Ein anderer Sachwalter

Johannes 14,16-26

«Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Sachwalter geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt» (Joh 14.16.17).

In Johannes 14,3 spricht der Herr davon, dass Er in leiblicher Gestalt wiederkommen werde, um die Seinen zu sich zu nehmen; aber im 18. Vers redet Er von seinem geistlichen Kommen zu uns, das jetzt geschieht: «Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch.» Er sagt dies im Anschluss an die eingangs erwähnte Verheissung vom Kommen des Heiligen Geistes.

Der Herr war im Begriff, von seinen Jüngern wegzugehen, und sie waren deshalb betrübt. Doch sagte Er ihnen, dass gerade sein Weggehen für sie ein Gewinn sein würde; während seiner Abwesenheit werde Er – durch den Geist – dauernder bei ihnen sein, als in den Tagen seines Fleisches (vgl. Joh 16,7). Als z.B. Lazarus krank war, waren die Schwestern traurig, dass der Herr Jesus nicht hier war; wir aber müssen Ihn nie vermissen, auch in unseren Zeiten der Trübsal ist Er immer zugegen.

Die leibliche Gegenwart Jesu sollte den Jüngern jetzt weggenommen werden, dafür aber verhiess Er ihnen, an seiner statt den Heiligen Geist zu senden: «Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Sachwalter geben.» Johannes der Täufer hatte das unmittelbare Kommen des Herrn Jesus vorausgesagt; Er selbst verkündigte das Kommen des Heiligen Geistes.

Das hier gebrauchte griechische Wort «paraklet» bedeutet mehr als nur «Tröster» (siehe die Anmerkung zu Vers 16). Gewiss, wir brauchen Trost auf unserer Reise durch diese Welt, aber wir haben auch noch andere Hilfeleistungen nötig, und für alles, was wir benötigen, will der Sachwalter besorgt sein.

Während der drei Jahre, in denen der Herr Jesus in der Mitte der Jünger war, hatten sie gelernt, sich in jeder Not an Ihn zu wenden und für alles von Ihm abhängig zu sein. Nun ging Er weg, und sie fühlten sich untröstlich. Aber Er versprach ihnen einen anderen Sachwalter, der für sie das sein sollte, was Er gewesen war, und der bei ihnen bleiben würde, nicht nur für drei Jahre, sondern «in Ewigkeit»den Geist der Wahrheit. Die Welt konnte Ihn nicht empfangen, weil «sie ihn nicht sieht, noch ihn kennt»; wir aber kennen Ihn, denn «er bleibt bei euch und wird in euch sein», sagt der Herr.

Der Auferstandene erschien den Seinen: Maria Magdalene bei der Gruft, den Jüngern im Obersaal, den beiden, die nach Emmaus gingen, und den Jüngern am Ölberg; die Welt hingegen wusste nichts von diesen Offenbarungen, und so ist sie auch jetzt unwissend über den Heiligen Geist. «Er bleibt bei euch und wird in euch sein», ist uns, den Seinen, gesagt. Er ist hier, um uns Christus zu offenbaren. Der Herr selbst will in unseren Bedürfnissen zu uns kommen – «Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch» – aber nur durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes können wir seine Gegenwart verwirklichen. Wir können nicht sagen, wie der Herr zu uns kommt; wir können sein Kommen anderen nicht erklären, aber wir wissen, dass Er kommt, denn wir haben es oft erfahren, und es ist der Heilige Geist, der uns seine Gegenwart bewusst macht.

Der Genuss dieser grossen Vorrechte ist jedoch von unserer Treue und unserem Gehorsam abhängig. Wir lesen: «Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren» (Joh 14,21).

Wir wissen, was seine Gebote sind. «Tut dies zu meinem Gedächtnis», ist eines von ihnen. Einerseits ist dies ein Vorrecht, eine Bitte, die der Herr an uns richtet, aber es ist auch ein Gebot, denn es ist der Herr, der da spricht, der Eine, der ein Recht hat, zu befehlen.

Denen, die Ihn lieben und seine Gebote halten, verheisst Er, sich ihnen in besonderer Weise zu offenbaren – «Ich werde … mich selbst ihm offenbaren.» Judas fragt: «Herr, und was ist geschehen, dass du dich selbst uns offenbaren willst und nicht der Welt?» Darauf antwortet der Herr: «Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten.» Da geht es nicht nur um seine Worte, sondern um den ganzen Inhalt seines Lebens. Er redet hier von einem Jünger, der nicht nur seine ausdrücklichen Gebote zu halten wünscht, sondern Ihm in allem wohlgefallen will (vgl. Phil 2,5: «diese Gesinnung sei in euch»). Der Herr sagt von einem solchen: «Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.» Das liebende und gehorsame Herz wird also zu einer Wohnung des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes; das Heiligtum der heiligen Dreieinigkeit ist im Herzen dessen, der den Herrn liebt. Dagegen lesen wir: «Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht.»

Zudem würde der Heilige Geist auch im Gedächtnis der Jünger wirken und die Gedanken und Worte des Meisters wieder lebendig machen (Vers 26). In dieser Beziehung wirkt Er auch in uns. Jeder, der für einige Zeit in christlicher Umgebung und Gemeinschaft lebt, hat für gewöhnlich in seinem Herzen einen grossen Schatz von Schriftworten und kennt viele ihrer Zusammenhänge. Der Heilige Geist wird das, was Er uns in den Versammlungen oder durch die Diener des Herrn gesagt hat, oft in Erinnerung rufen und uns dadurch gerade die Hilfe bringen, die wir den Umständen entsprechend nötig haben. Der Herr sagt: «Der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.»