Dienst als Anbeter vor dem HERRN auszufüllen. Ohne Zweifel, Gott war damals nur unvollkommen bekannt: Er hatte sich noch nicht in der Person seines Sohnes offenbart, und der Heilige Geist war noch nicht als göttliche Person auf die Erde herabgekommen, um im Gläubigen und in der Versammlung zu wohnen (vgl. Joh 1,18; 7,39; 14,16.17; 1. Kor 3,16; 6,19; Röm 8,15; Phil 3,3). Die Anbetung «in Geist und Wahrheit» bestand also nicht und konnte nicht verwirklicht werden. Wenn «der Vater» heute auf solche Weise angebetet werden kann, durch die «wahren Anbeter», und wenn Er solche sucht, die Ihn anbeten, so war in der alten Haushaltung «die Stunde» noch nicht gekommen, um einen solchen Gottesdienst darzubringen (vgl. Joh 4,19-24). Und doch ist man beim Lesen der Schriften des Alten Testaments betroffen vom Verständnis, einem geistlichen Verständnis, das nur der Glaube geben kann – mit dem so viele Männer Gottes in mancherlei Umständen Anbetung darzubringen wussten.

Das Beispiel Abels

Wir haben ganz am Anfang des ersten Buches Mose davon ein Beispiel. Abel «brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett» (1. Mo 4,4). Hebräer 11,4 sagt dazu: «Durch Glauben brachte Abel Gott ein vorzüglicheres Opfer dar als Kain, durch das er Zeugnis erlangte, dass er gerecht war, wobei Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben; und durch diesen redet er noch, obgleich er gestorben ist.» Abel wusste nichts von den Unterweisungen, die der HERR bezüglich der Opfer Mose mitgeteilt hatte, die im dritten Buch Mose enthalten sind. Sie wurden ja erst fünfundzwanzig Jahrhunderte später gegeben. Und doch, er brachte nicht nur das Blut, sondern auch das Fett dar!

Die Blutbesprengung vornehmen, das Fett auf dem Altar räuchern, stellte zwei wesentliche Teile des Priesterdienstes dar, die durch das ganze dritte Buch Mose hindurch vorgeschrieben waren (3. Mose, Kapitel 1, 3, 4, 7, 8, 9, 16 und 17 besonders). Beides war sowohl zum Opfer für die Sünde wie auch zum Brandopfer und zum Friedensopfer verordnet. Abel brachte «das Blut dar, das Sühnung tut für die Seele». Aber er liess es nicht dabei bewenden; sein Glaube erkannte die Vorzüglichkeit des Opfers, dessen Blut ausgegossen werden sollte: er opferte das Fett (vgl. 3. Mose 17,11.6), ein Bild davon, was der für Gott gewesen ist, in seinem vollkommenen Opfer, der an unserer Stelle sein gerechtes Gericht über die Sünde erduldet hat. Am Kreuz ist Gott im Blick auf die Sünde vollkommen verherrlicht worden. Dieser erhabene Augenblick war es, von dem der Herr redete, als Er zu seinen Jüngern sagte: «Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm» (Joh 13,31).

Das Fett, der vorzüglichste Teil des Opfers, war für Gott allein: «Alles Fett gehört dem HERRN» (3. Mo 3,16). Im Opfer für die Sünde, dessen Reste «ausserhalb des Lagers» verbrannt wurden (3. Mo 4,12), war das Fett «zum lieblichen Geruch dem HERRN» (Vers 31). Es brachte die ganze innere Energie des Herzens Christi, des heiligen und reinen Opfers, zum Ausdruck, der für uns das Gericht ertragen wollte, das wir verdient hatten, und «für uns zur Sünde gemacht» wurde, Er, der die Sünde nicht gekannt hat (2. Kor 5,21).

Geistliche Selbstsucht

Obwohl wir gegenüber so vielen anderen bevorzugt sind hinsichtlich der Zeit, in welcher wir leben (vgl. Joh 16,7), und der Stellung, in die wir durch die Gnade Gottes versetzt worden sind, und der Wahrheiten, die uns offenbart wurden, müssen wir da nicht bekennen, dass unser geistliches Niveau nicht immer das eines Abel erreicht? Wir bringen Blut dar, aber verstehen wir auch, das Fett zu opfern und es auf dem Altar zu räuchern?

Es ist demütigend, dass wir gewissen christlichen Tätigkeiten einen wichtigeren Platz einräumen, als dem erhabensten Dienst, der uns zu tun gegeben ist – er hat Gott selbst zum Inhalt – und dass aus diesem und manch anderem Grund unser Gottesdienst im Allgemeinen weit davon entfernt ist, die Höhe zu erreichen, auf der er doch immer stehen sollte. Wir kennen die wichtigen Wahrheiten nicht, die das Wort uns über die Anbetung lehrt oder verlieren sie aus den Augen. Meistens meinen wir, dem, was wir Gott schulden, gebührend entsprochen zu haben, wenn wir einige Worte der Danksagung aussprechen für die Befreiung, die wir erfahren haben, und vergessen dabei, dass auf dem kupfernen Altar, ein Bild vom Kreuz Christi, das ganze Brandopfer, das Fett des Friedensopfers und auch das Fett des Sündopfers dargebracht werden mussten (3. Mo 1,8.9; 3,3-5; 4,8-10).

Dieses Versäumnis führt uns dazu, viel von uns selbst zu reden, was in gewisser Hinsicht Selbstsucht ist, sogar im Gottesdienst. Wenn wir uns zum Beispiel des Notschreies des Heilandes am Ende der drei Stunden der Finsternis erinnern: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?», so fügen wir gerne bei, dass wir mit Dankbarkeit Antwort geben können auf dieses qualvolle Warum: Es geschah, um solche Wesen, wie wir sind, zu erretten. Zweifellos, aber vergessen wir dann nicht die erhabenere Seite? Dieses Verlassensein war nötig für die Herrlichkeit Gottes und für die Herrlichkeit Christi! Wir denken an unsere Befreiung, und gewiss, sie ist zur Herrlichkeit Gottes, aber in diesen drei Stunden des Verlassenseins ist noch viel mehr enthalten, sowohl für Gott als auch für Christus!

Auch wenn wir das andere Wort anführen, das der Herr am Kreuz gesprochen hat: «Es ist vollbracht!», sehen wir oft kaum über die Ausführung des Werkes unseres Heils hinaus. Denken wir genügend daran, was der Gehorsam gegenüber dem Willen seines Gottes für den Herrn bedeutete, was dieser auf seinem ganzen Weg und besonders im Garten Gethsemane für Ihn mit sich brachte, als Er ausrufen musste: «Vater, wenn du willst, so nimm diesen Kelch von mir weg – doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!» (Lk 22,42)? Was Ihm auf seinem Weg auch immer begegnete, stets empfand Er die Gefühle, wovon der 40. Psalm uns den prophetischen Ausdruck gibt: «Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust» (Vers 9). Und als Er, um den Willen seines Gottes zu erfüllen, zur Sünde gemacht wurde, das ganze Gewicht des göttlichen Zornes zu ertragen hatte, die drei Stunden des Verlassenseins kostete … ach! welche Leiden musste Er da ertragen, um bis zum Ende den Willen Gottes zu erfüllen! Wer vermag sie zu ergründen!

Aber was für ein Sieg wurde am Kreuz errungen! Mit welch tiefer Befriedigung konnte Jesus sagen: «Es ist vollbracht!» Ist es nicht, wie wenn Er im Augenblick der Übergabe seines Geistes an Ihn zu seinem Vater hätte sagen wollen: Zum Preise der unaussprechlichen Leiden dieser drei finsteren Stunden wurde dein heiliger Wille bis zum Schluss ausgeführt, völlig erfüllt! Welche Verherrlichung für dich!

Gott zum lieblichen Geruch

Wir könnten noch andere Beispiele anführen, um unsere geistliche Schwachheit zu zeigen, die sich besonders darin kundgibt, dass wir im Allgemeinen alles auf uns zurückführen, statt zu betrachten, was darin für Gott und für Christus ist. Wir verkennen oft die Tragweite des Gebotes des HERRN an Mose für die Kinder Israel: «Ihr sollt darauf achten, dass ihr mir meine Opfergabe, meine Speise zu meinen Feueropfern, mir zum lieblichen Geruch, zu ihrer bestimmten Zeit darbringt» (4. Mo 28,2).

Und ist es uns nicht sogar begegnet, dass wir aufhörten, Gott zu preisen, um zum Menschen zu reden, indem wir zum Beispiel dem Gottesdienst mehr den Charakter einer Evan­ge­li­sa­tions­-Zu­sam­men­kunft gegeben haben? Das heisst aber, Gott das rauben, was Ihm gebührt und vergessen, dass, wenn die Stunde der Anbetung eine mächtige Evangelisation sein soll, sie es gerade dann ist, wenn sie ihren wahren Charakter wahrt. Wenn wir dies aus den Augen verlieren, so ist auf zwei Seiten Verlust: Sowohl für den Menschen, dem wir haben dienen wollen und für Gott, dem alle Anbetung gebührt.

Ohne die Blutbesprengung zu vergessen zum kupfernen Altar kommen, um dort das Brandopfer darzubringen, dort das Fett des Friedensopfers und das des Sündopfers räuchern, sich dem Räucheraltar nähern, um Weihrauch zu räuchern, – das ist wahrer Gottesdienst, den wir darzubringen berufen sind, das ist ein lieblicher Geruch für Gott (3. Mo 1,9; 3,5; 4,31). Welch ein Wohlgeruch für Ihn, wenn der Weihrauch, unter der Wirkung des Feuers seinen Wohlgeruch ausströmt, oder mit anderen Worten, wenn die unergründlichen Vollkommenheiten Christi in Verbindung mit seinen Leiden, zum Ausdruck gebracht werden!

In der Zukunft

Nur noch eine ganz kleine Zeit, und Er wird kommen, um die Früchte seines Sieges zu holen. Er wird uns dann ins Vaterhaus einführen, wo unser Platz bereitet ist und wo wir auf ewig die Herrlichkeiten Gottes und die Herrlichkeiten des Lammes besingen werden.

Welch ein Thema zum Sinnen, geeignet, Lob und Anbetung hervorzubringen, die unaufhörlich aus unseren Herzen und am ersten Tag der Woche gemeinsam sich erheben sollten, wenn wir als Versammlung zusammenkommen, um Gottesdienst auszuüben! Möge dabei doch das für Gott hervorgebracht werden, was Er von den Seinen erwartet. Lasst uns daher, befreit von uns selbst, genügend mit Christus beschäftigt sein, um Ihn Gott vorzustellen in einer Anbetung, die als ein Wohlgeruch zu Ihm emporsteigt!

«Ihr seid … als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus» (1. Pet 2,5).