Anbetung

Johannes 4,23

Für die Erretteten, die die Familie des Vaters bilden und die ihren Heiland und Herrn lieben, gibt es einen bestimmten Dienst zu erfüllen. Das erste Ziel eines Neubekehrten ist im Allgemeinen, Seelen zum Herrn zu führen, und das ist ein vortrefflicher Wunsch. Aber eigentlich sind vor allem Danksagung und Anbetung angebracht. Wenn Gott Menschen rettet, so ist es sein Ziel, Anbeter zu haben. Er sucht und sammelt sie mittels seines Sohnes: «die wahrhaftigen Anbeter werden den Vater in Geist und Wahrheit anbeten; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter» (Joh 4,23).

Warum vergessen denn so viele aufrichtige Christen diesen vor allem wichtigen Dienst? Stellen sie die Ausbreitung des Evangeliums vor die Anbetung? Und warum beschränken sich andere, im Gegensatz zu ihnen, auf diese höchste Berufung und vernachlässigen dabei die Ermahnung des Herrn: «Geht hin in die ganze Welt und predigt der ganzen Schöpfung das Evangelium» (Mk 16,15)? Ist es Unwissenheit, Vergesslichkeit, Mangel an Liebe zu unserem Heiland, an Gleichgewicht in unserem christlichen Bekenntnis? Jeder möge für sich selbst antworten.

Anbetung ohne die Evangelisation würde aus Mangel an Anbetern bald zu ihrem Erlöschen führen. Eine solche könnte man mit der Haltung einer Familie vergleichen, die ein grosses Geschenk erhalten hat und sich begnügt, dem Geber zu danken, aber niemand in ihrer Umgebung an dem teilnehmen lässt, was sie bekommen hat (sich damit begnügen, dass wir Vorrechte empfangen haben, in Hochmut und Selbstsucht, wäre das Gegenteil vom Leben eines Gläubigen). Im Gegensatz dazu würde die Evangelisation ohne die Anbetung zum Verlust des grössten christlichen Vorrechtes, also der grössten Segnung führen. Das eine geht somit nicht ohne das andere, und das Wort ist klar über diesen Punkt. In Johannes 20,19.20 sieht man vor allem Anbetung. «Als es nun Abend war an jenem Tag, dem ersten der Woche, … kam Jesus und stand in der Mitte und spricht zu ihnen: Friede euch! Und als er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.» Sogleich nachher aber sendet der Herr seine Jünger aus: «Jesus sprach nun wieder zu ihnen: Friede euch! Wie der Vater mich ausgesandt hat, sende auch ich euch» (Vers 21). In Kolosser 1,12 finden wir an erster Stelle Danksagung, und im Anschluss daran, im 23. Vers, die Evangelisation. Lasst uns dieses Gleichgewicht nicht aus dem Auge verlieren und diese beiden Dienste mit dem gleichen Eifer ausüben!

Unsere Absicht ist es hier, die Anbetung zunächst von der allgemeinen und persönlichen sowie von der kollektiven Seite zu betrachten, und dann diese Ausführungen mit einem Überblick über den eigentlichen Gottesdienst abzuschliessen.

Was ist Anbetung?

Anbetung ist die Erhebung der Seele, des Herzens zu Gott hin, in den wir uns versenken, der Ausdruck der heiligsten Gedanken und tiefsten Gefühle unseres inneren Wesens in Bezug auf Gott, auf Christus, durch die Kraft und Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Sie gibt sich kund durch Loblieder und Danksagungen, ist ein Ausdruck des Lobpreises und Rühmens Gottes und Christi für das, was Er in sich selbst ist und was Er getan hat, ausgesprochen gemäss dem heiligen Wert, den Er für uns besitzt, und entsprechend der vollen Offenbarung, die Er von sich selbst gegeben hat.

Anbeten bedeutet Ehre geben. Es ist ein Akt der Huldigung gegenüber Gott, dem Vater, gegenüber Christus, ein sich Niederwerfen vor Ihm.

Ihr Platz im Wort Gottes

Im Alten Testament werden uns drei Formen der Anbetung vorgestellt. Abraham sagte durch den Akt der Opferung Isaaks zu Gott, dass Er selbst und sein Wort das einzige war, was er anbetete und auf den er vertraute. Im Wort Gottes begegnet man später der Anbetung in Form von Opfern, unter anderem im ständigen Brandopfer, das von den Vollkommenheiten des Herrn redet und ein Wohlgeruch war, der zu Gott emporstieg. Auf uns angewandt bedeutet dies, dass unsere Herzen von Christus erfüllt sein müssen, um anbeten zu können. Schliesslich finden wir in den Psalmen einen Übergang vom mosaischen System der Anbetung durch Opfer. Gott findet nicht mehr sein Wohlgefallen an den Opfern, sondern will etwas, das vom Herzen kommt (Psalm 40), also Opfer des Lobes, die durch den Geist aus dem Innern kommen. Im Neuen Testament gibt es keine Verordnungen, keine Riten mehr.1 Die Anbetung ist nicht mehr auf einen Ort beschränkt, und sie geschieht in Geist und Wahrheit (Joh 4,23).

Ihr Platz im Leben des Gläubigen

Hebräer 13,15 beschreibt die Bedeutung der Anbetung für uns: «Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.» Gegenüber Gott und dem Herrn zum Ausdruck bringen, was wir für Ihn empfinden, ist ein Bestandteil unseres Lebens. Einen Gegenstand der Anbetung zu haben und in Verbindung damit etwas ausdrücken zu können – sei es in Worten oder sogar nur in inartikulierten Lauten – bildet für den Gläubigen selbst eine Quelle der Freude.

Nach Johannes 4,23 sucht der Vater wahrhaftige Anbeter. Es war also das Ziel des Werkes des Herrn, der Liebe des Vaters, Anbeter zu haben. Dieser Dienst hat somit eine besondere Bedeutung in unserem Leben, da wir eben dazu auserwählt, «gesucht» worden sind, um ihn zu erfüllen. Wir haben eine Verantwortung: Gott stellt sich uns vor, in allem was Er ist. Er beruft uns durch Herrlichkeit und Tugend. Haben wir geglaubt, so haben wir auch eine Berufung empfangen. Wir entsprechen ihr, wenn wir dem Herrn nachfolgen, und die volle Antwort besteht in dem Dienst der Anbetung. Wer glaubt, untersteht der moralischen Verpflichtung: geistliche Schlachtopfer darzubringen, anzubeten.

Was oder wen anbeten, eine Sache oder eine Person?

Der ganze Wert unserer Anbetung beruht auf der Tatsache, dass wir nicht einen Gegenstand, sondern eine lebendige Person im Himmel anbeten, die auf der Erde Mensch geworden ist, «Gott offenbart im Fleisch». Wir beten nicht ein geheimnisvolles, allmächtiges, unbekanntes höheres Wesen an, sondern den, der unser Vater und den, der unser Heiland ist, unseren Herrn, unseren Freund.

Gott – der Vater

Wir beten Gott selbst an, nicht nur gewisse Eigenschaften und Merkmale, sondern eine Person, das vollkommene Wesen, den, der Licht und Liebe ist und nicht nur, weil wir Gegenstände seiner Liebe sind; wir loben Ihn, weil Er Licht ist und keine Finsternis in ihm ist. Wir rühmen wohl die Wesenszüge Gottes: Er ist gerecht, heilig, langmütig, mächtig, voller Majestät, weise, treu, unveränderlich; aber über all dem rühmen wir Ihn selbst, in seinem Wesen, das Licht und Liebe ist.

Der Herr ist es, der uns das Herz des Vaters offenbart hat, und wenn wir seine Kinder sind, so ist auch das durch den Sohn zustande gekommen. Die Liebe Gottes, die den Verstand des Menschen übersteigt, musste unserem Fassungsvermögen nahegebracht, in einer menschlichen Gestalt wahrnehmbar gemacht werden. Der Sohn ist Mensch geworden, der Vater hat Ihn gegeben.

Er wünscht, dass wir etwas Frisches zum Ausdruck bringen, das aus unserem Herzen kommt, als Frucht der Vertrautheit mit Ihm: zu Ihm reden von Ihm selbst.

Der Sohn – Jesus Christus

Die Anbetung gebührt zunächst Gott, der uns gesucht hat, aber sie richtet sich auch an seinen Sohn, der uns zum Vater geführt hat.

Seiner Gnade, seiner Liebe, seiner Güte bewusst, loben und preisen wir Ihn für das, was Er ist: der ewige Sohn, der Sohn Gottes, der Sohn des Menschen, und für sein Werk, das Er in Vollkommenheit vor allem für seinen Gott vollbracht hat («Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte» – Joh 17,4), dann aber auch für uns, was das Ergebnis anbelangt. Wir reden zu Ihm von Ihm selbst, von seinen Vollkommenheiten, von seinem Gehorsam, seiner Herrlichkeit, seiner Stellung, die Er nun einnimmt, und vor allem von seiner Liebe am Kreuz, von seinen physischen, moralischen, sühnenden Leiden, in die wir nicht einzutreten vermögen, die wir aber von fern betrachten. Seine Heiligkeit und vollkommene Gerechtigkeit ist Gegenstand unserer Freude, wie auch seine mannigfachen Herrlichkeiten, seine Demut, sein tiefes Mitempfinden, sein Verständnis, seine Menschheit, sein «menschliches» Herz, obwohl Er «göttlich» war und blieb.

Darstellung des Sohnes vor dem Vater

In der Anbetung reden wir zu Gott von seinem Sohn, wir erinnern Ihn an dessen Vollkommenheiten, an die Vollbringung des Werkes. Wir sagen Ihm, dass wir denselben Gegenstand der Liebe und der Freude haben: Seinen Sohn. Das Herz des Vaters freut sich darüber, wenn Er sieht, dass wir in etwa den Ausdruck seiner Liebe verstehen.

Dem Vater gegenüber reden wir auch von seinem Sohn, als dem Mittelpunkt seiner ewigen Ratschlüsse, als dem künftigen Mittelpunkt der ewigen Anbetung. Die Opfer, die wohlriechenden Gewürze, der Weihrauch sprachen von den verschiedenen Vollkommenheiten, moralischen Herrlichkeiten und Eigenschaften des Sohnes. Das alles stieg als duftender Wohlgeruch zu Gott empor. So besteht auch jetzt unsere Anbetung darin, den Wohlgeruch dessen zu Gott emporsteigen zu lassen, der in allem, was Er für Ihn und für uns war, ist und sein wird, seine Wonne ausmacht.

Die notwendige und fundamentale Grundlage jedes christlichen Gottesdienstes ist das Opfer Christi. Durch dieses Opfer allein nahen wir Gott, und nur indem wir uns auf dessen Wirksamkeit stützen, können wir uns vor Ihm einfinden, der die ganze Heiligkeit, den vollkommenen Wert des Opfers Christi gefordert hat, und der in seiner Natur nichts weniger als das verlangen konnte.

Unser Platz in der Anbetung

Nachdem wir eben festgestellt haben, dass Anbetung die Bedeutung hat von Ehre erweisen gegenüber Gott, dem Vater und dem Sohn, wird man leicht verstehen, dass unser Platz nur eine Folge der göttlichen Liebe ist. Die Erwähnung unseres einstigen Zustandes hat nur den Zweck, die Grösse der Liebe Gottes und des Herrn zu erhöhen.

Gott verherrlichen für das, was Er ist und getan hat, Jesus preisen in seiner Person und wegen seines Werkes, ist etwas ganz anderes als sich bloss zu versammeln, weil man gerechtfertigt ist! Nicht um von unseren Segnungen und Vorrechten zu reden, haben wir uns zum Gottesdienst versammelt, sondern um zu Gott zu reden und von seinem Sohn.

Oft spricht man im Gottesdienst viel mehr von uns selbst, vom Menschen, als vom Herrn. Dann ist die Anbetung arm; denn nicht von uns sollen wir reden, sondern von dem, der alles vollbracht hat, zunächst für seinen Vater – indem Er Anbeter für Ihn gefunden hat – und dann auch für uns. «Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen» (Off 1,5-6).

Wie anbeten?

Die Formen, die die Anbetung in der Christenheit annimmt, sind verschieden. Das Wort aber ist klar und einfach: «Anbeten in Geist und Wahrheit.» Ermahnungen, brüderliche Gemeinschaft, Predigten und Betrachtungen bilden nicht die eigentliche Anbetung, denn in allen diesen Fällen ist es Gott, der durch sein Wort zu uns redet, während in der Anbetung wir selbst es sind, die Gott Lob darbringen. Anderseits sind Liturgie und Riten nichts anderes als Formen und Worte, deren Wert und geistliche Ursprünglichkeit stark abgeschwächt sind, weil sie gewohnheitsmässig, in Unabhängigkeit vom Geist ausgedrückt werden. Wenn unser Gottesdienst sich aus Gewohnheiten, Traditionen, Wiederholungen von gebräuchlichen Sätzen zusammensetzt, dann hat er auch nicht mehr Wert als eine Liturgie oder Riten. Hüten wir uns davor!

Epheser 5,19-20 zeigt uns den Inhalt wahrer Anbetung und ihre Ausdrucksweise: «redend zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in eurem Herzen, danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus.» Schliesslich ist die Anbetung nur dem Gläubigen vorbehalten; in Offenbarung 5 singen nur die Erlösten; der Herr selbst singt jetzt in ihrer Mitte (Ps 22,23), und die Gläubigen werden ermahnt, es mit dem Geist, aber auch mit dem Verstand zu tun (1. Kor 14,15).

In Geist und Wahrheit

Der menschliche Geist ist der Teil unseres Wesens, der absolut unabhängig ist von seinem Ort; und der Heilige Geist, den uns Gott gegeben hat, kann nicht auf diesen oder jenen Ort oder auf gewisse Formen begrenzt werden. Er ist die Kraft des göttlichen Lebens, das wir besitzen, die einzige Kraft, in der wir Gott anbeten können.

Im Geist anbeten, heisst, gemäss der mächtigen Energie der Gemeinschaft anbeten, die der Geist Gottes gibt – im Gegensatz zu den Formen, den Verordnungen und der ganzen Religion, deren das Fleisch fähig ist – in der Erkenntnis der wahren Natur dessen, den wir anbeten. Es geht also um geistliche Anbetung, im Gegensatz zu einer rituellen, fleischlichen Anbetung.

Gott in Wahrheit anbeten, heisst entsprechend der Offenbarung seiner selbst anbeten, die Er uns in Christus in ihrer ganzen Fülle gegeben hat. Da ist keine Distanz mehr, keine Notwendigkeit zu einer Form des Gottesdienstes, alles fliesst aus dem hervor, der angebetet sein will. Für uns ist es also die Anbetung des Vaters, so wie Er sich offenbart hat.

Der Zustand des Gläubigen

Herzen, die wirklich mit der Person des Herrn beschäftigt und von ihr erfüllt sind – das ist die erste Bedingung dafür, dass Lob und Anbetung dargebracht werden können, innerlich oder öffentlich. Es genügt nicht, den Herrn zu kennen, Ihn als Heiland zu besitzen, man muss alle Tage des Lebens die Gemeinschaft mit Ihm verwirklichen, nicht nur im Augenblick des Gottesdienstes oder einige Stunden vorher.

Beständige Gemeinschaft hilft uns, während der Woche zu sammeln, was am Sonntag zur öffentlichen, gemeinsamen Anbetung beiträgt. Doch sollten wir uns unserer Begrenzung bewusst sein und entsprechend dem Mass anbeten, das wir verwirklichen, und nicht über unsere Freude in Christus und über die Erkenntnis hinausgehen, die wir von seiner Person haben. Das zeigt den Wert und die Wichtigkeit, diese Freude und Erkenntnis zu pflegen und sie in der Vertrautheit mit Gott durch das Studium des Wortes zu vertiefen. So werden wir fähig sein, Gott in zunehmendem Mass, aufrichtig, wahr, Ihm entsprechend und tiefgründig vorzustellen, was wir empfinden und was wir geniessen.

Wenn der Gläubige persönlich nicht in der Lage ist, anzubeten, wie kann dies dann gemeinsam geschehen? Dem Fleisch nach ist man nie dazu passend, aber da ist Gnade und Freude in Christus, der selbst würdig ist, unsere Anbetung zu empfangen. Man wird dann verstehen, dass man nicht zum Gottesdienst kommen kann, ohne zuvor seine Sünden bekannt zu haben: «Jeder prüfe sich selbst, und so esse er» (1. Kor 11,28). Es ist nötig, dies zu tun, bevor man zum Gottesdienst geht, denn die Augenblicke der gemeinsamen Sammlung sind ja der Anbetung geweiht. «Lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und so gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser» (Heb 10,22).

Die gemeinsame Anbetung: der Gottesdienst

Der Gottesdienst ist die gemeinsam Gott dargebrachte Verherrlichung und Anbetung für das, was Er für die ist, die sie darbringen. Im Gottesdienst ist Gott der Gegenstand, Jesus Christus der Inhalt und der Heilige Geist die Kraft.

Thema und Leitung im Gottesdienst

Nach allem was vorangegangen ist, versichern wir, dass der Gottesdienst weder materiell noch formell, sondern nur geistlich sein kann. Die Wechselfolge von Liedern, Danksagungen, Lobeserhebungen und Anführungen des Wortes bringen zum Ausdruck, was die versammelten Gläubigen für Gott und seinen Sohn empfinden. Da gibt es oder sollte es keine Regel geben bezüglich der Weise, in der sich die Lieder und die Danksagungen aneinanderreihen sollen, und nichts im Wort deutet darauf hin, dass wir einem Schema folgen sollen. Die Anbetung ist ursprünglich – das Ergebnis der in der Gemeinschaft mit dem Herrn empfundenen Freuden während der Woche. Wenn jedoch in einem Gottesdienst der Geist jedes einzelnen auf dieselben Gedanken gerichtet ist (Einheit, Gedankengemeinschaft), so wird sich ein Thema entwickeln. Jedes Mal, wenn ein Thema, das jeden Sonntag anders sein mag, von Anfang des Gottesdienstes an verfolgt wird, entwickelt und erhebt sich die Anbetung mit mehr Kraft, als wenn jeder etwas ausdrückt, ohne zu beachten, was gesungen oder in den Danksagungen erwähnt wurde. So ist die Abhängigkeit vom Heiligen Geist die Grundlage des Gottesdienstes, und sie schliesst jede Hast aus. Die Persönlichkeit geht im Gottesdienst ganz verloren; der Heilige Geist verwirklicht, dass wir ein Leib und ein Geist sind, und Er wird zur Stimme der Versammlung. «In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden» (1. Kor 12,13).

Wir lieben es, am Anfang unseres Gottesdienstes Gott, den Vater, anzubeten und dann seinen Sohn, aber das Wort schreibt es nicht vor, und es gibt in dieser Beziehung keine Regel. Doch ist es wahr, dass der Vater den Sohn gesandt hat, und dass Er in vollkommener Unterordnung unter den Willen des Vaters gekommen ist. «Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun» (Heb 10,9).

Beachten wir ferner, dass die Ermahnungen und Betrachtungen am Ende des Gottesdienstes nicht zur Anbetung gehören. Die Anbetung als solche ist beendet, sobald die Ermahnung und Betrachtung beginnen, wenn auch einige Worte in Beziehung zum Thema des Gottesdienstes wohl am Platz sein mögen. Dass doch die Zusammenkunft der Versammlung zum Gottesdienst bis zum Ende ihren erhabenen Charakter behielte! Dass doch die wunderbaren Gesichtspunkte, unter denen der Herr Jesus uns vorgestellt wird, einzig Gegenstand unserer Andacht wären, entsprechend dem Lauf des Gottesdienstes, leicht erkennbar von allen Herzen, die in diesen kostbaren Augenblicken Jesus allein zum Gegenstand haben! Dann werden wir nicht vorzeitig aus dem Heiligtum hinausgehen. Man wird kaum ohne das Wort in den Gottesdienst eingeführt werden können; es ist immer angebracht und nötig, um die Herzen anzuregen und um mit geeigneten Ausdrücken das Thema des Lobes anzugeben, vorausgesetzt, dass der Gottesdienst nicht durch eine Auslegung dieses Wortes, die nicht hierher gehört, gestört wird.

Der Platz des Abendmahls des Herrn

Dem Wunsch des Herrn zu entsprechen, der bei der Einsetzung seines Mahls gesagt hat: «Dies tut zu meinem Gedächtnis», ist die erhabenste Handlung, die der Gläubige auf der Erde erfüllen kann. Denn der Gottesdienst, die gemeinsame Anbetung, ist der kollektive Ausdruck unserer Dankbarkeit, in dem das Gedächtnis des Todes des Herrn und seiner Leiden, ausgedrückt durch die Feier des Abendmahls, den Höhepunkt bildet. Jedoch wird diese feierliche Handlung sehr gestört, wenn die Gemeinschaft mit dem Herrn oder mit einem Bruder unterbrochen ist. Daher die Ermahnung: «jeder prüfe sich selbst» und, sobald dies stattgefunden hat: «so esse er» (1. Kor 11,28). Wir sollen nicht in unwürdiger Weise daran teilnehmen; es geht aber nicht darum, zu entscheiden, ob wir an dem oder dem Sonntag zur Teilnahme am Mahl des Herrn würdig sind; denken wir vielmehr daran, dass der Herr dessen würdig ist, und dass wir es für Ihn tun.

Wann soll es stattfinden?

Im Wort sieht man mehrmals, dass die Apostel und die Gläubigen am Sonntag, am ersten Tag der Woche, dem Tag des Herrn, versammelt waren: «Als es nun Abend war an jenem Tag, dem ersten der Woche … kam Jesus und stand in der Mitte und spricht zu ihnen: Friede euch!», und «nach acht Tagen», also ebenfalls am Sonntag, trat Er wiederum in ihre Mitte (Joh 20,19-21.26). In Apostelgeschichte 20,7 wird dann ausdrücklich erwähnt, dass sie am ersten Tag der Woche versammelt waren, «um Brot zu brechen». Es gehört sich an diesem Tag, und zwar an jedem Sonntag, dies zu tun, also des Todes des Herrn zu gedenken und ihn zu verkündigen. Der Sonntag ist der Tag des Herrn (Off 1,10), und es ist «des Herrn Mahl» (1. Kor 11,20). Daher üben wir alle Sonntage Gottesdienst aus und nehmen teil am Mahl des Herrn, indem wir dabei Zeugnis geben: «Sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt» (1. Kor 11,26).

Es scheint, dass ein Gottesdienst auch ohne Feier des Abendmahls stattfinden kann. Aber man kann sich keine Abendmahlsfeier ohne Gottesdienst vorstellen. Sie wird mit Lobpreis und Danksagung begleitet, sie geschieht mit Anbetung. Der Gottesdienst an sich braucht nicht auf den Sonntag begrenzt zu sein.

Der ewige Gottesdienst

Schliesslich werden wir zur Vollkommenheit des Gottesdienstes gelangen, wovon der irdische Ausdruck nur ein sehr unvollkommenes Bild ist: zum Gottesdienst im Himmel, wenn alle Gläubigen aller Zeiten, versammelt um ihren Gott und Vater, um ihren Heiland und Herrn, auf ewig ihre Dankbarkeit, ihre Anbetung zum Ausdruck bringen und sagen werden: «Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung» (Off 5,12).

  • 1Anmerkung der Redaktion: Mit Ausnahme der Taufe und des Abendmahls.