Der unveränderliche Christus

Hebräer 1,12; Hebräer 13,8

Die Dauerhaftigkeit der neuen Ordnung der Dinge im Christentum, im Gegensatz zur zeitlichen Natur der Dinge unter dem Gesetz, ist ein Hauptthema im Hebräerbrief. Es war nötig, dass die, die in ihrem Gottesdienst an das Sichtbare und Greifbare gewöhnt waren, belehrt würden, dass sie nun in eine Sphäre eingeführt waren, wo nur der Glaube ausgeübt werden musste und wo die Gegenstände des Glaubens nicht weniger real, sondern wirklicher waren als jene, die bisher vor den alttestamentlichen Heiligen standen. Aber nicht nur der Überrest aus Israel «nach Wahl der Gnade» musste hinsichtlich der unveränderlichen Grundlage, auf die alle geistlichen Segnungen des Gläubigen gegründet sind, erleuchtet werden. Auch die Gläubigen aller nachfolgenden Jahrhunderte fanden und finden in dem Hinweis grossen Trost, dass das ganze christliche Gebäude auf dem unerschütterlichen Felsen, Christus Jesus, aufgerichtet ist.

Es war immer die übliche Erwartung der Juden, dass der Messias bei seinem Kommen einen bleibenden Segen bringen würde. Wie das Volk zum Herrn sagte: «Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus bleibe in Ewigkeit» (Joh 12,34). Aber das Kreuz schien allen solchen Hoffnungen ein Ende zu setzen. Und so war es in der Tat auch, was die gegenwärtige irdische Verwirklichung anbelangt. Aber durch die überströmende Gnade Gottes wurde das Kreuz zur Einführung himmlischer Segnungen, die in dieser Beziehung viel wirklicher und dazu noch bleibend waren.

Das ist der zentrale Leitsatz im Hebräerbrief, und darin wird die über alles wichtige Tatsache festgelegt, dass Jesus Christus der Eine ist, auf den der Gläubige für jede Segnung zu sehen hat, deren er sich jetzt und ewig erfreut, und dass über Ihn kein Wechsel kommen kann. Das alte System der Verordnungen verschwand, um dem Wesen Platz zu machen, von dem jenes nur ein Schatten war. Dies und anderes entfaltet der Heilige Geist hier im Einzelnen. Wenn auch Mose und Aaron, Elia und die Propheten beiseitegesetzt waren, so war das Werk des Menschen Christus Jesus ebenso unveränderlich, wie seine Person unendlich und ohne Wechsel ist.

Dementsprechend werden in Hebräer 1 die Herrlichkeiten des Herrn Jesus dargestellt. Er wird da als der fleischgewordene Sohn betrachtet; denn das ist in Übereinstimmung mit einem Brief, der an den Überrest jener Nation gerichtet ist, zu der Er als der erkorene Bote des Allerhöchsten kam. Daher beginnt der Schreiber nicht in den unvorstellbaren Zeitaltern einer vergangenen Ewigkeit, wie Johannes im Evangelium, sondern bei dem Augenblick, als der Messias als der Sprecher Gottes unter den Menschen geboren wurde. Wie übertraf Er aufgrund seines eigenen wesentlichen Wertes alles, was unter dem Gesetz verehrt wurde! Denn konnten die Propheten auch nur einen Augenblick mit Ihm verglichen werden, der doch im Rang des Sohnes stand, als der Er sowohl Schöpfer als auch Erbe aller Dinge war und jetzt auf den Thron droben erhöht ist als der grosse Reiniger von Sünden!

Auch die Engel hat Er unendlich übertroffen. Wenn Er auch in Gnade ein Knecht wurde, so ist doch der vorzüglichere Name des Sohnes sein unverlierbares Eigentum. Die Engel waren, wie die Schriften es genügend beweisen, für einen Zustand der Knechtschaft erschaffen, über den sie sich nie erheben können; zudem bezeugten sie durch die Huldigung, die sie dem Erstgeborenen darbrachten, als Er in die Welt kam, seinen göttlichen Vorrang.

Überdies werden hier die Psalmen angeführt, um zu zeigen, dass der Sohn darin als Gott angesprochen wird (Ps 45,7.8). Und wenn, wie um dem Einwurf eines widerstreitenden Juden zuvorzukommen, im gleichen Buch die Regierenden und Richter ähnlich bezeichnet werden (Ps 82,6), so wird da eine andere Schriftstelle zitiert, in der der unübertragbare Name Ihm zugeschrieben ist: «Du, Herr, hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Werke deiner Hände. Sie werden untergehen, du aber bleibst; und sie alle werden veralten wie ein Gewand, und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, und sie werden verwandelt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht vergehen.» (Heb 1,10-12). «Jesus» war für Ihn nicht nur ein Rufname, sondern die genaue Beschreibung seiner Person und seines Werkes als «der HERR ist Rettung.»

Das obige Wort ist umso treffender, als es dem 102. Psalm entnommen ist, in dem die Einsamkeit und Demütigung des leidenden Messias so lebendig beschrieben werden. Dort lesen wir: «Denn wie Rauch entschwinden meine Tage», und: «Meine Tage sind wie ein gestreckter Schatten, und ich verdorre wie Kraut», und wiederum: «Er hat meine Kraft gebeugt auf dem Weg, hat verkürzt meine Tage. Ich sprach: Mein Gott, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage» (Ps 102,4.12.24.25). Das ist das «Gebet eines Elenden, wenn er verschmachtet und seine Klage vor dem HERRN ausschüttet.» Und auf diesen Schrei aus den Tiefen folgt sogleich die bemerkenswerte Erklärung über die Unwandelbarkeit seiner Person, die ihm gerade im Augenblick seiner scheinbaren Schwachheit zugeschrieben wird (Verse 25-28). Himmel und Erde, die Werke seiner eigenen Hände, die Wahrzeichen der Beständigkeit unter den Menschen, werden im Gegensatz zu seiner immerwährenden Existenz vergehen.

Bevor also der Geist Gottes

  • vom «ewigen Heil» (Heb 5,9),
  • vom «unveränderlichen Priestertum» (Heb 7,24),
  • von «ewiger Erlösung» (Heb 9,12),
  • vom «ewigen Erbe» (Heb 9,15),
  • vom «ein für alle Mal geschehenen Opfer» (Heb 10,10),
  • vom «unerschütterlichen Reich» (Heb 12,28) und
  • vom «ewigen Bund» (Heb 13,20)

redet, offenbart Er die wunderbare Wahrheit von der Person des Herrn Jesus, von dem die aufgezählten Segnungen ihren «ewigen» Charakter erhalten. Weil Er derselbe ist und seine Jahre nicht vergehen, sind auch seine Werke unvergänglich. Weil Jesus Christus derselbe ist, gestern und heute und in Ewigkeit, bleibt der helle Glanz des Teils des Gläubigen in Ihm unvermindert bestehen, sein Wert unverändert und sein Besitz auf ewig sicher.

Wie gütig von unserem Gott, dass Er uns – die wir selbst unbeständig sind, in einer wechselhaften Szene, wo nichts zuverlässig ist – den gab, der sich nicht verändert, und in dem wir, mit allem, was wir durch Ihn besitzen, vor den Verwüstungen des Feindes und vor dem Verderben des Bösen in und um uns gesichert sind. Lasst uns mit der Kühnheit des Glaubens diese charakteristische Eigenschaft der Person des Herrn erfassen, was allein uns «fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn» erhalten kann.