Wenn der Herr durch Krankheiten und Tod in das Leben von Menschen eingreift, dann geht das für gewöhnlich nicht spurlos an ihrer Umgebung vorbei. Im Allgemeinen gilt: Je näher uns die betreffende Person steht, desto mehr nimmt uns die Sache mit. Das war bei Lazarus nicht anders. Seine Krankheit und sein Tod hatten Auswirkungen auf die Menschen in seiner Umgebung: am meisten natürlich auf seine Schwestern, aber darüber hinaus auch auf viele andere Menschen, die davon erfuhren. Am schmerzlichsten berührte es gewiss den Herrn selbst.
Nachfolgend denken wir über einige Menschen und Personengruppen nach, die von der Krankheit und dem Tod von Lazarus betroffen waren. Dabei wollen wir bei denen anfangen, die den äussersten Kreis der Beteiligten bilden, und uns dann nach innen bewegen.
Die Juden
Bei den Juden, die im Haus von Maria und Martha waren, handelte es sich vermutlich um Nachbarn und andere Bewohner von Bethanien. Sie hatten von der Krankheit und dem Tod von Lazarus gehört und waren gekommen, um die Schwestern zu trösten (Vers 31). Wie schön, wenn es auch heute solche gibt, die willig sind, anderen in ihrer Not beizustehen! Das kann dadurch geschehen, dass wir uns buchstäblich aufmachen, um Notleidende und Trauernde durch Besuche zu trösten. Oder wir lassen ihnen unseren Trost oder unser Mitgefühl auf schriftlichem oder telefonischem Weg zukommen.
Als die Juden den Herrn weinen sahen, waren sie – obwohl sie das eigentliche Motiv für seine Tränen nicht kannten – bewegt von seiner Liebe zu Lazarus (Vers 36). Seine Liebe hinterliess offensichtlich einen starken Eindruck in ihren Herzen. Schenkt Er uns nicht gerade in Nöten und Schwierigkeiten ein tiefes Bewusstsein seiner Liebe?
Die Jünger
Sicher waren auch die Jünger sehr betroffen, als sie von der Krankheit erfuhren, an der Lazarus litt. Zweifellos hatten sie Mitgefühl mit den drei Geschwistern und wünschten, dass Lazarus so schnell wie möglich wieder gesund werden würde (1. Kor 12,26). Als der Herr erklärte: «Lazarus, unser Freund, ist eingeschlafen», waren sie guter Dinge und dachten, die Ruhe des Schlafs würde zu seiner Genesung führen (Vers 12). Sie verstanden nicht, dass der Herr von seinem Tod gesprochen hatte.
Als der Herr Jesus ihnen dann geradeheraus sagte, dass Lazarus gestorben war und Er zu ihm gehen wollte, hatte Thomas eine dunkle Vorahnung und befürchtete das Schlimmste. Doch der Herr wollte gerade sein Handeln mit Lazarus dazu benutzen, den Glauben seiner Jünger an Ihn zu stärken (Verse 14-16). Auch heute benutzt der Herr manchmal Ereignisse im Leben unserer Mitchristen, damit unser Glauben an Ihn stärker wird.
Die Schwestern
Die Krankheit von Lazarus betraf seine Schwestern Martha und Maria unmittelbar: Ihr geliebter Bruder war krank geworden. Sie wussten, dass in dieser Situation nur Einer helfen konnte. So gaben sie ihrem Bruder keine gutgemeinten Ratschläge, riefen auch keinen Arzt, sondern wandten sich an den Herrn Jesus. Sie liessen Ihm sagen: «Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank» (Vers 3). Dabei fällt auf, dass sie sich nicht auf ihre Liebe zu Lazarus beriefen, sondern auf die Liebe des Herrn zu ihm.
Als Lazarus in der Folge starb, machten sich in ihren Herzen neben tiefer Traurigkeit auch leise Vorwürfe breit: Wenn der Herr rechtzeitig gekommen wäre, wäre Lazarus sicher nicht gestorben (Verse 21.32). Aber der Herr wollte Grösseres tun, als Lazarus von seiner Krankheit heilen: Er wollte ihn aus den Toten auferwecken und damit zeigen, dass Er der Sohn Gottes ist (Vers 4; Röm 1,4).
Der Herr
Als der Herr Jesus Saulus auf dem Weg nach Damaskus vom Himmel her erschien, stellte Er sich ihm so vor: «Ich bin Jesus, den du verfolgst» (Apg 9,5). Verfolgte Saulus nicht die Gläubigen auf der Erde? Doch, gewiss! Aber zugleich verfolgte er damit auch Christus im Himmel. Das macht die enge Verbindung deutlich, die zwischen Christus, dem himmlischen Haupt, und seinen Gliedern auf der Erde besteht. Jedes Leid, das den Seinen auf der Erde zugefügt wird, wird Ihm zugefügt. Er macht sich mit jeder Krankheit und jeder Not, die sie durchleben, völlig eins und hat vollkommenes Mitgefühl mit ihnen. Das sehen wir auch am Grab von Lazarus, obwohl damals die Beziehung zwischen dem Haupt im Himmel und den Gliedern auf der Erde noch nicht bestand.
Als Jesus die Schwestern und die Juden weinen sah, seufzte Er tief im Geist und erschütterte sich (Vers 33). Dann heisst es: «Jesus vergoss Tränen» (Vers 35). Was für ein vollkommenes Mitgefühl! Er weinte mit den Weinenden (Röm 12,15) – um Lazarus im nächsten Moment aus den Toten aufzuerwecken (Vers 43). Hat Er sich seither verändert? Keineswegs! Er ist immer noch derselbe (Heb 13,8). Er ist heute genauso besorgt um die Seinen wie damals (1. Pet 5,7). Sein Mitgefühl hat sich nicht verändert. Das gibt unseren Herzen Trost und Zuversicht.