Er wohnte unter uns

Johannes 1,14-18

Obwohl noch niemand Gott gesehen hat, können wir doch, wenn wir in der Liebe bleiben, durch den Heiligen Geist sagen: «Gott bleibt in uns und seine Liebe ist vollendet in uns» (1. Joh 4,12). Das gibt uns Kraft und übt auf den praktischen Zustand und auf alle Dinge grossen Einfluss aus.

In diesem Abschnitt liegt der Schwerpunkt auf der Tatsache, dass das Wort offenbart und Fleisch geworden ist, im Gegensatz zu den ersten Versen dieses Kapitels, die Ihn uns als Gott vorstellen. Er war immer die Wonne Gottes, und seine Wonne war bei den Menschenkindern; und so wurde Er Mensch, um die Menschen zu Gott zurückzuführen und damit die ganze Fülle der Güte Gottes inmitten des Bösen dieser Welt offenbart werden konnte. Gott war auf der Erde, an der Stätte der Sünde, des Verfalls und des Elends. Da «hat er unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen», indem Er «unter uns wohnte». Gott ist in diese Welt gekommen. Wir sehen Ihn inmitten des Elends hier auf der Erde, auf dem Schauplatz der Leiden und der Schmerzen, und Er litt mehr darunter als die Menschen selbst.

Ich rede hier nicht vom Tod, sondern vom Leben des Heilands, so wie Er am Grab des Lazarus stand, wo Maria Ihm sagte: «Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben.» Er kam in die Welt, um hier zum Ausdruck zu bringen, was Gott ist. Diesmal erschien Er nicht nur für einen Augenblick, so wie Er einst Abraham besuchte oder zu Mose und dem Volk auf den Sinai herabstieg, sondern Er kam und wohnte unter uns. Er lebte und wandelte unter den Menschen. Er war nun nicht inmitten der Engel im Himmel, sondern war herabgekommen, um sich unter seinem Volk, unter seinen gefallenen Geschöpfen, in ihrer Welt aufzuhalten und um hier ein Mann der Schmerzen zu sein, der weiss, was Leiden ist. Er war Gott selbst. Welch ein Gedanke!

Er kam als die Wahrheit, und der Mensch verwarf Ihn, weil er die Wahrheit nicht ertragen konnte. Aber Er kam auch in Gnade, vor allem und zuerst in Gnade. Sie war es, die Ihn in die Welt führte, und Er war hier «voller Gnade». Wie wunderbar, dass Gott so herabgekommen ist und sich an meine Seite gesetzt hat, dass Er in Gnade zu mir kam, weil ich im Elend gewesen bin!

Wir sind jetzt in Verbindung mit Ihm, «denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade». Es gibt keinen einzigen Gläubigen auf der Erde, der sie nicht empfangen hätte und der auf diese Weise nun nicht in unmittelbare Verbindung mit der ganzen Fülle Christi gekommen wäre.

Welche Verantwortung für den, der an der Gnade teilhat! Wenn ich bekennen darf: «Ich bin einer von denen, die diese unendliche Fülle von Segen empfangen haben, dann habe ich wohl Ursache, mich zu beugen und zu demütigen. Denn wie wenig ist dieser ganze Reichtum der Gnade in meinen Wegen offenbar geworden! Wie nötig ist es doch, uns beständig daran zu erinnern, dass wir «aus seiner Fülle empfangen haben!» Das wird uns helfen, diese Gnade in allen unseren Wegen zum Ausdruck zu bringen.

Noch eine andere Wahrheit ist damit verbunden: «Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoss des Vaters ist (nicht war, beachte es wohl), der hat ihn kundgemacht.» Wenn ich Ihn kenne, so kenne ich auch den Vater, in dessen Schoss Er ist. Man hört oft sagen, der eingeborene Sohn habe den Schoss des Vaters verlassen, um in diese Welt zu kommen. Aber dem ist nicht so; Er hat den Schoss des Vaters nie verlassen. Der «Schoss» ist der Ausdruck der innigsten Vertrautheit der Liebe; und Er war immer darin. Alle Freude, die der Vater in Ihm fand, machte Er uns kund. Er offenbart uns, was der Vater ist, so wie Er Ihn kennt.

«Niemand hat Gott jemals gesehen»; aber Er, der die ganze Liebe geniesst, die in seinem Schoss ist, hat Ihn kundgemacht. Er sagt: «Mein Vater ist euer Vater.» Das ist die Frucht der Erlösung; und der Heilige Geist ist uns gegeben, damit wir dies erkennten. Es ist der Sohn, der im Schoss des Vaters ist und seine Liebe geniesst, der den Vater kundmacht, so wie Er Ihn kennt. Er führt uns zu dieser glückseligen Vertrautheit mit dem Vater und zu seiner Erkenntnis.

Welch ein Platz! Da wird uns bewusst, wie klein wir sind. Aber das Herz Gottes ist uns geöffnet, und wenn wir auch in jeder Hinsicht gering sind, so erkennen wir doch seine Grösse und wunderbare Liebe. Christus hat Ihn uns ganz nahe gebracht, damit wir in sein Herz hineinschauen können.