Diese elende Speise

4. Mose 21,5

Drei Ursachen der Empörung

Die Klänge des Liedes, womit die befreiten Israeliten an den Ufern des Schilfmeeres ihre Erlösung besangen, waren kaum verstummt, als sie schon begannen, gegen Mose zu murren.

Obwohl einst Sklaven unter dem eisernen Joch des Pharaos, waren sie den Enttäuschungen und Schwierigkeiten einer Reise durch die Wüste nicht gewachsen. Ihre Herzen waren empörerisch und hartnäckig, ihre Lippen schnell geneigt, durch Murren dem Ausdruck zu geben, was in ihren Herzen lebte.

Drei Dinge sind offenbar die Ursache ihres Verhaltens gewesen:

  1. Sie litten Mangel an Brot und Wasser, bevor ihnen Gott Manna und Wasser aus dem Felsen gab (2. Mo 16,3; 4. Mo 21,5).
  2. Es ekelte ihnen vor der Speise, die Gott ihnen vom Himmel gab (4. Mo 11,6; 21,5).
  3. Sie sehnten sich nach der Speise zurück, die sie in Ägypten gegessen hatten (4. Mo 11,5), nach Gurken, Melonen, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch.

Diese Dinge zusammengenommen wurden ihnen nach und nach so unerträglich, dass sie es vorgezogen hätten, lieber nach Ägypten zurückzukehren als in der Wüste zu bleiben.

Keine Speise in der Welt

Wir können aus ihrem Verhalten für uns selbst sehr heilsame Lektionen ziehen, in Übereinstimmung mit dem Schriftwort: «Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist» (1. Kor 10,11). Ägypten können wir als ein Bild von der Welt betrachten, oder, um mit Galater 1,4 zu reden, von «dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf», aus dem wir herausgenommen worden sind, als wir zum Glauben an den Herrn Jesus kamen.

Die Reise der Israeliten durch die Wüste kann verglichen werden mit der Lebensreise der Gläubigen durch die Welt.

Das Volk fand in der Wüste kein Brot oder Wasser, nichts von dem, was nötig ist, um den Unterhalt des Körpers sicherzustellen. Wir können es so ausdrücken: In den völlig veränderten Umständen, in die sie nach dem Durchzug durch das Schilfmeer eingetreten waren, fanden sie in der Wüste nichts, wovon sie sich nähren konnten.

So ist es auch jetzt mit dem Gläubigen. Im auferstandenen Christus besitzt er ein neues Leben, und für dieses neue Leben kann ihm die Welt kein Brot oder Wasser verschaffen. In unserem unbekehrten Zustand sorgte die Welt für unsere Bedürfnisse. Nun kann sie das nicht mehr, denn wir sind nicht von dieser Welt, wie Christus nicht von dieser Welt war. Wie sollten wir darin Speise finden oder unseren Durst aus ihren unreinen Strömen löschen können?

Christus, unsere Speise

Es ist von grosser Wichtigkeit, besonders auch für junge Gläubige, die ihre Schritte in der Wüste noch nicht lange begonnen haben, immer zu bedenken, dass unsere neue Natur weder Brot noch Wasser finden kann in der «Einöde», die die Welt nun für uns geworden ist.

Allein von Christus können wir jetzt Nahrung und Kraft empfangen. Alle unsere Quellen sind in Ihm. Der Gläubige, der in der Kraft dieser Wahrheit in der Welt wandelt, kann von ihr nichts anderes erwarten als Fallstricke und Gefahren. Er muss sich bewusst sein, dass das Leben in ihm keinerlei Übereinstimmung hat mit dem, was er um sich her geschehen sieht, und dies soll ihn zur Überzeugung führen, dass er in der Finsternis dieser Welt als ein Licht zu scheinen hat und ein Zeugnis darstellen soll von Gottes Gnade und dem kommenden Gericht.

Aber da, wo die Welt nichts geben kann, um die Kinder Gottes zu befriedigen, da stillt Er selbst dieses Bedürfnis. Israel gab Er «Brot aus dem Himmel» zu essen. Während der langen, langen Wüstenreise setzte das Manna nie aus.

In der Anwendung auf uns selbst können wir das Manna als ein Bild vom Herrn Jesus in seiner Erniedrigung betrachten, wie Er in dieser Welt umherging, voller Erbarmen, Gnade und Mitgefühl.

Das Manna redet von allem, was der Herr Jesus für uns bedeutet, die wir «Fremdlinge und ohne Bürgerrecht sind» auf einem Pfad, der uns durch eine Wüstenei führt. Christus allein ist die Speise, die uns zu befriedigen und zu stärken vermag.

Einige Anzeichen der Wirksamkeit des Fleisches

Jene Israeliten waren der reichen Vorsehung Gottes für sie bald überdrüssig. Schliesslich wagten sie zu sagen: «Uns ekelt vor dieser elenden Speise.»

Sollte es möglich sein, dass ein Gläubiger heutzutage zu einem ähnlichen Ausspruch kommt?

Wir besitzen zwei Naturen, die alte und die neue, das Fleisch und den Geist, und diese stehen einander gegenüber. Und wenn wir nicht durch den Geist wandeln, wird sich das Fleisch offenbaren. Dieses «Fleisch» hat nichts für Christus übrig, es wird uns im Gegenteil von Ihm entfremden und weckt bei uns Abneigung gegen das «himmlische Manna».

Dies kann sich durch eine verkehrte Lebensweise äussern, mag sich aber auch auf eine mehr verborgene Art zeigen in Dingen, die weniger in die Augen fallen.

Zum Beispiel: In unseren Herzen wächst die Sucht, uns mit allerlei Spitzfindigkeiten in geistlichen Dingen zu beschäftigen, während das Verlangen, Christus zu dienen, nachlässt.

Ein anderes Beispiel: Das Lesen der Bibel sagt uns nicht mehr so viel wie früher. Wir wissen ja alles, und können nichts mehr darin finden, das unsere Herzen anspricht. Das hat zur Folge, dass uns die Bibel mehr und mehr zu einem verschlossenen Buche wird; wir schlagen es höchstens noch in den Zusammenkünften auf oder wenn es am Tisch gelesen wird.

Noch ein Beispiel: Wir haben für den Dienst am Wort meistens nur Kritik. Immer dieselbe Sprache, dieselbe Botschaft! Wir nehmen Anstoss daran. Wir kommen ohne Hunger zu den Zusammenkünften und finden das, was wir da hören, nicht so wichtig. Wir beginnen sie zu versäumen, und schliesslich ist unser Wegbleiben die Regel … Wir achten es kaum mehr!

Das sind ein paar Anzeichen des Ekels an der Speise aus dem Himmel. Fragen wir uns doch einmal ab, ob uns Christus als tägliche Speise für unsere Seelen wirklich genügt. Prüfen wir uns doch einmal, wie wir uns in den verschiedenen Umständen des Tages diesem ernsten Problem gegenüber verhalten: bei unserer täglichen Arbeit, inmitten unserer Familie, wenn wir auf die Verkündigung des Wortes hören und wenn wir … unsere freie Zeit haben.

Möge uns der Herr vor dem bösen Zustand bewahren, kein Verlangen mehr zu haben nach Ihm und nach seinem Wort. Den Geschmack für die Dinge des Christus zu verlieren, nicht mehr volles Genüge zu haben an seiner Person und an dem, was Er für uns ist, hat unwiderruflich zur Folge, dass wir wieder Befriedigung suchen in der Speise Ägyptens. Es kann nicht anders sein. Denn wenn unser Herz nicht mehr mit Christus und dem Wort Gottes befriedigt ist, muss etwas anderes den Platz ausfüllen.

Auch die umgekehrte Reihenfolge ist möglich. Das Zurückdenken an den Genuss, den uns die Welt geboten hat, kann das Verlangen der alten Natur aufwecken, wieder ein wenig davon zu geniessen. Wird diesem Verlangen nachgegeben, fordert es sofort nach mehr. Und wo das Fleisch wirksam ist, wo der Begierde im Herzen Raum gegeben wird, da ist kein Platz mehr für den Geist. Christus ist dann nicht mehr alles, gibt nicht mehr die Befriedigung, die wir früher in der Erkenntnis des Herrn und seines Wortes fanden.

Wie steht es mit mir – mit dir – in dieser Beziehung? Es gibt kein traurigeres Schauspiel als mitansehen zu müssen, wie Gläubige, die einst erfahren haben, was es heisst, von Christus genährt zu werden, wieder zurückkehren zu den Dingen, von denen sie sich früher um Christi willen abkehrten. Der Anfang ihres Weges war gut, aber sie wurden wieder in die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens verstrickt.

Was nicht Christus ist, ist die Welt oder von der Welt. Darum müssen wir so erfüllt sein von Christus, so in Beschlag genommen sein von der Herrlichkeit seiner Person, dass Er uns ganz befriedigt. Dies ist das wirkungsvollste Gegenmittel gegen die Bezauberung und Verlockung, die «Ägypten» auf uns ausüben kann.