In den Psalmen fühlt man das Herz von Gläubigen klopfen, mit allen seinen Freuden, Ängsten und Leiden, und man kann von den Erfahrungen der Israeliten aus eine Parallele ziehen mit den Erlebnissen der Gläubigen des neuen Heilszeitalters, mit uns, die den Herrn Jesus als ihren grossen Führer kennen und anerkennen. So wie wir in einem Spiegel unsere eigenen Gesichtszüge betrachten, so können wir auch in der Geschichte des irdischen Volkes Gottes unsere eigene Geschichte erkennen. Dies zu tun, ist nicht nur nützlich, sondern auch tröstlich; es dient zur Aufklärung und zur Warnung.
In den beiden letzten Versen von 2. Mose 2 lesen wir: «Und Gott hörte ihr Wehklagen, und Gott gedachte seines Bundes mit Abraham, mit Isaak und mit Jakob; und Gott sah die Kinder Israel, und Gott nahm Kenntnis von ihnen» (oder «kümmerte sich um sie»).
«Gott kümmerte sich um sie»; diesen Ausspruch möchte ich gerne zum Thema meiner jetzigen Ausführungen machen.
Vor allem fällt mir hier auf, dass Gott es war, der sich um die Israeliten kümmerte. Gott hörte, Gott gedachte, Gott sah, Gott kümmerte sich um sie. Wer war denn der Gott der Israeliten? In Jesaja 40 lesen wir: «Wem wollt ihr Gott vergleichen, und was für ein Gleichnis wollt ihr ihm an die Seite stellen? … Er ist es, der da thront über dem Kreis der Erde … der die Himmel ausgespannt hat wie einen Schleier … der die Fürsten zu nichts macht, die Richter der Erde in Nichtigkeit verwandelt … Ein ewiger Gott ist der HERR, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand.» Dies wurde vom Gott Israels gesagt, der auch unser Gott ist, und wir können hinzufügen: unser Vater in Christus Jesus. Dieser Gott ist es, der sich um die Israeliten kümmerte und der sich auch um uns kümmert. Als Mensch und als sein Kind bin ich ein Gegenstand seiner Fürsorge.
Als sich Gott – in 2. Mose 2 – um die Israeliten kümmerte, da geschah etwas. Mehrere Jahrhunderte lang hatten sie unter der Peitsche des Pharaos geseufzt und gelitten, und als Gottes Zeit gekommen war, hörte Er ihr Wehklagen und gedachte seines Bundes mit den Erzvätern. Gottes Anteilnahme beruhte auf seiner Verheissung. In 1. Mose 46,3.4 lesen wir es deutlich: «Ich bin Gott, der Gott deines Vaters; fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen … und ich will dich auch gewiss heraufführen.» Auf diese Verheissung Gottes hin zog Jakob aus Beerseba nach Ägypten hinab. Nach vierhundert Jahren war die Zeit erfüllt, Gott kümmerte sich um sie, machte einen Anfang durch das Passah der Erlösung und brachte sie schliesslich in das gelobte Land, das von Milch und Honig floss, wo sie die Ruhe geniessen sollten.
«Ich werde euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein» (3. Mo 26,12). Gottes Ziel war, das Volk Israel bei sich zu haben, damit es unter dem Schatten seiner Flügel wohnen könne.
Hier mögen wir einen Vergleich ziehen mit den Bemühungen Gottes um den Menschen überhaupt. Als Adam und Eva gesündigt hatten und es in ihrem vertrauten Umgang mit Gott zu einem Bruch gekommen war, da ging der erste Schritt zur Wiederherstellung von Gott aus. «Wo bist du?» rief Gott in den Garten hinein. Gott will den Menschen bei sich haben, in seiner Nähe. Der Mensch ist nicht nur sein Geschöpf, er ist in erster Linie der Gegenstand der Liebe Gottes. Und die Liebe Gottes bringt seine Fürsorge für ihn in Bewegung. Er sandte seinen Sohn in Armut in eine finstere, mit Sünde befleckte Welt, um die Menschen, die Sünder zu retten und sie zu Gott, in seine Nähe zu bringen.
Gottes Fürsorge um uns ist eine bleibende Bemühung, sie war nicht nur eine einmalige Anstrengung. Wenn wir errettet sind, dem Verderben der Sünde entrissen, bleibt seine Fürsorge um uns als seine Kinder bestehen. Es ist die Fürsorge unseres Gottes und Vaters. So wie das Ziel für die Israeliten das gelobte Land war, so ist es Gottes Ratschluss mit uns, dass wir bei Ihm sein sollen. Auf dem Weg zu seiner Herrlichkeit erfahren auch wir fortwährend seine Fürsorge um uns. Denken wir nur an die Zusammenkünfte mit den Gläubigen, an den Tisch des Herrn, an die Gebetsstunden, an die Bibelbetrachtungen. Ja, jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von Gott herab.
Mittels des Heiligen Geistes kümmert sich Gott auch um jeden von uns persönlich. Sind wir uns der Fürsorge Gottes bewusst, dann können wir, wenn wir uns in seinem Licht aufhalten, wie Henoch «mit Gott wandeln». Wir leben dann nicht in der Gottesferne, sondern erfahren jeden Augenblick, dass Er bei uns ist.
Aber Gott kümmert sich noch in anderer Weise um uns. Krankheiten, Unfälle, Prüfungen allerlei Art sind Eingriffe Gottes in unser Leben. Und wie schwierig es oft zu begreifen ist, so können wir doch davon überzeugt sein, dass es Prüfungen sind, die Gott in Liebe herbeigeführt hat, «damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi» (1. Pet 1,7).
Lasst uns daher nicht klagen, wenn Gott sich in dieser Weise um uns kümmert, sondern lasst uns vielmehr an das Schriftwort denken: «danksagt in allem» (1. Thes 5,18), oder sogar an das Wort in Epheser 5,20: «Danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus.»
Glücklich der Mensch, der weiss: Gott nimmt Kenntnis von mir! Glücklich das Kind Gottes, das täglich erfährt, dass es ein Gegenstand der liebenden Fürsorge Gottes ist! Er will uns schon in diesem Leben fortwährend bei sich haben, bis wir dann für immer bei Ihm in der Ruhe sind. Was immer auf dem Weg dorthin uns noch begegnen mag – so haben wir doch stets diese tröstliche Gewissheit: Gott kümmert sich um uns.