Diese Ermahnung, mit der der Apostel Paulus Timotheus anspornte, im Lesen des Wortes Gottes zu verharren, ist für alle Gläubigen aller Zeiten gültig. Damit diese Lektüre nutzbringend ist, muss sie planmässig, mit Energie und Ausdauer durchgeführt werden. Für die geistliche Entwicklung des Gläubigen gibt es nichts Wichtigeres. Die gehörte Verkündigung des Wortes ist kein Ersatz für das persönliche Schriftstudium. Jeder von uns soll sein Manna täglich selbst einsammeln (2. Mo 16,16).
Zweitens soll unser Lesen des Wortes von Gebet durchdrungen sein. Bitten wir vor dem Öffnen des heiligen Buches, dass Gott uns die Hilfe des Heiligen Geistes darreichen, uns seine Gedanken enthüllen und uns ein aufmerksames, gehorsames Herz geben möge. Gott offenbart sich nämlich unserem Geist in dem Mass, wie wir Ihm gehorchen (Ps 19,12; Lk 11,28; Jak 1,22.25). Schliesslich, nachdem wir die Bibel geschlossen haben, werden wir Ihm auf den Knien viel zu sagen haben, so, wie der Geist uns leiten wird.
Es ist gut, zwischen der persönlichen und der gemeinsamen Lektüre des Wortes zu unterscheiden. Jede für sich entspricht verschiedenen Bedürfnissen.
Persönliches Lesen der Bibel
Die persönliche Lektüre hat vor allem unsere persönliche Auferbauung (Belehrung, Warnung, Ermunterung; Röm 15,4) zum Ziel. Allein mit Gott, vernehmen wir seine Stimme und lassen seine Worte in unser tiefstes inneres Wesen eindringen (Heb 4,12). Diese Begegnung findet am besten am frühen Morgen statt (Spr 6,22). So empfangen wir Kraft, Licht und Ermunterung für den Tag. Was die Wahl des zu lesenden Abschnittes betrifft, so kann man einem bestimmten Leseplan folgen, eventuell nach der Bibellesehilfe «Tägliches Manna», oder den Herrn bitten, Er möge uns zeigen, welches Buch seines Wortes sich gegenwärtig für uns zum fortlaufenden Lesen eignet. Auch kann man das Kapitel oder den Abschnitt lesen, dem der Kalendervers des Tages entnommen wurde.1 Durchschnittlich widmen wir dieser Andacht eine halbe Stunde. – Das ist unsere «Morgenmahlzeit»
Ein anderes Ziel der persönlichen Lektüre ist das methodische Studium des Wortes. Dieses Studium wird sich entweder mit einem Buch der Bibel oder mit einem besonderen Thema befassen, wie z.B. mit dem Kommen des Herrn, mit dem Leben eines Mannes Gottes. Es geschieht mit Hilfe einer Betrachtung, vielleicht auch mit einer Computerbibel. Es ist von Vorteil, in ein Heft, auf Zettel, in die Bibel Notizen zu machen. Dabei unterstreichen wir die Stellen, die uns besonders wichtig erscheinen, und notieren Parallelstellen. – Das ist unsere «Abendmahlzeit».
Schliesslich werden wir uns auch eine grösstmögliche Anzahl grundlegender Stellen mit Kapitel- und Versangaben einprägen (Ps 119,11; Kol 3,16), damit der Herr nicht gezwungen ist, uns den dreifachen Vorwurf von Markus 8,18 zu machen: «Augen habt ihr und seht nicht, und Ohren habt ihr und hört nicht? Und erinnert ihr euch nicht?»
Vorgeschlagene Methode: Die auswendig gelernten Stellen in ein Notizbuch – ihrem Thema entsprechend gruppiert – eintragen, so, wie wir sie nach und nach entdecken (3 – 4 Seiten für jedes Thema reservieren, die Seiten nummerieren und ein Inhaltsverzeichnis anfertigen). Sie beständig wiederholen, z.B. in den «leeren» Augenblicken des Tages, im Tram, im Wartezimmer des Zahnarztes, auf der Reise. Die dauernde Wiederholung ist das Geheimnis eines verlässlichen Gedächtnisses.
Gemeinsames Lesen der Bibel
Die gemeinsame Lektüre geschieht vor allem in der Familie. Darüber wachen, dass sie nicht versäumt wird. Wenn Kinder da sind, liest man vorzugsweise ein Buch der Bibel im Zusammenhang, besser als nur einzelne Kapitel und Verse. Den Text des Tages vorher selbst studieren, um den Hauptgedanken der Stelle klar herausheben zu können. Nicht in die Länge ziehen und die Zuhörer zur Teilnahme anregen (Fragen stellen, Gegenstand gemeinsam erarbeiten). Mit einem Lied schliessen, auf jeden Fall aber mit Gebet, vorzugsweise auf den Knien.
Zusammenkünfte zur gemeinsamen Wortbetrachtung
Im Blick auf die Zusammenkünfte zur gemeinsamen Wortbetrachtung ist es wichtig, dass sich jeder dazu vorbereitet, selbst wenn man nicht dazu berufen ist, selbst mitzuhelfen, das Wort zu erklären. Die jungen Brüder sollten nicht zögern, Fragen zu stellen. Oft gibt sogar eine unpassende Frage Gelegenheit, der Versammlung nützliche Belehrungen zu geben. Die Schriften zur Auferbauung, Monatsschriften, gute Biographien von Männern Gottes, Werke über Kirchengeschichte und Missionsberichte sollen in unserer Lektüre auch ihren Platz finden. Wir überlegen, in welchem Ausmass dies geschehen soll, gemessen an der Zeit, die uns zur Verfügung steht, indem wir darüber wachen, dass das Lesen dieser Werke nicht die Zeit einschränkt, die wir dem Studium des Wortes Gottes selbst weihen möchten. Vielleicht wird uns dies dazu führen, unnütze weltliche Lektüre beiseite zu lassen. Achtung vor Zeitungen und Zeitschriften, ob illustriert oder nicht! Bezüglich der Wahl des religiösen Lesestoffs haben wir nötig, unterscheiden zu lernen. Ein sicherer Prüfstein ergibt sich aus der Antwort auf die Frage: Macht mir diese Lektüre die Person Christi noch kostbarer? Im Zweifelsfalle ist es gut, den Rat eines Älteren einzuholen.
Unser Leib braucht zum Wachstum die Nahrung, die wir ihm geben. Gott hat durch sein Wort für unser geistliches Wachstum vorgesorgt, in dem wir die dazu erforderlichen Elemente finden: die vernünftige, unverfälschte Milch, den Honig, das Brot des Lebens, das lebendige Wasser, die feste Speise. Wenn wir diese Nahrung vernachlässigen, verkümmert die Seele, denn «Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht» (Mt 4,4). Je mehr wir uns davon nähren, desto mehr werden wir es lieben. Wie einst David wird uns dann bewusst, dass das Wort besser ist als Tausende von Gold und Silber (Ps 119,72.162; siehe auch Jer 15,16 und 2. Tim 3,16.17).
Und nun lasst uns handeln, indem wir uns dabei des ernsten Wortes in Jakobus 4,17 erinnern: «Wer nun weiss, Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde.»
- 1Diese Methode ist aber nur zu empfehlen, wenn die Abendlektüre nicht versäumt wird, sonst bleibt unsere Erkenntnis des Wortes zu sehr Stückwerk.