Wenn wir die Bibel lesen, erkennen wir verschiedene Zeiten in der Menschheitsgeschichte, in denen Gott auf unterschiedliche Weise mit den Menschen handelt. Man kann sie «Heilszeiten», «Haushaltungen» oder «Dispensationen» nennen. Drei Beispiele dazu:
- Zur Zeit Noahs übergibt Gott den Menschen die Regierung. Er verleiht ihnen die Autorität, das Böse zu bestrafen.
- Bei Abraham sehen wir, wie Gott einen einzelnen Menschen aus seiner Umgebung herausruft und segnet.
- Später gibt Gott dem Volk Israel das Gesetz als Lebensregel. Dieses Gesetz galt vorher nicht und betraf auch die anderen Völker nicht.
Gott kann auf diese Weise handeln. Er kann eine Verwaltung oder eine Haushaltsordnung festlegen, die für ein bestimmtes Volk in einem gewissen Zeitraum gilt. Wer hat das Recht zu sagen, dass Gott dies nicht tun darf? Er ist souverän. Er handelt jedoch nicht willkürlich, sondern benutzt die verschiedenen «Heilszeiten», um seine Herrlichkeit zu zeigen.
Die wesentlichen Merkmale einer Heilszeit
Eine Heilszeit in der Bibel ist durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:
- Eine Offenbarung von Gott: Zu Beginn einer Zeitperiode gibt Gott eine neue Offenbarung. Das bedeutet nicht, dass Er sich verändert hat. Es geht Ihm vielmehr darum, entweder etwas Zusätzliches von sich selbst zu zeigen oder neue Bestimmungen aufzustellen, nach denen die betroffenen Menschen während dieser bestimmten Zeit in Beziehung zu Ihm stehen und leben sollen.
- Eine Verantwortung oder Verwaltung: Aus der neuen Offenbarung Gottes ergibt sich eine Verantwortung, die jene erfüllen sollen, denen Gott sich offenbart hat – entweder die Menschheit oder ein Volk.
- Frühes Versagen: Im Allgemeinen versagt der Mensch sehr schnell, nämlich schon zu Beginn der neu eingeführten Heilszeit.
- Abschluss durch Gericht: Das Versagen des Menschen führt dazu, dass Gott schliesslich Gericht ausüben muss.
Welche Heilszeiten gibt es?
Wir stellen eine Einteilung vor, bei der die Menschheitsgeschichte auf der Erde in sieben Zeitabschnitte unterteilt wird. Es gibt auch andere mögliche Einteilungen. Diese «Übersichten», die von Bibelauslegern gemacht wurden, sind nützliche Hilfsmittel. Sie geben eine Struktur, dank der wir Gottes Handeln mit den Menschen auf der Erde besser verstehen können.
Zeitraum | Heilszeit | Bibelstellen | Versagen von Anfang an | Gericht am Ende | |
1 | Von der Schöpfung bis zum Sündenfall | Unschuld | 1. Mo 2,15-17 | Der Sündenfall (1. Mo 3,6) | Vertreibung aus Eden (1. Mo 3,22-24) |
2 | Vom Sündenfall bis zur Flut | Gewissen | 1. Mo 3,7.22 | Der Mord durch Kain (1. Mo 4,8) | Flut (1. Mo 6,5-7.11-14) |
3 | Von der Flut bis zum Turmbau in Babel | Regierung | 1. Mo 9,1-6 | Die Sünde Noahs (1. Mo 9,20-25) | Sprachenverwirrung (1. Mo 11,1-9) |
4 | Vom Ruf Abrahams bis zum Sinai | Verheissung | 1. Mo 12,1-3 | Der mangelnde Glaube von Abraham (1. Mo 12,10-20) | Sklaverei in Ägypten (2. Mo 1) |
5 | Von Mose bis zu Christus | Gesetz | 2. Mo 19-24 | Das Goldene Kalb zu Beginn (2. Mo 32), der fortwährende Götzendienst (2. Kön 17,7), schliesslich die Ermordung des Messias (Apg 2,23; 7,51.52) | Gefangenschaft (2. Chr 36), Zerstörung Jerusalems (Lk 21,6.20-24) |
6 | Von Pfingsten bis zur Entrückung | Gnade | Apg 2,1 | Die Sünde von Ananias und Sapphira (Apg 5,1-11), das Murren in der Versammlung (Apg 6,1), die Antichristen (1. Joh 2,18.19.22) | Gericht der Christenheit bei der Erscheinung des Herrn (2. Thes 2,7-12; Off 3,16; 17; 18) |
7 | Die tausendjährige Herrschaft des Herrn Jesus | Millennium | Jes 11; Off 20; Eph 1,10 | Trotz der vollkommenen Regierung des Herrn sündigt der Mensch (Ps 101,8) und rebelliert am Ende gegen Ihn (Off 20,7-9) | Gericht der Nationen (Off 20,3.7-10) |
Es ist weniger wichtig, ob wir sechs, sieben, acht oder neun Zeitabschnitte machen. Viel bedeutender ist es zu wissen, dass es unterschiedliche Heilszeiten gibt, und den Grund für ihr Bestehen zu kennen.
Das obige Schema wurde von C. I. Scofield bekannt gemacht und wird wohl am häufigsten verwendet.
Warum gibt es alle diese Heilszeiten?
Aus welchem Grund hat Gott verschiedene Zeiträume in seinem Handeln mit den Menschen eingerichtet? Hat Er etwas eingeführt, was nicht funktionieren konnte, um dann etwas Neues zu versuchen? Nein!
Die einfache Antwort lautet: Gott wusste alles im Voraus – wir aber nicht. Wäre der Mensch nicht auf jede erdenkliche Weise erprobt worden, hätte niemand geglaubt, dass der Mensch nur durch Gnade gerettet werden kann.
Nehmen wir an, Gott hätte seinen Sohn unmittelbar nach dem Sündenfall als Erlöser gesandt und die für den Menschen kostenlose Errettung aus Gnade angeboten. Hätte es nicht Zweifel gegeben, ob dies notwendig gewesen wäre? Man hätte argumentieren können, der Mensch könne auch auf andere Weise zu Gottes Zufriedenheit und Freude leben, wenn man ihm nur die Chance dazu geben würde.
Man hätte einwenden können: Wenn Gott dem Menschen ein inneres Alarmsystem gegeben hätte, das ihn davor gewarnt hätte, etwas Verbotenes zu tun, dann wäre der Mensch erfolgreich gewesen. Das hat sich aber als falsch erwiesen. In der Heilszeit des «Gewissens» wurde dies nur zu deutlich.
Als nächstes hätte man bestimmt angenommen: Wenn Gott eine Regierung eingesetzt hätte, um gegen das Böse vorzugehen und es zu bestrafen, hätte es bestimmt funktioniert. Nun, die Heilszeit der «Regierung» liefert klare Beweise für das Gegenteil.
Vielleicht sagst du jetzt: Hätte Gott einen Neuanfang gemacht, hätte Er einen Menschen aus seiner Umgebung herausgerufen, ihn reich gesegnet und seinen Nachkommen einen Segen versprochen, dann hätte dieser Mensch sicherlich zur Ehre Gottes gelebt. Genau das hat Gott in der Heilszeit der «Verheissung» geprüft.
Schliesslich könnte jemand einwenden: Wenn Gott dem Menschen nur buchstabengetreu vorgeschrieben hätte, was er in allen Einzelheiten des Lebens tun und lassen sollte, wenn Er ihm gesagt hätte: «Du musst dies halten, dann wirst du leben, andernfalls musst du sterben», dann hätten die Menschen, oder zumindest einige von ihnen, ein solches Gesetz gehalten. Leider ist auch das nicht der Fall. Das sehen wir in der Heilszeit des «Gesetzes».
Nach diesen verschiedenen Erprobungen und Fehlschlägen – die im Versagen Israels unter dem Gesetz gipfelten – hörte Gott auf, den natürlichen Menschen zu prüfen (Gott erprobt zwar den Glauben der Seinen, aber das ist eine andere Sache). Über einen Zeitraum von 4000 Jahren nach dem Sündenfall durch Adam hatte sich der Mensch als hoffnungslos verloren und unfähig erwiesen, Gottes Anforderungen zu erfüllen. Doch dann führte Gott zwei weitere Heilszeiten ein, mit denen Er einen bestimmten Zweck verfolgte:
- Die Zeit der Gnade: Gott benutzt diese – es ist die gegenwärtige Zeit –, um sich selbst zu verherrlichen. Er nimmt das völlige Versagen des Menschen und seine grösste Sünde – die Kreuzigung des Sohnes Gottes – zum Anlass, um neue, herrliche Segnungen einzuführen. Sie sind weitaus höher als der Segen, der in früheren Zeiten bekannt war oder hätte bekannt sein können, wenn der Mensch Gott gefallen hätte. Er nimmt die Menschen als Gefässe, um auf der Grundlage des Erlösungswerks seines Sohnes den Reichtum seiner Gnade und die Herrlichkeit seiner Gnade zu zeigen.
- Das Tausendjährige Reich: Diese Zeit dient dazu, dass Gott seinen Plan mit der Erde trotz des Versagens des Menschen erfüllen kann. Gottes Plan sah vor, dass ein Mensch – Adam mit Eva an seiner Seite – über die ganze Erde herrschen sollte. Der Sündenfall schien diese Absicht ein für alle Mal zerstört zu haben. Die Sünde kam in die Welt und brachte all das Elend mit sich. Bis heute «seufzt» die ganze Schöpfung unter dem Fluch der Sünde (Röm 8,22). Aber Gott wird dafür sorgen, dass sein Plan erfüllt wird: Christus wird als «Sohn des Menschen» mit der Versammlung an seiner Seite nicht nur über die Erde, sondern über das ganze Universum herrschen (Ps 8,5-9; Eph 1,22.23).
Schluss
Es ist nicht so wesentlich, wie wir die Heilszeiten genau einteilen, sondern dass wir die Unterschiede im Handeln Gottes mit den Menschen im Lauf der Zeit erkennen. Dann verstehen wir, dass wir als Christen nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade stehen (Röm 6,14). Dann erkennen wir auch, dass die Versammlung Gottes nicht eine Fortsetzung von Israel ist, sondern eine eigene Bestimmung hat (Eph 1,23). Es wird uns ebenfalls klar, was für einen Charakter der christliche Segen hat: Er ist nicht materiell und irdisch wie zur Zeit des Alten Testaments, sondern geistlich und himmlisch (Eph 1,3). Schliesslich verstehen wir auch, dass der Herr Jesus zuerst zur Entrückung der Gläubigen kommt, um danach mit ihnen in Macht und Herrlichkeit auf der Erde zu erscheinen (1. Thes 4,13-18).
Je mehr wir über die Heilszeiten nachdenken, desto mehr bewundern wir die vollkommene Weisheit Gottes, die in seinem Handeln mit den Menschen sichtbar wird. Trotz des Versagens der Menschen führt Er seinen Plan zu seiner eigenen Verherrlichung aus.
In jeder Heilszeit hat Gott den Menschen geprüft, sich selbst offenbart und – trotz der Sünde des Menschen und seines Versagens – sich selbst verherrlicht. Er wird dies auch weiterhin tun, bis sein Ziel mit der ersten Schöpfung erreicht und die neue Schöpfung eingeläutet ist. Ihm sei die Ehre!