Göttlicher Trost

Gott liebt es, sich den Herzen der Seinen auf mancherlei Weise zu offenbaren; und jede Offenbarung hat ihre eigene, besondere Herrlichkeit. Er ist «der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus», und seine göttliche Natur wie auch seine unendlichen Vollkommenheiten wurden beim ersten Kommen Christi in der herrlichen Person seines eigenen, geliebten Sohnes völlig kundgemacht – «das Wort wurde Fleisch» – in dem «die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt».

Nicht nur ist Gott «der Gott aller Gnade», der «Gott des Friedens», der «Gott des Ausharrens» und der «Gott der Hoffnung» – Er ist auch «der Vater der Erbarmungen und der Gott allen Trostes». Wenn Er in den Tagen vor alters durch den Propheten Jesaja seinem alten Volk – trotz dessen vielen Abtrünnigkeiten – die Botschaft zukommen lassen konnte: «Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott» (Jes 40,1), wie lieblich ist es dann, in den Wegen Jesu hier auf der Erde diesem reichen Trost nachzuspüren, der sowohl Juden als Griechen gegenüber so reichlich ausfloss!

Das Leben unseres Herrn ist das unaufhörliche Zeugnis hiervon. Der Sohn des königlichen Beamten, dessen Leben ihm im Augenblicke des Todes wiedergegeben wurde (Joh 4,46-54); die Tochter des Jairus, die kurz nach dem Tod auferweckt worden ist (Lk 8,49-56); der einzige Sohn der Witwe von Nain, der seiner Mutter lebendig zurückgegeben wurde, als der Tote auf dem Weg zum Grab war (Lk 7,11-17); und die Auferweckung des Lazarus, dessen Leib vier Tage in der Gruft gelegen hatte und schon in Verwesung übergegangen war (Joh 11) – alle diese Beispiele von verschiedenen Graden des Leids sind ebenso viele Beweise, wenn solche überhaupt nötig sind, dass «der Gott allen Trostes» in der Person Christi hier war, «um die gebrochenen Herzen zu verbinden». Er selbst aber wird inmitten der unsäglichen Leiden auf Golgatha sagen: «Der Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend; und ich habe auf Mitleid gewartet, und da war keins, und auf Tröster, und ich habe keine gefunden» (Ps 69,21).

In späteren Tagen war Paulus ein schönes Beispiel dafür, wie die Kraft Gottes die Seinen inmitten jeder Art der Drangsal, Verfolgung und körperlicher Beschwerde aufrechterhalten kann. Wohl wenige Diener Christi sind durch solche Leiden gegangen wie er. Doch lautete sein Zeugnis: «Der Gott allen Trostes» ist es, «der uns tröstet in all unserer Bedrängnis, damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden; denn», so fügt er hinzu, «so wie die Leiden des Christus uns gegenüber überreichlich sind, so ist auch durch den Christus unser Trost überreichlich» (2. Kor 1,3-5).

Welche Wechselfälle des Lebens den Gläubigen auch immer befallen mögen in der Familie, im Geschäft, in der Welt, in der Versammlung wie auch in seinem eigenen Zustand der Seele und des Körpers, oder in seinem Dienst für den Herrn – was ist zu vergleichen mit dem göttlichen Trost, der allezeit in Gott selbst zu finden ist? Da, und da allein, gelangen wir zur lebendigen und bleibenden Quelle, zum nie versiegenden Brunnen allen Trostes, im mächtigen Herzen des ewigen Gottes, «bei dem keine Veränderung ist noch der Schatten eines Wechsels» (Jak 1,17).

Nachdem Christus gekommen und aufgefahren ist, ist der Heilige Geist, ein anderer Tröster da, um die Seele des Gläubigen zu nähren und jedes Glied der Familie Gottes auf die grünen Weiden und zu den stillen Wassern seines Wortes zu führen. Wir werden versichert, dass «alles», was zuvor geschrieben ist, zu unserer Belehrung geschrieben ist, «damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben» (Röm 15,4).

Oh, was für eine unerschöpfliche Fundgrube des Reichtums ist hier für den Glauben geöffnet! Ja, die inspirierte Heilige Schrift, vom 1. Buch Mose bis zur Offenbarung, hat Gott gerade zu dem Zweck gegeben, um allen seinen Kindern die Wahrheit und die Ermunterung zukommen zu lassen, die sie nötig haben.

Gott ist also die lebendige Quelle, und sein kostbares Wort ist der bleibende Kanal, durch den sich der göttliche Trost in unsere Seele ergiesst, die Er erkauft hat. Sein Ziel besteht darin, dass wir wachsen mögen «in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus» (2. Pet 3,18).

Einen auffallenden Beweis von der «Ermunterung der Schriften» finden wir in den frühen Tagen der Versammlung, als der Herr durch Paulus an die jungen Gläubigen in Thessalonich ein besonderes Wort sandte, in den Tagen, da ihre Herzen sehr geübt und niedergeschlagen waren. Nicht nur hatten sie sich «von den Götzenbildern zu Gott bekehrt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen», sondern auch «um seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten». Da dies ihre beständige Hoffnung und unmittelbare Erwartung war, waren sie – wenn auch ungerechtfertigt – betrübt, weil sie meinten, dass ihre Mitgläubigen, die kürzlich gestorben waren, nicht Anteil haben könnten an der Herrlichkeit des Reiches. Ihre durch Unwissenheit entstandene Sorge und Enttäuschung war daher die geeignete Gelegenheit für den «Gott allen Trostes», um ihnen eine inspirierte und besondere Offenbarung zu geben betreffend derer, die «entschlafen waren». «Gott, sein Weg ist vollkommen», und durch die Feder desselben Knechtes, der das Mittel ihrer Bekehrung gewesen war, sandte Er diesen beunruhigten Heiligen diese herrliche Nachricht: «Wir wollen aber nicht, Brüder, dass ihr, was die Entschlafenen betrifft, unwissend seid, damit ihr nicht betrübt seid wie auch die Übrigen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird auch Gott die durch Jesus Entschlafenen mit ihm bringen. (Denn dieses sagen wir euch im Wort des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden. Denn der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein. So ermuntert nun einander mit diesen Worten.)» (1. Thes 4,13-18). Auch war dieser Trost nicht nur für die jungen Gläubigen in Thessalonich berechnet, sondern auch als glänzende und herrliche Hoffnung der Kirche gegeben, von jenem Tag an bis zu deren wunderbaren Erfüllung, die jetzt viel näher ist als je zuvor.

Ein Punkt ist dabei noch zu erwähnen, der im nächsten Kapitel berührt wird, und wir tun wohl, im himmlischen Licht der nahen Zukunft darüber nachzusinnen. Zu dem ausdrücklichen Zweck, «die Kinder des Lichts und die Kinder des Tages» von den Schauplätzen der Verwirrung und der äussersten Gottlosigkeit, von denen sie umgeben sind, praktisch abzusondern, erinnert sie der Heilige Geist mit den folgenden Worten an ihre herrliche Zukunft: «Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit wir, sei es, dass wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben» (1. Thes 5,9.10). Wenn diese glänzende und herrliche Hoffnung Herz und Sinn des Gläubigen völlig beansprucht und bildet, werden wir gewiss keine Schwierigkeiten haben, die Nützlichkeit der folgenden Ermahnung zu sehen: «Deshalb ermuntert einander und erbaut einer den anderen, wie ihr auch tut.»

Kurz zusammengefasst: Wir erinnerten uns also an die vier Wege, von denen die Schrift redet, durch die göttlicher Trost zum Gläubigen kommt.

  1. Gott selbst ist die bleibende Quelle all unseres Trostes.
  2. Die heiligen Schriften sind der göttliche Kanal, durch die der Trost fliesst.
  3. Die Wiederkunft des Herrn ist die aufrechterhaltende Kraft dieses Trostes und wird dessen gesegnete Erfüllung sein.
  4. Unser «Zusammen-mit-Ihm-Leben» durch den Tag der Ewigkeit hindurch ist die vor uns liegende wunderbare Hoffnung, die uns an diesem dunkeln und bösen Tage ermuntert, in wahrer Übereinstimmung mit seinem heiligen Willen zu wandeln; und so wird sie die feste Grundlage, auf der dieser Trost ruht.