Euer Herz fasse Mut!

Psalm 31

Praktisch betrachtet, enthält dieser Psalm für alle, die durch den Glauben mit Gott in Beziehung stehen und seinen Namen kennen, aber durch Trübsal zu gehen haben, kostbare Ermunterungen. Der Leser sei besonders auf folgende drei Punkte aufmerksam gemacht:

1. Weshalb in Trübsal?

Der Psalmist ist in grosse Bedrängnis gekommen. Er sagt nicht deutlich, weshalb und in welcher Etappe seines Lebens.

Die Trübsal der Gläubigen kann ja verschiedene Gründe haben:

  • eigene Verfehlung und ihre Folgen
  • die züchtigende und erziehende Hand Gottes
  • sein treues Zeugnis in einer Welt, die das Licht hasst

Bei diesem Gläubigen hier scheinen alle diese Gründe vorzuliegen. Nicht nur leidet er als Gerechter, der das Tun der Götzendiener (Vers 7) und der Gottlosen hasst (Vers 18) und gegen sie zeugt. Er muss sich insbesondere auch der eigenen Ungerechtigkeit anklagen (Vers 11).

David hat sich in seinem Leben schwere Vergehen zuschulden kommen lassen. Aber er hat sich jedes Mal in aufrichtiger Buße tief darüber gebeugt. So erlangte er die Gewissheit der Vergebung und gewann die verlorene Gemeinschaft mit Gott wieder zurück. Damit standen ihm auch dessen Hilfsquellen wieder zur Verfügung. Die schlimmen Folgen der eigenen Wege konnte ihm Gott zwar nicht ersparen, doch wandte Er ihm aufs Neue seine unverdiente, heilende Gnade zu.

Beim Apostel Paulus war es anders. Er litt in seinem treuen Dienst vor allem «Trübsal mit dem Evangelium» und ermahnte auch Timotheus, dieser Trübsal nicht auszuweichen. Für ihn selbst war sie eine Ehre, und er wurde darin «überreichlich» getröstet (vgl. 2. Kor 1,3-7; 11,23-33; 2. Tim 1,8; 4,5). Wenn wir von dieser Trübsal des Apostels wenig kennen, ist es dann nicht deshalb, weil wir in der Gottseligkeit (2. Tim 3,12) und im Zeugnis für die Wahrheit leider so weit hinter ihm zurückstehen?

2. Was der Bedrängte in Gott findet

Kommt der Gläubige in irgendeine Not, ist seine erste Reaktion oft die, dass er bei Menschen Verständnis, Anteilnahme und Hilfe sucht. Aber meist wird er dabei enttäuscht. So auch der Psalmist. Seinen Nachbarn ist er zum Hohn, seinen Bekannten zum Schrecken geworden. Die ihn sehen, fliehen vor ihm. Bei niemandem hat er einen Platz im Herzen. Geht es um Hilfe, so haben sie ihn vergessen (Verse 12.13).

Da aber richtet sich sein Herz zu Gott, und es ist erstaunlich, was der Glaube dieses alttestamentlichen Gerechten alles in Ihm findet:

Der HERR wird ihn in seiner Gerechtigkeit erretten (Vers 2). Als David seine Rechtssache vor Ihn brachte, hat ihm Gott gegenüber Saul und später gegenüber Absalom zum Recht verholfen und ihn aus ihrer Hand errettet.

Allerdings gilt es, dabei auf Gottes Zeit zu warten. Er, dessen Tun vollkommen ist, weiss in seiner göttlichen, unfehlbaren Weisheit recht wohl, wie lange die Schwierigkeiten und Trübsale noch andauern sollen, in denen sich seine Kinder befinden. Oft lässt Er sie zeitlebens bestehen.

In unserem Psalm sind es besonders die Menschen, die diesem Gläubigen das Leben so schwer machen. Sie stellen ihn in ein falsches Licht, zanken mit ihm. Sie sind Bedränger und Feinde, die ihn verfolgen. Aber selbst wenn er hier auf der Erde nicht aus diesen bedrückenden Umständen herauskäme, so ist es für ihn doch ein grosser Trost, dass der Tag nahe ist, wo er daraus befreit und vor den Augen seiner Bedränger gerechtfertigt wird. Wenn der Herr kommt, wird Er «das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Überlegungen der Herzen offenbaren … dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott» – so schrieb Paulus den Korinthern (1. Kor 4,6). Und wie wird einst am Richterstuhl des Christus auch das Tun der Ungläubigen ins Licht Gottes gebracht werden!

Uns Christen hat der Herr Jesus im Blick auf unser Verhalten gegenüber den Menschen ein Beispiel hinterlassen, damit wir seinen Fussstapfen nachfolgen, «der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet» (1. Pet 2,21-23). Jetzt ist es vor allem unsere Aufgabe, das Heil der Menschen zu suchen, mit denen wir es zu tun haben.

Der HERR ist «der Gott der Wahrheit» (Vers 6). Menschen mögen verleumden (Vers 14), mögen Lügenlippen haben, in Hochmut und Verachtung Freches reden gegen den Gerechten (Vers 19) – Gott, der alles gesehen hat und alles weiss, wird zu seiner Zeit der Wahrheit gemäss das Recht kundtun, oft hier auf der Erde schon.

So findet der Glaube in Ihm seine Stärke (Vers 5) und wie ist der Schreiber des Psalms von der Güte Gottes überzeugt! Er freut sich in ihr (Vers 8). Gott wird in seiner grossen Güte die Menschen retten, die Ihn fürchten (Verse 17 und 20). Und können wir nicht auch mit David bekennen, dass sich seine Güte bis zu diesem Tag wunderbar an uns erwiesen hat? Wir vergessen dies so leicht!

Auch nennt Ihn der Psalmist «mein Fels» (Vers 4). Auf diesen Felsen ist das Heil, das er besitzt, und alle Verheissungen des Wortes gegründet.

Gottes Name ist für ihn eine Burg, in die er fliehen kann, um Schutz zu finden. Sie ist zwar nur dem Glaubensauge sichtbar, aber für das Herz derer, die Gott fürchten, deshalb nicht weniger wirklich. Wo ist denn diese Burg? «Im Schirm deiner Gegenwart!» Da sind die Gläubigen «vor den Verschwörungen der Menschen» und «vor dem Gezänk der Zunge» verborgen (Vers 21), selbst wenn sie täglich unter ihnen leben müssen. Ja, «der Name des HERRN ist ein starker Turm; der Gerechte läuft dahin und ist in Sicherheit» (Spr 18,10).

Wie so mancher Mann Gottes, sagt auch David von Ihm: «Du bist mein Gott!» (Vers 15). Er war für ihn nicht nur der Gott seines Volkes, oder der Gott «Abrahams, Isaaks und Jakobs», sondern sein eigener Gott, mit dem er im vergangenen Leben ganz persönliche Erfahrungen gemacht hatte, mit dem er in persönlicher Beziehung stand.

Wäre es nicht gut, wenn auch wir, denen sich Gott in Christus Jesus in weit herrlicherem Mass und in unendlicher Liebe offenbart hat, uns allezeit, in guten und bösen Tagen, darauf besännen, was wir in Ihm besitzen?

3. Auf ihn vertrauen

Wie ist doch ein solcher Gott allen Vertrauens würdig! Er beschämt keinen, der sich in dieser Weise auf ihn stützt. Nur einem Einzigen, der am Kreuz aus tiefster Not in vollkommenem Vertrauen zu Ihm rief, konnte Er keine Antwort geben. Ihn musste Er verlassen, damit Er uns in unendlicher Liebe und überströmender Gnade begegnen konnte und sie uns auch jetzt täglich erweisen kann. Was Christus im 22. Psalm von den «Vätern» sagt, gilt nun auch von uns: «Auf dich vertrauten unsere Väter; sie vertrauten, und du errettetest sie. Zu dir schrien sie und wurden errettet; sie vertrauten auf dich und wurden nicht beschämt» (Ps 22,5.6).

Durch Trübsale und Nöte lernt der Gläubige auf Gott vertrauen. So gab auch David in unserem Psalm selbst in den schwierigsten Umständen mehrmals seinem Vertrauen Ausdruck und konnte daher anderen zurufen: «Seid stark, und euer Herz fasse Mut, alle, die ihr auf den HERRN harrt!» (Vers 25).

Wer da weiss, «in Gottes Hand sind meine Zeiten» (Vers 16), alle meine Tage, alle meine Geschicke, darf alles, was ihm begegnet, das Kleine und das Grosse, das Angenehme und das Widerwärtige, das Gute und das Böse, von Ihm annehmen. Dieses glückselige Bewusstsein vertieft unsere Freude und erleichtert unsere Lasten.

In diese treue Hand dürfen wir hier auf der Erde auch immer wieder unseren Geist befehlen (Vers 6), der so leicht unruhig wird und sich erschrecken lässt. Gott neigt zu uns sein Ohr, wenn wir Ihn anrufen, und auch wir können dann in allem Kummer und aller Not sagen: «Du hast mein Elend angesehen, hast Kenntnis genommen von den Bedrängnissen meiner Seele» (Vers 8). Sein Friede wird uns dann erfüllen.