Unser Lebensweg

Unser Leben ist wie ein Weg, den wir zurücklegen. Im Lauf der Jahre wird der zurückgelegte Teil immer grösser und das, was noch vor uns sein mag, mit jedem Tag kürzer. Wenn wir jung sind, denken wir wenig daran, dass der Weg ein Ende hat. Selbst wenn wir alt werden, haben wir oft noch die Neigung, den Gedanken an das nahende Ende von uns wegzuscheuchen.

Der zurückgelegte Weg wird genau gemessen. Für die, die noch am Anfang sind, besteht er aus so und so vielen Tagen und Monaten, später aus Jahren. Von dem Weg, der vor uns liegt, weiss nur der das Mass, der selbst unserem Leben die Grenze gesetzt hat. «Handbreiten» gleich hat Er unsere Tage gemacht.

Wenn wir älter werden, machen wir oft, bewusst oder unbewusst, eine Schätzung der Länge des Weges, der uns noch bleibt.

Ob wir aber alt oder jung sind, wir kennen das Mass unserer Tage nicht. Wer meint, das Ende erreicht zu haben, kann oft noch jahrelang leben, wogegen für andere, selbst für jüngere, manchmal ganz unerwartet das Ende kommt.

Welch ein Vorrecht für uns, die glauben, ist es doch, dass wir von dem Weg aus, den wir gehen, einen Ausblick haben auf das zukünftige Leben! Wenn unsere Jahre zunehmen, braucht die Zukunft nicht ein stets enger werdender Gesichtskreis zu werden. Unsere Erwartungen brauchen nicht allmählich abzunehmen, bis wir dann schliesslich, statt vorwärts zu blicken, in der Vergangenheit leben, in unseren Erinnerungen. Wenn dies der Fall ist, fehlt unserem Lebensabend das Licht der «zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll». Wir denken dann nicht an die Herrlichkeit und erfreuen uns nicht im Gedanken, «dass die Errettung jetzt näher ist, als damals, als wir gläubig wurden»  (Röm 13,11) .

Gott hat uns zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen (1. Pet 5,10). Dies geschah, als wir uns noch nicht zu Ihm bekehrt hatten und unsere Wege noch ohne Ihn, ohne Hoffnung auf die Zukunft, verliefen. Er, der uns berufen hat, beruft uns zu derselben Herrlichkeit (1. Thes 2,12). Lasst uns auf die Stimme achten, die unser Auge jeden Tag abziehen will von den Dingen, die hier auf der Erde sind, um sie auf das Ewige hinzulenken! Diese Stimme Gottes richtet sich an alle seine Kinder, aber sie muss doch besonders die ansprechen, die sich dem Ende ihres Weges nähern.

Wir dürfen in der Erwartung des Kommens unseres Heilands leben, der unseren Leib der Niedrigkeit seinem Leib der Herrlichkeit gleichförmig machen wird. Die Möglichkeit bleibt aber, dass auch wir noch zu denen gehören, die in Jesus entschlafen, deren irdische Hütte zerstört wird, damit sie ein Haus von Gott empfangen, ein ewiges, in den Himmeln. Gottes Kinder brauchen der Stunde, in der sie das Ende ihres Weges erreichen, nicht mit Furcht entgegenzusehen. Der Gedanke daran muss sie nicht beunruhigen. Als Jakob auf seinem Sterbebett lag, wartete er nicht auf den Tod, sondern er sagte: «Auf deine Rettung harre ich, o Herr» (1. Mo 49,18).

Als David, dankbar für das, was der Herr, sein Hirte, für ihn getan hatte, an das Tal des Todesschattens dachte, fürchtete er nichts Übles, «denn du bist bei mir.» Paulus, der in das Paradies entrückt wurde und dort unaussprechliche Worte hörte, schrieb an die Philipper von seinem Verlangen, abzuscheiden, um bei Christus zu sein.

  • Ach nein, das ist kein Sterben,
    wenn Christen heimwärts gehn,
    nur ein Hinüberschreiten
    vom Glauben hin zum Sehn.
  • Sie gehn vom Erdendunkel,
    ins helle, ewge Licht,
    vertauschen Kreuz mit Krone
    vor Jesu Angesicht.

Bejahrter Leser, der du dem Herrn angehörst, lass uns nicht in der Vergangenheit leben und immer nur an das denken und von dem sprechen, was hinter uns liegt. Lass uns auch nicht unruhig sein über das, was noch über uns kommen mag, sondern uns ausstrecken nach dem, was vor uns liegt, nach der ewigen Herrlichkeit, wozu der Gott aller Gnade uns berufen hat.

«Er selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott, unser Vater, der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade, tröste eure Herzen und befestige euch in jedem guten Werk und Wort» (2. Thes 2,16.17).