Die Einstellung Josephs (Verse 1-2)
Joseph wird nach Ägypten gebracht und dort als Sklave verkauft. Er beweist bei seiner Arbeit grossen Fleiss und Erfolg. Beides beeindruckt die Menschen, die es sehen und davon profitieren. Das Geheimnis liegt in der ständigen Gemeinschaft mit dem HERRN. Wie er zu Hause dem Vater gehorcht hat, so dient er jetzt als Sklave. Die Menschen, die Joseph Aufträge erteilen, können sein Vater, der Oberste der Leibwache, der Oberste des Gefängnisses oder der Pharao sein. Immer erkennt er an, dass sie ihre Autorität von Gott haben, der über allen steht.
In diesem Sinn fordert uns der Herr auf – später tun es auch die Apostel –, uns unterzuordnen und gehorsam zu dienen, selbst wenn wir dabei ungerecht behandelt werden. Wir kennen den Geist der Welt, der sagt: «Wem nützt denn meine Arbeit? Sie wird sicher nicht ausreichend bezahlt!» Auf diese Weise wird das Herz im Blick auf die Arbeit von einem Anspruchsgeist geprägt. Der Apostel Paulus lehrt uns etwas anderes: «Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen» (Kol 3,23).
Das Zeugnis Josephs (Verse 3-6)
Joseph arbeitete also mit dem HERRN vor Augen, und der HERR war mit ihm. Sein Glaube zeigte sich in seinen Werken und bezeugte den Namen seines Gottes vor den Menschen. Hätte Joseph sein Schicksal beklagt oder mit seiner hohen Bestimmung geprahlt, wäre er kein guter Zeuge gewesen. Potiphar interessierte sich zweifellos nicht für seine Vergangenheit. Er hätte auch nicht an die herrliche Zukunft Josephs geglaubt. Aber dieser hochgestellte Mann war gezwungen, den Gott Josephs anzuerkennen, der sich so bemerkenswert zu seinem hebräischen Sklaven bekannte, weil Joseph in seinem Dienst treu war. Er sah auch den Gegensatz zwischen dem HERRN und den eitlen Göttern Ägyptens. Es ist bewegend zu sehen, dass sogar das Herz von Potiphar berührt wurde, als er sah, wie viel Gnade einem Menschen gewährt wurde, der nur ein «hebräischer» Sklave war.
Die Versuchung zur Sünde (Verse 7-18)
In Vers 7 ändert sich die Szene. Der Satan kann es nicht ertragen, dass Joseph aufgrund seiner Treue zu Gott so erfolgreich ist. Er handelt durch eine böse Frau, die Frau seines Herrn! Es überrascht uns nicht, dass sie von der Schönheit dieses jungen Hebräers (Vers 6) und von seinen aussergewöhnlichen Fähigkeiten angetan ist. Aber sie weiss nicht, woher es kommt. So erlaubt sie sich, ihm Tag für Tag ein schändliches Angebot zu machen. Sie lebt in einem Land, das vom «Genuss der Sünde» geprägt ist (Heb 11,25). Obwohl Joseph die Hurerei als eine grosse Bosheit bezeichnet, erkennt die Frau nicht, wie abscheulich diese Sünde ist.
Die Versuchung birgt eine grosse Gefahr. Es scheint genauso riskant zu sein, ihr zu widerstehen als ihr zu erliegen. Aber Joseph hält sich nicht bei den Konsequenzen auf. Sein Verhalten wird von der Herrlichkeit des heiligen Gottes bestimmt. Er hält sich nicht zurück, weil er die guten Sitten beachten oder die Anordnungen seines Herrn befolgen will. Der Grund seiner Weigerung liegt auch nicht in der Angst vor den Gerüchten, der Schande oder der Strafe. Nein, er weigert sich standhaft, weil er nicht gegen Gott sündigen will (Vers 9).
Ist unser Gewissen auch so feinfühlig? Wir müssen zugeben, dass das Empfinden für sexuelle Sünden um uns her merklich abgenommen hat. Denken wir nur an die Hurerei, die in der Gesellschaft gewissenlos ausgelebt wird. Doch Gott bezeichnet sie als Sünde und fordert uns auf: «Flieht die Hurerei!» (1. Kor 6,13-20).
Joseph wurde mehrmals versucht. Aber diese Verführung zur Sünde offenbarte nur seine Reinheit und Treue. So wird im ewigen Wort Gottes dieses schöne Beispiel aufgezeichnet – von einem Mann, der «die gleichen Empfindungen» hatte wie wir, sich aber für seinen Gott rein erhielt. Er konnte sich auf die Kraft von oben verlassen, um zu widerstehen. Auch wir sind dazu in der Lage, aber nur in dem Mass, wie wir uns nicht selbst in Versuchung begeben: «Sollte jemand Feuer in seinen Gewandbausch nehmen, ohne dass seine Kleider verbrannt würden?» (Spr 6,27).
Die ungerechte Gefangenschaft (Verse 19-20)
Als diese verdorbene Frau Joseph verleumdet, wird er wie ein gemeiner Verbrecher ins Gefängnis geworfen. Das ist eine gravierende Ungerechtigkeit, gegen die er sich hätte auflehnen können. Aber er fügt sich offenbar ohne Murren. Er weiss sehr wohl, dass er sich in einer verlogenen, ungerechten und unbarmherzigen Welt befindet. Doch wir lernen mit Joseph: Auch die Ungerechtigkeit der Welt und die widrigsten Umstände dienen dazu, Gottes Pläne zu erfüllen. Ausserdem besteht die Prüfung Josephs nicht nur darin, eine Ungerechtigkeit zu ertragen. Er wird auch starken körperlichen und seelischen Leiden ausgesetzt (Ps 105,18.19). Es scheint, als ob diese leidvollen Ereignisse den Verheissungen Gottes in den Träumen widersprechen würden. So läuterte ihn «das Wort des HERRN», das er durch Glauben empfangen hatte und nun äusserlich durch alles widerlegt wurde. Diese Trübsal bewirkte bei Joseph Ausharren – «bis zur Zeit, als sein Wort eintraf».
Die Bedeutung der Prüfung (Verse 21-23)
Vers 21 zeigt, dass Gott Joseph nicht vergisst. Er setzt ihn in das dunkle Gefängnis, weil er hier einen Dienst erfüllen soll, der zwar viel bescheidener als der vorherige, aber sehr nützlich ist. Ausserdem soll er geformt oder ausgebildet werden, damit er sich in seiner zukünftigen Erhöhung gut verhalten kann. Gott prüft nie unnötig. Sein Wort, das seinen Diener erprobt, hält ihn in den Tagen seiner Demütigung auch aufrecht. Die tiefe Anteilnahme Gottes, der in aller Bedrängnis bis zum Tag der Befreiung mit Joseph ist (Apg 7,10), macht einen starken Eindruck auf den jungen Mann. Am Tag seiner Herrlichkeit und Macht denkt er noch daran.
Joseph weist auf Christus hin
Alles gelang, was Joseph während der Zeit seiner Erniedrigung in die Hand nahm. Alles ist auch in der Hand des Menschen Jesus Christus gelungen, als Er auf der Erde seinem Gott wohlgefällig gedient hat (Ps 1,1-3). Dadurch hat Er sich wie Joseph als würdig und kompetent erwiesen, die zukünftige Herrlichkeit zu verwalten (Ps 2; Jes 52,13). Der Herr Jesus ist nicht nur gekommen, um den Gefangenen Linderung zu verschaffen, sondern sie auch in die Freiheit zu entlassen (Lk 4,18). Um das möglich zu machen, musste Er ebenfalls erfahren, wie Er von falschen Zeugen verleumdet, vom Richter ungerecht verurteilt und von den Menschen unter die Gesetzlosen gerechnet wurde. Die Füsse Josephs presste man in den Stock, aber die Füsse des Heilands wurden durchbohrt. Er tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtung geführt wird. Der Herr Jesus, der damals aus dem Land der Lebendigen abgeschnitten wurde, ist jetzt im Himmel mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.