Wofür leben wir? Um Frucht für Gott zu bringen?

Johannes 15,1-17

Sicher ist jeder von uns schon einmal mit der Frage konfrontiert worden: Wofür lebe ich eigentlich? Was antworten wir darauf? Unsere menschlichen Antworten mögen ganz verschieden ausfallen. Aber wie sieht es aus, wenn wir das gesteckte Ziel nicht erreichen, wenn unsere Wünsche nicht eintreffen? Oder was ist, wenn wir feststellen, dass diese Sache uns doch nicht die innere Erfüllung bringt, die wir erhofft haben?

Glücklicherweise gibt es auch eine biblische Antwort auf diese Frage. Sie lautet: Um für Gott Frucht zu bringen. Der Herr Jesus selbst sagt in Johannes 15,8: «Hierin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt, und ihr werdet meine Jünger werden.» Ein Leben, durch das Gott verherrlicht wird – d.h. in dem etwas von seiner Herrlichkeit und seinen Eigenschaften sichtbar wird – das sollte das Ziel eines Christen sein!

Wir wollen deshalb das Thema anhand von drei Fragen näher ansehen:

  1. Was ist Frucht für Gott?
  2. Wie bringe ich Frucht für Gott?
  3. Welche Hindernisse gibt es, um für Gott Frucht zu bringen?

Was ist Frucht für Gott?

Diese Frage kann man eigentlich ganz einfach beantworten, weil wir im Neuen Testament konkrete Beispiele dafür finden. Wir nennen im Folgenden einige Bibelstellen, wo etwas als «Frucht» bezeichnet wird:

  • Menschen für den Herrn gewinnen (Röm 1,13): Paulus hatte den Wunsch, auch in Rom Menschen für den Herrn zu gewinnen, «um auch unter ihnen etwas Frucht zu haben».
  • Das Werk des Herrn finanziell unterstützen (Röm 15,26-28; Phil 4,17): Sehr schön ist hier die Formulierung, dass Paulus bei den Philippern «die Frucht sucht, die überströmend ist für ihre Rechnung». Gott würde ihnen die finanzielle Hilfe, die sie leisteten, einmal «anrechnen».
  • Gott loben und anbeten (Heb 13,15): «Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.»
  • Gute Werke tun: «Um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend» (Kol 1,10). «Damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben ... Lass aber auch die Unseren lernen, für die notwendigen Bedürfnisse gute Werke zu betreiben, damit sie nicht fruchtleer seien» (Tit 3,8.14). In Titus 2 wird ausführlich beschrieben, was «gute Werke» im Leben der Gläubigen bedeuten. Es werden die alten Männer, die alten Frauen, die jungen Frauen, die jungen Männer und die Knechte angesprochen.
  • Christusähnlichkeit (Gal 5,22.23): «Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.» Diese neun genannten Eigenschaften bilden zusammen die «Frucht des Geistes». Sie sollen das Wesen des Christen ausmachen. Das grosse Vorbild dazu ist unser Herr selbst!

Wenn wir über diese fünf Beispiele nachdenken, dann merken wir relativ bald, dass die Frage damit doch nicht so einfach beantwortet wird.

Es reicht nämlich nicht aus, all das äusserlich zu tun, wenn die innere Motivation nicht richtig ist. Gibt man beispielsweise Geld für das Werk des Herrn, um dann von den Menschen geehrt zu werden, so ist das bestimmt «keine Frucht für unsere Rechnung». Der Herr sagt dazu: «Wenn du nun Wohltätigkeit übst, sollst du nicht vor dir her posaunen lassen, wie die Heuchler ..., damit sie von den Menschen geehrt werden. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen» (Mt 6,2).

Versucht man die «Frucht des Geistes» aus eigener Kraft hervorzubringen, dann wird das zwei mögliche Folgen haben:

  • Entweder wird es zur Verzweiflung führen, weil man sich – wenn man ehrlich ist – eingestehen muss, dass man dazu nicht in der Lage ist. Obwohl man es aufrichtig versucht, scheitert man doch immer wieder. Das ist genau die Erfahrung, die in Römer 7 beschrieben wird.
  • Oder man fängt an, sich etwas auf seine «Frömmigkeit» einzubilden und wird dabei stolz und hochmütig.

Das Problem ist hier, dass die «Blickrichtung» nicht stimmt. Das Pendel wird immer zwischen den beiden Polen (Verzweiflung oder Stolz) hin- und herschwingen. «Frucht für Gott» ist es aber sicher nicht.

Wir sehen also, dass das «Wie», d.h. die Motivation, eine entscheidende Rolle spielt. Damit kommen wir zur zweiten Frage.

Wie bringe ich Frucht für Gott?

Die Antwort darauf gibt uns der Herr selbst im bekannten Gleichnis vom «wahren Weinstock» in Johannes 15,1-17. Auch wenn wir in diesem Rahmen nicht auf Einzelheiten dieses Abschnitts eingehen können, ist es doch gut, ihn wieder einmal in Ruhe zu lesen. Wir beschränken uns auf einige Aussagen.

Eine Vorbemerkung zum besseren Verständnis ist mir an dieser Stelle sehr wichtig. Es gibt im Neuen Testament drei Bilder, bei denen Menschen, die ein Bekenntnis haben, mit einem Gewächs oder Baum verglichen werden. So wie Bäume auf der Erde wachsen, so werden auch in allen drei Bildern diese Menschen auf der Erde gesehen. Es geht bei diesen Bildern immer um unsere Verantwortung auf der Erde und nie um unsere himmlische Stellung. Darum ist der «Segen» immer von unserer Treue abhängig.

  • Beim Feigenbaum handelt es sich um das Bekenntnis (Mk 11,12-14.20.21).
  • Beim Ölbaum finden wir den Gedanken der Vorrechte (Röm 11,16-21).
  • Beim Weinstock geht es um die Frucht (Joh 15).

Weinstock, Weingärtner, Reben

Nun zurück zu unserem Gleichnis. Der Herr verwendet aus diesem Bild drei Elemente, die Er auf das Fruchtbringen überträgt:

  • Der Weinstock: Dieses Bild war den Jüngern aus dem Alten Testament bereits bekannt. Israel wird an verschiedenen Stellen mit einem Weinstock verglichen, von dem Gott erwartet hatte, dass er Frucht bringen würde (Ps 80,9-12; Jes 5,1-7). Leider hatte Israel versagt und diese Erwartungen nicht erfüllt. Jetzt war der Herr Jesus selbst auf der Erde und erfüllte das vollkommen, worin wir Menschen versagt haben. Er bezeichnete sich deshalb als der wahre Weinstock (Vers 1a).
  • Der Weingärtner: Das ist Gott, der Vater (Vers 1b). Der Weingärtner ist für die Pflege des Weinstocks zuständig. Er sorgt dafür, dass der Weinstock möglichst viel Frucht bringt. Wie tut er das? Zwei Tätigkeiten werden in Vers 2 genannt:
  1. Er schneidet unfruchtbare Reben weg. Das bedeutet, dass Gott in unser Leben züchtigend eingreifen wird, wenn wir Dinge dulden, die unsere Fruchtbarkeit für Gott behindern (vgl. 1. Kor 11,30). Ein ernster Gedanke! Aber wie schon gesagt: Den Gedanken unserer Errettung dürfen wir nicht in dieses Bild hineinbringen.
  2. Er reinigt die Reben. Ich habe gelesen, dass man im Orient die Weinstöcke regelmässig mit Wasser abwusch, um sie so von Ungeziefer zu reinigen und ihre Fruchtbarkeit zu erhöhen. Das ist ein schönes Bild davon, dass der Herr uns durch «die Waschung durch das Wort» reinigt (Eph 5,26).
  • Die Reben: Sie sind ein Bild der Jünger (Vers 5). So wie die Reben Frucht bringen sollen – das ist die Absicht des Weingärtners – genauso sollen die Jünger Frucht bringen.

Abhängigkeit und Gehorsam

Wir kommen nun zur Frage, die uns beschäftigt. Wie bringt «eine Rebe» die erwartete Frucht? Der Herr sagt dazu:

  • «Bleibt in mir, und ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt» (Vers 4).
  • «Wer in mir bleibt und ich in ihm, dieser bringt viel Frucht, denn ausser mir könnt ihr nichts tun» (Vers 5).
  • «Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, um was ihr wollt, und es wird euch geschehen» (Vers 7).

Es fallen uns zwei Ausdrücke auf, die der Herr dreimal betont: Der Jünger muss in Ihm bleiben und der Herr, bzw. seine Worte müssen im Jünger sein. Mit anderen Worten: Es muss eine enge, praktische Lebensverbindung zwischen dem Jünger und dem Herrn existieren, genau wie bei einer Rebe. Wir kennen das gut. Bei einer Pflanze reicht es schon aus, dass ein Zweig etwas abgeknickt ist, und schon ist «die Lebensverbindung» gestört und der Zweig verdorrt. Ich möchte das ganz einfach auf uns übertragen:

  • Bleibt in mir: Das drückt unsere Abhängigkeit vom Herrn aus. Der Stellung nach sind wir «in Christus» (Röm 8,1). In unserem täglichen Glaubensleben müssen wir jedoch auch, was unseren Zustand angeht, «in ihm bleiben». Das bedeutet, dass wir fortwährend die Gemeinschaft mit Ihm suchen. Praktisch äussert sich das durch unser Gebetsleben.
  • Ich in euch: Das ist das Gegenstück dazu – der Herr, bzw. seine Worte müssen in uns sein. Dann bestimmt Er durch sein Wort über unser Leben. Das drückt sich praktisch durch den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes aus.

Sind Abhängigkeit und Gehorsam, bzw. Gebet und Wort Gottes wirklich bei uns vorhanden, dann wird die Frucht in gewisser Weise «automatisch» wachsen, ohne dass wir uns krampfhaft darum bemühen. Mit anderen Worten: Wir konzentrieren uns nicht auf die Frucht, sondern auf Christus. Bei einer Pflanze braucht es Licht (Sonne) und Wasser, damit sie wächst. Genauso müssen wir uns den Strahlen der Liebe Gottes aussetzen und diese Liebe durch das Wasser des Wortes Gottes aufnehmen. Die Folge wird Frucht für Gott sein. Äusserlich zeigt sich das dann in all dem, über das wir weiter oben nachgedacht haben.

Jemand hat das einmal treffend als «aktive Passivität» bezeichnet. Eine interessante Formulierung! Das christliche Leben besteht nicht aus reiner Passivität. Wir sind dafür verantwortlich, Frucht zu bringen. In Johannes 15,16 heisst es, dass wir «dazu bestimmt (oder gesetzt) sind, Frucht zu bringen». Das ist keine optionale Sache.

Paulus fordert uns deshalb auf: «Stellt euch selbst Gott dar als Lebende aus den Toten» und «stellt jetzt eure Glieder dar als Sklaven der Gerechtigkeit» (Röm 6,13.19). Wir sollen uns Ihm «darstellen» (aktiv), damit Er durch uns wirken kann (passiv). Letztlich ist es dann nicht unsere Aktivität, sondern das, was Gott durch uns wirken kann, was zum Segen ist und seine Zustimmung findet.

Das Beispiel von Mose

Zum Abschluss möchte ich noch eine Begebenheit aus dem Alten Testament anführen, die diesen Gedanken schön verdeutlicht. In 2. Mose 34 sehen wir Mose, wie er auf den Berg steigt, um in der Gegenwart Gottes zu sein und das Gesetz zu empfangen. Dass dies nicht ohne Auswirkung auf ihn blieb, erkannten die Menschen, als er vom Berg herabgestiegen war (Verse 29.30). Drei Punkte werden in der Folge genannt:

  • Sein Angesicht strahlte: Die Gegenwart Gottes hatte Auswirkung auf ihn selbst. Wenn wir «in ihm bleiben», d.h. ein Leben in Abhängigkeit vom Herrn Jesus führen und uns mit Ihm beschäftigen, dann wird das sichtbar werden. «Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist» (2. Kor 3,18). Die Formulierung «werdet verwandelt» ist passiv. Es heisst nicht, dass «wir uns verwandeln» (aktiv). Was Mose jedoch sehr wohl tun musste, war, auf den Berg zu steigen. Er musste aktiv werden und gehen. Hätte er das nicht getan, dann hätte sein Angesicht auch nicht gestrahlt.
  • Er wusste nichts davon: Das ist bezeichnend. So sollte es auch bei uns sein. Unser Blick sollte nicht auf uns und unsere Frucht gerichtet sein, sondern auf den Herrn.
  • Die Israeliten fürchteten sich, ihm nahe zu kommen: Heiligkeit und Christusähnlichkeit bleiben nicht verborgen. Es wird unserer Umgebung auffallen und auch zur Ablehnung vonseiten der Welt führen.

Welche Hindernisse gibt es, um für Gott Frucht zu bringen?

Anhand des Gleichnisses vom Sämann in Matthäus 13,1-9.18-23 möchte ich zeigen, was uns daran hindern kann, für Gott Frucht zu bringen. Bevor ich jedoch das Gleichnis auf Gläubige anwende, will ich kurz die lehrmässige Bedeutung dieser Verse vorstellen.

In Matthäus 13 führt der Herr «das Geheimnis vom Reich der Himmel» ein. Er erklärt das anhand von sieben Gleichnissen. Sechs dieser Gleichnisse beziehen sich direkt auf das Reich der Himmel und seine Geheimnisse. Dabei wird das Reich der Himmel immer mit etwas verglichen. Es heisst jedes Mal: «Das Reich der Himmel ist gleich ...» Oder: «Das Reich der Himmel ist ... gleich geworden.» Im Matthäus-Evangelium finden wir insgesamt zehn dieser Gleichnisse. Sechs in Kapitel 13, die anderen in den Kapiteln 18,23-35; 20,1-16; 22,2-14; 25,1-13. Zehn ist die Zahl der Verantwortung des Menschen – was sehr gut zum Gedanken des Reichs passt.

Das erste Gleichnis in Matthäus 13 gehört nicht zu diesen zehn, sondern nimmt einen besonderen Platz ein. Es zeigt uns, wie das «Geheimnis des Reichs der Himmel» aufgerichtet wird: Es geschieht nicht durch die Macht eines Königs, der seine Feinde besiegt, wie das bei weltlichen Königreichen der Fall ist, sondern durch die Predigt des Wortes (Mk 4,26). Das Wort Gottes ist der Same, aus dem dieses geistliche Reich wächst. Das gesäte, d.h. verkündete und verbreitete Wort fällt auf unterschiedliche Herzensböden. Lehrmässig sind damit ungläubige Menschen gemeint, die das Wort Gottes hören oder lesen. Ich möchte das betonen, damit keine Verwirrung entsteht.

Trotzdem können wir die in diesem Gleichnis beschriebenen Herzenszustände auch auf uns Gläubige anwenden. Es werden drei «schlechte Böden» genannt, die verhindern, dass der Same aufgeht und Frucht bringt:

  1. «Der Weg» (Verse 4.19): Damit sind Menschen gemeint, die das Wort Gottes ablehnen. Der Teufel kommt und reisst es weg. So finden wir zum Beispiel in Epheser 6,16 die «feurigen Pfeile des Bösen», die uns Zweifel am Wort einflössen wollen, um so seine Wirkung zu zerstören.
  2. «Das Steinige» (Verse 5.6.20.21): Diese Menschen nehmen das Wort äusserlich auf, aber es dringt nicht bis ins Herz. Es wird nur intellektuell oder emotional aufgenommen. Damit wird das Fleisch symbolisiert. Verfolgung und Widerstand machen offenbar, dass das Fleisch keine Frucht für Gott bringen kann.
  3. «Die Dornen» (Verse 7.22): Hier sind es die Sorgen der Welt und der Betrug des Reichtums, die dem Fruchtbringen im Weg stehen.

Wir Christen haben es also mit drei Feinden zu tun, die verhindern wollen, dass Frucht für Gott in unserem Leben entsteht. Das Problem mag bei jedem von uns etwas anders liegen. Der eine ist vielleicht von Zweifeln geplagt. Einem anderen macht das Fleisch mehr Mühe, das seine eigenen Werke hervorbringen will. Oder es ist die Welt mit ihrem Materialismus, die uns zu schaffen macht. Wichtig ist, dass wir persönlich erkennen, wo bei uns der Schwachpunkt liegt, um mit der Hilfe des Herrn diesen «Feind» zu überwinden.

Dazu drei Bibelstellen, die uns das jeweilige «Mittel» gegen diese Feinde zeigen:

  1. Der Teufel: «Widersteht aber dem Teufel, und er wird von euch fliehen» (Jak 4,7). Es heisst hier nicht, dass er «vor» uns, sondern «von» uns, d.h. von uns weg, flieht. Wenn wir ihm mit dem Wort Gottes begegnen, muss er den Rückzug antreten und von uns weggehen. Das Beispiel dazu finden wir bei unserem Herrn, als Er in der Wüste vom Teufel versucht wurde und immer mit dem Wort Gottes geantwortet hat (Mt 4,1-10).
  2. Das Fleisch: «Wandelt im Geist und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen» (Gal 5,16).
  3. Die Welt: «Dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?» (1. Joh 5,4.5).