Auch das Neue Testament lehrt uns interessante Dinge über die Engel und ihren Dienst, besonders im Blick auf den Herrn Jesus. Wir haben schon an die beiden Besuche des Engels Gabriel bei Zacharias und Maria erinnert. Ein Engel erschien mehrere Male im Traum Joseph, dem Gatten der Maria, um ihm zu sagen, was er für das Kind Jesu zu tun hatte. Und welch wunderbare Szene entfaltete sich in den Fluren Bethlehems! Ein Engel des Herrn kam, um den Hirten die Geburt des Erretters zu verkünden, und plötzlich fand sich eine Menge der himmlischen Heerscharen bei ihm ein, um Gott zu loben, der in seinem Sohn den Frieden und die Segnung auf die Erde herabgesandt hat.
Als Gott seinen Sohn in den Erdkreis einführte, sagte Er: «Und alle Engel Gottes sollen ihn anbeten» (Heb 1,6). Der Sohn Gottes kam aus dem Himmel herab und wurde Mensch, indem Er so seine Herrlichkeit verhüllte. Aber Er blieb dabei der Gegenstand der Anbetung und des Dienstes der Engel. In der Tat, sie dienten Ihm in der Wüste, wo Er versucht wurde (Mk 1,13), und als Er in Gethsemane in ringendem Kampf war, erschien ein Engel vom Himmel, um Ihn zu stärken (Lk 22,43). Ist es nicht geheimnisvoll und gleichzeitig rührend, Jesus in seinen Leiden durch einen Engel gestärkt zu sehen? Er war eben ein wirklicher Mensch, und als solcher konnte Er durch den Schmerz geschwächt werden und Hilfe benötigen. Aber Er litt freiwillig und um unsertwillen. Er hätte von seinem Vater zwölf Legionen Engel erbitten können zur Verteidigung gegen seine Feinde, die gekommen waren, um Ihn zu greifen, aber Er blieb Gott unterworfen, der in seinem Wort vorausgesagt hatte, dass Er leiden müsse (Mt 26,53.54).
Als dann der Herr Jesus auferstanden war und das Grab verlassen hatte, wälzte ein Engel den Stein vor dem Zugang weg und zeigte den Frauen, dass das Grab leer war. Er hiess sie hinzugehen, um den Jüngern zu sagen, dass Er auferstanden sei (Mt 28,2-7). Dann erschienen zwei Engel Maria Magdalene, die ihren Herrn beweinte. Als Er dann in einer Wolke zum Himmel fuhr, und so vor den Augen seiner Jünger verschwand, da standen zwei Engel bei ihnen und kündeten seine Wiederkehr an. Und was wird geschehen, wenn Er in Herrlichkeit zurückkehrt? Er wird mit den heiligen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen, wird uns in Markus 8,38 gesagt. Er wird vom Himmel offenbart werden mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, um das Gericht auszuüben (2. Thes 1,7.8).
Die Engel, die dem Herrn auf der Erde dienten und Zeugen seiner Auferstehung waren, die Ihn einst begleiten, wenn Er in Herrlichkeit wiederkommt, werden jetzt zum Dienst der Heiligen gebraucht. «Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die die Errettung erben sollen?» (Heb 1,14). Es war ein Engel, der zu Kornelius, dem Hauptmann, gesandt wurde, um ihn zu aufzutragen, Petrus kommen zu lassen, damit dieser Worte zu ihm rede, durch die er gerettet werden würde (Apg 10,3; 11,13.14). Ein Engel befreite Petrus aus dem Kerker, in den ihn Herodes werfen liess, in der Absicht, ihn umzubringen (Apg 12,7-10; siehe auch Verse 19-23). Ein Engel sagte zu Paulus, auf dem in Seenot geratenen Schiff, dass seinetwegen auch die übrigen verschont würden. Wie gross ist auch das Interesse der Engel an der Ausführung der Ratschlüsse Gottes gegenüber den Menschen! Sie wünschen nahe in die Dinge hineinzuschauen, die die Propheten bezüglich der Leiden Christi und der Herrlichkeiten danach angekündigt hatten; sie wollten das unendliche Geheimnis der Liebe Gottes für die sündigen Menschen ergründen (1. Pet 1,11.12). Welchen Anteil nehmen sie schon an der Bekehrung und am Heil eines einzigen Sünders! Sie jubelten einst miteinander, als die Erde, die Wohnung der Menschen, gegründet wurde, und sie freuen sich nun mit dem guten Hirten, wenn dieser sein verlorenes Schaf findet (Lk 15,10). Die Engel interessieren sich auch für das, was sich in der Versammlung Gottes auf der Erde zuträgt; die Gläubigen sollen in der Versammlung vor ihren Blicken die göttliche Ordnung darstellen (1. Kor 11,10). Vom Himmel her erkennen und betrachten sie die wunderbare Weisheit Gottes, offenbart in seinen Ratschlüssen und seinen Wegen gegenüber der Versammlung (Eph 3,10). Schliesslich sehen wir in der Offenbarung, wie ein Engel den Apostel Johannes in die Dinge des Himmels einführt, während andere die Gerichte Gottes über die schuldigen Menschen ankündigen und ausführen.
Man sieht, welch wichtige Rolle die Engel im Universum und gegenüber den Menschen haben. Diese verständigen Wesen, die unseren Augen unsichtbar sind, erfüllen also den Himmel und umgeben uns als Diener Gottes, um seine Aufträge auszuführen. Ist dies ein Grund, um uns an sie zu wenden, und ihnen eine Art Anbetung darzubringen? Nein, gewiss nicht. Weit entfernt davon, uns dazu zu ermächtigen, sagt das Wort Gottes vielmehr: «Niemand bringe euch um den Kampfpreis, der seinen eigenen Willen tut in … Anbetung der Engel» (Kol 2,18). In Offenbarung 22,8.9 wird berichtet, wie Johannes vor dem Engel, der ihm die himmlischen Dinge zeigte, niederfiel, um ihn anzubeten; aber der Engel sagte ihm: «Sieh zu, tu es nicht. Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, der Propheten, und derer, die die Worte dieses Buches bewahren. Bete Gott an.» Sie sind Knechte Gottes, gerade so, wie die Gläubigen auch.
Unter den Engeln gibt es einen besonderen, den das Alte Testament oft erwähnt: den Engel des HERRN. Es ist der HERR selbst, der sich unter dieser Gestalt den Menschen vorstellt.
In 1. Mose 18 wird berichtet, dass drei Männer Abraham erschienen (Verse 1 und 2). Aber einer der drei war der HERR selbst; Er blieb bei Abraham stehen, während zwei Engel (Kapitel 19,1) ihren Weg nach Sodom fortsetzten.
Als Abraham auf dem Berg war, um seinen Sohn Isaak zu opfern, hielt der Engel des HERRN seinen Arm auf und rief ihm vom Himmel zu: «Ich schwöre bei mir selbst, spricht der HERR … dass ich dich reichlich segnen werde» (1. Mo 22,15-17). Auch hier sehen wir, dass der Engel des HERRN der HERR selbst ist.
Dasselbe finden wir in 2. Mose 3. Der Engel des HERRN erschien Mose im Dornbusch, der brannte, ohne verzehrt zu werden, doch war es der HERR, der zu Mose sagte: «Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs», um dann hinzuzufügen: «Gesehen habe ich das Elend meines Volkes.» In Verbindung damit stellte Er sich ihm vor mit seinem erhabenen Namen «Ich bin».
In Richter 6 erschien der «Engel des HERRN» Gideon, aber im Verlauf des Berichtes lesen wir: «der HERR wandte sich zu ihm» und «der HERR sprach zu ihm» (Ri 6,12.14.16).
Die Geschichte der Geburt Simsons lehrt uns dasselbe (Ri 13). Der Engel des HERRN, der Manoah und seiner Frau erschienen war, erwiderte ihm: «Warum fragst du denn nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar!» Und Manoah, von Furcht erfüllt sagte darauf zu seiner Frau: «Wir werden gewiss sterben, denn wir haben Gott gesehen!» Auch Gideon fürchtete, sterben zu müssen, weil er Gott gesehen hatte. Aber der HERR beruhigte ihn: «Friede dir! Fürchte dich nicht, du wirst nicht sterben» (Ri 6,22.23).
Gott selbst offenbarte sich so den Menschen, indem Er in dieser Weise seine Herrlichkeit verhüllte; denn sie hätten sie ja nicht betrachten können, ohne zu sterben.
Aber das Wort Gottes lehrt uns noch etwas anderes, das nicht weniger wunderbar ist: der Engel des HERRN, der HERR selbst, ist niemand anders als der Sohn Gottes, der als Mensch den Namen «Jesus» trägt, was «der HERR ist Rettung» bedeutet. Zu diesem Schluss kommen wir, wenn wir verschiedene Schriftstellen miteinander vergleichen: Als Manoah, der Vater Simsons, den Engel des HERRN fragte: «Wie ist dein Name?», antwortete ihm der Engel: «Warum fragst du denn nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar!» (Ri 13,17.18). Auch der Prophet Jesaja zählte bei der Ankündigung der Geburt des herrlichen Sohnes, der den Thron Davids besteigen und eine Herrschaft des Friedens aufrichten wird, seine Titel auf, deren erster «Wunderbarer» ist (Jes 9,6.7). Wenn wir das sechste Kapitel desselben Propheten mit den Versen 37-41 aus Johannes 12 vergleichen, so sehen wir, dass der HERR der Heerscharen, dessen Heiligkeit und Herrlichkeit die Seraphim ausrufen, derselbe ist wie Jesus, den die Juden verwarfen; denn es wird gesagt: «Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete» (Joh 12,41).
Wir wissen also, wer diese geheimnisvolle Persönlichkeit ist, die Abraham erschien, die mit Jakob rang (vgl. 1. Mose 32,24-30 mit Hosea 12,4-6), die im Dornbusch mit Mose wie auch mit Gideon und Manoah im Freien redete. Es war der HERR. Er ist in der Fülle der Zeit auf die Erde gekommen und der demütige Jesus von Nazareth geworden, von dem gesagt wird: «Er kam in das Seine.» Er kam zu seinem Volk Israel, das Er aus Ägypten gerufen, in der Wüste geleitet und beschützt, das Er in Kanaan eingeführt, so oft befreit und so lange ertragen hatte. Aber als Er voller Gnade und Wahrheit kam, nahmen Ihn die Seinen nicht an. «So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben» (Joh 1,11.12). Welche unendliche Gnade, zu diesen zu gehören!